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Freizonen in Nigeria profitieren vom neuen Tiefseehafen

Betrieben von Nigerias "Nudel-Königen", ist die Lagos Free Zone Standort von Produktionen für den lokalen Markt. Der neue Hafen nebenan verbessert nun die Logistik. Auch für BASF.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Auf wachsendes Interesse auch deutscher Firmen hofft das Management der Lagos Free Zone (LFZ). Grund ist die Inbetriebnahme des Containerterminals Lekki im vergangenen April, der Nigerias erster Tiefseehafen ist und zur Zone gehört. Ein Importcontainer dürfte bei Durchlaufen der Freizone nun bereits rund zwei Wochen nach Ankunft des Schiffes zum Beispiel in der nordnigerianischen Stadt Kano ankommen. Dies erwartet das lokale Management des Chemiekonzerns BASF, der seit 2019 ein Warenlager in der LFZ betreibt.

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Kombi Freizone/Hafen verkürzt Abwicklungszeiten deutlich

Bislang sind für so einen Transport eher zwei Monate zu veranschlagen, einen Monat allein für die Zollabwicklung. Stress mit den Behörden gilt als Hauptgrund, warum ausländische Spediteure Nigeria als logistischen Albtraum bezeichnen. Das singapurische Unternehmen Tolaram als Eigner und Betreiber der LFZ hat deshalb ein "Single Window Office" in seiner Zone eingerichtet. Unternehmen finden dort laut Tolaram alle erforderlichen Behörden, um einen Container zuerst vom Schiff in die Freizone und von dort weiter ins nigerianische Zollgebiet zu verbringen. Diese Verzollung in der Freizone dauert laut BASF lediglich sieben bis zehn Tage.

Die Energieversorgung, das andere große Problem vieler Firmen in Nigeria, stellt Tolaram nach eigener Aussage "zu 100 Prozent" sicher. Die Firma will das eigene Gaskraftwerk ausbauen und ansonsten die gesamte Energieversorgung auf Gas umstellen. "Kein einziges der 24 Unternehmen in der Zone hängt am nationalen Stromnetz", sagt Prem Krishna, der bei Tolaram für Energie zuständig ist. Vertragsfirmen hätten mit dem Erdbau für eine 30 Millionen US-Dollar (US$) teure Pipeline begonnen, die in der Nähe angelandetes Erdgas in die Zone bringt. Als Backup sei außerdem ein neuer Behälter für verflüssigtes Erdgas (LNG) geplant.

Die bisher in der Lagos Free Zone laut Tolaram angesiedelten Unternehmen wie Kellogg´s und Colgate produzieren dort hauptsächlich. Laut Prem Krishna erfolgt dies bislang fast ausschließlich für den nigerianischen Markt. Der reine Warenumschlag hatte bis zur Eröffnung des Hafens Lekki noch wenig Sinn ergeben. So musste bis dahin auch BASF seine Ware aufwändig über die bestehenden anderen Häfen hereinbringen. Nun interessieren sich für eine Ansiedlung auch vermehrt Logistiker. Ein Beispiel ist die nigerianische Firma Creseada, deren Geschäftsführung die LFZ Anfang August besuchte.

Nigerias "Nudel-König" beteiligt sich als LFZ-Betreiber an Betrieben

LFZ-Betreiber Tolaram hat sich nach eigenen Angaben an sämtlichen Betrieben in der Freizone beteiligt, üblicherweise mit 49 Prozent. Nur bei der Fabrik des Hygieneprodukteherstellers Kimberly-Clark habe man keine Assets.

Tolaram stammt zwar aus Singapur und hat dort auch seinen Sitz, Nigeria ist jedoch der geschäftliche Fokus der Firma: Das westafrikanische Land steuert nach Unternehmensangaben um die 70 Prozent zum Gruppenumsatz von 1,6 Milliarden US$ bei. In Afrikas größter Volkswirtschaft arbeiten auch 18.000 der 20.000 Beschäftigten. Tolaram ist nach eigener Darstellung bei wichtigen Produkten Afrikas größtes Konsumgüterunternehmen. "Wir sind Nigerias Nudel-König", sagt Prem Krishna. Tolaram betreibe 24 Fabriken im Land und damit mehr als jedes andere Unternehmen.

