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Branche kompakt I Usbekistan I Medizintechnik

Reformen bringen Bewegung in den Markt für Medizintechnik

Usbekistans Gesundheitswesen befindet sich im Umbruch. Reformen, mehr Privatinitiativen und öffentlich-private Partnerschaften kurbeln die Nachfrage nach Medizintechnik an.

Von Uwe Strohbach | Taschkent

  • Marktentwicklungen und -trends

    In der Gesundheitswirtschaft Usbekistans gibt es so viele Ausbauinitiativen wie noch nie zuvor. Grund sind eine große Liberalisierungswelle und tiefgreifende Reformen.

    Der usbekische Markt für Medizintechnik wird für ausländische Firmen attraktiver. Hauptreiber des Geschäfts sind Reformen, viele Ausbauprojekte des öffentlichen und privaten Gesundheitssektors sowie die geplante Einführung einer Krankenpflichtversicherung.

    Der starke Bevölkerungszuwachs und der zunehmende Anspruch des sich immer mehr herausbildenden Mittelstandes an eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung kurbeln die Nachfrage nach Medizintechnik an. Auch nehmen Zivilisations-, chronische und allergische Erkrankungen zu.

    Marktkenner erwarten bis 2025 ein jährliches Absatzwachstum von etwa 8 bis 12 Prozent. Der jährliche Marktumsatz dürfte von geschätzten bis zu 450 Millionen US-Dollar (US$) 2021 (inklusive offiziell nicht registrierter Importe) auf voraussichtlich 700 bis 750 Millionen US$ im Jahr 2025 steigen. Der Pro-Kopf Branchenumsatz bleibt allerdings auch im Zieljahr mit wenig mehr als 20 US$ immer noch sehr gering.

    Markt für Medizintechnik in Usbekistan (Marktvolumen in Millionen US-Dollar)

    2019

    2020

    2021

    2022

    400

    370

    430 - 450

    480 - 520

    *) inklusive eines Aufschlages für offiziell nicht erfasste Importe; die inländische Produktion und noch mehr die Exporte von Medizintechnik bewegen sich in einem Bereich von deutlich unter 20 Mio. US$ Quelle: Schätzungen von Germany Trade & Invest

    Der Nachholbedarf bei der Ausrüstung öffentlicher Krankenhäuser mit moderner Technik ist enorm. Von den 110.000 erfassten und genutzten Geräten zur Diagnose, Therapie und Prävention von Krankheiten bedürfen 40.000 einer Erneuerung.

    Der Mangel an moderner Medizintechnik gilt neben den großen Defiziten in der Gesundheitsinfrastruktur in den Provinzen sowie in der Aus- und Weiterbildung des Fachpersonals als einer der Gründe dafür, dass der größte Teil der Bevölkerung der Gesundheitsversorgung im Land sehr kritisch gegenübersteht.

    Viele angekündigte öffentliche und private Projekte mit dem Ziel, die medizinische Versorgung auszubauen, stimmen zuversichtlich, dass Usbekistan den Investitionsstau im Gesundheitswesen schrittweise auflösen kann. Die Regierung hat die Verbesserung des Gesundheitswesens zu einem ihrer vordringlichen wirtschaftspolitischen Ziele erklärt.

    Ausländische Anbieter dominieren das Branchengeschäft

    Der Markt für Medizintechnik wird fast ausschließlich über Importe gedeckt. Ausländische Lieferanten stehen für mehr als 95 Prozent des wertmäßigen Gesamtbedarfs. Unter Einschluss technischer Erzeugnisse der Sparte medizinische Verbrauchsartikel ist diese Quote etwas geringer.

    Die Hauptlieferanten kommen aus China, Deutschland, Japan, Russland, Südkorea, der Türkei und den USA. Deutsche Anbieter genießen in Usbekistan einen sehr guten Ruf. Ihr Anteil an den offiziell erfassten Branchenimporten betrug in den Jahren bis 2016 im Schnitt ein Sechstel.

    Seit dem Start der Liberalisierungs- und Reformwelle 2017 hat sich der Wettbewerb unter den ausländischen Medizintechnik-Lieferanten deutlich verschärft. Immer mehr Unternehmen sowohl aus den traditionellen Liefernationen als auch anderen Ländern drängen auf den Markt.  

