Special | Mexiko | Robotik
Branchenüberblick: Markt für Robotik hat Wachstumspotenzial
Mexiko gehört weltweit zu den Ländern mit dem größten Bestand an Industrierobotern. Rund die Hälfte der Installationen entfällt auf den Automobilsektor.
04.10.2022
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Mexiko ist ein bedeutender Markt für Robotik. Mit insgesamt 41.000 Industrierobotern in Betrieb steht Mexiko Ende des Jahres 2020 weltweit auf Rang neun. Dies belegen Zahlen des internationalen Dachverbandes für Robotik, der International Federation of Robotics (IFR). Mexiko liegt damit knapp vor Spanien (38.000 Roboter) und ist - mit deutlichem Abstand vor Brasilien (16.000 Roboter) - der wichtigste Markt für Robotik in Lateinamerika.
Großteil der Nachfrage kommt aus Automobilsektor
Aufgrund hoher Investitionen im verarbeitenden Gewerbe, insbesondere im Kfz-Sektor, wurden in den Jahren 2015 bis 2018 Rekordwerte bei der Installation neuer Roboter erreicht. Ab 2019 waren die Unternehmen aufgrund des Regierungswechsels zurückhaltender, danach folgte die Corona-Pandemie. Die Installationszahl neuer Roboter lag daher im Jahr 2020 etwa bei der Hälfte des bisherigen Rekordwertes aus dem Jahr 2016.
Trotz der schon jetzt wichtigen Stellung von Robotik in Mexiko besteht laut IFR noch ein großer Nachholbedarf im Land. So sind je 10.000 Angestellte im verarbeitenden Gewerbe in Mexiko nur 47 Roboter installiert. Der weltweite Durchschnitt liegt währenddessen bei 126 Robotern je 10.000 Angestellte. Spitzenreiter Südkorea kommt im Vergleich gar auf 932 Roboter, das Nachbarland USA auf 255.
Quelle: VDMA-IFR Statistical Department, World Robotics 2021
Niedriges Lohnniveau spricht gegen Einsatz von Robotik
Wichtigste Ursache für die weiterhin geringe Dichte von Robotern ist in Mexiko das geringe Lohnniveau. In Werken deutscher Unternehmen liegen die Lohnkosten je Angestelltem grob geschätzt bei 500 US-Dollar (US$) monatlich - deutlich unter dem Niveau von China. Branchenexperten zufolge rechnet sich die Installation eines Roboters häufig erst, wenn die Lohnkosten bei über 1.000 US$ monatlich liegen.
Betrachtet man ausschließlich die Kfz-Industrie, so ist die Roboterdichte jedoch bereits deutlich höher. Laut der Studie des IFR kommt Mexiko hier auf 377 installierte Roboter je 10.000 Angestellte. Die Kfz-Industrie gilt somit als Anwendungspionier von Robotik. In anderen wichtigen Automobilherstellerländern wie Südkorea (2.750 Roboter) und den USA (1.528 Roboter) sind jedoch verhältnismäßig deutlich mehr Roboter in den Kfz-Werken installiert.
Zweistellige Wachstumsraten bis 2024 erwartet
Nach Berechnungen des Nordamerikanischen Verbandes für Automatisierung A3 ("Association for Advancing Automation") hatten die Neuinstallationen von Robotern in Nordamerika 2020 im Durchschnitt einen Wert von jeweils 48.300 US$. Für Mexiko getrennt liegen keine Werte vor. Vorherrschender Typ in der Region sind Gelenkarmroboter für die Industrie. Zwischen 2022 und 2024 erwartet der Verband in Mexiko zweistellige Wachstumsraten bei den Neuinstallationen von Robotern. Im Jahr 2024 sollen rund 5.550 Einheiten neu Einheiten installiert werden.
Aktuell entwickelt sich besonders der Elektroniksektor kräftig als Abnehmer von Robotik. Zwischen 2015 und 2020 legten die Neuinstallationen in diesem Sektor jährlich im Durchschnitt um 49 Prozent zu, so die Studie- allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau. Investitionen von Unternehmen wie Samsung, Hisense oder LG in Produktionsstätten in Mexiko dürften diesen Trend angestoßen haben.
Immer stärkeren Einsatz finden in Mexiko sogenannte kollaborative Roboter (Cobots), die mit Menschen gemeinsam arbeiten. So verwendet etwa Volkswagen in seinem Werk in Puebla Cobots zur Messung von Abständen bei der finalen Inspektion der hergestellten Fahrzeuge.
Die lokale Produktion von Robotern liegt in Mexiko noch auf einem niedrigen Niveau und beschränkt sich meist auf die Montage importierter Teile. Die Einfuhren von Robotern lagen im Jahr 2021 bei insgesamt 134,3 Millionen US$. Im gleichen Zeitraum exportierte das Land Roboterteile im Wert von 24,6 Millionen US$. Über die Hälfte der Importe stammte aus Japan und Südkorea, während die Exporte zu 99 Prozent an die USA gingen.
Land | 2011 | 2021 |
---|---|---|
Insgesamt | 98,5 | 134,3 |
Japan | 29,0 | 55,3 |
Südkorea | 4,0 | 18,8 |
USA | 21,1 | 14,6 |
China | 3,3 | 12,4 |
Deutschland | 26,1 | 12,1 |
Dänemark | 0 | 7,1 |
Österreich | 2,1 | 4,1 |
Schweden | 3,0 | 3,7 |
Frankreich | 3,3 | 3,4 |
Deutsche Anbieter expandieren in Mexiko
Das deutsche Unternehmen SCHUNK aus Laufen am Neckar, Weltmarktführer für Greifsysteme und Spanntechnik, ist bereits seit rund zehn Jahren mit einer Niederlassung im mexikanischen Querétaro vertreten. Mit 40 Mitarbeitenden deckt SCHUNK von dort aus ganz Lateinamerika ab, mit der Ausnahme Brasiliens. "Rund 85 Prozent unserer Kunden befinden sich jedoch in Mexiko", sagt Ángel Valle, Vertriebsleiter des Unternehmens im Gespräch mit GTAI. Etwa 65 Prozent der Verkäufe SCHUNKs gehen in Mexiko an den Automobilsektor, der Rest an die Metallverarbeitung. "Trotz Problemen in den Lieferketten rechnen wir für 2022 mit einem Anstieg des Umsatzes von 15 Prozent, deutlich besser als erwartet", so Valle.
Neben SCHUNK haben sich auch die deutschen Anbieter von Automatisierungstechnik Schmalz und Zimmer Group in Querétaro niedergelassen. Die Zimmer Group eröffnete ihr dortiges Vertriebsbüro erst 2021, nachdem Mexiko zuvor über einen lokalen Händler bedient wurde. Der Anstieg der Nachfrage habe eine eigene Geschäftsstelle notwendig gemacht, so Geschäftsführer der mexikanischen Niederlassung Vincent Zimmer.
Neben den erwähnten Mittelständlern sind auch die deutschen bzw. ehemals deutschen Branchengrößen Festo und KUKA in Mexiko präsent. Festo hat im Norden von Mexiko-Stadt eine Produktionsstätte sowie landesweit zehn eigene Vertriebsbüros. KUKA betreibt im Ort Toluca westlich von Mexiko-Stadt ebenfalls eine Produktionsstätte und hat eine weitere Niederlassung in der Stadt San Luis Potosí.