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Wirtschaftsumfeld | Kamerun | Geschäftspraxis

Wie Kameruns Diaspora deutschen Firmen in den Markt hilft

In Deutschland leben zehntausende Kameruner, viele haben hier studiert. Die IT-Spezialisten, Handelsvertreter oder anderen Fachkräfte sind potenzielle Brückenbauer nach Afrika.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Manchmal scheinen Dinge einfach zusammenzupassen. Der Fachkräftemangel in Deutschland zum Beispiel mit einer kleinen Firma in Yaoundé, der Hauptstadt von Kamerun. Dort erzählt Aristode Tchouffak, einer der vier Mitarbeiter, wie er mit einem deutschsprachigen Kollegen einen Kunden in Deutschland bei der digitalen Vermarktung von dessen GPS-Trackern unterstützt.

IT-Firma in Yaoundé arbeitet für deutsche Kunden

"Ich bin so froh, dass ich hier meine Fähigkeiten einbringen kann",

sagt Aristode Tchouffak in fehlerfreiem Deutsch.

Der Kameruner hat in Frankfurt am Main Informationstechnik studiert, musste mit Ausbruch der Corona-Pandemie aber in sein Heimatland zurückkehren. Aus der angestrebten IT-Karriere in Deutschland wurde nichts.

Tchouffaks Chef war 2006 ebenfalls zum Studium nach Deutschland gegangen: Leonel Moukam besitzt einen Abschluss in Mechatronik der Hochschule Esslingen und setzte später noch den Master of Business Administration (MBA) drauf. Der Kameruner arbeitet aktuell bei einer Firma in Göppingen. Vor knapp zwei Jahren gründete er zusätzlich seine Firma in Yaoundé, die neben digitalem Marketing auch Softwareentwicklung und Customer Support anbietet. Moukam will damit seine Kontakte in Deutschland zusammenbringen mit "den vielen Kamerunern ohne richtigen Job, die Deutsch können und Fähigkeiten mitbringen, die in Deutschland dringend benötigt werden". 

Viele kamerunische Studierende in Deutschland

Laut Ausländer-Zentralregister lebten 2024 insgesamt 36.565 Kameruner in Deutschland. Das waren doppelt so viele wie noch zehn Jahre zuvor. Und viele von ihnen sind gut ausgebildet. "Zum Zweck der Ausbildung" befanden sind nach Maßgabe des Aufenthaltstitels anteilsmäßig nur Personen aus China und Indonesien öfter in Deutschland als aus Kamerun. An deutschen Hochschulen studierten im Wintersemester 2023/2024 laut Statistischem Bundesamt 6.982 Personen aus Kamerun. Von allen afrikanischen Nationalitäten stellte Kamerun damit nach Ägypten und Marokko die drittgrößte Gruppe und lag insgesamt auf Rang 18.

Auch Francis Pouatcha hatte in Deutschland studiert. Nach dem Abschluss in Wirtschaftsinformatik in Nürnberg gründete der gebürtige Kameruner – der längst die deutsche Staatsangehörigkeit hat – 2006 dort die Firma adorsys. Der Softwareentwickler beschäftigt heute insgesamt 200 Mitarbeitende in Deutschland, Irland, Rumänien – und inzwischen auch in Kamerun. "Unsere Mitarbeitenden liefern nach schätzungsweise zwei Jahren Berufserfahrung die gleiche Qualität dort ab wie Teammitglieder in Deutschland", sagt Pouatcha im Interview mit dem Africa Business Guide. Dafür zahlen die Kunden Tagessätze, die nur ein Drittel oder gar ein Zehntel so hoch sind wie die der Teammitglieder in Deutschland.

Brückenbauer nach Afrika

Tchouffak, Moukam und Pouatcha sind nur einige Bespiele für Kameruner, die wirtschaftliche Brücken zwischen ihrer Heimat und Deutschland bauen. Über solche Brücken könnten auch deutsche Firmen in Kamerun aktiv werden. Wie die sich allerdings finden und nutzen lassen, jenseits von LinkedIn und anderen sozialen Netzwerken, ist weniger klar. Der "klassische" Weg über Verbände jedenfalls gestaltet sich zumindest unübersichtlich.