    So gewann das indische Unternehmen NephroPlus (NephroCare Health Services Privat Limited) Ende 2020 eine internationale Ausschreibung für den Bau, die technische Ausstattung und den Betrieb von vier Dialysekliniken. Das schweizerisch-usbekische Joint Venture Swiss Lab (Schweiz) betreibt seit Ende 2019 ein Netz von Diagnoselabors.

    Das Unternehmen Kani-Med Healthcare, Teil der türkischen Alles Saglik Grup, engagiert sich beim Aufbau eines Netzes von klinischen Labors. Nach Angaben der Nationalen Kammer für innovatives Gesundheitswesen hat die italienische Gesellschaft Opera Company ihr Interesse an der Errichtung eines Zentrums für Endokrinologie in Namangan und eines Polikliniknetzes für das gleiche Fachgebiet bekundet. Israelische, türkische, indische und russische Firmen wollen in den usbekischen Gesundheitsmarkt investieren. Deutsche Medizintechnikprodukte kommen nach wie vor in vielen international finanzierten Projekten zum Einsatz.

    Staat ist Hauptabnehmer, aber private Akteure ordern von Jahr zu Jahr mehr

    Hauptabnehmer von Medizintechnik sind öffentliche medizinische Einrichtungen im Kompetenzbereich des Gesundheitsministeriums. Die Käufe werden zumeist über projektgebundene internationale Darlehen finanziert.

    Die aktuell laufenden ausländischen Kredite für das Gesundheitswesen insgesamt summieren sich auf circa 400 Millionen US$. Hinzu kommen noch ab 2020 bereitgestellte Darlehen für den Kampf gegen das Coronavirus einschließlich des Ausbaus des sanitär-epidemiologischen Dienstes in Höhe von etwa 300 Millionen US$.  

    Das Gewicht der privaten Akteure am Gesamtumsatz des Gesundheitsmarktes ist noch überschaubar, zeigt aber im Trend sichtlich nach oben. Die Anzahl privater medizinischer Einrichtungen stieg bis Anfang 2021 auf rund 6.000, gegenüber 3.800 Einrichtungen Ende 2017. Der Privatsektor ist vor allem in der Hauptstadt Taschkent präsent, gewinnt aber auch in den Provinzen stärker an Bedeutung

    In - und ausländische Unternehmen engagieren sich zunehmend im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften (PPP) bei der Gründung, technischen Ausstattung und beim Betrieb von medizinischen Versorgungs- und Laborzentren. Diese und andere PPP-Vorhaben im Gesundheitssektor sind über die Agentur für die Entwicklung öffentlich-privater Partnerschaften PPPDA abrufbar.

    Zahlreiche Erneuerungs- und Ausbauprojekte in der Pipeline

    Die Gesundheitsreform spiegelt sich in einer wachsenden Anzahl von Projekten wider deren Ziel es ist, medizinische Objekte zu erneuern oder zu bauen und mit Medizintechnik auszustatten. In den Jahren 2020 bis 2024 sind allein 120 Millionen US$ vorgesehen um ein Netzwerk aufzubauen für die Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen des Blutes, des Knochenmarks und des Immunsystems (Hämatologie).

    Geplant ist eine internationale Ausschreibung für die Positronen-Emissions-Tomografie-Diagnostik im staatlichen wissenschaftlich-praktischen Zentrum für Onkologie und Radiologie in Taschkent. Das Vorhaben soll als PPP-Projekt realisiert werden. Zu einer Interessenkundgebung hat das Gesundheitsministerium bereits aufgerufen.

    Ferner stehen der Aufbau und Betrieb von drei radiotherapeutischen Zentren auf der Liste der PPP-Projekte. Das Gesundheitsministerium will 2021 bis 2023 rund 170 regionale und städtische medizinische Objekte mit Computertomografen ausstatten, bei der Eröffnung von 320 Hausarztpraxen und 85 Familienkliniken mitwirken und das Filialnetz spezialisierter Versorgungszentren kräftig erweitern.  

    Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Usbekistan (Auswahl; Investitionssummen in Millionen US-Dollar)

    Projekt

    Investitionssumme

    Anmerkung

    Internetadresse

    Tashkent Pharma Park (Pharmafarbriken, mehrere Kliniken, F&E- und Bildungseinrichtungen für den Gesundheitssektor)

    280

    Realisierung: 2020 bis 2024, Kofinanzierung durch die Eximbank Korea  

    Agentur für die Entwicklung der Pharmaindustrie

    Errichtung und technische Ausstattung von 10 Kliniken

    200

    Projekt in Frühphase

    VP Group (Israel), Kontakt über das Ministerium für Gesundheitswesen

    Medizinisches Mehrprofilzentrum

    125

    Projekt in Vorbereitung, Machbarkeitsstudie liegt vor, Finanzierung durch EDCF (Südkorea)   

    Ministerium für Gesundheitswesen

    Erneuerung/Bau und technische Ausstattung von Geburtskliniken und Zentren für Pränataldiagnostik 

    120

    Realisierung: 2021 bis 2023

    Ministerium für Gesundheitswesen

    Bau und technische  Ausstattung eines Zentrum für Neurologie und Schlaganfallmedizin  

    100

    Projekt in Vorbereitung, Finanzierung durch JICA (Japan) 

    Ministerium für Gesundheitswesen

    Ausstattung onkologischer Kliniken mit Medizin- und Labortechnik

    70

    Realisierung: 2020 bis 2024, Kredite der IDB und anderer Geber

    Ministerium für Gesundheitswesen

    Verbesserung der medizinischen Primärversorgung (Hausarztpraxen und Polikliniken)

    60

    Realisierung: 2019 bis 2022 Finanzierung durch die ADB 

    Ministerium für Gesundheitswesen

    Ausstattung der staatlichen Zentren für Kardiologie und Endokrinologie mit Medizintechnik

    50

    Projekt in Vorbereitung, Finanzierung durch die ADB geplant 

    Ministerium für Gesundheitswesen

    Errichtung von 91 regionalen Filialen staatlicher medizinischer Fachzentren

    30

    Realisierung: 2021 bis 2022/2023

    Ministerium für Gesundheitswesen

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

      

    Tiefgreifende Reformen krempeln die Gesundheitsfürsorge um

    Usbekistan hat seit 2017 rund 230 Dokumente verabschiedet, um die medizinische Fürsorge umfassend zu reformieren und auszubauen. Zu den Kernelementen der Reform zählen eine Neustrukturierung der Finanzierung des öffentlichen Gesundheitswesens, ein massiver Ausbau der Primärversorgung (einschließlich Vorsorge) und ebenso des regionalen Netzes spezialisierter medizinischer Zentren.

    Spezialisierte Einrichtungen in Usbekistan (staatliche wissenschaftlich-praktische Facharztzentren)

    Fachbereich (Zentrum) *)

    Anmerkung

    Allergologie

    internationales Zentrums für molekulare Allergologie in Planung

    Augenmikrochirurgie

    größere Filiale in Termiz, Provinz Syrdarja (Surchonoptical)

    Chirurgie

    Abteilung für Medizin-Tourismus 2021 eröffnet

    Dermatovenerologie und Kosmetologie

    Dermatologie- und Kosmetologiedienste werden vorwiegend für Selbstzahler angeboten

    Endokrinologie

    Projekte für die Erneuerung von Medizintechnik in regionalen Filialen vorgesehen 

    Epidemiologie, Mikrobiologie, Infektions- und Parasitenerkrankungen

    Fachaufsicht über Infektionskrankenhäuser und Infektionsabteilungen anderer medizinischer Objekte, Zentren für biologische Sicherheit und Gentechnologien im Aufbau

    Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates (Kinderrehabilitation)  

    weitere regionale Physiotherapie- und Rehabilitationszentren in Planung       

    Geburtshilfe und Frauenheilkunde

    Modernisierung regionaler Klinikfilialen in der Pipeline 

    Gefäßchirurgie (chirurgische Angiologie)

    zentraler Koordinator für den gesamten Fachbereich Angiologie in Usbekistan   

    Hämatologie

    Ausbauprogramm für den gesamten Fachbereich 2020 beschlossen

    Kardiologie

    Initiator und Leitung des Verbandes der Kardiologen Usbekistans

    Minimalinvasive und endoskopische Kinderchirurgie 

    Investitionen in den Ausbau des Filialnetzes vorgesehen 

    Narkologie

    mittelfristiges Ausbauprogramm Ende 2019 gestartet (Bau/Modernisierung von 14 Objekten mit 1.400 Betten)

