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Branchenanalyse | Marokko | Bauwirtschaft

Marokkos Bauwirtschaft expandiert trotz Herausforderungen

Öffentliche und private Investitionen sind Wachstumstreiber im Bausektor. Fachkräftemangel, die schwierige Auftragsakquise und der recht große informelle Sektor bremsen punktuell. (Stand: März 2025)

Von Ullrich Umann | Casablanca

Ausblick der Bauwirtschaft in Marokko

Bewertung:

  • Öffentliche Bauinvestitionen für Transport, Verkehr und Energie.
  • Private Bauinvestitionen für Wohnen, Gesundheit, Bildung und Energie.
  • Fußball-WM 2030 lockt Auslandsinvestoren.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: März 2025

  • Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

    Marokkos Baukonjunktur entwickelt sich prächtig, wovon gut vernetzte lokale Baufirmen profitieren. Auch nimmt der Beitrag der Bauwirtschaft zum Wirtschaftswachstum zu.

    Die Prognosen für die marokkanische Bauwirtschaft sind positiv: Für das Jahr 2025 rechnen die CEO großer Baukonzerne mit einem Branchenwachstum von rund 4 Prozent. Damit wächst die Bauwirtschaft stärker als das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht das BIP-Wachstum im laufenden Jahr bei 3,6 Prozent.

    Die für 2025 geplanten Hoch- und Tiefbauprojekte bezeichnen Branchenexperten als äußerst ambitioniert. Zu Jahresbeginn herrscht im Königreich eine Stimmung, in der Bauinvestoren lieber zu früh als zu spät den ersten Spatenstich setzen. Die Ausrichtung des Africa Cups 2025 und der FIFA WM 2030 in Marokko beflügeln die Wachstumsphantasien öffentlicher und privater Projektentwickler zusätzlich.

    Auch fließen Auslandsinvestitionen in Bestandsimmobilien, die einen positiven Wachstumseffekt auf die marokkanische Bauindustrie haben. Die Gelder stammen hauptsächlich aus Frankreich und Spanien, aber auch aus den Niederlanden. Zielobjekte dieses kapitalkräftigen Engagements sind der Erwerb von Wohnungen und Wohngebäuden, Hotels, Bürohäusern, Einkaufszentren sowie von Industrie- und Energieanlagen.

    Im Hochbau sind besonders viele private Investoren unterwegs

    Private Baufirmen engagieren sich bevorzugt auf Baustellen für Wohn- und Geschäftsgebäude, Einkaufszentren, Hotels und Restaurants, aber auch für Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Nicht umsonst ist Marokko bestrebt, nicht mehr allein als wichtiges Zielland für den internationalen Tourismus zu gelten, sondern auch seine Bedeutung als Hochschulstandort für Studierende aus Afrika zu stärken. Darüber hinaus wirbt das Land um ausländische Patienten, die sich in Marokko operieren und behandeln lassen. Für all diese devisenbringenden Geschäftsfelder werden nun moderne Gebäude errichtet.

    Ein signifikanter Anteil der geplanten Hochbauprojekte betrifft den Bau von Wohngebäuden sämtlicher Größenordnungen. Der Wohnungsbau dürfte im Jahr 2025 sogar die höchste Dynamik verzeichnen. Gemäß der renommierten Zeitung "TelQuel" hatte der Wohnungsbau bereits im Jahr 2024 ein beeindruckendes Tempo vorgelegt: Die Nachfrage nach Wohnimmobilien war im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung war auf einen Zuwachs von 17 Prozent für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und 10 Prozent für Einfamilienhäuser zurückzuführen. Ausgehend von den genehmigten Bauanträgen dürfte sich dieser Trend im Jahr 2025 fortsetzen, möglicherweise sogar darüber hinausgehen. 

    Riesenbedarf im sozialen Wohnungsbau

    Trotz der positiven Entwicklungen im Wohnungsbau bleibt die Deckung des Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum in den Ballungsgebieten eine Herausforderung. Die zunehmende Binnenmigration aus ländlichen Regionen in die Städte sowie das stetige Bevölkerungswachstum lassen die Nachfrage nach Wohnraum in den urbanen Zentren steigen. Gemäß der jüngsten Volkszählung könnte die Urbanisierungsquote bis zum Jahr 2050 von den aktuellen 66 Prozent auf 74 Prozent zulegen. Die Bevölkerung wird bis 2050 von 37 Millionen auf 45 Millionen wachsen. Dadurch dürfte der Wohnungsmarkt langfristig im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses bleiben.

    Gemäß den aktuellen Projektionen und Bauanträgen sowie den Zielvorgaben der Regierung ist zu erwarten, dass im Jahr 2025 zwischen 100.000 und 150.000 Wohneinheiten gebaut werden – dies umfasst sowohl den sozialen Wohnungsbau als auch private Projekte. Die Angaben und Schätzungen variieren allerdings und eine konsolidierte, offizielle Zahl liegt nicht vor.

    Das Programm "Direkte Wohnbeihilfe" zur Förderung von Wohneigentum im Zeitraum 2024/2028 lässt ebenfalls auf ein Wachstum im Wohnungsbau schließen, obwohl das Programm kein spezifisches Ziel für 2025 ausweist. Seit Jahresbeginn wurden bereits mehr als 35.000 Förderverträge unterzeichnet.

    Innovative Technologien auf dem Vormarsch

    Die marokkanische Baubranche erlebt derzeit eine bemerkenswerte Transformation, die durch den Einsatz innovativer Technologien, wie beispielsweise des 3D-Drucks, an Dynamik gewinnt. Diese modernen Lösungen tragen maßgeblich zu einer Steigerung der Effizienz und Nachhaltigkeit bei und führen dazu, dass intelligente und zugleich umweltfreundliche Gebäude entstehen. Die Politik unterstützt eine Reihe wichtiger Trends, zu denen Know-how in den Bereichen Energieeinsparung, Wärmedämmung und Bau von Aktiv- und Passivhäusern zählen. Ein bedeutender Meilenstein ist in diesem Zusammenhang die bis 2030 angelegte Stratégie Nationale de l´Efficacité Energétique.

