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Der Fleischersatzmarkt bietet noch unausgeschöpftes Potenzial

Das starke Wachstum der Vorjahre ist abgeebbt, Aktien von Veggie-Pionieren sind eingebrochen. Dennoch bietet der US-Markt für Fleischersatzprodukte langfristig gute Chancen.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Hart House, Slutty Vegan und Vegan Wangs: Immer mehr neue Fast-Food-Ketten setzen auf vegane Gerichte und eröffnen neue Lokale, trotz des Rückziehers von McDonald’s beim McPlant-Burger in den USA. Schnellrestaurants sind in dem Land ein wichtiger Vertriebskanal für Fleischersatzprodukte. Rund 40 Prozent des gesamten Umsatzes entfallen auf den Außer-Haus-Verzehr. In Deutschland liegt dieser Anteil nur bei etwa 5 Prozent.

Fleischersatzmarkt soll langfristig kräftig wachsen

Auch im Handelssektor bieten sich Chancen. Der US-Einzelhandelsumsatz mit Ersatzprodukten auf pflanzlicher Basis ist 2022 zwar real um weniger als 1 Prozent gewachsen. Dennoch summierte er sich laut Schätzungen des gemeinnützigen Good Food Institute (GFI) auf stattliche 8 Milliarden US-Dollar (US$). Überdurchschnittlich hohe Zuwächse verzeichneten dabei Eier, Meeresfrüchte, trinkfertige Getränke sowie Sahne- und Proteingetränke, jeweils auf pflanzlicher Basis. Bei Fleischersatzprodukten war der Umsatz dagegen leicht rückläufig.

Deutsche Marken haben den Markt für fleischlose Produkte ebenfalls für sich entdeckt. Doch sind die meisten von ihnen bislang nur in Europa aktiv. Zu den Ausnahmen zählt TofuTown: Der Bio-Pionier aus der Eifel unterhält schon seit einigen Jahren einen kleinen Standort für die Produktion von Pflanzenkäse und -aufschnitt im US-Bundesstaat Virginia.

Der Einbruch von Veggie-Aktien und zuletzt stagnierende Umsätze haben die Attraktivität des US-Markts zwar etwas gedämpft. Dennoch gelten pflanzenbasierte Ersatzprodukte langfristig als ein wichtiger Wachstumsmotor. Grandview Research zufolge soll der Markt in den USA von 2023 bis 2030 pro Jahr im Schnitt um über 20 Prozent zulegen.

Aktienkurse von Anbietern pflanzlicher Ersatzprodukte gerieten unter Druck

Allerdings verzeichnete der Markt zuletzt einige Rückschläge. Wie schwer es ist, Fleischesser in den USA für pflanzliche Alternativen zu gewinnen, bekam Beyond Meat zu spüren. Das kalifornische Start-up stellt eine Vielzahl von Produkten auf pflanzlicher Basis her. Mehrere Ketten, mit denen Beyond Meat zusammenarbeitet, haben gemeinsame Projekte vorerst auf Eis gelegt.

Darunter ist auch McDonald's, das den McPlant in den USA im Sommer 2022 aus dem Sortiment nahm. Denn während der fleischlose Burger in vielen Ländern ein Erfolg wurde, verkauften sich in beliebten Filialen der Fast-Food-Kette in Kalifornien und Texas pro Tag nur etwa 20 Stück, so ein Bericht von BTIG Research. Der Aktienkurs von Beyond Meat, aber auch der von anderen börsennotierten Unternehmen mit pflanzlichen Ersatzprodukten, geriet in der Folge stark unter Druck.

Dagegen läuft die Kooperation mit der Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) weiter. Anfang 2022 brachten die beiden Unternehmen unter dem Namen “Beyond Fried Chicken” ein Hühnerfleisch-Imitat auf den Markt.

Geschmack wird als Positionierungsmerkmal immer wichtiger

Um in diesen Markt zu kommen, setzen immer mehr Anbieter auf das Geschmackserlebnis: “Wir wollen ein Restaurant sein, das in erster Linie ein begehrenswertes Produkt serviert, für das die Leute einen Umweg in Kauf nehmen”, sagt Andy Hooper, Chief Executive Officer (CEO) von Hart House.

Untersuchungen des Marktforschungsunternehmens Mintel zufolge sind 53 Prozent der US-Bevölkerung der Meinung, dass pflanzliche Produkte geschmacklich nicht von Fleisch unterscheidbar sein sollen. Eine Erhebung des US-Verbands der Lebensmittelindustrie FMI unterstützt diese Einschätzung: Danach ist die Wahrnehmung des Geschmacks der Hauptgrund, wenn US-Verbraucher keine pflanzlichen Fleischersatzprodukte kaufen oder keine Wiederholungskäufe tätigen. Der zweitwichtigste Faktor sind die Kosten.

Die vegane Bewegung greift zunehmend auf die schwarze Bevölkerung über

Ein weiterer Trend ist: Schwarze Amerikaner werden häufiger Veganer als andere. Einen der Hauptgründe dafür macht die Ernährungsberaterin Tracye McQuirter aus: “Die afroamerikanische Ernährungsweise hat ihre Wurzeln in der ballaststoffreichen Ernährung unserer afrikanischen Vorfahren”, sagt sie gegenüber dem Magazin Essence. Nach einer Befragung des Pew Research Center aus dem Jahr 2016 bezeichnen sich 8 Prozent der Schwarzen als Veganer oder Vegetarier, verglichen mit nur 3 Prozent der US-Gesamtbevölkerung. Eine Gallup-Umfrage von 2019 ergab zudem, dass Schwarze häufiger Fleisch aus ihrem Speiseplan streichen als Weiße.

Auch als Gründerinnen und Gründer treten Menschen mit schwarzer Hautfarbe in dem Segment immer häufiger hervor. Das gilt auch für die eingangs erwähnten Beispiele Hart House, Slutty Vegan und Vegan Wangs.

Doch Newcomer müssen etwas Besonderes bieten. Denn ihr Nischendasein haben Veggieburger & Co. längst verlassen, der Wettbewerb hat sich infolge zahlreicher Marktzutritte verschärft. So rücken die Anbieter Umweltaspekte immer mehr in den Fokus und wollen Emissionen reduzieren. Hart House und Slutty Vegan setzen zudem noch auf weitere Nachhaltigkeitsaspekte und bieten Erzeugnisse ohne Hormone, künstliche Farbstoffe und Konservierungsmittel an. Ferner wollen sie das für US-Kunden wichtige Geschmackserlebnis verbessern.

Veggieburger & Co. sind in den USA nicht unpolitisch

Beim Export vom Fleischersatzprodukten in die USA sind neben Zöllen im Agrarbereich auch mengenmäßige Beschränkungen (Quoten) beziehungsweise Zollkontingente zu beachten. Hinzu kommen nichttarifäre Handelsbarrieren, wie die fehlende gegenseitige Anerkennung von Veterinärzertifikaten oder Methoden der Risikoanalyse.

Der Nachrichtensender ntv verweist zudem noch auf eine Markteintrittsbarriere der besonderen Art: Konsumenten von Fleischersatzprodukten werden in den USA häufig als links betrachtet. Die Polarisierung im Land führe sogar dazu, dass solche Produkte für Teile der Gesellschaft ungenießbar seien. Beim G20-Gipfel in Indien im September 2023 wurden unter anderem "Trump Half Tandoor Chicken" und "Biden Tandoori Malai Broccoli" serviert. Über eine mögliche Rolle dieser Köstlichkeiten im nächsten US-Wahlkampf ist indes noch nichts bekannt.

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