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Branchen | Sierra Leone | Nahrungsmittelproduktion, Bergbau, Infrastruktur

Sierra Leone: Branchen mit Wachstumspotenzial

Trotz vieler Herausforderungen gibt es positive Entwicklungen in der Wirtschaft. Geschäftschancen bieten die Branchen Agrarwirtschaft und Bergbau sowie Infrastrukturprojekte.

Von Corinna Päffgen | Accra

Die Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung verfügen dank guter klimatischer Bedingungen und ausreichenden Wasserressourcen über ein hohes Potenzial: Durch den Ausbau der lokalen Produktion können sich künftig auch für deutsche Unternehmen Chancen ergeben. Dies gilt grundsätzlich für die gesamte Wertschöpfungskette: Lebensmittelverarbeitung, Kühlung, Verpackung und Logistik. Bereits jetzt nutzen einige Unternehmen vor Ort Maschinen aus Europa mit Steuerungstechnik aus Deutschland. Diese möchten sie künftig durch deutsche Fabrikate ersetzen, wenn der Preis stimmt.

Viel ungenutztes Potenzial in der Lebensmittelproduktion und -verarbeitung 

Der Agrarsektor trägt fast 30 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und beschäftigt 65 Prozent der Erwerbstätigen. Das jährlich reale Wachstum betrug in den letzten fünf Jahren (2019 bis 2023) durchschnittlich 3,3 Prozent. Nur 15 Prozent der 5,4 Millionen Hektar der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen sind kultiviert. 

Die lokale Produktion kann trotz vieler agrarischer Rohstoffe wie Reis, Kassava, Tropenfrüchte und Ölpalme, den Bedarf an Grundnahrungsmitteln nicht decken. Schätzungsweise 80 Prozent der Lebensmittel werden importiert, dies entspricht rund 400 bis 500 Millionen US-Dollar (US$) jährlich. 

Chancen bieten deshalb die Produktion und Verarbeitung lokaler Nahrungsmittel. Noch ist der Verarbeitungsgrad gering, Unternehmen konzentrieren sich auf die Gewinnung und den Handel von Rohstoffen. So gehen Kakao, Kaffee und Holz zum größten Teil unverarbeitet in den Export, auch nach Europa. Das soll sich nach Plänen der Regierung ändern, die sowohl die Produktion als auch die lokale Verarbeitung steigern möchte. 

Bislang gibt es noch wenig lebensmittelverarbeitende Unternehmen. Zu den führenden Firmen gehört Capitol Foods, die Getränke (Wasser und Fruchtsäfte) und Kakaoprodukte (Kakaomasse, - butter und -pulver) für den lokalen Markt und Export herstellt. Das Unternehmen Lizard Earth ist das einzige deutsche Unternehmen in der Branche. Es ist im Kakaohandel tätig und exportiert in die EU. Ab Mitte 2025 soll eigene Schokolade hergestellt werden.

Ausbau der Fischzucht durch Förderung von Aquakulturen geplant

Die Regierung Sierra Leones möchte den Bereich Aquakultur und Fischfang verstärkt fördern und hat dazu Ende 2024 eine „Blue Economy Strategy“ erlassen. Die Fischerei trägt 6 Prozent zum BIP bei und beschäftigt etwa 500.000 Personen, wobei die meisten im artisanalen Fischfang tätig sind. Der lokale Fischkonsum beträgt 22,6 Kilogramm pro Kopf mit steigender Tendenz. 

Pro Jahr werden im Bereich der industriellen Fischerei 122.000 Tonnen Fisch (Stand: 2023) produziert. Davon wird fast die Hälfte lokal verkauft, der Rest geht in den Export. In die EU führt Sierra Leone bislang keinen Fisch aus, dies soll ab diesem Jahr oder ab 2026 möglich sein. Bis zum Jahr 2030 wird eine Menge von 150.000 Tonnen angestrebt. Dies soll durch eine Erhöhung der Fangmenge und den Ausbau der Fischzucht erreicht werden. Vor allem die Zucht von Shrimps und Austern in Aquakulturen bietet Potenzial, hier unterstützt Island seit 2018 in den Bereichen nachhaltige Entwicklung sowie Aus- und Fortbildung. 

Der Ausbau der Fischzucht in Aquakulturen wird die Nachfrage – unter Berücksichtigung der Preissensibilität - nach modernen Haltungssystemen, Lösungen für das Recycling von Wasser und Kreislaufanlagen steigern. Zudem dürfte der Bedarf an Fischfutter zunehmen, das bislang noch nicht lokal hergestellt wird.

Verkehrsinfrastruktur soll ausgebaut und modernisiert werden

Im mittelfristigen nationalen Entwicklungsplan (2024 bis 2030) sind eine Reihe von Straßenbauprojekten und die Instandhaltung von Brücken vorgesehen. Ein Großprojekt ist eine 8 Kilometer lange Brücke, die die Hauptstadt Freetown mit dem internationalen Flughafen in Lungi verbinden soll. Die Kosten werden auf etwa 1,1 Milliarden US$ geschätzt. Dazu wurde bereits im Jahr 2023 eine Absichtserklärung mit der China Road and Bridge Corporation und dem senegalischen Architektenbüro Atepa Group unterzeichnet.

In der Hauptstadt Freetown ist zur Entlastung des Verkehrsnetzes der Bau einer 3,6 Kilometer langen Seilbahn für den Nahverkehr geplant, die vom Central Business District (CBD) bis zum Kissy Ferry Terminal gehen soll. Die Linie soll über fünf Stationen verfügen und die Gesamtfahrzeit lediglich 15 Minuten betragen. Pro Stunde können rund 3.000 Passagiere befördert werden. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie wurde im Oktober 2024 fertiggestellt.

Aufgrund der geplanten Projekte der Regierung dürfte die Nachfrage nach Planungs- und Ingenieursdienstleistungen sowie Baudienstleistungen zunehmen. Zudem wird der Bedarf nach Baumaterialen steigen. Hier können sich für deutsche Unternehmen interessante Beteiligungsmöglichkeiten ergeben. Auch für Unternehmen im Bereich der urbanen Seilbahntechnik sowie Service und Wartung können sich Chancen ergeben.

Bergbau bietet weiterhin Chancen

Der Bergbausektor spielt wirtschaftlich eine wichtige Rolle, er trägt rund 10 Prozent zum BIP bei und generierte im Jahr 2023 etwa 80 Prozent der Exporteinnahmen. Nach einem Einbruch im Jahr 2020 konnte der Sektor mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 45 Prozent aufgrund der Wiederöffnung einiger Minen nach der Coronapandemie und des Abschlusses neuer Lizenzverträge wieder zulegen. Sierra Leone baut unter anderem Eisenerz, Diamanten, Bauxit, Gold und Titanmineralien wie Rutil ab. Das Land ist eines der größten Titanlieferanten weltweit. Zudem verfügt Sierra Leone über Vorkommen von Chromit, Nickel und Coltan sowie Lithium, wobei letzteres bislang noch nicht gefördert wird.

Aufgrund der Entdeckung neuer Vorkommen, einer verbesserten Geo-Datenlage, und der weltweit steigenden Nachfrage nach Rohstoffen wie Lithium, Coltan und Bauxit gehen Branchenkenner von einer Zunahme von Aktivitäten im Sektor aus. Daraus können sich Zulieferchancen für Bergbaumaschinen und Baumaschinen ergeben. Zudem dürften Ingenieurs- und technische Dienstleistungen verstärkt nachgefragt werden.

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