    Die Marokkanische Agentur für Energieeffizienz (Agence Marocaine pour l'Efficacité Energétique/AMEE) hat im Rahmen der Wärmedämmungsvorschriften zwei Energiestandards in den marokkanischen Baukodex (Réglementation thermique de construction au Maroc/RTCM) eingeführt. Auf deren Grundlage erfolgt die energietechnische Zertifizierung von Gebäuden nach neuen nationalen Standards sowie die Vergabe von Effizienz-Labels. Zudem hat AMEE seine Türen für die internationale Zusammenarbeit geöffnet. So hat sie mit der französischen Schwesterorganisation Institut Francais pour la Transition Energétique et Ecologique eine Kooperation vereinbart. 

    Private Initiative erhält staatliche Förderung

    Die Regierung und das Parlament unterstützen private Bauinvestoren weitgehend: Bei strategisch wichtigen Bauprojekten wie Stadien oder auch Gewerbeimmobilien in Industriegebieten und Hafenanlagen haben Investoren die Möglichkeit, mit dem Staat über Steuer- und Zollerleichterungen, Ausbildungszuschüsse für das einzustellende Personal oder auch direkte Zuschüsse zu verhandeln. Für den Bau von Industriegebäuden und Wasserstoff-Elektrolyseanlagen stellt der Staat sogar kostenloses Bauland zur Verfügung. 

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Hochbau: Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen

    Das Engagement deutscher Firmen ist in Marokkos Hochbau überschaubar. Doch besteht ein Bedarf an hochspezialisierten Lösungen, die aus Deutschland geliefert werden könnten.

    In den zurückliegenden Jahren hat sich Marokko zu einem potenziell vielversprechenden Markt für die deutsche Baubranche entwickelt. Es obliegt nun der deutschen Wirtschaft, diese Potenziale auch zu nutzen und sie nicht fast ausschließlich Wettbewerbern aus Drittländern zu überlassen.

    Generell zeichnet sich das Königreich durch eine stabile politische Lage, ehrgeizige Entwicklungsprogramme und eine steigende Nachfrage nach hochwertigen Inneneinrichtungen, Baustoffen und Baumaterialien aus. Dies eröffnet vielfältige Möglichkeiten, beispielsweise im Bereich des nachhaltigen Bauens, der Umsetzung von Infrastrukturprojekten sowie der bautechnischen Vorbereitung von Großereignissen wie der Fußball-Weltmeisterschaft. 

    Doch dominieren den Markt für Hoch- und Tiefbauleistungen neben marokkanischen Baukonzernen wie Societe Generale des Traveaux du Maroc, Vias, Stam, Staport, Samco National Construction, El Hallaoui, Houar, Bioui Traceaux, NGE, SGIM, EMB, Alidarim, RIWAL und Mojazine auch Niederlassungen von Konzernen aus Drittländern. Darunter finden sich Firmen wie Bouygues Construction, Vinci Construction, Eiffage Construction, NGE Contracting, GCP, CAPEP, ACS Group, FCC Construcción, Sacyr, Acciona, Campezo, The Arab Contractors, Turc IRIS Insaat, Yapi Merkezi Holding sowie Saudi Binladin Group. Allein aus China haben sich folgende Unternehmen in Marokko niedergelassen: China State Construction Engineering Corporation (CSCEC), China Civil Engineering Construction Corporation (CCECC), China Road and Bridge Corporation (CRBC), China Overseas Engineering Group Co (Covec), China International Water & Electric Corp., China Railway Tunnel Group sowie China Railway 20th Bureau Group.

    Lokale Bauunternehmen mit Wettbewerbsvorteilen

    Aus Deutschland heraus sind Bauvorhaben in Marokko nicht durchführbar. Dafür ist eine Niederlassung vor Ort erforderlich. Alternativ können deutsche Unternehmen auf Kooperationspartner aus der marokkanischen Baubranche zurückgreifen, die bei der Auftragsakquise und Projektrealisierung stellvertretend aktiv werden. Nur ein einziges Branchenunternehmen aus Deutschland ist in Marokko mit einer eigenen Niederlassung vertreten: Peri Maroc, ein Spezialist für Schalungen, Gerüste, Holzwerkstoffe und baubegleitende Dienstleistungen.

    Gut vernetzte lokale Baufirmen beziehungsweise die etablierten Niederlassungen ausländischer Baufirmen haben gegenüber potenziellen Marktteilnehmern aus Deutschland entscheidende Vorteile bei der Auftragsakquise. Sie sind in der Lage, zum Projektstart eine ausreichende Anzahl von Arbeitskräften und Baugeräten bereitzustellen, sie sind mit den nationalen Baunormen und Standards vertraut und nur sie können für die meist umfangreichen Bauvorhaben die benötigte Menge an Baustoffen und Baumaterialien zu Bestpreisen lokal beschaffen.

    Made in Germany genießt ein hohes Ansehen

    Die marokkanische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Handelsbeziehungen in alle Himmelsrichtungen zu diversifizieren und sieht Deutschland hier als einen wichtigen Partner. Deutsche Firmen haben große Vorteile mit ihren Erfahrungen in den Bereichen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, was bei marokkanischen Entscheidungsträgern auf hohe Akzeptanz stoßen dürfte.

    Bis zum Jahr 2030 sollen insbesondere öffentliche Verwaltungsgebäude, aber auch öffentliche Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen energieeffizient modernisiert werden. Der Staat wird in dieser Frage eine Vorreiterrolle einnehmen, bevor private Bauherren in der Breite nachziehen. Der Gebäudebestand staatlicher Konzerne wie Office Chérifien des Phosphates (OCP) oder auch Office national de l'électricité du Maroc (ONEE) wird ebenfalls entsprechend nachgerüstet. Die Einführung neuer Energiestandards durch die Marokkanische Agentur für Energieeffizienz (Agence Marocaine pour l’Efficacité Energétique/AMEE) eröffnet deutschen Unternehmen zweifellos Chancen, denn sie gelten weltweit als Vorreiter im Bereich Passivhäuser und energieeffiziente Bauweisen.

