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Branche kompakt | Portugal | Bauwirtschaft

Infrastruktur und Wohnungen beleben die Bauwirtschaft

Die Bauproduktion soll 2023 um 2,4 bis 4,4 Prozent zulegen, vor allem wegen des dynamischen Tiefbaus. Fachkräftemangel und schwankende Materialpreise belasten jedoch den Bausektor.

Von Oliver Idem | Madrid

Markttrends

Zu einem dringlichen Thema ist in Portugal die Sanierung nicht mehr zeitgemäßer Bausubstanz geworden. Häufige Probleme stellen schlechte Belüftung, Feuchtigkeit und Schimmel, fehlendes Tageslicht oder mangelnde Schallisolierung dar. Sowohl Portugal als auch die Europäische Union (EU) verschärfen zudem die Anforderungen an Gebäude, sodass der Handlungsdruck zunimmt.

Die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer (AHK Portugal) sieht gute Perspektiven für Sanierungsarbeiten, bei denen Energieeffizienz und erneuerbare Energien integriert werden. In Portugal sind Investitionen gefragt, die sich schnell amortisieren. Ein gehobenes Preisniveau sollte durch einen nachweislich hohen Nutzen untermauert werden. Bei größeren Gebäuden besteht oft Verbesserungspotenzial beim Messen und Steuern.

Hürden für die Umsetzung von Verbesserungen bilden häufig ein Mangel an Kapital, Energiearmut und steigende Zinsen sowie eine vorsichtige Kreditvergabe der Banken. Zwischen 1,9 Millionen und 3,0 Millionen Menschen sind mehr oder weniger stark von Energiearmut betroffen. Bis 2025 will das Umweltministerium darum 100.000 einkommensschwache Familien mit Effizienzgutscheinen im Wert von durchschnittlich 1.300 Euro unterstützen.

Förderprogramme geben neue Impulse

Abhilfe schaffen sollen auch der Aufbau- und Resilienzplan PRR und die Renovierungsstrategie ELPRE. Mehr Wohnraum und die Verbesserung bestehender Gebäude stehen im Fokus. Der PRR ist in diesem Bereich mit 2,7 Milliarden Euro ausgestattet. Die Zielvorgabe von ELPRE ist die Sanierung von 748 Millionen Quadratmeter Gebäudeflächen bis 2050. Damit soll ihr Energieverbrauch um 34 Prozent gedrückt werden.

Der Förderung des Wohnungsbaus dient das im Juli 2023 verabschiedete Programm Mais Habitação. Es sieht den Aufbau einer Onlineplattform zum Einreichen von Anträgen, der Abfrage von Sachständen und für den Empfang von Bescheinigungen vor. Die Umwidmung von anders genutzten Grundstücken für den Wohnungsbau wird erleichtert. Zudem soll schrittweise das Building Information Modeling (BIM) als 3D-Arbeitsmethode eingeführt werden.

Im Hinblick auf die Materialien erkennt die AHK Portugal einen Trend zum Leichtbau. Verzinkte Stahlprofile in Kombination mit wiederverwendbaren Materialien wie Gipskartonplatten und Mineralwolle sind energieeffizient und langlebig. Zudem senken sie die Bauzeit und den Materialbedarf. 

Zu den natürlichen Baustoffen in Portugal zählt Kork. Das Land ist der größte Produzent weltweit mit mehr als der Hälfte der internationalen Erzeugung.


Marktvolumen der Bauwirtschaft in Portugal

Kennziffer

2021 (in Mio. Euro)

2022 (in Mio. Euro)

Veränderung 2022/2021 (in %)

Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon

18.066

18.702

3,4

Wohnungsbau

5.216

5.417

3,7

Wirtschaftsbau

4.312

4.356

1,0

Infrastrukturbau

8.526

8.928

4,5

Quelle: Branchenverband AICCOPN, Berechnungen von Germany Trade & Invest

 

In Portugal setzte nach einem tiefen wirtschaftlichen Einbruch im Jahr 2020 schnell eine Trendwende ein. Mit real 6,7 Prozent verzeichnete das Bruttoinlandsprodukt 2022 die höchste Zunahme seit 35 Jahren. 

Im ersten Quartal 2023 übertraf das Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent viele Erwartungen. Die Baubranche startete hingegen mit rückläufigen Bau- und Ausrüstungsinvestitionen in das Jahr. Dennoch hält der Fachverband AICCOPN an seiner positiven Vorhersage von 2,4 bis 4,4 Prozent Wachstum für 2023 fest.

