Noch sind Erdöl und Erdgas die wichtigsten Energieträger. Die erneuerbaren Energien sollen bis 2030 aufholen. Zahlreiche Wasserstoffprojekte sind in Planung.
Bislang machen fossile Energiequellen wie Erdöl (48,5 Prozent), Erdgas (26,3 Prozent) und Kohle (9 Prozent) den größten Anteil am Energiemix des Landes aus. Im Vergleich zu 2000 haben die Erneuerbaren Energien jedoch deutlich zugelegt. Nicht nur beim Energiemix soll der Anteil der Solar-, Wind- und Wasserenergie zulegen. Auch bei der Stromerzeugung werden die erneuerbaren Energien künftig eine größere Rolle spielen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise und um die Energie im Land abzusichern, erarbeitete das griechische Umwelt- und Energieministerium im Frühjahr 2022 einen Notplan. Pressemeldungen zufolge, handelt es sich um:
- die Erdgaslagerung in unterirdischen Gasspeichern in Italien
- die Lieferung von Atomstrom aus Bulgarien
- den Bau eines zweiten Flüssiggasterminals in Revythoussa
- den Ausbau der erneuerbaren Energien
- die Sicherung der nötigen Ressourcen für die Kohlekraftwerke
Erdgas für die Hälfte des Stroms nötig
Griechenland will bis 2030 etwa 65 Prozent des gesamten Stroms aus Solar-, Wind- und Wasserenergie erzeugen. Im Februar 2022 waren es im verbundenen kontinentalen Stromsystem bereits 45,7 Prozent, meldet der griechische unabhängige Übertragungsnetzbetreiber Admie.
Das ist ein großer Fortschritt für ein Land, das noch im Jahr 2008 Kohle zu einem Anteil von knapp 60 Prozent nutzte, um Strom zu erzeugen. Mit Ausnahme von großen Wasserkraftanlagen, spielten erneuerbare Energien damals eine untergeordnete Rolle: Ihr Anteil lag bei nur 3 Prozent.
Die Abschaltung der Kohlekraftwerke im Rahmen der Dekarbonisierung bis spätestens 2028 führte zur einem Einbruch des Kohleanteils bei der Stromerzeugung auf rund 11,8 Prozent (Stand: Februar 2022). Aktuell sind noch acht Kohlekraftwerke in Betrieb. Bis Ende des Jahres 2023 soll die Anzahl auf vier Anlagen sinken.
Mit einem Anteil von rund 42,3 Prozent trug Erdgas im Januar 2022 zur Stromerzeugung bei. Im Jahr 2008 lag der Erdgasanteil noch bei 26 Prozent.
Erneuerbare-Energien-Anlagen werden bis 2030 verdoppelt
Um die ehrgeizigen Ziele bis 2030 zu erreichen, müssen Windkraftanlagen mit einer Kapazität von 7 Gigawatt und Fotovoltaikanlagen mit einer Kapazität von 7,7 Gigawatt installiert sein. Dies entspricht fast einer Verdoppelung der momentan installierten Leistung.
Insgesamt soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von derzeit rund 10 Gigawatt auf 19 Gigawatt im Jahr 2030 steigen. Dafür muss die installierte Leistung von Wind- und Fotovoltaikanlagen um durchschnittlich 1.000 Megawatt pro Jahr wachsen. Es muss intensiv in den Ausbau der Stromnetze und in die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren investiert werden. Die griechische Regierung hat beide Bereiche in Angriff genommen: Der griechische Plan für die Nutzung des Aufbaufonds der Europäischen Union umfasst den Ausbau der Netze. Der Gesetzesentwurf für die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren ist in Bearbeitung.
Große Anlagen sind bereits in Planung: So plant beispielsweise der deutsche Energiekonzern RWE gemeinsam mit seinem griechischen Partner, der PPC Renewables, Tochtergesellschaft der ehemals staatlichen Stromgesellschaft PPC, Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von rund 2 Gigawatt zu installieren.
Die Tochtergesellschaften der deutschen Projektentwickler Juwi und Abo Wind sind auf dem griechischen Markt sehr aktiv. Juwi Hellas baut mit einer Leistung von 204 Megawatt das größte Fotovoltaikprojekt in Griechenland und die viertgrößte Anlage in Europa. Im Februar 2020 erwarb der griechische Energiekonzern Hellenic Petroleum die 130 Millionen schwere Anlage. Abo Wind plant in den nächsten fünf Jahren Fotovoltaik- und Windenergieanlagen über 1 Gigawatt zu entwickeln. Die Chancen für deutsche Entwickler und Investoren stehen weiterhin gut.
Wasserstoff hat hohe Priorität
Griechenland will künftig auf Wasserstoff setzen, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Zu den wichtigen griechischen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI) zählen sechs Projekte.
Das größte ist das 8 Milliarden Euro schwere Projekt "White Dragon". Den Antrag stellte eine Unternehmensgruppe bestehend aus dem griechischen Erdgasvertreiber DEPA, den Energiekonzernen Kopelouzos, Hellenic Petroleum, Motor Oil und Terna Energeiaki, der Erdgasleitungsgesellschaft Transadriatic Pipeline, der Stromgesellschaft PPC, dem Pipelinehersteller Corinth Pipeworks und dem Erdgasnetzbetreiber DESFA. In der zweiten Runde wurden fünf weitere Anträge für die Erzeugung von "grünem" und "blauem" Wasserstoff sowie für die Kohlenstoffabscheidung (Carbon Capture) gestellt.
Um Wasserstoffinvestitionen zu fördern, stellt der griechische Staat nationale und EU-Fördermittel zur Verfügung. Das neue Investitionsförderungsgesetz und das Gesetz für die Förderung der strategischen Investitionen bieten Steuererleichterungen und Zuschüsse. Die neue EU-Partnerschaftsvereinbarung 2021 bis 2027 fördert im Rahmen des Programms für den gerechten und entwicklungsfördernden Übergang in den ehemaligen Kohleabbaugebieten Wasserstoffprojekte.
Von Michaela Balis
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Athen