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Special | Slowenien | Krieg in der Ukraine

Slowenien spürt Auswirkungen des Ukrainekrieges

Der Ukrainekrieg bremst die Konjunktur aus. Für die slowenische Industrie ist der russische Absatzmarkt von relativ geringer Bedeutung. Einzelne Unternehmen wird die Krise treffen.

Von Waldemar Lichter | Ljubljana

Die slowenische Wirtschaft hat durch den Krieg in der Ukraine bisher nur begrenzt Schaden erlitten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei im 1. Quartal 2022 noch deutlich gewachsen, schätzt die slowenische Nationalbank Banka Slovenije. Doch die Belastungen für die Wirtschaft nähmen immer mehr zu.

Wachsende Risiken für die Konjunktur

Das direkte Engagement der slowenischen Wirtschaft im bilateralen Handel mit Russland und der Ukraine sowie ihre Investitionen in beiden Ländern sind relativ gering. Doch die indirekten Folgen der Krise durch höhere Energie- und Rohstoffpreise, eine geringere Nachfrage aus dem Ausland und sinkendes Vertrauen in die weitere konjunkturelle Entwicklung könnten sich spürbar negativ auswirken, so die Nationalbank. Zu erwarten seien auch weitere Unterbrechungen der Lieferketten - mit negativen Folgen für die Produktion slowenischer Unternehmen.

Bereits im Februar 2022 - noch vor dem Ausbruch des Ukrainekrieges - korrigierte die Europäische Kommission ihre Prognose für das slowenische Wirtschaftswachstum 2022 von 4,2 auf 3,8 Prozent nach unten. Grund dafür waren stark steigende Preise und Lieferengpässe bei Rohstoffen und Komponenten. Nun dürften die Prognosen noch weiter fallen.

Alternativen für Energiebezüge möglich

Slowenien deckt rund 90 Prozent seines Erdölbedarfs durch Importe aus Russland. Selbst wenn ein Embargo auf Energielieferungen aus Russland verhängt werden würde, wäre die Versorgung in Slowenien nicht gefährdet. Das Land verfügt über Vorräte an Ölderivaten für 90 Tage – für die Versorger Zeit genug, um sich auf andere Lieferanten umzustellen, ist sich Infrastrukturminister Jernej Vrtovec sicher.

Auch Erdgas bezieht Slowenien zum großen Teil aus Russland, abgesichert durch einen 2017 abgeschlossenen langfristigen Liefervertrag zwischen der slowenischen Gesellschaft Geoplin und dem russischen Gazprom-Konzern. Rund 54 Prozent des im Land verbrauchten Gases wurden 2021 aus Russland importiert. Weitere 27 Prozent (vermutlich ebenfalls russisches Erdgas) kamen über Österreich nach Slowenien.

Künftig will Slowenien aber mehr Gas aus Algerien und Marokko über italienische Pipelines beziehen. Die bestehende Gasleitung zur italienischen Grenze hat eine Kapazität von 3,5 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag. Mit dem slowenischen Pipelinebetreiber Plinovodi werde derzeit verhandelt, diese auf 4,1 Millionen Kubikmeter pro Tag zu erhöhen. Auch über das Flüssiggas (LNG)-Terminal auf der kroatischen Adriainsel Krk könnte mehr Gas nach Slowenien gelangen. Verhandlungen darüber sollen mit der kroatischen Regierung Anfang April 2022 geführt werden. Damit könnte ein großer Teil russischen Gases ersetzt werden, heißt es.

Preissteigerungen belasten den Agrarsektor

Die slowenische Landwirtschaft dürfte den Konflikt und seine Folgen deutlich zu spüren bekommen. Das Gleiche gilt für die Nahrungsmittelindustrie und die Verbraucher. Russland und die Ukraine sind wichtige Lieferanten von Getreide und anderen Agrarrohstoffen auf dem Weltmarkt. Ihr Wegfall wird auch in Slowenien zu einem deutlich spürbaren Preisanstieg führen. Auch bei Düngemitteln aus Russland sind hohe Preissteigerungen und eine Verknappung der Versorgung zu befürchten.

Die slowenische Exportwirtschaft, die Geschäftsbeziehungen nach Russland und der Ukraine unterhält, leidet unter den unklaren Zahlungsbedingungen für ihre Lieferungen, die sich aus den Sanktionen gegenüber dem russischen Finanzsektor ergeben. Auch der Warentransport in diese Länder ist entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu höheren Preisen möglich.

Russland ist ein wichtiger Absatzmarkt für die Pharmaindustrie

Zu den slowenischen Industriezweigen, die von dem Konflikt am stärksten betroffen sein könnten, gehört die Pharmaindustrie. Dazu zählt vor allem der Arzneimittelhersteller Krka, der sein Russlandgeschäft in den vergangenen Jahren stark ausgebaut hatte und dort inzwischen rund ein Fünftel seines Umsatzes erwirtschaftet. Das Unternehmen setzte 2021 rund 333 Millionen Euro in Russland um - 48 Prozent mehr als 2015. Die Exporte in die Ukraine stiegen von 34 Millionen Euro im Jahr 2015 auf über 96 Millionen Euro 2021. Das Unternehmen betreibt in der Nähe von Moskau ein Werk, das den größten Teil der Produkte für den russischen Markt herstellt.

Auch auf den Hersteller von Telekommunikationsausrüstungen Iskratel könnten sich die Sanktionen aufgrund des Krieges negativ auswirken. Iskratel ist einer der größten Exporteure nach Russland und in die Ukraine. Das Geschäft wird auch dadurch erschwert, dass nicht klar ist, ob und welche Komponenten von den Sanktionen betroffen sein werden. 

Geschäfte mit Russland seit 2014 reduziert

Unternehmen aus anderen Branchen melden, dass sich ihre Geschäfte mit Russland seit 2014 wegen der westlichen Sanktionen nach der Annexion der Halbinsel Krim stark reduziert haben. Dazu gehören etwa das Ingenieurbüro Riko, der Hersteller von aufblasbaren Hallen Duol oder die Metallwerke SIJ. Beim Stahlhersteller Štore Steel macht sich umgekehrt der Wegfall seines Zulieferers von Graphitelektroden aus der Ukraine negativ bemerkbar.

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