Weltweit dürften etwa 1,6 Millionen Kilometer an neuen Unterseekabeln zur Datenübertragung zwischen 2026 und 2040 ihren Dienst aufnehmen, prognostiziert die auf Telekommunikationsdaten spezialisierte Firma TeleGeography. Dies entspricht einer Verdoppelung der derzeitigen Gesamtlänge, die Ende 2025 fast 1,6 Millionen Kilometer erreichen soll.
Mehr als 600 Kabelverbindungen unter den Weltmeeren sind bereits in Nutzung oder gegenwärtig in Planung. Darüber hinaus werden bestehende Kabel ersetzt, sei es wegen Abnutzung oder Modernisierung. Bandbreite spielt eine große Rolle, weswegen ältere Kabel stillgelegt werden. Die meisten neuen Unterseekabelprojekte für Datenübertragung sind laut TeleGeography im Asien-Pazifik-Raum zu finden, wo der Ausbau von 5G-Telekommunikation, Cloud Computing und Rechenzentren schnell voranschreitet. Mir einem Anteil von 58 Prozent der weltweiten Internetnutzer ist diese Region ein Hotspot im internationalen Datenverkehr.
Internetkonzerne geben verstärkt den Takt an
Einige neue Vorhaben werden von den Hyperscaler-Unternehmen aus den USA, wie Meta, Google, AWS und Microsoft, initiiert, mitfinanziert oder ganz auf eigene Kosten umgesetzt. Hyperscaler verfügen über hohe finanzielle Mittel und haben großes Interesse an ausreichend Kapazitäten, Resilienz und globaler Reichweite. Das ambitionierteste Vorhaben hat der Technologiekonzern Meta im Februar 2025 angekündigt: das Waterworth-Project soll fünf Kontinente verbinden und circa 50.000 Kilometer lang werden.
Die meisten bestehenden Unterseekabelprojekte sind bislang Kooperationsprojekte nationaler Telekommunikationsanbieter und Regierungen verschiedener Länder, die sich in Konsortien zusammenschließen. Jedoch erweist sich die Bildung neuer Konsortien als zunehmend schwierig, wenn es um die Finanzierung und um nationale Hoheitsinteressen geht. Neben dem Ausbau der digitalen Infrastruktur geht es den Regierungen und den Versorgern auch um den Schutz der Kommunikationsverbindungen und um nationale Sicherheitsinteressen.
"Die Rahmenbedingungen im Unterseekabel-Business haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert”,
erläutert Vincent Lemaire, Vice President Special Projects beim französischen Unterwasserkabelanbieter Alcatel Submarine Networks. “Regierungen nutzen ihre Kontrollmacht wieder verstärkt innerhalb ihrer Territorialgewässer und ausschließlichen Wirtschaftszonen. Genehmigungen zu erlangen, um Kabel zu verlegen und zu installieren, ist aufgrund dieser Kontrolle und wegen der sich verändernden geopolitischen Bedingungen schwieriger geworden."
Geopolitische Spannungen haben zugenommen
Geopolitische Spannungen und hybride Bedrohungen haben sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Sprengstoff und Unterwasserdrohnen stellen eine reale Gefahr dar und können gezielt Zerstörung verursachen, wie Vorfälle mit durchtrennten Kabeln etwa in der Ostsee und in der Taiwan-Straße zeigten. Die Unterbrechung des Datenflusses kann sehr hohe ökonomische Kosten und Sicherheitslücken nach sich ziehen. Deshalb setzen Regierungen und private Anbieter Resilienz und Ausfallschutz ganz oben auf ihre Prioritätenliste. Unterseekabel liegen nicht überall tief genug, um vor Zugriff und Beschädigung sicher zu sein. Sowohl menschliche Einflüsse wie Anker, Schleppnetze oder Sabotage als auch natürliche Faktoren wie Hangrutsche, Erdbeben oder unterseeische Vulkanausbrüche führen zu Beschädigungen und Ausfällen.
Unterseekabelausfälle:
Jährlich werden durchschnittlich etwa 200 Unterseekabelausfälle weltweit gemeldet. Die überwiegende Zahl war auf Fischfang- und Ankervorfälle zurückzuführen. Geologische Ursachen machten 7 Prozent der Vorfälle aus, Abnutzung 4 Prozent und 3 Prozent betraf Fehler in den Landestationen. Direkte Sabotage lässt sich meist nicht nachweisen, da Fischerboote und andere nicht militärische Schiffe dazu benutzt werden können. Reparaturen sind hauptsächlich in den Küstenzonen erforderlich, nur 2 Prozent mussten auf hoher See erfolgen.
Quelle: International Cable Protection Committee, 2025
China wird zunehmend aus Projekten ausgeschlossen
Vor dem Hintergrund höherer geopolitischer Spannungen will die EU mit dem "EU Action Plan on Cable Security" von 2025 Unterseekabel als kritische Infrastruktur verstärkt schützen. Japan hat Unterseekabel ebenfalls 2025 zur Liste kritischer Infrastruktur hinzugefügt und eine Überprüfung der eingesetzten Kabelteile gestartet, um chinesische Zulieferungen auszusondern, ähnlich wie es die USA tun. Denn China wird zunehmend als Konkurrent betrachtet. Dies betrifft sowohl die Zulieferung von Bauteilen für die Kabelinfrastruktur als auch die Kontrolle der Datenflüsse.
Die Botschaft ist klar: Seekabel sind keine Randinfrastruktur mehr – sie sind kritische Schlüsselressourcen für globale Sicherheit und digitale Inklusion.
Wayne Nielsen
Gründer und Publisher vom Submarine Telecoms Forum
Bereits 2020 haben die USA die sogenannte "Clean Network Initiative" gestartet, um Telekommunikationsinfrastruktur, inklusive Unterseekabel, ohne chinesische Teile oder Beteiligung anzustreben. Dies wurde im August 2025 durch Vorschriften und Verfahren namens "Submarine Cable Landing License Rules and Procedures” konkretisiert. Verbindungen, die in die USA führen, dürfen keine Bauteile beinhalten, die in China produziert, gewartet oder repariert werden. Von daher sind neue Projekte der USA mit chinesischer Beteiligung auf Eis gelegt.
Bestimmte chinesische Branchenfirmen stehen auf einer schwarzen Liste der USA. Darunter ist auch HMN Tech, ehemals Huawei Marine Networks. Das Unternehmen expandierte zwischen 2008 und 2020 sehr schnell als Nutznießer der chinesischen digitalen Seidenstraßenpolitik. Dies ist Teil des Technologiekrieges, der seit mehreren Jahren zwischen den USA und China entfacht ist. Doch auch andere Länder verzichten vermehrt auf chinesische Anbieter und suchen alternative Lösungen. In Ost- und Südostasien ist dieser Konkurrenzkampf am stärksten zu beobachten.
Von Jürgen Maurer
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