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Branchen | USA | Bioenergie

US-Start-up will Kohlendioxid zur Erzeugung von Kerosin nutzen

In den USA existiert eine große Nachfrage nach grünem Flugbenzin. Die Produktion aus Biomasse allein reicht nicht. Ein Start-up verspricht eine neue Lösung.

Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

Konzerne wie Microsoft suchen nach Möglichkeiten, den fossilen Fußabdruck ihrer Mitarbeitenden bei Flugreisen zu verringern. Im Jahr 2020 schloss der Software-Riese deshalb eine Vereinbarung mit Alaska Airlines und SkyNRG, einem in den Niederlanden ansässigen Hersteller von Biokraftstoff. Nun verwendet die Airline auf Strecken, die von Microsoft-Mitarbeitern stark frequentiert werden, eine Beimischung von Biokerosin.

Alternativen zu herkömmlichem Biotreibstoff müssen her

Zwar kann Biokraftstoff, der aus Pflanzen oder organischen Abfällen hergestellt wird, die Kohlendioxidemissionen im Vergleich zu fossilem Kerosin um bis zu 80 Prozent senken. Eine allumfassende Lösung bietet er aber nicht. Denn die grünen Alternativen sind knapp und teuer, und es steht nicht genügend Biomasse zur Verfügung, um weltweit alle Airlines mit grünem Kerosin zu beliefern. Außerdem wird der Biokraftstoff gleich in mehreren Industrien immens nachgefragt, sodass der Bedarf weitaus größer ist als das Angebot.

An einer Lösung dieses Problems arbeitet das Unternehmen Twelve aus Kalifornien. Das Start-up will mit Hilfe eines biochemischen Reaktors Kohlendioxid in verschiedene chemische Verbindungen aufspalten und daraus unter anderem Flugbenzinzusätze erzeugen. Diese sollen als "E-Jet" auf den Markt kommen. Zusätzlich können auf dieser Basis kohlenstofffreie optische Linsen für Brillen, Waschmittelzusätze und Kfz-Teile hergestellt werden. Bei den Brillengläsern arbeitet Twelve mit dem Hersteller Pangaia, bei Waschmittelzusätzen mit Procter&Gamble und bei Kfz-Teilen mit Mercedes-Benz zusammen.

Start-up sucht Produktionsstandort für kohlenstofffreies Flugbenzin

Eine Kooperationsvereinbarung zwischen Twelve, Alaska Air und Microsoft zur Lieferung von E-Jet ließ nicht lange auf sich warten. Anders als bei der beschränkten Verfügbarkeit von Biomasse zur Erzeugung von Biokerosin herrsche an Kohlendioxid als Ausgangsmaterial kein Mangel, betont Nicholas Flanders, Geschäftsführer von Twelve. Derzeit sucht das Start-up nach einem geeigneten Produktionsstandort für E-Jet in den USA.

Zu den Standortbedingungen für die Anlage gehört unter anderem ein ausreichendes Angebot an kohlenstofffreiem Ökostrom, um die biochemischen Reaktoren zu betreiben. Eine weitere Option sei Strom aus Kernkraftwerken. Den Kohlenstoff zum Füttern der biochemischen Reaktoren wird das Start-up aus industriellen Quellen beziehen.

Bei der Erzeugung und Auslieferung von E-Jet steht Twelve vor einer Reihe von Herausforderungen. Hierzu zählen die hohen Produktionskosten und die Genehmigungen der Normierungsgremien. Hinzu kommt der Aufbau der Logistikkette für den Transport des Treibstoffzusatzes zum Endkunden.

Dass Biotreibstoff teuer ist, unterstreichen auch die Analysten von BloombergNEF. Demnach lagen die Preise für grüne Kraftstoffe im Jahr 2021 zwischen 1,50 und 2,85 US-Dollar (US$) pro Liter. Ein Liter herkömmliches Kerosin kostete dagegen nur 0,49 US$.

Neben einigen Bundesstaaten sollte der Bund aktiv werden

Um die Verkaufspreise für Biotreibstoff und Zusätze zu senken, bedarf es der Hilfe der US-Regierung, meint Diana Birkett Rakow, Senior Vice President of Public Affairs and Sustainability bei Alaska Airlines. Nach ihren Worten setzt sich Alaska Airlines in Washington, D.C., dafür ein, dass Fluggesellschaften eine Bundessteuergutschrift nutzen können, wenn sie dem Flugbenzin kohlenstofffreie Treibstoffzusätze beimischen.

Dass alternatives Flugbenzin wie E-Jet nur als Kerosinbeimischung und nicht in Reinform verwendet werden darf, schreibt eine technische Regulierung zur Flugsicherheit vor. Anders als auf Bundesebene sind Förderprogramme für kohlenstofffreie Kerosinzusätze in den Bundesstaaten Kalifornien, Oregon und Washington schon in Kraft.

Twelve hat im Juni 2022 insgesamt 130 Millionen US$ bei privaten Kapitalgebern eingesammelt. Die Mittel fließen in die Verbesserung der Technologie und den Produktionsaufbau. Unter den Geldgebern befanden sich die Risikokapitalgesellschaft DCVC, der Climate Innovation Fund von Microsoft und das philanthropische Programm von Mark Zuckerberg und seiner Frau Priscilla Chan. Seit seiner Gründung im Jahr 2015 hat Twelve insgesamt 200 Millionen US$ gesammelt.

Private Kapitalgeber fördern Technologieentwicklung

Zusammen mit Microsoft bemüht sich eine Reihe weiterer großer US-Konzerne um eine grünere Luftfahrt. Hierzu haben die Firmen die Sustainable Aviation Buyers Alliance (SABA) gegründet.

Viel Geld von privaten Kapitalgebern fließt auch in andere Start-ups im Bereich der sauberen Energietechnologien. So erhielt das Unternehmen Electric Hydrogen aus Boston im Juni 2022 rund 198 Millionen US$. Im gleichen Monat bekam das in San Francisco ansässige Unternehmen Intersect Power 750 Millionen US$ vom TPG Rise Climate Fund.

In den vergangenen Jahren sind die Investitionen in Cleantech- und Clean-Energy-Unternehmen deutlich gestiegen. Flossen im Jahr 2020 noch 2,1 Milliarden US$ an Risikokapital in den Bereich, hat sich dieser Betrag 2021 laut Crunchbase auf 10,1 Milliarden US$ verfünffacht. Sogar das krisengeschüttelte Jahr 2022 dürfte sich dynamisch entwickeln: Im 1. Halbjahr 2022 flossen 5,5 Milliarden US$ an Risikokapital in Start-ups aus den Bereichen Cleantech und saubere Energie. Besonders aktiv waren dabei folgende Fonds:

  • Climate Innovation Fund (Microsoft)
  • Capricorn Technology Impact Fund
  • Carbon Direct Capital Management
  • Breakout Ventures
  • Munich Re Ventures
  • Elementum Ventures


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