Mit über 7.000 Start-ups ist Israel einer - in absoluten Zahlen, nicht nur auf die Bevölkerungsgröße bezogen - der wichtigsten Standorte für technologische Existenzgründungen. Eine große Rolle spielen dabei junge Menschen, die ihren Wehrdienst in einer der Technologieeinheiten der Armee geleistet und dort praktische Erfahrungen gesammelt haben, wie es ihren Altersgenossen in anderen Ländern kaum möglich ist.
Zugleich bieten israelische Universitäten ein hohes Bildungsniveau in Technologiefächern; die Kombination aus Armeeerfahrung und Hochschulstudium gehört zu den größten Stärken der israelischen Start-up-Szene. Zudem genießen Start-up-Unternehmer in Israel, das sich gern als „Start-up-Nation“ bezeichnet, hohes Ansehen und sind ein wichtiges Rollenmodell.
Die Zahl der Start-ups nimmt zu, wie etwa aus der Datenbank der auf den Wagniskapitalmarkt spezialisierten Wirtschaftsforschungsfirma IVC Research hervorgeht. Dort werden Hochtechnologiefirmen nach verschiedenen Kriterien unterteilt, darunter auch nach der Entwicklungsphase ausgewiesen: Seed, der Forschungs- und Entwicklungsphase (FuE), anfängliche Einnahmen bis 10 Millionen US$ pro Jahr sowie darüber hinauswachsende Umsätze. Die ersten drei Kategorien können als Start-ups bezeichnet werden.
Weniger Neugründungen
Im Oktober 2018 wies die IVC-Datenbank laut dieser Definition 7.374 Start-ups aus. Das waren 17,8 Prozent mehr als drei Jahre zuvor. Allerdings ließ der Gründereifer in dieser Zeitspanne nach. Nach Angaben von Start-up Nation Central, einer gemeinnützigen Organisation für Hochtechnologie, ging die Zahl der Start-up-Gründungen von 1.005 im Jahr 2014 auf 943 im Jahr 2015, 932 im Jahr 2016 und 700 im Jahr 2017 zurück. Zum Teil dürfte es sich um eine Verschnaufpause handeln, nachdem eine große Zahl attraktiver Ideen in davorliegenden Jahren umfangreiche Finanzierung erhalten hatten. Ein weiterer Faktor ist aber der zunehmende Wunsch vieler Gründer, keinen schnellen Exit zu suchen, sondern ihre Unternehmen über die Startphase hinaus auf dem Markt zu etablieren.
Das ist mit der IVC-Statistik konsistent, der zufolge die Zahl der Start-ups in der Seed-Phase zwischen November 2015 und Oktober 2018 um 16,6 Prozent geschrumpft ist. Dies ist sowohl der gesunkenen Zahl der Gründungen als auch der Reifung bestehender junger Unternehmen zuzuschreiben, die die Seed-Phase hinter sich lassen.
Die staatliche Förderung der Start-ups wird hauptsächlich von der für die Unterstützung industrieller FuE zuständigen Innovationsbehörde (Innovation Authority) gewährt. Ein zentraler Förderrahmen für die Frühphase der betrieblichen Tätigkeit ist das sogenannte Tnufa-Programm (Tnufa bedeutet auf Hebräisch so viel wie „Schwung“), mit dem junge Unternehmen bei der Erbringung des Nachweises technologischer Durchführbarkeit und kommerzieller Realisierbarkeit des neuen Produkts unterstützt werden. In späteren Entwicklungsstadien stellt die Behörde den Unternehmen weitere Förderinstrumente für FuE zur Verfügung.
Forscher und angehende Existenzgründer im Hightechbereich können auch Starthilfe im Rahmen des Inkubatorenprogramms erhalten. In Israel sind 19 Inkubatoren tätig, in denen Förderberechtigte mit Staatshilfe zwei Jahre lang forschen können, um ihre Ideen zur Investitionsreife voranzubringen. Neben Forschungszuschüssen erhalten die Programmteilnehmer administrative Unterstützung, Geschäfts- und Rechtsberatung sowie Hilfe bei der Kontaktanbahnung zu potenziellen Investoren. Die Anträge sind an die - von privaten Investoren betriebenen - Inkubatoren zu stellen. Diese leiten Anträge, denen sie ein Erfolgspotenzial zuerkennen, an die Innovationsbehörde weiter, die die endgültige Entscheidung trifft.
Anders als Inkubatoren erhalten Acceleratoren keine staatlichen Fördermittel. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums waren in Israel im Sommer 2018 rund 90 Acceleratoren tätig. Sie werden von israelischen und ausländischen Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen betrieben.
Eigenkapital spielt vor allem dann eine Rolle, wenn Start-up-Unternehmer oder etablierte Hightechfirmen durch einen Exit zu Geld kommen; oft wird ein Teil dieser Mittel zur Gründung neuer Start-ups genutzt. Im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2017 haben israelische Hightechfirmen Exits im Gesamtwert von 13 Milliarden US$ pro Jahr getätigt. Käufer sind fast ausschließlich ausländische Unternehmen.
Wagniskapitalfonds wichtig
Wagniskapitalfonds spielen eine wichtige Rolle bei der Start-up-Finanzierung. Nach Angaben von IVC Research haben Venture Capital-Fonds 2017 mit 1,7 Milliarden US$ 32,4 Prozent des von israelischen Hightechfirmen aufgebrachten Kapitals (außer Exits) gestellt.
Israel ist an individuellen Investoren, den sogenannten Angels interessiert und fördert deren Investitionen in Start-ups. Das sogenannte Angels-Gesetz wurde 2015 novelliert, um den Investoren mehr Sicherheit zu bieten. Angel-Investitionen in Start-ups im Seed-Stadium gelten steuerlich als laufende Ausgaben, wenn die FuE-Ausgaben des betreffenden Start-ups von der Innovationsbehörde für diesen Zweck anerkannt wurden.
In Israel sind neun Crowdfundingplattformen aktiv: sieben israelische und zwei ausländische. Die führende Plattform ist OurCrowd. Zwischen Anfang 2013 und Mitte 2017 haben Crowdfundingplattformen insgesamt in 145 israelische Hightechfirmen investiert.
Israelische Hochschulen sind aktiv an der Entwicklung neuer Hightechprodukte beteiligt. Alle Universitäten haben eigene Technologiekommerzialisierungsgesellschaften und arbeiten eng mit der Wirtschaft zusammen. In vielen Fällen erwerben Hochschulforscher ihre eigenen Erfindungen von der Hochschule und gründen Start-ups.
Text: Wladimir Struminski