    Nephrologie und Nierentransplantation

    Ausbau zu einem Cluster auf der Basis einer öffentlich-privaten Partnerschaft geplant

    Neurochirurgie

    Ausbauprogramm umfasst Projekte für 44 Millionen US$ (2018 bis 2022/2023)

    Notfallmedizin

    Erneuerung und Ausbau des landesweiten Rettungsdienstes läuft auf Hochtouren

    Onkologie und medizinische Radiologie

    Bau neuer Klinikgebäude und deren Ausstattung mit Medizintechnik Mitte 2021 beschlossen 

    Pediatrie 

    koordiniert 13 regionale medizinische Zentren für Kinderheilkunde 

    Phthisiologie und Pneumologie

    auch Betreiber von 13 regionalen Tuberkulosekrankenhäusern

    Physikalische Therapie und medizinische Rehabilitation

    regionale Ausbauprojekte in der Planung

    Traumatologie und Orthopädie

    Zentrum zählt zu den modernsten und größten fachärztlichen Einrichtungen Usbekistans

    Urologie

    Ausbau des Filialnetzes in den Provinzen vorgesehen

    Virologie

    Tätigkeitsschwerpunkt ist die Behandlung von chronischer Hepatitis und Leberzirrhose

    *) Die in Taschkent ansässigen staatlichen spezialisierten Zentren und ihre Filialen in den Provinzen sind die führenden öffentlichen fachärztlichen Einrichtungen im Land. Sie zählen zu den Hauptabnehmern ausländischer Medizintechnik.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Infolge des bisher mangelnden quantitativen und qualitativen Ausbaus von Polikliniken und Ambulatorien ist der Krankenhaussektor überstrapazierte und wenig effizient - er steht vor einer Neuausrichtung.

    Grundrichtungen und Hauptziele der Gesundheitsreform Usbekistans
    • Neustrukturierung der Primärversorgung in ländlichen Regionen und Landkreiszentren 
    • Ausstattung aller zentralen Mehrprofil- und städtischen Polikliniken mit neuer Medizintechnik
    • Modernisierung und Ausbau des Rettungsdienstes in allen Landesteilen
    • Schaffung effizienter Labor- und Diagnostikdienste in allen Provinzen
    • Ausbau von Pflegeeinrichtungen sowie Ausweitung der Herstellung von medizinischen Hilfsmitteln
    • Auf- und Ausbau eines staatlichen Zentrums und regionaler Filialen für Alternativmedizin (Schwerpunkte: Heilpflanzen-Medizin, Homöopathie, Akupunktur, Ayurveda und Osteopathie)
    • Ausweitung der Angebote für die Früherkennung von Herz-Kreislauf-, Krebs- und Bluterkrankungen sowie angeborenen Defekten und Folgeerkrankungen
    • Realisierung eines Programms für die Palliativmedizin einschließlich der Errichtung von Hospizen und Palliativstationen in medizinischen Einrichtungen   
    • Förderung des privaten Gesundheitssektors 
    • Vergabe staatlicher medizinischer Dienste an private Firmen auf der Basis einer öffentlich-privaten Partnerschaft (Laboranalysen, Hämodialyse, Röntgen-Dienste, onkologische Diagnostik, etc.)
    • schrittweise Einführung einer Krankenpflichtversicherung ab 2021
    • Abbau von Bürokratie und Korruption im Gesundheitswesen
    • quantitativer und qualitativer Ausbau der Aus- und Weiterbildung von Ärzten und des mittleren medizinischen Personals
    • Gewinnung von ausländischen Gesundheitsdienstleistern für Direktengagements im Land


    Obligatorische Krankenversicherung für alle ab 2025 

    Usbekistan plant eine Krankenpflichtversicherung schrittweise einzuführen. Ein Pilotprojekt startet Mitte 2021 in der Provinz Syrdarja. Ab 2023 werden die Einwohner von fünf weiteren Provinzen und der Autonomen Republik Karakalpakstan in das Versicherungssystem integriert. Ab 2025 soll die Versicherungspflicht landesweit gelten.

