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Wirtschaftsumfeld | Malaysia | Nahrungsmittel, Getränke

Malaysia möchte globaler Hub für Halal-Produkte werden

In der islamischen Welt ist die Kennzeichnung "halal" ein bedeutendes Verkaufsargument. Malaysia möchte seine Vorreiterrolle ausbauen.

Von Werner Kemper | Kuala Lumpur

In Malaysia gehören rund 60 Prozent der Bevölkerung dem muslimischen Glauben an. Für sie ist halal ein wichtiges Alltagsthema. Besonders relevant ist es in der Lebensmittelbranche, aber auch im Finanzsektor, beim Tourismus, bei Bekleidung, Kosmetika und Arzneimitteln nimmt es einen hohen Stellenwert ein. Letztlich definiert der Begriff, welche Nahrungsmittel oder Handhabungen islamkonform und damit erlaubt sind.

Bereits 2020 hatte die Halal-Wirtschaft einen Anteil von 7,5 Prozent am malaysischen Bruttoinlandsprodukt. Neuere Angaben liegen nicht vor, doch der Anteil dürfte inzwischen höher sein. Malaysia belegt den ersten Platz im sogenannten "Global Islamic Economic Indicator". Der Indikator gibt Aufschluss darüber, wie stark der Halal-Sektor innerhalb einer Volkswirtschaft entwickelt ist.

Die malaysische Regierung will den Halal-Sektor stärken, um gegenüber der globalen Konkurrenz noch wettbewerbsfähiger zu sein.

Im Nahrungsmittelsektor lag der Umsatz entsprechend zertifizierter Produkte im Jahr 2021 bei etwa 31 Milliarden US-Dollar (US$). Bis 2025 soll dieser Wert um über 50 Prozent auf 47,6 Milliarden US$ steigen. In der Pharmabranche nimmt der Anteil der als halal zertifizierten Medikamenten ebenfalls zu. Im Jahr 2021 wurde mit ihnen ein Umsatz von 4 Milliarden US$ erzielt, der bis 2025 um 20 Prozent auf 4,8 Milliarden US$ steigen soll. Bei Halal-Medikamenten gilt Malaysia als Weltmarktführer. Der erste weltweit anerkannte Halal-Standard wurde im Land etabliert.

Auch Malaysias islamischer Finanzsektor ist hinreichend entwickelt und reguliert. Im nationalen "Halal Industry Master Plan 2030" zählt er zu den fünf wichtigsten Bausteinen. Allerdings werden die entsprechenden Finanzmittel derzeit noch eher von kleineren halal-zertifizierten Unternehmen nachgefragt. Die Akzeptanz ließe sich steigern, wenn die Regierung die Unterstützung von digitalen Zahlungsmethoden und die Anwendung von Fintech stärker forcieren würde.

Halal-Zertifizierung mit globaler Reichweite?

Malaysia ist bereits seit den 1980er-Jahren einer der Vorreiter bei der Etablierung von Halal-Gesetzen. Inzwischen genießt das Land im Bereich Halal-Zertifizierung einen ausgezeichneten Ruf. Auch internationale Vorschriften bei Hygiene, Qualitätsstandards und Lebensmittelsicherheit sollen in diese Zertifizierung einfließen. Nicht-muslimischen Ländern soll es so einfacher gemacht werden, sich den Halal-Standards anzuschließen.

Das bedeutet, dass auch Lebensmittel jenseits von Fleisch oder Milchprodukten als halal zertifiziert werden können. Hersteller können mit ihren Produkten dadurch einen Verkaufsvorteil gegenüber nicht-zertifizierten Lebensmitteln erlangen. Die Zertifizierung gilt bei vielen Verbrauchern der islamischen Welt inzwischen als Benchmark für qualitativ hochwertige Nahrungsmittel.

Zertifizierung nach malaysischem Standard

In Malaysia wurde bereits 2004 ein eigener Halal-Standard "MS 1500:2004" erlassen. Das "Department of Islamic Development Malaysia" (Jabatan Kemajuan Islam Malaysia, JAKIM) ist für die Zertifizierung verantwortlich und arbeitet international mit von JAKIM anerkannten Zertifizierungsstellen zusammen. In Deutschland ist die "Halal Control GmbH" in Rüsselsheim zuständig.

Von JAKIM werden weltweit 84 Zertifizierungsstellen in 46 Ländern anerkannt – weit mehr als von jeder anderen Halal-Zertifizierung. 

Neben JAKIM hat Malaysia 2006 die Halal Industry Development Corporation (HDC) gegründet. Sie ist privatwirtschaftlich organisiert, gehört jedoch zu 100 Prozent dem Finanzministerium. Hauptziel der HDC ist es, die weltweite Akzeptanz für die malaysische Halal-Zertifizierung zu erhöhen und Malaysia zum wichtigsten Halal-Hub zu machen. Ende 2021 hat die HDC die "Halal Integrated Platform (HIP)" ins Leben gerufen. Sie verbindet globale Halal-Akteure digital und bietet Unterstützung bei Fragen zur Halal-Zertifizierung, zur finanziellen Förderung durch islamische Finanzdienstleister und hilft bei der Suche nach Investoren. Aktuell sind fünf islamische Banken strategische Partner von HIP.

Weltweite Nachfrage nach Halal-Produkten wird stark zunehmen

Der globale Umsatz von halal-zertifizierten Nahrungsmitteln lag 2022 gemäß Angaben der Marktforschungsgruppe IMARC bei 2,2 Billionen US$. Bis 2028 erwarten die Marktforscher einen Anstieg auf 4,2 Billionen US$, also fast eine Verdoppelung. Mit DinarStandard ist ein weiteres Marktforschungsunternehmen optimistisch gestimmt, aber etwas weniger euphorisch. Es geht von einem weltweiten Marktvolumen für Halal-Lebensmittel 2022 von 1,3 Billionen US$ aus. Bis 2025 rechnet DinarStandard mit einer Zunahme auf knapp 1,7 Billionen US$.

Die muslimische Bevölkerung lag 2015 weltweit bei 1,8 Milliarden. Sie ist die am stärksten wachsende Glaubensgemeinschaft und soll laut der Pew-Marktforschungsgesellschaft bis 2060 um 70 Prozent auf fast 3 Milliarden Menschen wachsen. Inzwischen haben immer mehr Lebensmittelriesen das große Potenzial des Halal-Marktes erkannt. Neben der brasilianischen BRF weiten unter anderem Nestle, Carrefour, Walmart und Whole Foods ihre Halal-Angebote aus.

Innerhalb der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIZ) ist Saudi-Arabien der größte Importeur von halal-zertifizierten Nahrungsmitteln. Auf Platz zwei liegt Malaysia, gefolgt von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indonesien und Ägypten. Zu den gehandelten Waren gehören Lebensmittel, Bekleidung, Arzneimittel und Kosmetik.

Die OIZ-Staaten haben im Jahr 2021 insgesamt halal-zertifizierte Waren im Wert von 338 Milliarden US$ importiert. Lediglich 18 Prozent der Einfuhren kamen aus OIZ-Ländern. Dem standen Exporte von 275 Milliarden US$ gegenüber. Nur die drei Länder Indonesien, Malaysia und die Türkei schafften es in die Top-20 der Halal-Güter exportierenden Nationen. Von knapp 9.000 halal-zertifizierten Unternehmen in Malaysia sind nur 21 Prozent als Exporteure aktiv.

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