    Nachhaltigkeit als Wachstumschance

    Die jährliche Zunahme der Gebäudefläche im Nichtwohnbereich beläuft sich auf circa 200.000 Quadratmeter, wobei der Schwerpunkt in den Sektoren Bau von Büros, Hotels und Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen liegt. Gleichzeitig besteht ein signifikanter Renovierungsbedarf bei älteren Betonkonstruktionen, bei dem Dämmstoffe aus Deutschland aufgrund ihrer Qualität und Effizienz eine entscheidende Rolle spielen könnten.

    Weiteres Absatzpotenzial bieten moderne Steuerungssysteme für Klimatisierung und Wassereinsatz. Derzeit liegt der Anteil der Raum- und Gebäudeklimatisierung am gesamten Stromverbrauch des Landes bei 16 Prozent. In Expertenkreisen wird dies als zu hoch angesehen. Intelligente Technologien wie BACnet oder EnOcean sowie neuartige Dämm- und Isolierstoffe könnten den Energieverbrauch senken.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Hochbau: Projekte

    Bedarf existiert in allen Sparten des Hochbaus. Neben den Vorbereitungen für die Fußball-WM sorgen die schnell wachsende Wirtschaft und Bevölkerung für einen expandierenden Markt.

    Der Bau und die Modernisierung von Stadien und Sporthallen sowie von Unterkünften und Verpflegungseinrichtungen für Sportgroßveranstaltungen wie der Fußball-Weltmeisterschaft (WM) 2030 haben in Marokko ein regelrechtes Baufieber ausgelöst. Für die Ausschreibung von Projekten zum Stadienbau ist die Société nationale de gestion des établissements de sport (SONARGES) zuständig, für die Bauaufsicht die Nationale Agentur für öffentliche Projekte (Agence Nationale des Equipments Publics, ANEP). SONARGES und ANEP beziffern die Investitionen zur Renovierung der Fußballstadien in Marrakesch, Tanger, Agadir, Fès, Casablanca und Rabat sowie für den Bau des Grand Stadiums in Casablanca auf rund 1,4 Milliarden Euro. 

    Im Jahr 2024 schrieb SONARGES zum Beispiel die Lieferung und Montage von Tribünensitzen für das Grand Stadion in Marrakesch aus. Den Zuschlag erhielt Vision Sport für 1,9 Millionen Euro. Eine weitere Ausschreibung über 0,9 Millionen Euro wurde für die Renovierung der Umkleidekabinen des Stadions von Marrakesch veröffentlicht.

    Neben dem für den Sportstättenbau zuständigen Ministerium für Erziehung und Sport, in dessen Zuständigkeitsbereich SONARGES fällt, investieren auch private Bauherren in Gebäude und Anlagen, die für die Fußball-WM zur Verfügung stehen sollen. Dazu gehören Hotels, Restaurants, Ferienanlagen, Sportkliniken, Lebensmittel- und Getränkefabriken, Supermärkte und Vergnügungsparks.

    Boom bei Gewerbeimmobilien

    Der anhaltende Wachstumstrend zeigt sich nicht nur im Sportstättenbau, sondern auch im verarbeitenden Gewerbe und im Einzelhandel. Im Rahmen der "Stratégie Commerce", einer ehrgeizigen Initiative des Ministeriums für Industrie, Handel, Investitionen und digitale Wirtschaft, erlebt der Einzelhandel derzeit eine Transformation, weg von traditionellen, hin zu neuen Verkaufsformen. Im Zuge dessen werden Bauprojekte realisiert, die Wohn- und Gewerbebauten im Sinne eines integrierten Wohnens und Arbeitens vereinen. Vorreiter wie die Einkaufszentren Casablanca Marina, Marrakesch Golf City und das Arribat Center in Rabat setzen hier Standards.

    Die Ansiedlung von Unternehmen aus dem Ausland, insbesondere im Großraum Casablanca sowie in den landesweit verteilten Freihandels- und Industriezonen, führt zu einem verstärkten Bedarf an Fabrik- und Verwaltungsimmobilien. Besonders hervorzuheben sind die ausgedehnten Industrieareale nahe Tanger und Nador, die für die Ansiedlung von Unternehmen unter anderem aus der Volksrepublik China vorbereitet werden. Diese Investitionen könnten Marokko bis zu einer Milliarde Euro an Direktinvestitionen aus dem Ausland einbringen.

    Der Ausbau von Sonderwirtschafts- und Industriezonen birgt Potenziale speziell für Unternehmen, die Industrie- und Logistikimmobilien bauen oder ausstatten. Deutsche Unternehmen mit Know-how im Bereich Building Information Modeling (BIM) und Softwarelösungen zur Bauüberwachung können ebenfalls punkten.

    Bau und Ausbau von Bahnhöfen und Flughäfen

    Der Bau von Bahnhöfen bietet deutschen Planern und Hochbaufirmen Geschäftschancen, zumal marokkanische Entscheidungsträger das Gebäude des Berliner Hauptbahnhofs als "gold standard" bezeichnen, wenn sie über Referenzen im Ausland sprechen. Zum Beispiel kündigte die staatliche Bahngesellschaft ONCF den Bau von 20 Bahnhöfen im zeitlichen Vorfeld zur Fußball-WM 2030 an. Zehn neue Stationen und Haltestellen werden in der Region Casablanca-Settat, acht in der Region Rabat-Salé-Kénitra und zwei im Raum Marrakesch-Safi gebaut.

    Der Ausbau von Flughäfen gehört ebenfalls zur Vorbereitung der Fußball-WM. Die spanische Ineco wurde im März 2024 ausgewählt, um einen Entwicklungsplan für den Flughafen Mohammed V in Casablanca zu entwerfen. Ausgebaut werden auch die Flughäfen Rabat-Salé, Tanger-Ibn Battûta, Tetouan, Marrakech Menara, Agadir Al Massira und Dakhla.

