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Branchen | Pakistan | Nahrungsmittel, Getränke

Nahrungsmittelmarkt in Pakistan bleibt hinter Potenzial zurück

Ein Großteil der vorhandenen Lebensmittelverarbeitung gilt als technisch veraltet und ineffizient. Die mangelhafte Ausstattung führt zu hohen Verlusten bei der Agrarproduktion.

Von Heena Nazir | Dubai

Pakistan wird nach wie vor stark von der Agrarwirtschaft geprägt. Das Land ist ein weltweit bedeutender Produzent von Rohstoffen und Industriepflanzen wie Weizen, Reis, Zuckerrohr und Ölsaaten. Für den Anbau von Pflanzen als Nahrungsmittel zählt der südasiatische Staat zu den 15 wichtigsten produzierenden Ländern. Auch Vieh- und Gartenbauprodukte sind Pfeiler der heimischen Landwirtschaft.

Laut einem Bericht des Statistikbüros International Trade Centre (ITC) macht der Lebensmittel- und Getränkeherstellungssektor 27 Prozent der Wertschöpfungsproduktion in Pakistan aus. Nach der Textil- und Bekleidungsindustrie ist er somit der zweitgrößte Industriezweig des Landes. Im Zeitraum 2017 bis 2021 verzeichnete der Umsatz mit verarbeiteten Nahrungsmitteln ein progressives jährliches Wachstum von 10,2 Prozent und erreichte 2021 einen Rekordwert von rund 9,6 Milliarden US-Dollar (US$).

Pakistan ist bekannt für Speiseöle und Milchprodukte

Die Gesamtverfügbarkeit von Speiseöl in Pakistan aus allen Quellen beträgt ungefähr 3 Millionen Tonnen. Es gibt etwa 160 kleine und mittelgroße Ghee- und Speiseölfabriken, die über das ganze Land verstreut sind. Die Nachfrage nach Produkten wie Margarine oder Pflanzenölen wird jedoch hauptsächlich durch Importe gedeckt.

Die Islamische Republik ist das viertgrößte milchproduzierende Land der Welt. Etwa 800 Millionen US$ werden im Zeitraum 2020 bis 2025 in Milchviehbetriebe und in die Milchverarbeitung investiert. Ausländische Direktinvestitionen sind willkommen. Im Dezember 2016 erwarb beispielsweise das niederländische Unternehmen FrieslandCampina 51 Prozent der Anteile im Wert von 450 Millionen US$ von der lokalen Engro Foods.

Auch der Obst- und Gemüsesektor hat ein großes Potenzial: Zu den Mehrwertprodukten gehören Konfitüren, Gelees, Marmeladen und Obstkonserven. ITC zufolge liegt Pakistan beim Zuckerrohranbau weltweit an fünfter Stelle und bei der Produktion auf dem neunten Platz.

Weiterverarbeitung ist mangelhaft

Allerdings ist der Sektor durch Ineffizienz gekennzeichnet und Hungersnot ist in Pakistan weit verbreitet. Schätzungen zufolge verdirbt ein Großteil der Nahrungsmittel in dem südasiatischen Land, bevor die Lebensmittel den Konsumenten überhaupt erreichen. Nur 5 bis 6 Prozent der gesamten produzierten Milch werden konserviert, verarbeitet und auf den Markt gebracht, schätzen Branchenkenner. So wird derzeit mit etwa 30 bis 40 Prozent ein erheblicher Anteil der gesamten Obst- und Gemüseproduktion verschwendet.

Im Global Food Security Index (GFSI) 2022 des Wirtschaftsinstituts Economist Intelligence Unit zeigen sich die Defizite des Landes deutlich. Pakistan belegte Rang 84 von 113 Ländern. Die Islamische Republik liegt damit hinter Indien (Platz 69), Sri Lanka (79) und Bangladesch (80). Der GFSI umfasst vier Hauptkriterien: Verfügbarkeit, Erschwinglichkeit sowie Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln. In Pakistan fehlt es an geeigneten Erntewerkzeugen sowie Lagerungsmöglichkeiten. Die Verpackung in den produzierenden und weiterverarbeitenden Betrieben ist oft ungenügend, das Kühlkettenmanagement mangelhaft.

