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Anerkennung/Vollstreckung

Wer als deutscher Dienstleistungsempfänger in Deutschland oder Portugal einen Prozess (zum Beispiel auf Schadensersatz nach einem Gewährleistungsfall) gegen einen portugiesischen Dienstleister gewonnen hat, hat noch nicht sein Geld erhalten. Vielmehr muss er die gerichtliche Entscheidung ggf. anerkennen und auch vollstrecken lassen, um das vom Gericht zugesprochene Geld auch tatsächlich zu erhalten. Bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen können dem deutschen Dienstleistungsempfänger dabei mehrere Fallkonstellationen begegnen:
 

MÖGLICHE FALLKONSTELLATION DER ANNERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG
Land der Anerkennung & VollstreckungPortugiesisches Urteil (1)Deutsches Urteil (2)
Anerkennung & Vollstreckung in PortugalNur portugiesisches Recht, Anerkennung nicht nötig (1a)EuGVVO i.V.m. portugiesischem Recht (2a)
Anerkennung & Vollstreckung in DeutschlandEuGVVO i.V.m. deutschem Recht(1b)Nur deutsches Recht; Anerkennung nicht nötig (2b)
vereinfachte Darstellung


So kann zunächst die Entscheidung eines portugiesischen Gerichts (1) (siehe hierzu den Abschnitt über die zuständigen Gerichte sowie die sich anschließenden Abschnitte) vorliegen. Diese kann entweder in Portugal vollstreckt (1a) oder in Deutschland (1b) anerkannt und vollstreckt werden. Der deutsche Dienstleistungsempfänger kann aber ebenso, etwa aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung, vor einem deutschen Gericht geklagt haben. Eine solche deutsche Gerichtsentscheidung (2) könnte gleichfalls in Portugal anerkannt und vollstreckt (2a), oder aber in Deutschland (2b) vollstreckt werden

Umgekehrt kommen auch Fälle in Betracht, in denen sich der deutsche Dienstleistungsempfänger einer Vollstreckung eines Urteils ausgesetzt sieht, das der portugiesische Dienstleister erwirkt hat. Dies ist beispielsweise bei Klagen des portugiesischen Dienstleisters auf die (bis dahin nicht erfolgte) Zahlung seines Werklohnes möglich. Wenn der portugiesische Dienstleister diesen erfolgreich in Portugal eingeklagt hat, kann er entweder dort die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der deutsche Dienstleistungsempfänger Vermögenswerte in Portugal hat (1a). Alternativ dazu kann er die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung gegen den Dienstleistungsempfänger in Deutschland betreiben (1b). Hat der portugiesische Dienstleister dagegen einen Prozess in Deutschland gewonnen, sind die deutschen Regeln für die Zwangsvollstreckung in Deutschland anwendbar (2b). Auch hier kann allerdings die Situation auftreten, dass der portugiesische Dienstleister lieber auf in Portugal gelegene Vermögenswerte des deutschen Dienstleistungsempfängers (falls solche bestehen) zugreifen möchte – dies setzt dann die Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Portugal (2a) voraus

Die Anerkennung und Vollstreckung in Deutschland richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht. Dieser Bereich wird von unserem auf ausländisches Recht beschränkten Informationsportal nicht abgedeckt. Der deutsche Dienstleistungsempfänger sollte sich diesbezüglich an einen deutschen Rechtsanwalt wenden oder sonstige Informationsquellen zum deutschen Recht nutzen. Bei der Suche nach einem deutschen Rechtsanwalt kann beispielsweise die Anwaltauskunft des Deutschen Anwaltsvereins oder aber das bundesweite amtliche Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer hilfreich sein.

Im Folgenden werden die Konstellationen der Anerkennung und Vollstreckung in Portugal behandelt. Hierfür sind die vorrangigen Regelungen des Europäischen Rechts von Bedeutung, die in ihren wichtigsten Grundzügen dargestellt werden.

 

Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Portugal

In den Fällen, in denen nicht lediglich eine portugiesische Entscheidung in Portugal vollstreckt wird, sondern eine deutsche Entscheidung in Portugal (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die europarechtliche Ebene zu berücksichtigen: Die im Abschnitt internationale Zuständigkeit bereits erwähnte EuGVVO regelt nicht nur die internationale und teilweise auch die örtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten zwischen portugiesischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern. Nach den Artikeln 36 ff. EuGVVO bestimmt sich vielmehr auch die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat nach der EuGVVO. Auf Verfahren, die vor dem 10.1.2015 eingeleitet wurden, finden weiterhin die Vorschriften der EuGVVO in Form der Brüssel-I-Verordnung Anwendung (siehe hierfür auch den Abschnitt Internationale Zuständigkeit dieses Länderberichts).