Wie viel die Betriebe der Zone tatsächlich an Wert schöpfen, ist nicht klar. Bei Kellogg´s werden laut Tolaram sämtliche Produkte in der LFZ-Fabrik zumindest verarbeitet, nur die relativ teuren und damit absatzschwachen "Pringles" importiere die US-Firma als Fertigprodukt. Der dänische Molkereikonzern Arla müsse mit der defizitären Milcherzeugung in Nigeria klarkommen und verarbeite zumindest teilweise importiertes Milchpulver.

 

Lagos Free Zone
Anzahl Beschäftigte in der Zonerund 4.000
Angesiedelte Unternehmen24, vorwiegend mit Fabriken
Investitionen bisher (Millionen US$)

Infrastruktur (durch Tolaram): 400 bis 500

Fabriken (durch Investoren): 600

Fläche (1. Phase) (Hektar)300, davon: Hafen 90, belegt 50
AngebotLager- oder Fabrikgebäude: betriebsfertig (plug & play); Behördenzugang über Single Window; sonstige Infrastruktur (IT, Wasser, Energie)
Mietkonditionen (Stand August 2023)85 US$/Quadratmeter im Monat in Standardgebäude mit 9.000 Quadratmeter; Mindest-Mietfläche 3.000 Quadratmeter
Incentives (unter anderem)keine Importzölle; Kapital-Repatriierung und Asset-Eigentum in der LFZ zu 100 Prozent möglich; keine Import-/Exportlizenzen erforderlich
Kontaktchinju.udora@tolaram.com
Quelle: Tolaram, August 2023

Ausbaupläne mit Augenmaß

Nach Investitionen von bisher insgesamt gut 1 Milliarde US$ will Tolaram mit Blick auf Erweiterungen "auf Sicht" fahren. Relativ konkret seien die Pläne für einen Ausbau für weitere 50 Millionen bis 100 Millionen US$. Zu viel hänge ab von der makroökonomischen Lage und anderen externen Faktoren und letztlich dem Kundeninteresse. "Wenn wir die 210 Hektar der ersten Phase in zwei Jahren voll haben, planen wir für weitere 400 Hektar", sagt Prem Krishna dazu. 

Die Infrastrukturanbindung von Hafen und Freizone an den Rest Nigerias ist noch schlecht. Eine Straßenverbindung an eine gut 50 Kilometer landeinwärts gelegene, leistungsfähige West-Ost-Straße ist nicht vorhanden, aber immerhin im Bau und in Abschnitten fertiggestellt. Eine Anbindung des Gebiets per Schiene ist nicht vorhanden und in absehbarer Zeit auch nicht wahrscheinlich.

Auch Lekki Free Zone und andere Sonderwirtschaftszonen in Nigeria aktiv

Nicht zur verwechseln mit der Lagos Free Zone ist die direkt westlich angrenzende Lekki Free Zone. Diese Zone gehört zu 60 Prozent einem Konsortium aus chinesischen Firmen. Von rund hundert dort registrierten, oft chinesischen Firmen sind zur Zeit 58 operativ tätig, sagte im August 2023 ein Manager von China Harbour, dem Erbauer und Teileigner des Hafens Lekki. Der Masterplan der Lekki Free Zone nennt 3.000 Hektar Fläche allein für die erste Entwicklungsphase.

Neben der Lagos und der Lekki Free Zone gibt es in Nigeria 40 weitere Freizonen, Sonderwirtschafts- und Exportzonen oder ähnliche Gebilde. Übersichts-Informationen dazu finden sich bei der staatlichen Nigeria Export Processing Zones Authority oder zum Beispiel bei Anwaltskanzleien.

 

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