Insbesondere das größte Segment Tiefbau soll mit 4,0 bis 6,0 Prozent Zuwachs kraftvolle Impulse senden. Beim Wohnungsbau steht eine Zunahme zwischen 1,5 und 4,5 Prozent an. Die Spanne bei Nichtwohngebäuden soll zwischen 0,2 und 1,2 Prozent liegen.


Ausgewählte Großprojekte in Portugal

Projektbezeichnung

Investitionssumme (Mio. Euro)

Projektstand

Anmerkung/Ansprechpartner

Groß-Rechenzentrum "Sines 4.0"

3.500

Erstes von neun geplanten Gebäuden im Bau. Fertigstellung 2027

Projektentwickler: Start Campus. Europas größtes mit erneuerbaren Energien versorgtes Rechenzentrum für Streaming, Videokonferenzen, Cloud Computing usw. 

Projekt ist von der Regierung als Vorhaben von nationalem Interesse klassifiziert

Wind- und Solarparks und Wasserstoffproduktion in Sines

1.500

Im Bau beziehungsweise in Planung

Projektplaner: Iberdrola. Zubau von 3.000 MW aus erneuerbaren Energien zur Erzeugung von Wasserstoff für die industrielle Nutzung

Drei Wasserstoff- und Ammoniakproduktionsanlagen in Sines (Madoqua H2, Madoqua NH3) und Porto de Aveiro (Madoqua Synfuels)

über 1.000


Im Genehmigungsprozess, Baubeginn Ende 2023

Details: MadoquaPower2X. Geplante Anlagen sollen 50.000 Tonnen grünen Wasserstoff und 500.000 Tonnen Ammoniak pro Jahr erzeugen


Linienerweiterung Metro Porto (Linha Amarela) und Metro Lissabon (Lihna Circular)

Metro Porto Neubau (Linha Rosa, Linha Rubi und Linha Circular) 


975

Linha Rosa und Linha Amarela und Linha Circular im Bau bis Ende 2024. Angebotsabgabe für Linha Rubi (Casa de Música-Santo Ovidio) bis Mitte August 2023. Geplante Fertigstellung 2026.

Auftragnehmer von Metro Porto  Ausschreibung: Baukonsortium Ferrovial/ACA.

Finanzierung von Linha Rosa, Amarela und  Lissabons Circular teilweise durch EU-Kohäsionsprogramm POSEUR.

Linha Rubi ist in den EU-Aufbauplan Plano de Recuperação e Resiliência (PRR) einbezogen

Photovoltaik-Solaranlage "Fernando Pessoa"

800

Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgreich absolviert. 

Projektentwickler: Verbund Iberdrola und Prosolia Energy. Mit 2,1 Mio. Modulen soll das Vorhaben die größte PV-Anlage Europas sein. Das Projekt enthält einen Batteriepark mit 258 MW Einspeisekapazität.

Erweiterung des Hafenterminals, Terminal XXI, Porto de Sines (Setubal) 

660

Im Bau. Geplante Fertigstellung 2028

Porto de Sines 

Zwei Herstellungsanlagen für Polymer-Materialien in Sines

659

Auftrag für Planung und Bau von beiden Anlagen erteilt, geplante Inbetriebnahme 2025

Auftraggeber: Repsol, Auftragnehmer: Tecnimon

Corredor Internacional Sul (internationaler Südschienenkorridor) Strecke Evora-Elvas (Endstation Caia)

530

Strecke Freixo-Alandroal (20,5 km) und Strecke Alendroal-Elvas (38,5 km) im Bau, Fertigstellung 2024

Auftragnehmer: Mota EngilSacyr Infraestructuras-Somague. Projekt zur Verbindung des Hafen Sines und Portugals Süden mit dem Rest Europas. Teil von Ferrovia 2020

Neues Krankenhaus in Madeira, Hospital Central da Madeira (HCM)

352

Im Bau, Ausschreibung für erste Phase Strukturen und Außenbereiche ist erfolgt, Fertigstellung Ende 2024

Auftragnehmer der ersten Phase: Tecnovia Madeira, Sociedade de Empreitadas, AfaviasSocicorreia. Projekt wird je zur Hälfte finanziert vom portugiesischen Staat und der Region Madeira

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

In Portugal existieren schätzungsweise 40.000 Bauunternehmen. Rund 6.000 von ihnen sind im Fachverband AICCOPN zusammengeschlossen. Ein Durchschnittsbetrieb besteht aus acht Beschäftigten.

