Special Tschechische Republik
Onlineverkauf von Lebensmitteln soll in der Tschechischen Republik stark wachsen
Die wachsende Marktdurchdringung des Onlinehandels führt dazu, dass sich die Bandbreite der angebotenen Waren und Dienstleistungen zusehends vergrößert. Der Marktführer Alza hat im Mai 2017 damit begonnen, Elektroautos zu verkaufen. Beim Rabattportal Slevomat konnten Onlinekunden bereits schlüsselfertige Eigenheime erwerben.
Besonders starkes Wachstum sagen Experten dem Onlineverkauf von Lebensmitteln voraus. Vorreiter waren die Start-ups Rohlik.cz, Kosik.cz und Kolonial.cz, die ausgestattet mit viel Risikokapital zunächst in Prag die nötige Logistik aufbauten. Nun expandieren sie in andere Großstädte. Klassische Lebensmittelhändler wie Tesco folgten. Auch Lidl, Kaufland und Globus haben Interesse an diesem Geschäftszweig.
Ohnehin verwischen die Grenzen zwischen Onlinehandel und stationärem Einzelhandel zunehmend. Auf der einen Seite eröffnen die Internethändler häufig eigene Läden oder riesige Showrooms, wo sie ihre Projekte auf traditionelle Weise verkaufen. Auf der anderen Seite gehen immer mehr klassische Handelsketten online. Das Beratungsunternehmen Acomware hat 2016 in Tschechien 125 stationäre Händler nach ihren Onlineaktivitäten befragt. Es zeigte sich, dass 91 Ketten bereits einen Webshop hatten, die meisten in den Bereichen Bekleidung, Möbel, Haushalt, Kosmetik und Spielzeug.
Je mehr frische Produkte bestellt werden, desto aktiver müssen die Händler ihre Logistik optimieren und die Lieferzeiten weiter verringern. Bislang kommen die Pakete in der Regel zwei bis drei Tage nach der Bestellung beim Kunden an. Bei Lebensmitteln ist die Auslieferung am selben Tag Standard. Mall.cz hat ähnlich wie Amazon bereits die Auslieferung per Drohne getestet, die Markteinführung hängt allerdings von Gesetzesänderungen ab.
Um den ländlichen Raum besser zu erschließen, schickt Alza den „StreetShop“ in die Regionen. Diese mobile Verkaufsstelle bietet Direktverkauf an, liefert zuvor bestellte Waren aus und bearbeitet Bestellungen oder Reklamationen. Daneben experimentiert Alza mit Verkaufsautomaten in Einkaufszentren und Supermärkten, die mit beliebten elektronischen Geräten wie Speicherkarten und Ladekabeln bestückt sind.
Bei den Zahlungsmethoden wird die Barzahlung bei Lieferung zugunsten der Kreditkarte an Bedeutung verlieren. Marktführer Alza.cz akzeptiert seit Mai 2017 auch die Kryptowährung Bitcoin. Immer mehr Bestellungen werden von mobilen Endgeräten abgeschickt. Außerdem steigt die Zahl der Onlinenutzer im Rentenalter.
Viele tschechische E-Shops sind auf Expansionskurs ins Ausland und werden damit zur Konkurrenz für deutsche Anbieter. Eine Untersuchung von Acomware hat ergeben, dass jeder achte Webshop 2017 seine Ausgaben für die Erschließung neuer Märkte ausweiten will. Marktführer Alza plant ein eigenes Auslieferungslager für Kunden in Westeuropa, das 2019/20 in Betrieb gehen soll.
Auf dem Heimatmarkt verstärkt sich derweil der Konzentrationsprozess. Laut Heureka.cz ist die Zahl der Webshops seit 2014 um rund 1.000 gesunken. Dominante Händler wie Mall.cz übernehmen kleinere Wettbewerber (zuletzt CZC.cz) und bauen ihre Marktposition aus.
Text: Gerit Schulze