    In Gulistan, der lokalen Hauptstadt der Provinz Syrdarja, entsteht ab Mitte 2021 unter Einbindung führender lokaler medizinischen Zentren und Kliniken das erste medizinische Cluster in Usbekistan. Es bildet einen wichtigen Baustein für das neue Versicherungsmodell. Der Aufbau weiterer Cluster soll folgen.  

    Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Usbekistan

    Indikator

    Wert

    Einwohnerzahl (1. 1.21, in Mio.)

    34,6

    Bevölkerungswachstum (1. 1.21:1.1.20, in %)

    1,9

    Altersstruktur der Bevölkerung (2019)

      Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

    27,4

      Anteil der über 65-Jährigen (in %)

    4,3

    Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2019, in Jahren)

    75,1

    Durchschnittseinkommen (2020, in US$)

    1.165

    Gesundheitsausgaben pro Kopf (2018, in US$)

    82,3 *)

    Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2018, in %)

    5,3 *)

    Ärzte insgesamt/100.000 Einwohner (2019)

    271,0

    Zahnärzte/100.000 Einwohner (2019)

    25,7

    Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2019), davon

    452,0

      privat

    55,0

      öffentlich

    397,0

    *) Angaben der Weltbank (neuere Daten noch nicht verfügbar) Quelle: Staatliches Statistikomitee, Berechnungen von Germany Trade & Invest


     

    Von Uwe Strohbach | Taschkent

  • Digital Health

    Usbekistan nimmt Kurs auf das digitale Gesundheitswesen. Bis zu 600 Millionen US-Dollar sollen in verschiedenste Projekte fließen. Ausländische Partner sind willkommen.  


    Die Regierung der zentralasiatischen Republik Usbekistan kündigte 2020 ein Digitalisierungsprogramm für das Gesundheitswesen für die Jahre 2021 bis 2025 an. Es ist Teil einer umfassenden Gesundheitsreform. Die Kosten für die Grundlagen einer digitalen Gesundheitsversorgung schätzt das Gesundheitsministerium auf bis zu 600 Millionen US-Dollar (US$). Dazu gehören die Einführung einer elektronischen Patientenakte, die Messung von Gesundheitsdaten per App, die Kommunikation zwischen Ärzten und Krankenhaus über eine Online-Plattform und viele andere Einzelvorhaben für den Ausbau der Telematikinfrastruktur.

    Ausländisches Know-how und Investitionen willkommen

    Die Regierung hofft auf eine rege Kooperation mit ausländischen Partnern. Sie will bei der Umsetzung der Digitalisierungsprojekte auf schon im Ausland erprobtes Know-how zurückgreifen.

    Allein etwa 150 Millionen US$ sollen schon bis Ende 2022/Anfang 2023 fließen, um Informations- und Kommunikationstechnologien in allen usbekischen Einrichtungen für die Notfallmedizin zu implementieren. Etwa 20 Millionen US$ sind für digitale Projekte und die Telemedizin in Zentren und Kliniken für Pränataldiagnostik und Geburtshilfe bestimmt (2021 bis 2023).

    Die Nationale Kammer für innovatives Gesundheitswesen des Gesundheitsministeriums und das staatliche wissenschaftlich-praktische Facharztzentrum für Kardiologie in der Hauptstadt Taschkent vereinbarten im Frühjahr 2021 ein Pilotprojekt für die Telemedizin. Das Projekt startet in den Städten Karschi und Dschissach, in der Provinz Taschkent und im hauptstädtischen Stadtbezirk Tschilansar. Medizinische Einrichtungen an diesen Standorten werden mit kardiologischen telemetrischen Ausrüstungen einschließlich Elektrokardiographen ausgestattet. Die Auswertung der Untersuchungen erfolgt durch die Spezialisten des Taschkenter Facharztzentrums. Telemedizin-Projekte wollen in naher Zukunft auch andere hochspezialisierte hauptstädtische Facharztzentren auf den Weg bringen.   

    IT-Med ist der neue E-Health-Koordinator 

    Im Februar 2021 hat das Gesundheitsministerium eine neue Gesellschaft für die Digitalisierung der Gesundheitswesens gegründet. Die IT-Med GmbH, Taschkent, soll dabei unterstützen, zentrale E-Health-Projekte vorzubereiten und umzusetzen sowie bei der rechnergestützten Optimierung von Verwaltungsprozessen und der Integration des Datennetzes mit anderen Behörden und öffentlichen Unternehmen des Gesundheitswesens mithelfen. Sie will sich auch als gefragter Ansprechpartner für ausländische Geschäftspartner und Investoren etablieren.  