    Zahlreiche Klinikprojekte

    Der Bau von Gesundheitseinrichtungen wird forciert. So ist die Errichtung mehrerer Universitätskliniken vorgesehen, darunter das Klinikum am Standort Béni Mellal mit einer Gesamtfläche von 25 Hektar. Das Klinikum d'Errachidia wird über eine Kapazität von 500 Betten verfügen und auf einem etwa 39 Hektar großen Grundstück gebaut. Geplant sind ein OP-Bereich, ein Diagnosebereich, Einrichtungen für die Sterilisation und Reanimation sowie eine Notaufnahme, ein Labor und eine Radiologie- und Hämodialysestruktur. Die Bauarbeiten am Klinikum in Laâyoune sollen bis Dezember 2025 abgeschlossen werden. Die Gesamtfläche des Projekts beträgt 180.000 Quadratmeter, davon 95.000 Quadratmeter überdacht. Die marokkanische Tochtergesellschaft des französischen Baukonzerns Bouygues Construction, BYMARO, ist für den Bau des Hôpital Universitaire International Mohammed VI in der Hauptstadt Rabat verantwortlich. Das Krankenhaus wird aus vier sechsgeschossigen Gebäuden und einem Turm mit 25 Etagen bestehen.

    Im Jahr 2025 werden mehrere Büroimmobilien fertiggestellt werden, darunter der Campus der Société Générale Maroc in der Casablanca Finance City. Der Campus wird Platz für 2.000 Mitarbeiter bieten und soll - so das Ziel - ein modernes und umweltfreundliches Arbeitsumfeld schaffen, welches den höchsten Standards für nachhaltige Architektur entspricht. 

    Ein bedeutendes Ereignis stellt die Fertigstellung des Mohammed VI-Turms in Rabat dar. Der 250 Meter hohe und 55 Stockwerke umfassende Wolkenkratzer befindet sich aktuell in der Fertigstellung und wird Büros, Luxuswohnungen, ein Hotel der Waldorf Astoria-Kette und eine Aussichtsplattform beherbergen. 

    Ausgewählte Projekte des Hochbausin Millionen Euro
    Projektbezeichnung

    Investitionssumme

    ProjektstandAnmerkung
    Reparatur und Wiedererrichtung von Gebäuden im Atlasgebirge und in Marrakesch nach dem Erdbeben vom September 2023

    1.000 (Kredit der European Investment Bank vom Oktober 2023)

    Durchführungsphase (unter Aufsicht der Kommunalverwaltungen)4.232 Wohnungen werden komplett neu gebaut, 22.560 repariert, 155 Herbergen und Hotels, 1.709 Schulen und 42 Gesundheitszentren werden repariert
    Bau der Staumauer Tassa Ouirigane (Provinz Al Haouz)

    39

    Durchführungsphase mit einer Verspätung von 30 Monaten im November 2023 gestartetGeneralauftragnehmer ist die Baufirma Mojazine
    Bau einer Aufarbeitungsanlage für Kobaltsulfat zur Herstellung von Akkukathoden

    k.A.

    Vertragsunterzeichnung im November 2023Auftraggeber ist die China Electronics Corporation, Auftragnehmer ist Reminex (Tochterfirma des Bergbaukonzerns Menagem)
    Bau eines Theatergebäudes für 500 Zuschauer in Sidi Moumen (Casablanca)

    3

    Vorstudien, ArchitekturausschreibungBürgermeisteramt von Casablanca ist Auftraggeber
    Bau des Gebäudes für das Timitar Museum (Agadir)

    1,4

    Architekturwettbewerb haben Zakariae El Moudden et Rajae Agoumi gewonnen, Realisierung wird vorbereitetAuftraggeber ist die Société Agadir Souss-Massa Aménagement
    Bau des Bahnhofs Hay Riad (Rabat) und Fertigstellung des Bahnhofs Rabat-Ville

    k.A.

    Baustart Hay Riad, Neuprojektierung von Rabat-VilleBahngesellschaft ONCF ist Auftraggeber, Rabat-Ville erhält eine modifizierte Außenfassade
    Bau von 33 Kleinanlagen zur Meerwasserentsalzung (Casablanca-Settat)

    43 

    AusschreibungAuftraggeber sind die Gemeinde Casablanca-Settat sowie das Innenministerium
    Bau von 3 Anlagen zur Meerwasserentsalzung 

    185 

    RealisierungAuftraggeber ist der Phosphatkonzern OCP
    Bau eines zweiten Flughafens in Sidi Zouine (Marrakesch)

    k.A.

    Planung, Fertigstellung zur Fußball-WM 2030Stadtverwaltung ist Auftraggeber
    Bau einer Fachschule für die Pharmaindustrie in Nouaceur (Casablanca)

    RealisierungBildungsressort der Gemeinde Casablanca ist Auftraggeber
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

    Marokkos Verkehrsinfrastruktur hält internationalen Vergleichen stand. Dennoch werden die Straßen- und Schienennetze weiter ausgebaut, ebenfalls die Wasserinfrastruktur.

    Insbesondere beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur spielen öffentliche Investitionen auf Jahre hinaus eine sehr wichtige Rolle. Privates Engagement ist in diesem Bereich eher nicht zu erwarten. Mittel für den Verkehrswegebau bezieht die Regierung neben dem Staatshaushalt unter anderem aus der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit, aber auch vom internationalen Kapitalmarkt. Marokko überzeugt die globalen Kapitalmärkte mit einer strikten Haushaltspolitik, wirksamer Inflationsbekämpfung, jahrelanger Währungsstabilität und stabilen politischen Verhältnissen, aber auch mit gut begründeten und geplanten Bauprogrammen.

    Nizar Baraka, Minister für Infrastruktur und Wasser, hat auch für 2025 umfangreiche öffentliche Projekte in gleich mehreren Tiefbaubereichen angekündigt. So wird sein Ressort 430 Millionen Euro allein für Wasserprojekte und entsprechende Ausrüstungen bereitstellen. Davon fließen 390 Millionen Euro speziell in den Bau wasserwirtschaftlicher Infrastruktur. Mit dem Geld wird der Ausbau von 20 großen Staudämmen sowie der Bau von 129 kleineren Dämmen und Stauseen vorangetrieben. Der Bau des Staudamms Aït Ziat, der bis zu 186 Millionen Kubikmeter Wasser speichern kann, soll sogar schon 2025 abgeschlossen sein. 

