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Bahn frei: USA investieren ins Schienennetz

Dank großzügiger Fördermittel wird die bestehende Schieneninfrastruktur modernisiert und erweitert. Um 2030 treten die USA sogar ins Hochgeschwindigkeitszeitalter ein. 

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Es kam einer kleinen Sensation gleich: Das private Unternehmen Brigthline eröffnete im September 2023 eine rund 380 Kilometer lange Verbindung zwischen Miami und Orlando und beendete damit das Monopol des staatlichen Bahnkonzerns Amtrak im Intercity-Betrieb. Als nächstes plant die Firma, die USA ins Hochgeschwindigkeitszeitalter zu katapultieren. Bislang gibt es landesweit nämlich keine Züge, die 250 Kilometer pro Stunde oder schneller fahren.  

Im Rahmen des Brigthline West Projekts soll eine 420 Kilometer lange Strecke Los Angeles und Las Vegas verbinden. Eine Spitzengeschwindigkeit von 300 Kilometer pro Stunde wird anvisiert. Das Vorhaben dürfte rund 12 Milliarden US-Dollar (US$) kosten, was angesichts der Länge und des Tempos als sehr niedrig angesetzt erscheint. Ein Großteil der Mittel wird privat aufgebracht, doch bis zu einem Drittel soll aus staatlichen Quellen kommen. Schon 2028 könnte der Regelbetrieb beginnen. 

Ehrgeizige Projekte für Texas und Kalifornien

Noch schneller könnten Passagiere bis zum Ende des Jahrzehnts in Texas reisen. Die knapp 400 Kilometer Strecke zwischen Houston und Dallas soll der Zug mit bis zu 330 Kilometer pro Stunde zurücklegen. Die Investitionskosten werden mit 30 Milliarden US$ berechnet. Ein offizieller Zeitrahmen für das Vorhaben liegt allerdings noch nicht vor. Analysten gehen von einer Inbetriebnahme ab 2029 aus.

Mit einer Gesamtlänge von 800 Kilometern fällt das Hochgeschwindigkeitsprojekt zwischen Los Angeles und San Francisco nochmals ehrgeiziger aus. Es wurde zwar bereits in einer Volksabstimmung bewilligt. Doch dann liefen die Kosten aus dem Ruder. Sie werden aktuell auf 128 Milliarden US$ beziffert. Ein Teilstück - zwischen Merced und Bakersfield - befindet sich bereits im Bau. Es soll zwischen 2030 und 2033 in Betrieb gehen. Ob das Gesamtvorhaben jemals realisiert wird, bleibt derweil ungewiss.

Auch ein internationales Schienenprojekt ist geplant. Er soll zwischen Portland, Seattle und Vancouver verlaufen. Die Investitionskosten für die 660 Kilometer lange Strecke summieren sich auf bis zu 42 Milliarden US$. Das Projekt befindet sich in einem frühen Planungsstadium. Vor 2035 rechnen die Verantwortlichen nicht mit einer Eröffnung. 

Amtrak modernisiert 40 Prozent seiner Züge

Amtrak beabsichtigt den Neubau von 39 Strecken (mit Normalgeschwindigkeit). Damit sollen ein Dutzend Metropolen ans nationale Bahnnetz angeschlossen werden. Zugleich will der Staatskonzern seine überalterte Eisenbahnflotte sowie Bahnhöfe, Tunnel und Brücken modernisieren. Dafür nimmt Amtrak 50 Milliarden US$ in die Hand. Bis 2031 sollen rund 40 Prozent aller Personenwaggons ersetzt werden.

Auswahl Bahnprojekte USA
Projektbezeichnung

Investitionssumme (in Mrd. US$)

Projektstand

Projektbetreiber

California High-Speed Rail

128

Teilstrecke in Bau, Teilinbetriebnahme zwischen 2030 und 2033

California High-Speed Rail Authority

Investitionsplan von Amtrak

50

u.a. Erneuerung 40% der Zugflotte bis 2031

Amtrak

Cascadia (Portland - Seattle - Vancouver)

bis 42

Im frühen Planungsstadium, Inbetriebnahme nicht vor 2035

Cascadia Rail

Texas High-Speed Rail

30

ab 2029

Texas Central

Brigthline West

12 (wahrscheinlich mehr)

Baubeginn Ende 2023, Inbetriebnahme ab 2028

Brightline

Redline Extension Projekt Chicago

3,5

in Planung

Chicago Transit Authority

Quelle: Unternehmens- und Pressemeldungen, GTAI-Recherche, Oktober 2023

Gute Zuliefermöglichkeiten trotz "local content"

Bei allen Bahnprojekten ergeben sich umfangreiche Zuliefermöglichkeiten für ausländischen Anbieter. Beim Brightline West Project zeichnet sich bereits jetzt deutlich ab, wer die potenziellen Anbieter der Lokomotiven und Waggons sein werden: Alstom und Siemens. Die beiden Konkurrenten sind zugleich "Hoflieferanten" von Amtrak. So wird Alstom 28 Züge liefern, die in den nächsten Jahren die sogenannte Acela-Flotte ersetzen. Deren Züge sind die schnellsten des Bahnkonzerns und verbinden Metropolen wie Washington DC und New York City miteinander. Siemens liefert 83 "Airo"-Züge.

Ausländische Anbieter müssen mehr Wertschöpfung im Land erbringen. Siemens wird 2024 ein zweites Werk in den USA eröffnen. 

Jedoch gilt bei öffentlichen und staatlich geförderten Projekten eine Mindestquote an lokaler Wertschöpfung ("local content"). Zwar existieren Ausnahmen, wenn es keine einheimischen Anbieter gibt oder deren Produkte zu teuer sind. Das trifft insbesondere auf den Hochgeschwindigkeitsbereich zu. Dennoch müssen Anbieter, die ins Geschäft kommen wollen, zumindest einen Teil ihrer Produktion in den USA vornehmen. Siemens Mobility beispielsweise unterhält eine Fertigung in Kalifornien und baut für 220 Millionen US$ ein neues Werk in North Carolina, das 2024 eröffnen soll.

Staatliche und private Unternehmen teilen sich den Markt

Sowohl Amtrak als auch die private Konkurrenz profitieren von großzügigen staatliche Subventionen. Der im November 2021 verabschiedete Infrastructure Investment and Jobs Act sieht für den Bahnsektor Mittel in Höhe von 66 Milliarden US$ vor. Ein Großteil davon soll für die Modernisierung bestehender Strecken, Bahnhöfe oder Tunnel verwendet werden. Etwa 12 Milliarden US$ fließen als Zuschüsse für neue Projekte. 

Bei Neuvorhaben buhlen zwar sowohl der Staatskonzern als auch die private Konkurrenz um die Mittel. Jedoch hat sich dabei eine Art Arbeitsteilung ergeben. Die Privatfirmen konzentrieren sich vor allem auf längere Strecken und den Hochgeschwindigkeitsbereich. Amtrak hingegen setzt den Fokus auf mittlere Wegstrecken beziehungsweise Geschwindigkeiten. In einigen Fällen entstehen sogar parallele Verbindungen wie zwischen Miami und Orlando. Die Fahrgäste können hier zwischen einer schnellen und langsameren Verbindung wählen.

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