    Ein im Mai 2021 verabschiedetes Maßnahmenpaket für die Entwicklung des Gesundheitswesens legt einen besonderen Fokus auf neue Initiativen für die digitale Patientenversorgung. Das Ministerium für Gesundheitswesen soll bis zum 1. September 2021 in Kooperation mit dem Ministerium für Information und Kommunikation und anderen Behörden eine mittelfristige Strategie für die Digitalisierung (E-Health 2025) sowie einen Maßnahmenplan ausarbeiten.

    In allen Provinzfilialen des Gesundheitsministeriums wird es etwa ab Mitte 2021 leitende Stellen für die Bereiche E-Health und PPP (öffentlich-private Partnerschaften) im Rang von stellvertretenden Behördenleitern geben. Die in den städtischen und regionalen medizinischen Vereinigungen tätigen Ingenieure für IT sind nunmehr auch für die Umsetzung von E-Health-Projekten in ihren Objekten zuständig.

    Neue digitale Produkte geplant  

    Ab 2023 will das Land erste Programme sowie medizinische Softwareprodukte und Anwendungen für mobile Endgeräte (Medical Apps) für die Nutzung interaktiver medizinischer Dienstleistungen in die Praxis umsetzen. Gesundheits-Apps mit echtem diagnostischem oder therapeutischem Anspruch sollen insbesondere bei der Gesundheitsfürsorge der bisher medizinisch qualitativ wenig gut versorgten ländlichen Bevölkerung zum Einsatz kommen.

    Ab 2024 will das Land schrittweise alle medizinischen und pharmazeutischen Unternehmen und Organisationen (einschließlich Apotheken) in eine einheitliche digitale Plattform einbinden. Mit der Entwicklung der Einheitsplattform ist das neue Unternehmen IT-Med beauftragt. Die Einbeziehung in die zentrale digitale Infrastruktur ist für alle Branchenakteure verbindlich.

    Von Uwe Strohbach | Taschkent

  • Lokale Branchenstruktur

    Einheimische Firmen stellen bisher kaum medizintechnische Ausrüstungen her. Das Interesse an Produktionskooperationen mit ausländischen Partnern wächst.  

    Lokale Produkte spielen bei der Belieferung medizinischer Einrichtungen bisher nur eine untergeordnete Rolle. Die usbekische Regierung hat aber einige Initiativen für den Ausbau der inländischen Medizintechnikfertigung verabschiedet.

    Die wenigen lokalen Hersteller stellen zumeist medizinische Möbel und technisch wenig anspruchsvolle medizintechnische Geräte her. Nennenswerte Produzenten sind Supromed (Ausrüstungen für Physiotherapie, Elektrochirurgie und -kardiographie), Magnum Medikal Servis (medizinische Möbel, Ausrüstungen für Chirurgie und Physiotherapie), Denta Layn und Stekloplastik (beide medizinische Möbel).

    Erste ausländische Firmen produzieren Medizintechnik vor Ort    

    Es gibt auch erste ausländische Medizintechnikhersteller, die hochtechnologische Ausrüstungen in Kooperation mit lokalen Partnern produzieren. Das südkoreanisch-usbekische Joint Venture Listem-Fergana MChJ nahm 2019 die Herstellung von Röntgengeräten auf. Die jährliche Kapazität beträgt bis zu 500 Geräte. Die Investitionen in das Projekt betrugen 8 Millionen US-Dollar (US$). 

    Das slowakisch-russisch-usbekische Unternehmen Chirana Asia produziert seit März 2019 Geräte für die künstliche Beatmung. Eine Montage von Narkosebeatmungsgeräten ist geplant. Der jährliche Ausstoß von Geräten beider Typen soll von zunächst 500 schon in naher Zukunft auf 1.000 Einheiten steigen. Das Joint Venture investiert 8 Millionen US$ in das Gesamtprojekt. 

    In Usbekistan produzieren mehr als 90 Firmen medizinische Verbrauchsartikel. Sie stellen vor allem Verbandsmaterial, medizinische Watte, Bandagen, Einweghandschuhe und -spritzen sowie Infusions- und Transfusionssysteme her. 