Trotz der aktuell schwierigen Lage ist das Wachstumspotenzial enorm. Im Durchschnitt geben pakistanische Haushalte 42 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus. Pakistan könnte seine Wertschöpfung aus der Lebensmittelindustrie leicht verdoppeln. Voraussetzung dafür wäre eine bessere Nutzung der Kapazitäten von Landwirten, Dienstleistern, Verarbeitern und Händlern. Der Bedarf an moderner Technik ist groß, entsprechend hoch ist das Wachstumspotenzial. Angesichts der gesteigerten Nachfrage werden hohe Investitionen erwartet. Geschäftsmöglichkeiten ergeben sich auch für deutsche Unternehmen.

Importe steigen an

Die Nahrungsmitteleinfuhren nach Pakistan haben sich innerhalb von zehn Jahren von 2011 bis 2021 um 117 Prozent auf 3,6 Milliarden US$ gesteigert. Die Flutkatastrophe 2022 hat die Agrarwirtschaft des Landes stark belastet. Es wurden 9,4 Millionen Morgen kultiviertes Land zerstört. Dies führte zu erheblichen Verlusten bei Baumwoll-, Dattel-, Weizen- und Reispflanzen, die durch höhere Importe 2022 ausgeglichen werden müssten, entsprechend rechnen Experten mit einem Anstieg der Einfuhren. Offizielle Zahlen für 2022 sind aktuell nicht verfügbar.

Pakistans Einfuhren von Nahrungsmitteln (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)

SITC

Produktgruppe

2019

2020

2021

Veränderung 2021/2020

01

Fleisch und Fleischprodukte

7

3

5

40,1

02

Milch und Milchprodukte, Vogeleier

127

90

87

-3,2

03

Fische, andere Wassertiere und Zubereitungen

11

7

9

29,0

04

Getreide und Getreideprodukte, Teig- und Backwaren

110

768

948

23,3

05

Gemüse, Früchte und Zubereitungen

897

1.163

1.219

4,8

06

Zucker, Zuckerwaren, Honig

38

165

245

48,5

07

Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus

708

824

901

9,3

09

Verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen

215

229

241

5,2

Summe

2.112

3.249

3.654

12,5

Quelle: UN Comtrade, Februar 2023

Regierung schafft Anreize

Im Strategiepapier Pakistan Vision 2025 gehört die Ernährungssicherheit zu einer der sieben vorrangigen Aktionsbereiche. Zu den fünf wichtigsten Zielen zählt die "Schaffung eines modernen, effizienten und diversifizierten Agrarsektors, der eine stabile Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln gewährleisten kann und dabei Qualitätsprodukte für den Export bereitstellt".

Um die Ziele zu erreichen, wurden sowohl auf Bundes- als auch auf Provinzebene verschiedene Programme und Anreize zur Modernisierung und Erweiterung bestehender Kapazitäten im Primärsektor aufgelegt. Diese Initiativen umfassen einfache und langfristige Kreditfazilitäten, Bildungsprogramme für Bauern und Subventionen. Darüber hinaus bietet die Regierung finanzielle Unterstützung und niedrige Steuern für landwirtschaftliche Maschinen an.

Weiterhin setzt die Islamische Republik auf Zukunftstechnologien. "Smart Farming" – auch "Farmers 4.0" genannt – soll Wissenschaft, Technologie und Digitalisierung verbinden und so die Entwicklung der Landwirtschaft fördern. Auf einer Pressekonferenz im Jahr 2021 kündigte der pakistanische Umweltminister Zartaj Gul an, dass diese neuen Technologien dem Sektor wieder zu altem Glanz verhelfen sollen. Die Anwendung von Agrartechnologie steht aber noch am Anfang und wird bislang kaum genutzt, erklärten Unternehmensvertreter in Interviews mit Germany Trade and Invest. Für den überwiegenden Teil der Landwirte dürfte neben Know-how weiterhin die Finanzierung ein Hauptproblem sein.

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