Wirtschaftsumfeld | Schweiz | Investitionsförderung
Praxischeck
Ausländische Investoren schätzen in der Schweiz die guten Infrastrukturen und stabile politische Rahmenbedingungen. Ein Problem ist der Fachkräftemangel.
25.08.2022
Ausländische Investoren loben wiederholt die erstklassige Infrastruktur in der Schweiz sowie unter anderem die Verfügbarkeit von hochqualifizierten und motivierten Arbeitskräften. Letztere werden allerdings inzwischen knapp. Ausländische Investoren haben zunehmend Probleme bei der Rekrutierung von Fachkräften. Erstmals seit Jahrzehnten meldet die schweizerische Regierung 2022 mehr offene Stellen als Arbeitslose, was den Mangel an Fachpersonal im Lande weiter verschärft. Laut Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) lag die Arbeitslosenquote im Juni 2022 bei 2 Prozent. Nach Angaben des eidgenössischen Personalunternehmens X28 stehen somit derzeit rund 98.000 Arbeitslosen etwa 250.000 offene Stellen gegenüber.
Bürokratische Hürden und geringer Frauenanteil in der Forschung
Verbesserungsbedarf gibt es auch in Sachen Bürokratie in der Schweiz. Laut Christos Cabolis, Chefökonom des Wettbewerbs-Centers der Lausanner Wirtschaftshochschule IMD sind insbesondere bei Firmengründungen die administrativen Hürden immer noch um einiges höher als in anderen Ländern. Auch fehlten, wie Cabolis gegenüber der Presse äußerte, Frauen in der schweizerischen Forschungslandschaft. Hier müssten mehr Anreize für hochqualifizierte Bewerberinnen geschaffen werden.
Ansonsten spielt die Schweiz zum Beispiel bei Innovationen und in puncto Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich traditionell ganz vorne mit. Das Land belegt seit Jahren einen der Top-5-Plätze im sogenannten IMD World Competitiveness-Ranking zur globalen Wettbewerbsfähigkeit. Den ersten Platz mussten die Schweizer 2022 allerdings an Dänemark abtreten. Die Schweiz ist zudem seit Jahren Spitzenreiter im Global Competitiveness Report, dem internationalen Ranking des World Economic Forum (WEF) zur Wettbewerbsfähigkeit.
Kriterien | Schweiz | Deutschland |
---|---|---|
1 Qualität öffentlicher Institutionen | 76,8 | 66,5 |
2 Modernisierung der Infrastruktur in Bezug auf die Energiewende und den Zugang zu Strom sowie Kommunikations- und Informationstechnologien | 80,0 | 79,6 |
3 Fortschrittliches Besteuerungssystem | 41,5 | 54,2 |
4 Fokus des Bildungssystems auf Wissen und Fähigkeiten, die zukünftig benötigt werden | 70,8 | 61,4 |
5 Arbeitsgesetzgebung und soziale Sicherungssysteme | 74,2 | 74,0 |
6 Altersvorsorge, Kinderbetreuung und Gesundheitsinfrastruktur | 51,4 | 51,3 |
7 Anreize für langfristige Investitionen, verbesserte Stabilität und mehr Inklusion | 59,2 | 79,3 |
8 Wettbewerbs- und Kartellrecht in Bezug auf Industrie 4.0; gewährleisteter Marktzugang national und international | 64,0 | 65,6 |
9 Schaffung moderner Märkte insbesondere in Bereichen, die eine Zusammenarbeit der öffentlichen und privaten Hand benötigen | 50,8 | 48,1 |
10 Anreize für und Ausweitung von Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Innovationen zur Schaffung neuer "Märkte der Zukunft" | 51,6 | 49,2 |
11 Anreize für Firmen, Themen wie Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion anzugehen | 67,2 | 62,6 |
Im Jahr 2020 ist das WEF von seinem bisherigen Competitiveness-Index abgerückt. In seiner letzten Ausgabe 2020 ist dieser dem sogenannten Transformation-Readiness-Index gewichen. Dieser soll abbilden, wie die untersuchten Länder nach der Pandemie aufgestellt sind in den Bereichen digitale Transformation, umweltfreundliche und inklusive Maßnahmen, Steuergerechtigkeit, Bildung und soziale Sicherheit etc.
Dabei zeigt sich, dass die nordischen Länder hier die vordersten Plätze belegen. Die Schweiz schneidet hier zum Beispiel bei der Qualität der öffentlichen Institutionen gut ab (hier ist nur Finnland noch besser), auch in den Bereichen Bildung, soziale Sicherheit, Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft, öffentlicher Hand und Forschung. Bei den Themen Steuergesetzgebung und Finanzmarkt sowie digitale Transformation und Umstieg auf erneuerbare Energien ist die Schweiz indessen weniger gut gerüstet.
Investitionsklima trotz Unsicherheiten positiv
Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch in der Schweiz auf das Investitionsklima der Unternehmen aus. Dennoch zeichnet eine Unternehmensumfrage des Beratungsunternehmens Deloitte ein positives Bild. Laut der Umfrage unter schweizerischen Firmenvorständen vom März 2022 stellt für die meisten Befragten die geopolitische Unsicherheit aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine das größte Risiko dar. Trotzdem rechnen über 50 Prozent von ihnen mit einer Verbesserung der Geschäftsaussichten in den kommenden 12 Monaten. Auch bei allgemeinen Investitionen und Ausgaben für Marketing oder Reisen sind die meisten Firmenchefs zuversichtlich und rechnen laut Deloitte-Umfrage eher mit Wachstum als mit Rückgang.