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Kurs voraus: Griechenlands Schifffahrt erhöht das Tempo

Griechische Reeder beweisen Stärke trotz intensiver Konkurrenz. Der Green Deal stellt die Branche vor neue Herausforderungen. Deutsche Technik ist gefragt.

Von Michaela Balis | Athen

Athen hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem internationalen Schifffahrtszentrum entwickelt. Mehr als 750 Schiffmanagementgesellschaften sind hier ansässig. Rund 590 hellenische Eigner verfügten Anfang 2024 über insgesamt 6.494 Schiffe – etwa 1,3 Prozent mehr als im Vorjahr, informiert das Marktforschungsunternehmen Petrofin. Knapp 80 Prozent der griechischen Flotte befinden sich im Besitz von 83 Unternehmen. Laut den zuletzt verfügbaren Angaben des griechischen Statistikamts Elstat erwirtschaftete die Schifffahrtsbranche in Griechenland im Jahr 2023 rund 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Schiffseigner aus Griechenland haben nach Angaben des griechischen Schiffsmaklers Xclusiv im Jahr 2025 bisher den Bau von rund 600 Schiffen in Auftrag gegeben (Stand: 30. April 2025), berichten griechische Pressemeldungen. Etwa die Hälfte der Aufträge entfällt auf Öltanker, 27 Prozent auf Massengutfrachter.

Spitzenreiter bei der globalen Handelsschifffahrt

Die griechischen Schiffe verfügen über 16,9 Prozent der weltweiten Gesamttragfähigkeit und stellen damit die führende Flotte. Dies teilt die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) in ihrer Studie „Review of Maritime Transport 2024“ mit. Dahinter folgen China mit 13,3 Prozent und Japan mit 10,4 Prozent. Deutschland belegt mit 3,2 Prozent Platz 7. Die Gesamttragfähigkeit der griechischen Handelsschiffe lag laut Petrofin im Jahr 2023 bei rund 475 Millionen Tonnen (dwt – Deadweight Tonnage). Die durchschnittliche Tragfähigkeit eines griechischen Schiffes lag 2024 bei 88.748 dwt. Weltweit beträgt dieser Wert 62.237 dwt.

Legt man die Bruttoraumzahl (BRZ) zugrunde, die dem Gesamtvolumen des Schiffes entspricht, nimmt die chinesische Handelsflotte die führende Rolle ein. Griechenland belegt den 2. Platz, so die Angaben des britischen Schiffsmaklers Clarksons Research, wie griechische Pressemeldungen berichten.

Green Deal stellt griechische Schifffahrt vor Herausforderungen

Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat ab dem 1. Januar 2025 neue Emissionsvorschriften – unter anderem für das Mittelmeer, die Ostsee und die Nordsee – erlassen: Danach dürfen Schiffstreibstoffe einen Schwefelgehalt von höchstens 0,1 Prozent enthalten. Werden die Richtlinien der IMO nicht eingehalten, kann es zu Strafgebühren, Einschränkungen bei der Einfahrt in Häfen oder sogar zu strafrechtlichen Folgen kommen. Ab Oktober 2025 treten auch die Ausgleichszahlungen für Schiffe mit hohen Emissionen im Zuge der Net-Zero-Initiative in Kraft. 

Wenn Schiffseigner weiterhin schwefelhaltigen Kraftstoff nutzen, müssen sie Abgasreinigungsanlagen (Scrubber) einbauen. Um das zu vermeiden, können sie auf teureren schwefelarmen Kraftstoff umsteigen oder schwefelfreies Flüssiggas (LNG) nutzen. Etwa 35 Prozent der griechischen Handelsflotte sind mit Energieeinsparungssystemen (EST) ausgestattet – gegenüber 23 Prozent weltweit, informiert der griechische Reederverband. Das ist ein vielversprechendes Feld für deutsche Ausrüster: "Schwefelarme, idealerweise nicht-fossile Kraftstoffe, sind die Zukunft sowie Energieeinsparungs- und effizienzsteigernden Lösungen. Die griechische Schifffahrtsbranche ist aufgrund ihrer Größe von großer Bedeutung für deutsche Zulieferer", sagt Hauke Schlegel, Geschäftsführer bei VDMA Marine Equipment and Systems. Deutsche Hersteller von Scrubber-Systemen sind seit Jahren auf dem griechischen Markt aktiv. Das Unternehmen Bilfinger aus Mannheim beliefert den griechischen Markt nach eigenen Angaben seit 2018. Von den griechischen Schiffen im Bau ist mehr als ein Drittel mit Scrubbern ausgestattet.

Seit Anfang 2024 unterliegt der Seeverkehr dem europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS 1) im Rahmen des Green Deals. Das bedeutet, dass Schiffe mit einer Größe ab 5.000 BRZ im Europäischen Wirtschaftsraum für ihre Emissionen zahlen müssen.

Ab dem 14. Oktober 2025 will die amerikanische Regierung nach derzeitigen Aussagen Zölle auf alle in China gebauten Schiffe erheben, die amerikanische Häfen anlaufen. Dies geschieht unabhängig von der Nationalität des Betreibers. Zwei Drittel der Neubestellungen griechischer Reeder werden in chinesischen Werften gebaut.

Deutscher Pavillon auf der Posidonia geplant 

Deutschland wird sich im Jahr 2026 an der größten Schifffahrtsmesse im Mittelmeerraum, der „Posidonia“, mit einem Gemeinschaftsstand, dem „German Pavilion“, über das Auslandsmesseprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums beteiligen. Auf der letzten Veranstaltung im Jahr 2024 stellten bereits 140 deutsche Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen rund 30.000 Besuchern aus aller Welt vor.

„Die Teilnahme der deutschen Schiffbau- und Schiffsausrüstungsindustrie ist bedeutend. Die Zusammenarbeit zwischen der griechischen Schifffahrt und der deutschen Industrie hat sich ständig weiterentwickelt“, sagt Theodore Vokos, Managing Director der Messegesellschaft Posidonia, in einem Interview gegenüber Germany Trade and Invest. Dass bereits vielfältige Beziehungen zwischen deutschen Zulieferern und griechischen Werften sowie Reedereien existierten, bestätigt auch Hauke Schlegel. Hier bestehe allerdings noch mehr Potenzial, denn bisher hätten sich die meisten Griechen bei ihren Schiffsneubauten in Asien mit einfachster asiatischer Ausrüstung zufriedengegeben, was sich nun ändere.

"Bei den stark gestiegenen Umwelt- und Effizienzanforderungen erkennen griechische Schiffseigener zunehmend den Wert der europäischen Partner, die mehr bieten", Hauke Schlegel, Geschäftsführer bei VDMA Marine Equipment and Systems. 

Deutsche Schiffsausrüster genießen bei griechischen Reedern einen sehr guten Ruf. Das liegt nicht nur an der hohen Qualität der Produkte und Dienstleistungen: Sie sind flexibel, stellen sich auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden ein und bieten zeitsparende Lösungen rund um die Uhr. Dies wiegt umso schwerer, da für griechische Reeder die Kosten eine untergeordnete Rolle spielen und Entscheidungen häufig direkt von den Eigentümern getroffen werden. 

Die internationale Schifffahrtsmesse "Posidonia" findet vom 1. bis 5. Juni 2026 in Athen statt. Die Anmeldung für die Teilnahme am deutschen Gemeinschaftsstand hat bereits gestartet. Alle zwei Jahre bringt sie führende Akteure der maritimen Industrie aus aller Welt zusammen und bietet eine Plattform für Innovationen, Networking und Geschäftsmöglichkeiten.

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