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Probleme der Chemieindustrie liegen hinter Zollgrenze
Mehr noch als die Zollgrenze bereitet der neue Regulierungsrahmen UK REACH der britischen Chemieindustrie große Sorgen. Insgesamt zeigt sich die Branche aber robust.
05.05.2021
Die britische Chemieindustrie konnte als eine der wenigen Industriebranchen die Folgen der Coronapandemie bereits deutlich überkompensieren. Die Produktion hat 2020 um 2 Prozent zugelegt, erlebt aber in diesem Jahr laut dem "Make UK BDO Manufacturing Outlook 2021 Q1" eine Stagnation auf hohem Niveau.
Zahlen und Fakten: Die britische Chemieindustrie
Robuster Ausblick trotz anhaltender Risiken
Auf das laufende Jahr blicken die Chemiehersteller laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbands CIA positiv. Über 80 Prozent der Befragten geben wachsende oder stabile Umsätze im 1. Quartal 2021 an, über 40 Prozent verzeichnen gestiegene Auftragseingänge.
Die Risiken liegen vor allem in der Belastung durch die neue Chemikalienregulierung UK REACH, die für Mehrkosten von rund 1,2 Milliarden Euro sorgen könnte. CIA mahnt deshalb Vereinfachungen des Systems an. Während die Lebensmittel- und Getränkeindustrie als wichtiger Kunde der Chemiehersteller unter der neuen Zollgrenze leidet, kommt für die britische Automobilindustrie das Verkaufsverbot für Pkw mit konventionellem Verbrennungsmotor hinzu. Dafür bietet die Dekarbonisierung der Wirtschaft, insbesondere die aufstrebende Wasserstoffwirtschaft, große Chancen.
Zollgrenze sorgt für Verschiebungen im Außenhandel
Laut CIA klagen 85 Prozent der Chemieunternehmen über Logistikprobleme. Der britische Außenhandel mit chemischen Erzeugnissen verschiebt sich unter dem Eindruck der neuen Zollgrenze. Der Chemiehandel mit der Europäischen Union (EU) entwickelt sich deutlich schwächer als mit Drittstaaten.
In den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres sind die britischen Chemikalienimporte aus der EU gegenüber der Vorjahresperiode um 15,7 Prozent zurückgegangen. Mit Drittstaaten konnten die Einfuhren im Vergleichszeitraum um 50,3 Prozent zulegen.
Die Exporte in die EU sind mit einem Minus von 59 Prozent deutlich stärker eingebrochen als in Nicht-EU-Länder (-2,7 Prozent). Nach Einschätzung des Branchenverbands handelt es sich bei der Verschiebung um einen "temporären" Effekt.
Germany Trade & Invest fasst weitere Marktchancen und -risiken in der Publikation Branche kompakt Chemie zusammen. |