Portal 21 Portugal
Mahnverfahren
30.11.2023
Einem Gerichtsprozess zwischen einem deutschen Dienstleistungsempfänger und einem portugiesischen Dienstleister kann ein Mahnverfahren vorgeschaltet werden.
Europäisches Mahnverfahren
Seit Dezember 2008 kann der Kläger einer bezifferten Geldforderung statt der durch das Verfahrensrecht des EU-Mitgliedstaates möglichen Prozessarten auch ein Europäisches Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 in Gang setzen. Dieses steht sowohl Dienstleistungsempfängern als auch -erbringern offen. Die Gründe, warum die konkret bezifferte Forderung eingeklagt wird, können sich unter anderem aus fehlender Zahlung (des Empfängers), aber auch aus ausgebliebener oder mangelhaft erbrachter Leistung (des Dienstleisters) ergeben.
Die internationale Zuständigkeit des für das Europäische Mahnverfahren individuell zuständigen Gerichts bestimmt sich nach den Grundsätzen der im Abschnitt internationale Zuständigkeit dieses Länderberichts bereits erwähnten EuGVVO, die in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar gilt. Für Verfahren , die seit dem 10.1.2015 eingeleitet wurden, gilt danach die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012. Der Gläubiger kann an das zuständige portugiesische Gericht einen Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls stellen (Artikel 7 Verordnung (EG) 1896/2006). Wird ein solcher erlassen, kann der Schuldner innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Zahlungsbefehls Einspruch einlegen (Artikel 16 Verordnung (EG) 1896/2006). Unterlässt er dies, wird der Europäische Zahlungsbefehl vom erlassenden Gericht für vollstreckbar erklärt (Artikel 18 Verordnung (EG) 1896/2006). Ein Verfahren zur Vollstreckbarerklärung in anderen EU-Mitgliedstaaten findet nicht mehr statt (Artikel 19 Verordnung (EG) 1896/2006).
Sowohl Antrag, Europäischer Zahlungsbefehl als auch Vollstreckbarerklärung müssen durch Formblätter erfolgen. Die Formblätter sind über das europäische Justizportal abrufbar.
Bestimmte Angelegenheiten (zum Beispiel Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung insolventer Unternehmen - vgl. hierzu den Abschnitt Insolvenzrecht dieses Länderberichts) sind dem Anwendungsbereich des Europäischen Mahnverfahrens allerdings entzogen (Artikel 2 Abs. 2 Verordnung (EG) 1896/2006).
Eine Einführung in das Europäische Mahnverfahren enthält das europäische Gesetzgebungsportal Eur-Lex.
Portugiesisches Mahnverfahren
Alternativ dazu gibt es für den deutschen Dienstleistungsempfänger die Möglichkeit, gegen den portugiesischen Dienstleister (zum Beispiel wegen der Rückforderung geleisteter Zahlungen im Gewährleistungsfall) ein Mahnverfahren nach nationalem portugiesischem Recht anzustrengen (Procedimento de Injunção). Das portugiesische Mahnverfahren ist im Gesetzesdekret Nr. 269/98 vom 1.9.1998 (Decreto-Lei n.° 269/98) geregelt. Es setzt das Vorliegen einer Geldforderung voraus. Wenn der Schuldner der Geldforderung ein Unternehmer ist, gibt es keine Höchstgrenze. Anders ist dies hingegen, wenn der Schuldner ein Verbraucher ist. Dann liegt die Höchstgrenze der Forderung bei 15.000 Euro.
Für die Einleitung des Mahnverfahrens muss der Gläubiger einen Antrag (apresentação) stellen. Das dazu erforderliche Formular kann auf der Internetseite des portugiesischen Portals CITIUS heruntergeladen werden. Für die Antragstellung muss kein Rechtsanwalt beauftragt werden. Für die Zustellung des Mahnbescheids ist das zentrale Amt für das Mahnwesen (Balcão Nacional de Injunções) zuständig. Der Schuldner kann innerhalb einer Frist von 15 Tagen ab Zustellung Einspruch gegen einen Mahnbescheid einlegen. Legt der Schuldner Einspruch ein, wird das Verfahren automatisch bei dem zuständigen Gericht anhängig. Legt er keinen Einspruch ein, wird der Mahnbescheid automatisch mit einer Vollstreckbarkeitserklärung versehen.
Germany Trade & Invest (Stand: November 2023)