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Investitionen in Polens Häfen stärken den Seehandel
Mit dem Ausbau seiner Häfen will Polen Logistikdrehkreuz der Region werden. Deutsche Firmen engagieren sich in den Projekten. Doch nicht alle Vorhaben verlaufen ohne Widerspruch.
28.08.2025
Von Christopher Fuß | Warschau
Im Bereich der maritimen Wirtschaft hat sich Polen viel vorgenommen. "Bis zum Jahr 2030 werden wir die Ergebnisse der polnischen Häfen verdreifachen", erklärte Premierminister Donald Tusk während einer Konferenz in der Küstenstadt Szczecin. Man wolle beim Handel im Ostseeraum eine "dominante Position" einnehmen, so Polens Regierungschef.
Tatsächlich können Polens Häfen bereits heute auf ein beachtliches Wachstum zurückblicken. In Gdańsk, dem größten Hafen des Landes, hat sich der Warenumsatz zwischen 2015 und 2024 mehr als verdoppelt. Der nahe gelegene Hafen Gdynia darf sich laut Statistikamt GUS immerhin über ein Plus von rund 50 Prozent freuen.
Polen erschließt neue Handelsrouten
Ein Treiber des Wachstums sind Investitionen in Logistikflächen. Das illustriert das Beispiel Gdańsk: Im Juni 2025 nahm ein neuer Abschnitt im Containerterminal Balic Hub den Betrieb auf. Das Gelände mit dem Kürzel T3 erweitert die jährlichen Umschlagkapazitäten um 1,5 Millionen Standardcontainereinheiten (TEU) auf insgesamt 4,5 Millionen TEU.
Dank der Investition kann Gdańsk neue Routen anbieten. Die Containerreederei MSC mit Sitz in Genf bietet mittlerweile Linienfahrten zwischen dem polnischen Hafen und den USA an. Weitere neue Routen führen nach China, Südkorea und Vietnam.
Der Warenumschlag in den Häfen wächst noch aus einem anderen Grund: Um beim Energiebezug von Russland unabhängig zu sein, importiert Polen energetische Rohstoffe heute über den Seeweg. Sogenannte flüssige Massengüter, wie Rohöl oder Flüssigerdgas (LNG), machten im Jahr 2015 nur 27,1 Prozent aller umgeschlagenen Güter aus. Bis zum Jahr 2024 stieg der Anteil auf 44,4 Prozent.
Investitionen mit Hindernissen
Die Häfen müssen weiter investieren, um die Ausbauziele von Premierminister Donald Tusk zu erfüllen. Jedes Vorhaben bringt eigene Herausforderungen mit sich. Der staatliche Gasnetzbetreiber Gaz-System will bis 2028 ein schwimmendes Terminal für Flüssigerdgas (FSRU) vor der Küste nahe Gdańsk in Betrieb nehmen. Die Kosten betragen über 1 Milliarde Euro.
Gaz-System beauftragte die türkische Firma GAP damit, eine Gasleitung unter dem Meeresboden bis zum Festland zu verlegen. Daraufhin protestierte ein belgisch-niederländisch-polnisches Konsortium bei der Wirtschaftskammer KIG. Der Vorwurf: GAP erfüllt die Anforderungen der Ausschreibung nicht. KIG folgte jedoch der Argumentation von Gaz-System. Die Investition sei dringend. Es bliebe keine Zeit für einen Wechsel des Auftragnehmers.
Die staatliche Hafengesellschaft Gdynia will im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft einen neuen Außenhafen bauen. Dieser umfasst eine künstliche Halbinsel inklusive Containerterminal mit Umschlagkapazitäten von 2,5 Millionen TEU. Allerdings hat die Hafengesellschaft die Wahl des privaten Partners mehrfach verschoben, zuletzt auf Ende Oktober 2025. Der Hafen erklärte, ein Bewerber hätte Änderungen an der Ausschreibung beantragt.
Einfluss dürfte laut polnischen Medienberichten auch gehabt haben, dass sich unter den Bewerbern die chinesische Firma Hutchison Ports befindet. Grundsätzlich sind internationale Betreiber in Polens Häfen aber keine Seltenheit. Der Baltic Hub in Gdańsk gehört in Teilen der singapurischen PSA.
Unabhängig vom privaten Partner wird der Ausbau in Gdynia ein teures Projekt. Bereits 2019 hatte die damalige polnische Regierung den Wert auf rund 1 Milliarde Euro geschätzt.
Auch die Hafengesellschaft von Świnoujście will ein Containerterminal bauen. Das Terminal mitsamt Infrastruktur kostet Schätzungen zufolge rund 2,4 Milliarden Euro. Ein belgisch-katarisches Konsortium hat den Zuschlag für den Bau erhalten. Der Kai für die Containerschiffe soll 1,3 Kilometer lang und 17 Meter tief sein. Das Terminal wird eine Fläche von rund 70 Hektar haben.
Polnische und deutsche Umweltvereine hatten gegen den Bau geklagt. Auch die Stadt Świnoujście protestierte. Das Verwaltungsgericht in Warschau wies die Klagen der Umweltvereine im August 2025 ab. Die Sorgen der Umweltschützer bleiben jedoch bestehen.
Mehr Umschlag auch dank Lösungen aus Deutschland
Trotz aller Hürden bringt das Wachstum der polnischen Häfen auch neue Absatzchancen mit sich. Beim Ausbau des LNG-Terminals im Hafen Świnoujście wirkte das Bonner Ingenieurbüro TGE Gas Engineering in einem Konsortium mit. "Wir sind stolz darauf, eine Schlüsselrolle bei dieser Investition zu spielen", schrieb das Unternehmen Anfang 2025 in den sozialen Medien.
Ein weiteres Terminal baut der polnische Mineralölkonzern Orlen in Gdańsk. Zu den Auftragnehmern gehört der Anlagenbauer Dipl. Ing. Scherzer GmbH aus Essen.
Deutsche Unternehmen betreiben auch eigene Terminals in den polnischen Häfen. Die Rhenus Gruppe übernahm Ende 2024 das Terminal Bulk Cargo in Szczecin. "Das Potenzial dieses Hafens für umweltfreundliche Lieferketten für den polnischen, tschechischen und ostdeutschen Markt ist enorm", begründet der Leiter von Rhenus Port Logistics Michael de Reese die Entscheidung in einem Pressestatement.
Längst haben auch internationale Mitbewerber die Chancen in Polen erkannt. Während der Kranbauer Liebherr aus Biberach regelmäßig Maschinen an die polnischen Häfen liefert, arbeitet das neue T3 Terminal am Baltic Hub mit sogenannten STS-Kränen vom chinesischen Hersteller ZPMC.
Region wächst zusammen
Polen will dank der Investitionen in seine Häfen zum Logistikzentrum für Mittelosteuropa aufsteigen. Bereits heute exportierten die Hyundai- und KIA-Werke in Tschechien und in der Slowakei ihre Fahrzeuge über Gdańsk. Auch Stahlwerke in beiden Nachbarländern Polens nutzen die Häfen für den Warenumschlag.
Um in Zukunft noch mehr Waren von und zu den Häfen bringen zu können, baut Polen Bahnstrecken entlang der Nord-Süd-Achse aus. Hierzu gehören die Schienenverbindung 273 zwischen Wrocław und dem Hafen Szczecin sowie die Linie 201 vom zentralpolnischen Bydgoszcz in Richtung Gdynia. Auf der Höhe von Gdańsk will der Schienennetzbetreiber PKP PLK außerdem eine vierte Gleisspur verlegen. Eine Ausschreibung steht bevor.