Kolumbien treibt seine Wasserstoffwirtschaft voran. Branchenexpertin Karen Peralta spricht über Fortschritte, Hürden und Deutschlands Rolle als Technologiepartner.
Karen Peralta ist Direktorin von ANDI Naturgas, der Wasserstoffkammer des kolumbianischen Unternehmerverbandes. Sie sieht Kolumbien regulatorisch gut aufgestellt. Die nationale Wasserstoffpolitik, ein großer lokaler Markt und die Raffinerieindustrie bieten Potenzial. Gleichzeitig fehlen klare Normen, Exportstrukturen und Stromkapazitäten. Deutschland unterstützt mit Technologie und Know-how.
Frau Peralta, wie steht es derzeit um die Wasserstoffwirtschaft in Kolumbien?
Ich denke, es herrscht eine positive Stimmung bei den Projekten, die fortschreiten. Aber die meisten Projekte befinden sich aktuell noch in einer Konzeptions- oder Vormachbarkeitsphase. In der Branche besteht zudem eine Diskrepanz zwischen den Projektgrößen, die man sich erhofft hat und jenen, die wirtschaftlich realisierbar sind.
Wie positioniert sich Kolumbien dabei gegenüber anderen Wasserstoffmärkten in der Region, mit denen das Land im Wettbewerb steht?
In regulatorischer Hinsicht schreitet Kolumbien schneller voran, als viele andere Märkte in Lateinamerika. Kolumbien klärt derzeit die Zuständigkeiten in seinen Behörden und entwickelt eine nationale Wasserstoffpolitik. Außerdem arbeitet das Land an der Regulierung für die Mischung von Wasserstoff und Gas oder die Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff. Ein wichtiger Vorteil Kolumbiens ist, dass es einen großen lokalen Markt gibt. Kolumbien konsumiert jährlich 166.000 Tonnen Wasserstoff, das ist nicht wenig. Auch die Raffinerieindustrie ist ein wichtiger Akteur, die die Wasserstoffwirtschaft im Land vorantreiben wird. Das ist ein wichtiger Faktor gegenüber Märkten wie Chile, die von internationalen Verträgen abhängen.
Welche Rolle spielt Deutschland in Kolumbiens Wasserstoffwirtschaft?
Für uns ist es enorm wichtig, Partner zu haben. Und die Zusammenarbeit mit Deutschland ist bislang fundamental für die Projekte in Kolumbien in den Frühphasen. Auch die Technologie deutscher Firmen ist für Wasserstoffprojekte wichtig. Bosch kann zum Beispiel Wasseraufbereitungstechnologien liefern. Und Wasser ist eine Schlüsselkomponente.
Wird Kolumbien bald Wasserstoff nach Deutschland exportieren?
Der Export von Wasserstoff wird zeitnah nicht möglich sein, weil wir immer noch keine Abnehmer gefunden haben, die mehr als nur Interesse geäußert hätten. Zudem sind viele Firmen in Kolumbien noch nicht bereit, um sich bei internationalen Wasserstoffprogrammen zu beteiligen. Auch die Normen im Sektor in Kolumbien stimmen noch nicht mit internationalen Standards überein. Das heißt, es braucht Zeit, bis normative Klarheit herrscht. Wir sind noch weit weg von den von Abnehmern geforderten Preisen von 2 bis 2,50 Euro pro Kilogramm Wasserstoff.
Wo bestehen denn die Hindernisse, die Sie andeuten?
Es fehlt zwar nicht der Wille im Land, aber die Reglementierung. So gibt es zahlreiche Hürden, etwa Schwierigkeiten bei der Zulassung von Wasserstoffprojekten in örtlichen Flächennutzungsplänen. Wichtig ist, die unterschiedlichen Positionen von öffentlichen Institutionen zusammenzubringen. Die Kommunikation mit lokalen Behörden ist deswegen unabdingbar. Wir stoßen dabei aber eigentlich auf offene Ohren.
Wo sehen Sie weiteren Verbesserungsbedarf?
Ein weiteres Problem ist manchmal die regulatorische Unklarheit bei der Wassernutzung. Außerdem gibt es eine allgemeine Sorge, wie man genügend Strom für die Projekte bekommt, also etwa, ob Projekte erneuerbarer Energien früh genug in Betrieb gehen können. Hier behindern schwierige soziale und umwelttechnische Genehmigungsverfahren den Start von Projekten. Derzeit kann sich der Strom für grünen Wasserstoff aus folgenden Quellen speisen: 1. Eigenerzeugung, 2. zertifizierten grünen Strom über das Verbundnetz durch Stromlieferverträge und 3. Net-Metering, das derzeit noch entwickelt wird.
Von Janosch Siepen
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Bogotá