Der Begriff “Entscheidungen“ umfasst nach Artikel 2 lit. a EuGVVO jegliche gerichtliche Entscheidung - ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid. Die Entscheidung wird im jeweils anderen Land ohne besonderes Verfahren anerkannt (Artikel 36 EuGVVO). Die Partei, die die Anerkennung der Entscheidung erreichen möchte, hat nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie die sogenannte "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" vorzulegen (Artikel 37 EuGVVO). Für die Bescheinigung gibt es in Anhang I der EuGVVO ein Formblatt. Die Gerichtsentscheidung darf im Anerkennungsstaat nicht mehr in der Sache selbst nachgeprüft werden (Verbot der révision au fond) (Artikel 52 EuGVVO). Nur wenige schwerwiegende Versagungsgründe wie etwa ein der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechendes Urteil können die Anerkennung einer Gerichtsentscheidung verhindern (Artikel 45 EuGVVO).

Voraussetzung für die Vollstreckung von anerkannten Gerichtsentscheidungen ist, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar sind (Artikel 39 EuGVVO). Bisher musste darüber hinaus der Vollstreckungsstaat (so beispielsweise Portugal) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgeben. Dieses sogenannte Exequaturverfahren wurde durch die Brüssel-Ia-Verordnung abgeschafft. Auch für die Vollstreckung sind allein die Vorlage einer beweiskräftigen Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie der oben genannten "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" erforderlich. Letztere muss insbesondere auch bestätigen, dass die Entscheidung vollstreckbar ist (Artikel 42 Abs. 1 EuGVVO). Weitere Informationen zur Brüssel-I-Verordnung und der Brüssel-Ia-Verordnung befinden sich im Abschnitt Internationale Zuständigkeit dieses Länderberichts.

 

Besonderheit: Europäischer Vollstreckungstitel

Hat eine Partei in der Gerichtsverhandlung die Forderung der anderen Seite ausdrücklich anerkannt oder haben sich die Parteien vor Gericht gütlich geeinigt und einen Vergleich geschlossen, gibt es seit 2005 ein vereinfachtes Vollstreckungsverfahren. Denn bei unbestrittenen Forderungen (wie den eben genannten Anerkenntnissen vor Gericht oder gerichtlichen Vergleichen) kann ein Europäischer Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 beantragt werden. Das bedeutet für den oben dargestellten Fall des deutschen Dienstleistungsempfängers, wenn er mit dem portugiesischen Dienstleister wegen seiner Schadensersatzforderung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hat: Mit der durch das deutsche Gericht auszustellenden Bestätigung des Vergleiches als Europäischem Vollstreckungstitel kann in Portugal ohne weiteren Zwischenschritt vollstreckt werden. Den gleichen Vorteil hat natürlich auch der oben angesprochene portugiesische Dienstleister, wenn er und der deutsche Dienstleistungsempfänger vor einem portugiesischen Gericht einen Vergleich schließen. Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel bietet das europäische Gesetzgebungsportal Eur-Lex.

 

Vollstreckung portugiesischer Entscheidungen in Portugal

Das Zwangsvollstreckungsverfahren (processo de execução) ist in Portugal in den Artikeln 703 bis 877 des Zivilprozessgesetzbuchs (Código de Processo Civil) geregelt. Das Vollstreckungsverfahren beginnt mit einem Antrag des Vollstreckungsgläubigers (exequente) (Artikel 724 Código de Processo Civil). Das Verfahren selber wird zumeist von den Gerichtsvollziehern (agentes de execução) durchgeführt. Dieser wird bereits im Vollstreckungsantrag benannt.

Voraussetzung ist das Vorliegen eines vollstreckbaren Titel (título executivo). Als vollstreckbare Titel zählen unter anderem rechtskräftige Urteile, Schiedssprüche und vollstreckbare Urkunden (Artikel 703 ff. Código de Processo Civil).

Zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gehören unter anderem die Pfändung und der Verkauf von Sachen des Schuldners.

Germany Trade & Invest (Stand: November 2023)

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