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Rechtsbericht | Ukraine | Rechtsverfolgung

Besonderheiten bei Gerichtsverfahren in der Ukraine

Während der Dauer des Kriegsrechts gibt es für Gerichtsverfahren in der Ukraine einige Besonderheiten zu beachten, wie zum Beispiel  wechselnde örtliche Zuständigkeiten. 

Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn

Während der Dauer der Kriegszeit gilt das Gesetz Nr. 389-VII, in der Fassung vom 15. Juni 2022, "Über die Rechtsordnung des Kriegsrechts“ für Gerichtsverfahren in der Ukraine. Das Gesetz sieht vor, dass die Arbeit und die Befugnisse der Gerichte nicht ausgesetzt werden. Die Verfahrensdauer soll eingehalten werden: eine Beschleunigung oder Reduzierung der Dauer von Gerichtsverfahren ist untersagt. Gleichzeitig ist die Justizverwaltung von Folgen des Krieges betroffen, so dass Geschäftsabläufe auf die aktuelle Lage abgestimmt werden müssen.

Zuständigkeit: Übertragung auf das nächstgelegene Gericht

Einige der Gerichte, insbesondere in besetzen Gebieten, haben ihre Tätigkeiten vorübergehend oder dauerhaft eingestellt. In diesem Zusammenhang wurde die örtliche Zuständigkeit auf die Anordnung des Obersten Gerichtshofs vom 6. März 2022 "Über die Änderung der territorialen Zuständigkeit von Gerichtsverfahren im Kriegsrecht“ geprüft und unter Umständen geändert. Durch das Gesetz Nr. 1402-VII, in der Fassung vom 22. März 2022, "Über das Justizsystem und den Status der Richter“ ist es möglich, per Anordnung des Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofes die örtliche Zuständigkeit zu ändern. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, welches die Arbeit eingestellt hat, wird dann an das nächstgelegene Gericht übertragen. Auch bereits anhängige Verfahren werden weitergeleitet. Mittlerweile haben die Gerichte, unter anderem in Kiew, ihre Arbeit wiederaufgenommen. Auf der Website des Obersten Gerichtshofes wird über die aktuellen Änderungen, Wiederaufnahme und Übertragung  der Zuständigkeiten informiert.

Online-Gerichtsverhandlungen und Fernteilnahme

Bereits im Frühjahr 2020 verabschiedete die ukrainische Regierung als Reaktion auf den Lockdown während der Corona-Pandemie  entsprechend Gesetze, die den Prozessparteien eine Teilnahme an Gerichtsverhandlungen ohne Anwesenheit ermöglichten. Es wurde ein Verfahren zur Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung unter Beteiligung der Parteien außerhalb der Gerichtsräume (Videokonferenz) entwickelt. Verfahren können online über das System "Elektronisches Gericht“ angemeldet werden. Zu beachten ist, dass nicht alle Gerichte in der Ukraine diesem System beigetreten sind oder auch Prozessbeteiligte nicht erreichbar sind.

Für diesen Fall sollte bei der Beantragung eines Verfahrens bei Gericht eine aktuelle Telefonnummer und E-Mail-Adresse angegeben werden. Im laufenden Verfahren sollte dann die aktuelle Anschrift mitgeteilt werden. Der Austausch von Verfahrensdokumenten ist auch über eine Mailbox im elektronischen Dokumentensystem auf dem offiziellen Webportal der Justiz der Ukraine unter der Adresse mail.gov.ua  möglich. Eine schriftliche Zustimmung über den Empfang an das Gericht ist nicht notwendig. Daneben können Unterlagen über die Post zugestellt werden. Die ukrainische Post  hat ihre Arbeit seit dem 3. März 2022 wieder aufgenommen, so dass Unterlagen auch per Post zugestellt werden können.

Einige Gerichte tragen der Tatsache Rechnung, dass Gerichtsunterlagen unter den aktuellen Umständen nicht zugestellt werden können und haben damit begonnen, auf den offiziellen Webseiten der Gerichte, zum Beispiel Handelsgericht in Kiew, Hinweise für alle Beteiligten über Gerichtsverfahren zu platzieren, unter anderem über verschobene Gerichtsverhandlungen, geplante Gerichtsverhandlungen und Verfahrensentscheidungen.

Kriegsrecht als Grund für Fristversäumung

Der Oberste Gerichtshof der Ukraine hat in seiner Mitteilung vom 9. April. 2022 klargestellt, dass die Geltung des Kriegsrechts zwar einen wichtigen Grund für eine Fristversäumung darstellen kann, die Entscheidung darüber liegt aber im Ermessen des entscheidenden Richters. Daher sollten die gesetzlich festgeschriebenen Fristen nicht versäumt werden.

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