    Autobahnbau wird fortgeführt

    Für den Straßen- und Autobahnbau stellt das Ministerium im Rahmen des nationalen Autobahnprogramms für das Haushaltsjahr 2025 rund 266 Millionen Euro zur Verfügung. Für denselben Zweck fließen zusätzliche Mittel aus dem Budget der Autobahnbehörde Societe Nationale des Autoroutes du Maroc (ADM). Der Bau der neuen Autobahnabschnitte zwischen Tit Mellil und Berrechid sowie zwischen Rabat und Casablanca löst zum Beispiel 410 Millionen Euro an öffentlichen Investitionen aus, allerdings über mehrere Jahre verteilt.

    Ein weiteres staatlich gefördertes Infrastrukturprojekt ist der neue Tiefseehafen Nador West Med, dessen Terminal für Erdölprodukte 2025 in Betrieb gehen soll. Nach Inbetriebnahme aller Terminals im Jahr 2027 wird der Hafen über eine Umschlagskapazität von 3 Millionen Containern und 25 Millionen Tonnen Kohlenwasserstoff verfügen. Mittelfristig sind auch ein Terminal für die Anlandung von Flüssigerdgas und eine Meerwasserentsalzungsanlage geplant.

    Für den Bau der 104 Kilometer langen Autobahn zwischen Guercif und Nador, die den Hafen an das nationale Straßennetz anbindet, stellen die Afrikanische Entwicklungsbank und der Africa Growing Together Fund einen Kredit in Höhe von 246 Millionen Euro zur Verfügung. Außerdem investiert die Regierung eine Million Euro in die Modernisierung der Industriegebiete Skhirate und Aïn Attiq, um die Umweltbelastung zu minimieren.

    Energieinfrastruktur wächst schnell

    Im Bereich der Energieinfrastruktur sind für 2025 erste Ausschreibungen für die geplante Gaspipeline Nigeria-Marokko geplant. Ein weiteres Energieprojekt ist der Ausbau des Stromübertragungsnetzes Süd-Zentral. Die erste Phase mit 1.500 Megawatt soll 2026 in Betrieb gehen, eine zweite Phase mit weiteren 1.500 Megawatt ist für 2028 geplant. Im Bereich der Energieerzeugung erhöht die Regierung den Anteil erneuerbarer Energiequellen am Strommix. Zu den Projekten gehören die Fortführung der Arbeiten an den Solarkraftwerken Noor Midelt I, II und III sowie der Windpark Koudia Al Baida II.

    Perspektivisch wird sich der Staat aus Hoch- und Tiefbauprojekten im Energiesektor zurückziehen und das Feld sukzessive privaten Investoren überlassen. Damit verschiebt sich der Anteil öffentlicher Investitionen insbesondere im Energiesektor zugunsten privaten Engagements. Um diese Entwicklung zu unterstützen, bietet die Regierung Steuer- und Zollbefreiungen, klare Handelsbestimmungen, Bürokratieabbau und die Liberalisierung ehemals regulierter Märkte, wie zum Beispiel des Strommarktes. Die im Jahr 2024 veröffentlichte Initiative "Offre Maroc Hydrogène Vert" zielt explizit auf den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft durch ausländische Investitionen ab.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen

    Realistische Absatzchancen finden deutsche Unternehmen in erster Linie als Unterauftragnehmer und Zulieferer bei Tiefbauprojekten. 

    Wie bei allen großen Infrastrukturausschreibungen in Marokko, ob öffentlich oder privat finanziert, ist eine weitgehende Passivität der deutschen Wirtschaft festzustellen. Dies ist besonders auffällig vor dem Hintergrund, dass Bieterkonsortien aus anderen europäischen Ländern in Kooperation mit marokkanischen Unternehmen eine Ausschreibung nach der anderen für sich entscheiden können. 

    Offensichtlich sind deutsche Technologiehersteller wenig geneigt oder in der Lage, sich zu Konsortien zusammenzuschließen, um eine ausgeschriebene Paketlösung anbieten zu können. Wenn deutsche Unternehmen an Großprojekten beteiligt sind, dann in der Regel als Unterauftragnehmer. Dementsprechend bleiben die Geschäftschancen für deutsche Unternehmen im marokkanischen Tiefbau auf einige wenige Projekte beschränkt.

    Klinikanbindung an Strom- und Wassernetze

    Deutsche Unternehmen kommen als Subunternehmer immer dann in Frage, wenn sie über Alleinstellungsmerkmale verfügen. Diese können etwa beim Bau von Kliniken und Krankenhäusern zum Tragen kommen, auch wenn diese Projekte vordergründig dem Hochbau zuzuordnen sind. Bei Gesundheitseinrichtungen sind die Anforderungen an die Ausfallsicherheit der Strom- und Frischwasserversorgung besonders hoch. Auch die Entsorgung von klinischen Abfällen und Abwässern stellt eine große Herausforderung dar, da diese als besonders gefährlich für Mensch, Tier und Umwelt gelten. Somit bieten Gesundheitsprojekte nicht nur deutschen Architekturbüros, Handwerks- und Installationsfirmen sowie Anbietern von Baumaterialien und Inneneinrichtungen interessante Perspektiven, sondern auch Planern und Herstellern hochwertiger Energieversorgungs-, Abwasser-, Filter- und Entsorgungstechnik. 

    Bau von Pumpspeicherkraftwerken boomt

    Auch Ausschreibungen für den Bau von Staudämmen und Pumpspeicherkraftwerken werden regelmäßig von Konsortien aus Drittländern gewonnen. Doch gibt es hier eine Ausnahme: Derzeit läuft eine Ausschreibung des Energieversorgers ONEE für den Bau des Pumpspeicherkraftwerks El-Menzel mit einer zu installierenden Leistung von 300 bis 400 Megawatt. Das deutsche Unternehmen Andritz Hydro aus Ravensbrück hat es auf die Shortlist geschafft. Die meisten anderen Firmen stammen aus Asien: China International Water & Electric Corp. Ltd, Harbin Electric Machinery Co. Ltd, Harbin Electric International Co. Ltd, Jet Contractors, Webuild S.p.A. und Dongfang Electric International Cooperation. Andritz Hydro konnte schon einmal in Kooperation mit dem französischen Energie- und Baukonzern Vinci die Turbinen für das Pumpspeicherkraftwerk Abdelmoumen liefern und installieren.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Tiefbau: Projekte

    Der Tiefbau bleibt allein schon wegen seines Finanzierungsvolumens das Hauptgeschäft der marokkanischen Baubranche.