    Partner für neue Kooperationsprojekte gesucht

    Die Ziele für den Ausbau der Medizintechnikfertigung sind in zwei Programmen für den Ausbau der Produktion von Pharmaka und medizinischen Produkten sowie medizinischen Hilfsmitteln verankert. Um die Vorhaben auszuführen, setzt Usbekistan auf eine Kooperation mit ausländischen Lieferanten und Investoren. 

    Vorgesehen ist die Aufnahme der Produktion von bis zu 45 medizinischen Verbrauchsartikeln und medizintechnischen Produkten (2020/2021 bis 2024). Das Gesundheitsministerium sieht einen Investitionsbedarf von 32 Millionen US$, um die Fertigungskapazitäten der Gesellschaft Orthopädische Rehabilitierung, Taschkent, und ihrer vier regionalen Filialen zu modernisieren und die Produktion von bionischen Prothesen, Lokomotoren, Exoskeletten, Vertikalisatoren und anderen statischen und dynamischen Orthesen aufzunehmen.

    Nach Angaben der Assoziation der Produzenten und Lieferanten von Medizintechnik Uzmedtexprom werden zurzeit einige Medizintechnikprojekte in Kooperationen mit ausländischen Partnern, vorwiegend aus Russland, vorbereitet. Sie befinden sich zumeist noch in einer frühen Abstimmungsphase. Der Branchenvereinigung gehören 15 lokale Hersteller an. Ansprechpartner für alle Projekt in der Sparte medizinische Hilfsmittel ist die neu gegründete Agentur für medizinisch-soziale Dienste beim Gesundheitsministerium Usbekistans


    Von Uwe Strohbach | Taschkent

  • Rahmenbedingungen

    Das Geschäftsumfeld für die Markbearbeitung macht in Usbekistan spürbare Fortschritte. EU-Konformitätszertifikate (CE-Kennzeichnung) werden für die Produktregistrierung anerkannt.  

    Usbekistan hat seit dem Start eines ambitionierten Liberalisierungs- und Reformmarathons 2017 viele bürokratische und oft kostenintensive Hürden für die Abwicklung von Außenhandelsgeschäften beseitigt, darunter die Einholung von Genehmigungen oder die Erbringungen verschiedenster Nachweise. Das unternehmerische Umfeld hat sich deutlich verbessert.

    Dies gilt auch für die Sparte Medizintechnik. Die Marktbearbeitung der anderen vier benachbarten zentralasiatischen GUS-Republiken von Usbekistan aus ist heute erheblich leichter als noch vor wenigen Jahren.

    Dennoch ist das Land kein einfacher Markt. Geschäftsabschlüsse mit potenziellen Abnehmern können sich infolge langwieriger Abstimmungsverfahren mit den Entscheidungsträgern in die Länge ziehen. Im Interesse des Schutzes der einheimischen Industrie erhalten inländische Firmen in Ausschreibungen Vorzugsbedingungen. Für die Medizintechnik trifft dies angesichts der schwachen Inlandsproduktion allerdings nur sehr eingeschränkt zu.

    Usbekistan setzt auf internationale Standards 

    Hauptanlaufstelle für Standards und Zertifizierungen ist die Usbekische Agentur für Standardisierung, Metrologie und Zertifizierung O´zstandart. Für immer mehr Wirtschaftssektoren treten international konforme Standards in Kraft. Von den heute im Land geltenden rund 28.000 nationalen Standards sollen Ende 2021 mindestens 50 Prozent internationalen Normen entsprechen (Ist-Zustand Mitte 2020: 43 Prozent). Alle Standards sind beim wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Standardisierung, Zertifizierung und technische Regulierung erhältlich (Institut für Standards).

    Für die fachliche Kontrolle und Registrierung von medizintechnischen Ausrüstungen, medizinischen Verbrauchsartikeln und In-vitro-Diagnostika ist das Komitee für neue Medizintechnik zuständig. Es untersteht dem Staatlichen Zentrum für Expertise und Standardisierung von Arzneimitteln, medizinischen Verbrauchsartikeln und Medizintechnik. Das Zentrum ist eine Struktureinheit der beim Gesundheitsministerium angesiedelten Agentur für die Entwicklung der Pharmaindustrie. Zum 1. Januar 2021 waren in Usbekistan rund 11.500 Arzneimittel, medizinische Verbrauchsartikel und medizintechnische Ausrüstungen registriert.