Yannick Guetse ist ein kamerunischer Informatiker in Erlangen – und Mitgründer der Vereinigung BDI. Das steht allerdings nicht für den Bundesverband der Deutschen Industrie, sondern für die Bantu Development Initiative. Der Verein mit Anschriften in Erlangen und Yaoundé will laut Webseite den interkulturellen Dialog zwischen Afrika, insbesondere Kamerun, und Deutschland fördern. Er dürfte deutschen Firmen, die ein Geschäft in Afrika aufbauen wollen, nicht sofort ins Blickfeld geraten. Dabei vertritt Guetse bereits mehrere deutsche Firmen im zentralen Afrika, unter anderem den westfälischen Agrartechnik-Anbieter Riela.

Diaspora-Verbände bieten diffuses Bild

"Die kamerunischen Studenten in Deutschland haben einen ungewöhnlichen Hang zur Vereinsbildung", sagt ein langjähriger Beobachter der deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen. Was im Ergebnis zu einem diffusen Gesamtbild mit einer Vielzahl unterschiedlichster Vereinigungen hierzulande beiträgt. Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) identifizierte insgesamt 85 Organisationen der Kamerun-Diaspora in Deutschland. Die Studie stammt zwar von 2016, sie gibt aber den wohl immer noch umfassendsten Überblick zu dem Thema.

Als einen guten Anknüpfungspunkt nennt die Studie den Challenge Camerounais e.V. Dieser Verein in Hamburg veranstaltet ein gleichnamiges Event, das nächste Mal am 7. und 8. Juni 2025. Dabei geht es außer um Fußball, Essen oder Musik auch um den Austausch zwischen Geschäftsleuten und Fachleuten.

Die meisten kamerunischen Vereinigungen kümmern sich laut der GIZ-Studie um kulturelle und studentische Belange und die "internationale Solidarität“. Fachvereinigungen wie Camfomedics sind die Ausnahme. Die Vereinigung von Ärzten, Apothekern und anderem medizinisch-pharmazeutischem Fachpersonal hatte im letzten Oktober in Hannover das "30. Deutsch-Kamerunische Ärztetreffen" veranstaltet. Für den IT-Sektor nennt Francis Pouatcha den Verein Kamerunischer IngenieurInnen und InformatikerInnen (VKII). 

Wirtschaftsverband steht vor Gründung

"Einen Fokus auf Wirtschaft hat keine der kamerunischen Vereinigungen in Deutschland", sagt André Kwam. Dies zu ändern ist Ziel des Honorarkonsuls Deutschlands in Kamerun mit Sitz in der Wirtschaftsmetropole Douala. Der gelernte Ingenieur will nach eigenen Worten ein "Deutsch-Kamerunisches Wirtschaftsforum für Entwicklung" gründen. In Kamerun gibt es keine deutsche Auslandshandelskammer (AHK). Das Land wird, ebenso wie die anderen frankofonen Länder West- und Zentralafrikas, von der AHK in Côte d'Ivoire betreut.

Mit seinem Verband will Kwam eine Brücke für deutsche Firmen mit Interesse an Kamerun sein. Der Honorarkonsul möchte namentlich gebürtige Kameruner in deutschen Firmen dabei unterstützen, das Engagement ihrer Arbeitgebende in ihrem Heimatland voranzutreiben. Zudem solle der Verband in der Zusammenarbeit mit dortigen Behörden vermitteln.

Kontakte zur kamerunischen Diaspora in Deutschland
InstitutionAnmerkungen
AHK Côte d'Ivoire (Delegation der Deutschen Wirtschaft)Für Kamerun zuständige Auslandshandelskammer
Challenge CamerounaisDiaspora-Vereinigung
Verein Kamerunischer IngenieurInnen und InformatikerInnenDiaspora-Vereinigung im Bereich IT
CamfomedicsDiaspora-Vereinigung im Bereich Medizin

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