    Marokko verfolgt das Ziel, seine Infrastruktur weiter auszubauen und zu modernisieren. Das bietet deutschen Unternehmen aus der Bauwirtschaft potenziell Wachstumschancen. Zum Beispiel hat die marokkanische Regierung angekündigt, bis 2035 Autobahnen und Schnellstraßen mit einer Gesamtlänge von 5.500 Kilometern zu bauen. Die geschätzten Investitionen belaufen sich auf 9,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen 3 Milliarden Euro für den Bau von Landstraßen und 12,4 Milliarden Euro für die Instandsetzung des bestehenden Straßennetzes von 7.000 Kilometern.

    Marsa Maroc erhält Konzession für Hafen Nador West Med

    Der Hafen Nador West Med an der Mittelmeerküste ist ein wichtiger Bestandteil der Infrastrukturoffensive. Der Hafen verfügt über einen 4,5 Kilometer langen Hauptterminal, einen 1,2 Kilometer langen Nebenterminal und einen 1,5 Kilometer langen Kai mit einem Tiefgang von 18 Metern. Damit ist er einer der modernsten Häfen der Mittelmeerregion.

    Zuletzt gab es einige wichtige Entwicklungen, die den Betrieb des Westterminals des Hafens betreffen. So hat Marsa Maroc, der nationale marokkanische Hafenbetreiber, eine Konzession für 25 Jahre erhalten. Aus einer Pressemitteilung des Unternehmens geht hervor, dass der Westterminal in zwei Abschnitte unterteilt ist: ein 900 Meter langer Abschnitt für den Containerumschlag und ein 540 Meter langer Abschnitt für den Stückgutumschlag. Acht Ship-to-Shore-Kräne (STS), 24 Portalkräne (RTG) und 4 Mobilkräne werden installiert. Die Anfangsinvestition hat Marsa Maroc mit 280 Millionen Euro angegeben. 

    Unabhängig davon verhandelt die marokkanische Regierung mit dem chinesischen Reedereigiganten Cosco Shipping Corporation Limited über die mögliche Verwaltung eines weiteren Teils des Hafens. Das Projekt befindet sich noch in der Entwicklungsphase und es ist möglich, dass in Zukunft weitere Betreiber hinzukommen, um verschiedene Teile des Hafens zu betreiben.

    Die Anbindung des Hafens an das Stromverteilungs- und an das Autobahnnetz wird derzeit mit Hochdruck vorangetrieben, um weitere Verzögerungen bei der Inbetriebnahme aller Terminals zu vermeiden - ursprünglich war die vollständige Aufnahme des Hafenbetriebs für das Jahr 2024 geplant. Derzeit wird unter anderem die Anbindung des Hafens an das landesweite Stromübertragungsnetz realisiert. Die Afrikanische Entwicklungsbank und der Africa Growing Together Fund haben einen Kredit in Höhe von 246 Millionen Euro für den Bau von Netzanschlüssen und Straßen bereitgestellt, darunter die 104 Kilometer lange Autobahn Nador-Guercif.

    Ausbau der Wasserwirtschaft steht weiter im Fokus

    Der chronische Wassermangel ist in Marokko ein existenzielles Problem. Der Bau von Anlagen zur Meerwasserentsalzung, zur Abwasseraufbereitung und von "Wasserautobahnen", die den Transfer großer Wassermengen ermöglichen, soll Abhilfe schaffen. Neben Haushaltsmitteln greifen die Verantwortlichen auf allen Verwaltungsebenen auf Darlehen und Zuschüsse bi- und multilateraler Geberinstitutionen zurück.

    Unabhängig von den staatlich geförderten Projekten investiert auch die Privatwirtschaft in die Meerwasserentsalzung sowie in die Frisch- und Abwasseraufbereitung: zum einen, um ausreichend Prozesswasser zur Verfügung zu haben, zum anderen, um die gesetzlichen Anforderungen an die Brauchwasseraufbereitung zu erfüllen. Ein aktuelles Beispiel ist der Phosphatkonzern OCP, der 13 Milliarden US-Dollar in die gesamte Wertschöpfungskette zur Herstellung von grünem Ammoniak investiert, beginnend bei der Meerwasserentsalzung über die Erzeugung von grünem Strom, die Elektrolyse bis hin zur Umwandlung des grünen Wasserstoffs in Ammoniak.

    Hochgeschwindigkeitsstrecken werden gebaut

    Im Vorfeld der WM 2030 arbeitet die Eisenbahngesellschaft, Office National des Chemins de Fer du Maroc (ONCF), an der Modernisierung des Schienennetzes und des rollenden Materials für Intercity- und Hochgeschwindigkeitsverbindungen. Dafür ist ein Investitionsprogramm von 9,6 Milliarden Euro vorgesehen. Allein 5,3 Milliarden Euro fließen in den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Kenitra-Marrakesch und dann weiter nach Agadir, für die neben der Trasse auch Bahnhöfe gebaut oder renoviert werden.

    Auf dem Streckenbauabschnitt Kenitra-Marrakesch erhielt die China Railway NO.4 Engineering Group Co (CREC 4), eine Tochtergesellschaft der CRRC Corporation Limited, den Zuschlag für die Tiefbauarbeiten der Phase 1. Gleichzeitig bekam die China Railway 20th Bureau Group (CRCC 20) den Zuschlag für das Los 5 desselben Projekts. Diese chinesischen Aufträge belegen die wachsende Bedeutung asiatischer Unternehmen bei großen Infrastrukturprojekten in Marokko, insbesondere im Eisenbahnsektor. Zusätzlich sind die Erdarbeiten für den Anschluss des internationalen Flughafens Casablanca "Mohammed V" an die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke im Gange.

