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Special | USA | Dekarbonisierung der Industrie

Klimaschutz-Atlas

Regierung kurbelt Dekarbonisierung der Industrie an

Klimaschutz funktioniert in den USA durch die Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit der Privatwirtschaft: Behörden stellen Fördergelder bereit, die Industrie folgt dem Ruf. (Stand 05.04.2023)

Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

Die US-Regierung arbeitet unter Hochdruck an Programmen zur Verringerung des Kohlendioxidausstoßes (CO2). Schließlich soll das Land bis 2050 klimaneutral aufgestellt sein. Um dieses Ziel zu erreichen, nimmt die Regierung sehr viel Geld in die Hand, wie der Infrastructure Investment and Jobs Act mit einem Finanzierungsumfang von 1.200 Milliarden US$ sowie der Inflation Reduction Act im Umfang von 379 Milliarden US$ zeigen. Deutschen Unternehmen, die emissionsarme Technologie in die USA liefern beziehungsweise von dort US-Technologie importieren wollen, kommt die ökologisch ausgerichtete Förderpolitik des Weißen Hauses sehr entgegen.

Einige Anfangsziele haben die USA schon erreicht: Die Industrie kauft jährlich 10 Millionen Tonnen Wasserstoff. Verbraucht wird der alternative Energieträger unter anderem in Ölraffinerien und zur Ammoniakproduktion. Auch kündigte das Gasunternehmen SolCaGas das Pipelineprojekt Angeles Link an, wodurch die Region Los Angeles mit grünem Wasserstoff versorgt werden soll. CF Industries Inc. nimmt wiederum einen Elektrolyseur in der Ammoniakproduktion in Betrieb und Air Products and Chemicals Inc. arbeitet an einer entsprechenden Anlage für Wasserstoff zum Fahrzeugantrieb (Hydrogen for Mobility).

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Für die deutsche Wirtschaft lohnt es sich zu verfolgen, welche Strategien zur Dekarbonisierung das federführende Energieministerium (DOE) auf Bundesebene entwickelt und für welche Technologiebereiche das DOE Fördergelder vergibt. Für die Industrie, den zweitgrößten Emittenten von Kohlendioxid nach dem Transportsektor, hat die Behörde eine Emissionsverringerungsstrategie mit der Bezeichnung "Industrial Decarbonization Roadmap" vorgelegt. Sie stellt eine Agenda für die Zusammenarbeit von Regierung, Industrie und Interessenvertretern dar. Deutsche Forschungseinrichtungen und Exportbetriebe können sich an dieser Roadmap orientieren, wenn sie sich an Projekten beteiligen wollen.

Ökologisches Ziel der DOE-Strategie ist die beschleunigte Emissionsreduzierung. Sie verfolgt aber zugleich das strategische Ziel, die Wettbewerbsposition der USA zu stärken: Die breite Anwendung und Herstellung fortschrittlicher Klimaschutztechnologien sollen die USA zum Land mit der innovativsten Industrie machen. Noch ist die Industrie nach Angaben der Energieinformationsbehörde U.S. Energy Information Administration mit einem Jahresausstoß von 1.360 Millionen Tonnen aber für 30 Prozent aller primärenergiebezogenen CO2-Emissionen des Landes verantwortlich (Stand 2020).

Branchen mit großem Einsparpotenzial erhalten Förderung

Davon ausgehend konzentriert sich das Energieministerium auf die fünf Industriebranchen mit dem höchsten Treibhausgasausstoß: die Petrochemie, die Chemie, die Eisen- und Stahlindustrie, die Zementherstellung sowie die Nahrungsmittelverarbeitung. Diese Branchen verursachen zusammen 52 Prozent der industriellen CO2-Emissionen beziehungsweise 15 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes.

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Chemie- und Petrochemie sollen elektrifiziert und effizienter werden

Um die Netto-Null-Ziele in der Chemieindustrie zu erreichen, fördert das DOE Forschungsarbeiten zur Senkung des Energiebedarfs in der Prozesswärmeerzeugung. Konkret handelt es sich dabei um Katalysatoren und Reaktoren sowie um die Elektrifizierung der Produktionsprozesse unter Nutzung von Wasserstoff und Biomasse. 

In Raffinerien verursachen das Hydrocracken, das katalytische Cracken, die atmosphärische Destillation, die Methandampfreformierung sowie die regenerative katalytische Reformierung die meisten Schadstoffemissionen. Um diese auf ein Minimum zu senken, drängt die Behörde auf mehr Energieeffizienz sowohl in den Prozessen als auch bei der innerbetrieblichen Dampf- und Stromerzeugung.

Der CO2-Fußabdruck der chemischen und petrochemischen Industrie soll zudem durch die Verwendung kohlenstoffarmer fossiler oder gar kohlenstofffreier Energiequellen verringert werden. Dafür empfiehlt das DOE Strom aus alternativen Quellen, grünen Wasserstoff und Biokraftstoffe, aber auch Wärme und Elektrizität aus Nuklearreaktoren.

Grüne Energieträger sollen Prozesswärme liefern

In der Eisen- und Stahlindustrie sorgen der Einsatz von Kokskohle als Energieträger sowie die chemische Reduktion von Eisenoxid für hohe Treibhausgasemissionen. Um die Netto-Null-Ziele zu erreichen, unterstützt das DOE die Umstellung der Stahlkocher auf kohlenstoffarme beziehungsweise kohlenstofffreie Brennstoffe, darunter grünen Wasserstoff, sowie die Prozesselektrifizierung. Auch investieren Stahlkocher bereits in transformative Technologien die U.S. Steel Corp sowie die Nucor Corp errichten zum Beispiel Kleinhütten mit emissionsarmen Lichtbogenöfen. Damit wird mehr auf Klasse und weniger auf Masse gesetzt. 

In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie fördert das Energieministerium die Elektrifizierung der Prozesswärmeerzeugung, aber auch die Elektrifizierung der Verdampfungs- und Pasteurisierungsprozesse.

In der Zementindustrie entfallen 60 Prozent des Treibhausgasausstoßes allein auf die prozessbedingten CO2-Emissionen aus der Kalzinierung. Die anschließende Zementherstellung ist generell sehr energieintensiv, wobei die Wärme aus der Verbrennung von Kohle und Petrolkoks etwa 88 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in diesem Sektor ausmacht. 

Die Bundesbehörde fördert hier unter anderem die Technologieentwicklung zur Abfallreduzierung, einschließlich der Einführung von Elementen der Kreislaufwirtschaft im Betonbau. Weiterhin gehört dazu der Einsatz kohlenstoffarmer Bindemittel und natürlicher Zementzusatzstoffe. Dadurch wird die Kohlenstoffintensität von Klinkern und festen Materialien, die zur Herstellung von Zement verwendet werden, minimiert.

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