    Zertifikate für die CE-Kennzeichnung erleichtern die Produktregistrierung 

    Mit dem Präsidialerlass Nr. 6221 vom 5. Mai 2021 hat Usbekistan eine Liste mit jenen internationalen Organisationen genehmigt, deren Ergebnisse bei der Registrierung von Medizintechnik, medizinischen Verbrauchsartikeln und deren Komplettierungsteile in Usbekistan ab 1. Juni 2021 anerkannt werden.

    Es handelt sich um folgende Organisationen:

    • bevollmächtigte Stellen für die Erteilung des Europäischen Konformitätszertifikats (CE-Kennzeichnung),
    • britische Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency/MHRA),
    • japanische Agentur für Arzneimittel und Medizinprodukte (Pharmaceuticals and Medical Devices/ PMDA),
    • koreanisches Ministerium für Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit (Ministry of Food and Drug Safety/MFDS),
    • US-Behörde für die Überwachung von Lebens- und Arzneimitteln (U.S. Food and Drug Administration/FDA) und die
    • europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency/EMA).

    Für alle Produkte, die von diesen Regulierungsbehörden zertifiziert worden sind, werden bei der Registrierung keine Laboruntersuchungen durchgeführt. Die Registrierung erfolgt innerhalb von höchstens 15 Arbeitstagen. Das Konformitätszertifikat ist bei der Einfuhr im Original oder in beglaubigter Kopie zusammen mit der Zollanmeldung vorzulegen. Die Anerkennung ist für eine Frist von fünf Jahren gültig und kann nach Ablauf der Frist auf Antrag dauerhaft in das staatliche Register aufgenommen werden. 

    Erste elektronische Ausschreibungsportale

    In Usbekistan gibt es mehrerer Portale für Ausschreibungen. Informationsportale für die öffentliche Beschaffung (Tender, Auktionen) sind zugänglich unter 

    Darüber hinaus gibt es zwei Portale, über die Ausschreibungen und Auktionen komplett elektronisch abgewickelt werden können: Projekt des Finanzministeriums und  Projekt der Usbekischen Waren- und Rohstoffbörse

    Ausschreibungen für die öffentliche Beschaffung von Medizintechnik veröffentlichen auch das Gesundheitsministerium sowie das der Behörde unterstehende Außenhandels- und Dienstleistungsunternehmen O´zmedimpeks.  

    Das zuletzt genannte Unternehmen hat nach eigenen Angaben 2019 medizintechnische Ausrüstungen in einem Volumen von 135 Millionen US$ beschafft.  

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht zur Verfügung sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.


    Von Uwe Strohbach | Taschkent

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest / Usbekistan

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien 


    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

    Die Exportinitiative bündelt Unterstützungsangebote für die Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft

    Gesundheitsministerium

    Oberste Behörde für die Gesundheitswirtschaft, Veröffentlichung von Ausschreibungen

    Nationale Kammer für innovatives Gesundheitswesen beim Gesundheitsministerium

    Strategiekonzepte, Förderung des Privatsektors, Gewinnung ausländischer Investoren, Lizenzierung (Ärzte, medizinische Objekte)

    Public-private partnership development agency (PPPDA)

    Agentur für PPP-Projekte Usbekistan, starker Fokus auf Projekte im Gesundheitswesen

    O´zmedimpeks MChJ

    Dienstleister des Gesundheitsministeriums für den Einkauf (Import) von Medizintechnik inklusive Lieferung und Service, Veröffentlichung von Ausschreibungen 

    Uzmedtexprom

    Branchenverband (Assoziation der Produzenten und Lieferanten von Medizintechnik)

    TIHE/Stomatology/Apteka Expo/TechPharm

    Leitmesse für das Gesundheitswesen und die Pharmabranche (nächster Jahrgang: 26. - 28.4.22)

    UzMedExpo

    Internationale Fachmesse für das Gesundheitswesen (nächster Jahrgang: 19. - 21.10.21)

    Med.uz

    Medizinisches Portal (Fachinformationen, Firmenkompendium etc.) 

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