    Für die weitere Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Agadir und Marrakesch laufen die Vorprojektstudien. Ein entsprechender Auftrag wurde an die China Railway Design Corporation (CRDC) vergeben. Die Ausschreibung für den eigentlichen Streckenbau steht noch aus. 

    Veröffentlicht wurde hingegen der Bau der Eisenbahnverbindung zwischen Selouane und dem Hafen Nador West Med. Diese Strecke soll vorrangig dem Güterverkehr zur Verfügung stehen. Ein Konsortium aus der marokkanischen CID und der spanischen Ingenieurgesellschaft Ineco erhielt den Zuschlag für die Machbarkeitsstudien und den Vorentwurf der 85 Kilometer langen Intercity-Strecke zwischen Tanger und Tetouan. 

    Ausgewählte Großprojekte im marokkanischen Tief-/Infrastrukturbauin Millionen US-Dollar
    Projektbezeichnung

    Investitionssumme

    ProjektstandAnmerkung/Streckenlänge
    Kenitra- Marrakesch Hochgeschwindigkeit Bahnlinie / ONCF 

    4.500

    Planung320 Kilometer
    Marrakesch-Agadir Hochgeschwindigkeitsbahnlinie/ ONCF 

    1.633

    Planung250 Kilometer
    Elektrifizierung von Bahnlinien, ONCF 

    1.000

    Planung550 Kilometer
    Untersee- Stromverbindungskabel Marokko- Portugal, ONEE

    865

    Vorstudie250 Kilometer
    Kenitra Atlantic Port Complex/ ANP 

    800

    VorstudieBau eines Terminals
    Erweiterung Rabat Salé Tramway/STRS 

    648

    Vorstudie19,5 Kilometer
    Gas-Pipeline Projekt Atlantic Ridge / Office National des Hydrocarbures et des Mines (ONHYM)

    400

    VorstudieTanger-Casablanca: 300 Kilometer
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, 2024

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis

    Konzerne dominieren Marokkos Baubranche vom Umsatz her. Zahlenmäßig sind kleine und mittlere Firmen deutlich in der Überzahl. Allerdings sind viele von ihnen informeller Natur. 

    Unternehmen aus dem Baugewerbe bewegen sich in Marokko in einem herausfordernden Umfeld: In kleineren Unternehmen sind informelle oder prekäre Arbeitsverhältnisse verbreitet und nicht auf allen Baustellen wird die Pflicht zum Tragen von Schutzkleidung eingehalten. Renommierte Baufirmen hingegen suchen nach Fachkräften und müssen dafür höhere Löhne zahlen. Viele Unternehmen begegnen dem Fachkräftemangel mit dem Prinzip "learning by doing". Als weitere Herausforderung kommen in der Branche die zahlreichen Projekt- und Zahlungsverzögerungen hinzu.

    Unzulängliche Berufsausbildung und Schattenwirtschaft

    Ein weiteres Problem ist die große Zahl von Bauunternehmen und Baustoffproduzenten, die in der Schattenwirtschaft tätig sind. Der Unternehmerverband CGEM schätzt den Umsatzanteil des informellen Sektors auf rund 30 Prozent. Der Bauunternehmerverband FNPI beziffert die Grauzone, also Zahl der Unternehmen, die zwischen formeller und informeller Arbeit tätig sind, auf 10.000 und den ausschließlich informellen Sektor sogar auf 40.000 Unternehmen. Der organisierten Bauwirtschaft werden circa 2.000 Unternehmen zugerechnet.

    Der Staat spielt als bedeutender Auftraggeber und Bauherr vor allem im Tiefbau eine wichtige Rolle. Neben dem Staat als Investor und Bauherr sind auch staatliche Bauunternehmen im Markt aktiv. So dominiert die Staatsholding Al Omrane Group den öffentlichen Wohnungsbau. Aber auch staatliche Industrieunternehmen wie der Phosphatkonzern OCP sind im Bausektor aktiv. OCP investiert beispielsweise in grüne Energien und in die Meerwasserentsalzung, sowohl für den Eigenbedarf als auch für die Wasserversorgung der Bevölkerung. Staatliche Stiftungen wie die Mohammed VI Stiftung für Bildung und Forschung treten als Auftraggeber auf und finanzieren Projekte wie den Ausbau der Polytechnischen Universität Mohammed VI (UM6P).

    Akquise ist herausfordernd

    Die Akquisition von Aufträgen ist in der marokkanischen Baubranche ein anspruchsvolles Unterfangen. Trotz der hohen Anzahl an Projekten erfordert die Auftragsakquise eine sorgfältige Vorbereitung, gezieltes Lobbying und detaillierte Kenntnisse der Verfahrensabläufe. Um sich an öffentlichen Projekten zu beteiligen, ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen lokalen Partnern von entscheidender Bedeutung.

    Nach der Auftragserteilung können nachträgliche Haushalts- und Kostenanpassungen der Auftraggeber, Änderungen in der Beschaffungspolitik der Bauherren, knappere Budgets als geplant und eine schwerfällige Verwaltung die Projektabwicklung erschweren. Auch sprachliche und kulturelle Besonderheiten vor Ort sowie ein anderes Zeitempfinden der marokkanischen Partner können speziell für deutsche Unternehmen eine Herausforderung darstellen.

    Dennoch bietet der marokkanische Bausektor aufgrund seiner zunehmenden Diversifizierung, der gut ausgebauten Infrastruktur und der günstigen geografischen Lage attraktive Wachstumschancen. Besonders gute Einstiegsmöglichkeiten bieten sich derzeit für Unternehmen mit Expertise in den Bereichen "GreenTech" und "Prefab". 