Größere Unternehmen mit umfangreichen Projekten sind beispielsweise Alberto Couto Alves, Conduril, DST und Tecnovia.

Einige größere Unternehmen befinden sich in spanischem Besitz. Beispiele sind die Sacyr-Beteiligungen Neopul und Somague und die Comsa-Tochter Fergrupo.

Spanische Bau- und Infrastrukturunternehmen sind in vergangenen Jahren in Portugal stark vertreten, beispielsweise Comsa, Ferrovial oder Comsa. Sie bearbeiten den Markt eigenständig oder im Verbund mit lokalen Partnern oder ihren eigenen Tochterunternehmen.

Das Auslandsgeschäft spielt auch für portugiesische Bauunternehmen eine wichtige Rolle. So engagiert sich Mota-Engil unter anderem in Brasilien, Angola und Mosambik. Grupo Afa treibt seit 2006 die Internationalisierung in Afrika und Südamerika voran. Zagope kann Referenzen aus einer Reihe afrikanischer Länder vorweisen.

Bauwirtschaft bezieht vor allem Metallwaren aus dem Ausland

Die Erholung der portugiesischen Bauwirtschaft belebte auch die Importe. Alle betrachteten Segmente liegen bereits über dem Vorkrisenniveau. Die Einfuhren von Baumaterialien schnellten 2022 um rund 23 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro hoch. Die gefragtesten Importgüter sind Metallerzeugnisse aus Eisen, Stahl und Aluminium.

Deutsche Lieferanten konnten 2022 jedoch nur unterdurchschnittlich an dem Importwachstum teilhaben. Die Lieferungen aus Deutschland legten um knapp 18 Prozent auf 686 Millionen Euro zu.

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Die Preise für Baumaterialien in Portugal schwanken weiterhin. Laut dem Statistikamt INE zeigten sich im Juni 2023 große Unterschiede gegenüber dem Vorjahresmonat. So waren Betonstahl, Profile, Baustahl und verzinkte Stahlbleche um etwa 30 Prozent günstiger. Bei anderen Materialien zogen die Preise an: Zement verteuerte sich um rund 20 Prozent und Holzprodukte sowie Transportbeton um mehr als 15 Prozent.

Eine schwierige Rahmenbedingung für die Baubranche sind die knappen Fachkräfte. Im Jahr 2022 standen rund 316.000 Beschäftigten knapp 19.000 Arbeitslose gegenüber. Im 1. Quartal 2023 nahm die Beschäftigung um 8,4 Prozent zu, während die Arbeitslosigkeit um 5,0 Prozent sank. 

An öffentlichen Ausschreibungen kritisieren manche Unternehmen kurze Fristen und teils umfangreiche Anforderungen. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, mit einem Partner vor Ort zusammenzuarbeiten.

Kontaktadressen

Bezeichnung

Anmerkungen

AHK Portugal

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

Portal 21 

Informationsangebot zu Dienstleistungen in Europa

Area de Governo  Infraestructuras e Habitação

Ministerium für Infrastruktur und Wohnungsbau

Instituto dos Mercados Públicos, do Imobiliário e da Construção (IMPIC) 

Marktregulierer für Immobilien und Bauwirtschaft

Laboratório Nacional de Engenharia Civil (LNEC) 

Forschungs- und Entwicklungszentrum für Bauingenieurwesen

Associação de Empresas de Construção e Obras Públicas e Serviços  (AECOPS)

Verband von Bau-, Infrastruktur- und Dienstleistungsunternehmen

Instituto de Investigação e Desenvolvimento Tecnológico para a Construção, Energia, Ambiente e Sustentabilidade (ITECONS)

Technologisches Institut für Bauwesen, Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit

Ordem dos Engenheiros

Ingenieurkammer

Ordem dos Arquitectos

Architektenkammer 

Tektonica

Führende Baufachmesse in Lissabon;

nächster Termin: 2. bis 5.5.2024 

Concreta

Fachmesse für Bau, Architektur, Rehabilitierung, Ingenieurwesen und Design, Porto; nächster Termin: 20. bis 23.11.2024 

Jornal da Construção

Online-Fachzeitschrift, erscheint alle zwei Wochen

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