    AHK Marokko unterstützt beim Markteinstieg

    Deutsche Unternehmen, die den marokkanischen Markt erschließen möchten, können Unterstützung von der Deutsch-Marokkanischen Industrie- und Handelskammer (AHK) in Casablanca erhalten. Die AHK bietet Dienstleistungen wie Beratung, Suche nach Geschäftspartnern, Marktanalyse und Kontaktanbahnung zur öffentlichen Verwaltung und zu örtlichen Branchenunternehmen sowie eine Integration in das Mitgliedernetzwerk der Kammer an.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Zulieferprodukte: Marktlage

    Die Geschäftsaussichten der marokkanischen Baustoffindustrie steigen 2025 im Zuge der guten Konjunktur. Verlässliche Werte liegen aber nur für Stahl und Zement vor.

    Die Baustoffindustrie erwirtschaftete 2024 mit 750 Unternehmen und 200.000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von 4,3 Milliarden Euro und einen Gewinn vor Steuern von 1,5 Milliarden Euro. Obwohl die Baustoffindustrie nach Produkten gut strukturiert ist, liegen amtliche Statistiken nur für Zement und Stahl vor, da viele Hersteller anderer Baustoffe teilweise oder ganz im informellen Sektor tätig sind.

    Positive Absatzprognosen für Baustoffe

    Der Verband der Baustoffhersteller, Fédération des Industries des Matériaux de Construction (FMC), prognostiziert für 2025 ein positives Geschäftsjahr. Nach einer vierjährigen Schwächephase profitiert die Branche von der guten Auftragslage im Hochbau sowie dem öffentlich finanzierten Infrastrukturbau.

    Der Zementmarkt wächst stetig. Die marokkanische Zementindustrie betreibt landesweit 14 Zementwerke und 7 Mahlwerke und beschäftigt rund 38.500 Mitarbeiter. Allein die Mitgliedsunternehmen des Zementverbandes APC (Association Professionnelle des Cimentiers) verfügen über eine installierte Kapazität zur Produktion von 24,6 Millionen Tonnen Zement pro Jahr. 

    Mitglieder der APC sind Asment Témara, Ciments de l'Atlas, Ciments du Maroc, LafargeHolcim Maroc und Novacim. Deren Zementlieferungen betrugen 12,5 Millionen Tonnen im Jahr 2024, was einem Anstieg von rund 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entsprach. Ciments du Maroc ist eine Tochtergesellschaft der Heidelberg Materials, die zusätzlich Mehrheitsbeteiligungen an Asment de Témara (Zement- und Betonhersteller) und Grabemaro (Zuschlagstoffhersteller) hält.

    Der Trend in der Zementindustrie geht nicht nur in Richtung Mengenwachstum, sondern auch in Richtung Qualität. So will Ciments du Maroc den Markt mit grünem Zement beliefern und seine CO2-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent senken. Dazu gibt es Bestrebungen, vermehrt Ökostrom in der Produktion einzusetzen und das Refuse Derived Fuel (RDF) Co-Processing zu nutzen.

    Baustahl überwindet Absatzschwäche

    Stahl wird in Marokko aus Schrott und im Elektrolichtbogenofen reduziertem Eisen hergestellt. Die installierte Kapazität der marokkanischen Stahlindustrie beträgt 5,5 Millionen Tonnen Walzstahl und 2,8 Millionen Tonnen Betonstahl. Ein Mangel an bestimmten Bau- und Installationsmaterialien, wie Stromleitungen und Glas, führte 2024 zu einer Verlangsamung des Bautempos bei einigen Projekten. Dies wiederum dämpfte die Nachfrage nach Baustahl.

    Für 2025 sind die Stahlhersteller wieder zuversichtlich, zumal der Internationale Währungsfonds (IWF) ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,8 Prozent prognostiziert. Vor diesem Hintergrund dürfte die Nachfrage nach Baustahl anziehen. Ein Ziel der Branche ist es, grünen Stahl zu produzieren, indem der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in der Stahlproduktion über die kommenden Jahre auf 100 Prozent erhöht wird. Um dieses Ziel zu erreichen, bauen die Stahlunternehmen eigene Wind- und Solarkraftwerke.

    Gipsbetonplatten finden reißenden Absatz

    Der Markt für Gipskartonplatten entwickelt sich positiv. Die Produktion von Gipskartonplatten und Gipsmörtel hat bereits in den letzten Jahren zugenommen. Daher hat der Hersteller Daman Gypsum 35 Millionen Euro in den Bau einer Gipsbetonfabrik am Standort Sidi Tiji investiert. Die installierte Kapazität beträgt jetzt 20 Millionen Quadratmeter Gipskartonplatten, 0,7 Millionen Tonnen Gips und 0,2 Millionen Tonnen Gipsmörtel pro Jahr.

    Aufgrund der hohen Nachfrage nach Gipskartonplatten hat auch der deutsche Hersteller Knauf gemeinsam mit der marokkanischen Safari-Gruppe die Produktion am Standort Safi ausgebaut. Knauf beliefert inzwischen nicht nur den marokkanischen Markt, sondern auch Kunden in westafrikanischen Ländern.

    Fenster werden überwiegend lokal produziert und zum Teil aus importierten Teilen montiert. Neben den wenigen großen Herstellern gibt es eine Vielzahl kleiner Werkstätten, die ihren Absatz jedoch über den informellen Markt realisieren. Offizielle Statistiken über Produktions- und Absatzzahlen liegen in der Regel nicht vor.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Kontaktadressen

    BezeichnungAnmerkungen
    AHK MarokkoInteressenvertretung der deutschen Wirtschaft
    Ministere de l’Equipment et de l’EAUMinisterium für Infrastruktur und Wasser
    Moroccan Agency for Energy Efficiency (AMEE)Marokkanische Agentur für Energieeffizienz
    Moroccan Agency for Investment and Export Development (AMDIE)Marokkanische Agentur für Investitions- und Exportförderung
    Fédération Nationale du Batiment et Travaux Publics (FNBTP)  Verband für Gebäude und öffentliche Arbeiten
    Fédération des Industries des Matériaux de Construction (FMC)Dachverband für Baumaterialien
    Association Marocaine de l'Industrie du BétonMarokkanischer Verband der Betonindustrie
    Association Professionnelle des Cimentiers du MarocMarokkanischer Verband der Zementindustrie
    Salon International du Bâtiment (SIB)Internationale Baumesse
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