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Branchenanalyse | Vietnam | Bauwirtschaft

Vietnams Baubranche hofft auf eine Erholung

Der Wohnungsbau wird erst langsam zu Wachstum zurückfinden. Besser entwickeln sich der Industrie- und der Infrastrukturbau. 

Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

    Der Industriebau profitiert von ausländischen Investitionen. Der Wohnungs-, Büro- und Hotelbau steht allerdings vor zahlreichen Herausforderungen.

    Der Hochbau in Vietnam erfolgt zu etwa 90 Prozent als Selbstbau oder durch informelle Bau- und Handwerksbrigaden. Die Auftragnehmer sind hier vielfach Architekten, Planer und Bauleiter in Personalunion. Sie suchen sich für individuelle (meist private Wohnbau-) Projekte Bautrupps zusammen, die von Projekt zu Projekt gehen. Dieser Teil des Hochbaus hängt stark von der Konjunkturentwicklung und den Auslandsüberweisungen der vietnamesischen Diaspora ab. Letztere sind nach Weltbankschätzungen 2022 um 5,2 Prozent auf 19 Milliarden US-Dollar (US$) gestiegen und machen etwa 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. 

    Wohnungsbau steckt in der Krise

    Der kommerzielle Wohnungsbau durch große Bauentwickler richtet sich vor allem an (ausländische) Investoren und wird noch vergleichsweise wenig zur Eigennutzung genutzt. Auch nach der Coronakrise konnte sich der kommerzielle Wohnungsbau allerdings noch nicht erholen.

    Vor der Coronapandemie hatte sich der Wohnungsbau sehr kräftig entwickelt. Viele Entwicklerfirmen hatten sich stark verschuldet, um das schnelle Wachstum zu finanzieren. Mit einem weitgehenden Genehmigungstopp ab 2019 und der Coronakrise ging die Nachfrage zurück und zahlreiche Projekte kamen zum Stillstand. Viele Firmen legten Anleihen auf, um nicht zahlungsunfähig zu werden. Im Nachkrisenjahr 2022 haben steigende Zinsen und Baumaterialkosten die Finanzlage der Firmen weiter verschlechtert. Skandale bei großen Entwicklerfirmen machten Investoren misstrauisch. Nach Zahlen des Bauministeriums (Ministry of Construction) sind sowohl die Anzahl der Baugenehmigungen als auch die der fertiggestellten Wohnungen stark gesunken.

    Entwicklung des Wohnungsbaus (Veränderung in Prozent)

    2020

    2021

    2022

    Veränderung 2022/2021

    Anzahl der Baugenehmigungen (Wohnungen)

    232.559

    97.737

    55.732

    -43,0

    Anzahl fertiggestellter Wohnungen

    57.146

    22.321

    18.206

    -18,4

    Quelle: Ministry of Construction 2023

    Im Frühjahr 2023 hat die Regierung verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Finanzlage der Unternehmen zu verbessern und die Staatsbank hat die Zinsen gesenkt. Auch will die Regierung Genehmigungen beschleunigen. Einige Analysten erwarten eine Normalisierung des Marktes und eine Erholung ab der 2. Jahreshälfte 2023. Die latente Nachfrage nach Wohnungen gilt weiter als hoch und große Entwickler mit gutem Ruf finden weiter Käufer. Insgesamt dürfte der Wohnungsbau aber 2023 etwa auf dem niedrigen Vorjahresniveau stagnieren. 

    Erholung im Hotel- und Bürobau lässt auf sich warten

    Ähnliche Probleme wie den Wohnungsbau plagen den Büro- und den Hotelbau. Im Hotelbau gibt es viele unfertige Bauten, die in den Boomjahren bis 2019 begonnen worden sind. Der Tourismus hat sich noch nicht wieder erholt und die Auslastungsraten hinken weiter den Werten von 2019 hinterher, auch wenn er zumindest von der Öffnung Chinas profitiert. Analysten erwarten aber 2023 noch keine Erholung im Hotelbau.

    Besser ist die Nachfrage im Bürobau, wo ein begrenztes Angebot die Mieten antreibt. Allerdings bremsen viele administrative Hürden die Umsetzung von Projekten. In Hanoi bilden sich mit dem Stadtgebiet West of Westlake und in Ho-Chi-Minh-Stadt mit dem Stadtviertel Thu Thiem zwei Wachstumspole für Bürotürme und Einkaufszentren heraus.  

    Staat will Sozialbau anschieben

    Vor der Krise hatte sich der kommerzielle Wohnungsbau zum Teil sehr spekulativ entwickelt. Angesichts steigender Grundstückspreise hatten Immobilienunternehmen vor allem in den Bau hochpreisiger Wohnungen investiert. Eine rechtliche Verpflichtung, 20 Prozent des Baulandes für Sozialwohnungen zu nutzen, wird vom Staat nicht effektiv durchgesetzt. Zudem gelten die Genehmigungsverfahren als sehr langwierig. Nach Angaben des Bauministeriums sind bis Ende 2022 in Vietnam 301 Bauprojekte für insgesamt etwa 155.800 Sozialwohnungen umgesetzt worden.

    Die Regierung hat das Ziel von 450.000 zusätzlichen Sozialwohnungen bis 2025 und eine Million bis 2030 vorgegeben. Dafür sollen Staatsbanken und kommerzielle Banken vergünstigte Kredite gewähren. Der Staat will 5,1 Milliarden Euro an Kreditmitteln zur Verfügung stellen. Dabei geht es auch um die Renovierung alter Wohnsiedlungen und die Schaffung von Wohnsiedlungen für Arbeiter in Industriezonen. Der Erfolg dieser Initiative ist ungewiss. Der Staat hatte schon in der Vergangenheit ambitionierte Ziele vorgegeben. Die größte Wohnungsbaufirma im Land, Vinhomes, hat immerhin angekündigt, innerhalb von fünf Jahren 500.000 Sozialwohnungen bauen zu wollen.

    Gute Aussichten für Industriebau

    Ausländische Investoren kommen weiter ins Land und bauen Fabriken auf. Gekoppelt mit einer anhaltenden Ausweitung im E-Commerce, treibt dies auch den Ausbau im Bereich Lager/Logistik an. Ein Großteil der Industriebetriebe siedelt sich in Industrieparks an, die sich nach Aussagen von Parkbetreibern rapide füllen. Die Anzahl neuer Investitionsprojekte stieg im ersten Quartal 2023 um 62,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.

    Vor allem der Zuzug von Firmen aus der Elektronik hält an, mit großen Investitionsvorhaben durch Auftragshersteller von Apple wie Quanta Computer und Compal, die ihrerseits ihre Zulieferer ins Land holen werden. Industrieparkbetreiber berichten von der Ansiedlung zahlreicher chinesischer Firmen, seit die Reisebeschränkungen in China Anfang 2023 gefallen sind.

    Noch gelten die Industriemieten als niedrig im regionalen Vergleich; sie entsprechen etwa 30 bis 36 Prozent des Niveaus in Thailand oder Indonesien. Sie dürften aber steigen, da neue Parks vor allem durch administrative Hürden nur langsam eröffnet werden. Nach Schätzungen von Analysten dürften 2022 etwa 700 bis 750 Hektar (ha) Industrieparks hinzugekommen sein, gegenüber 1.000 ha bis 1.500 ha pro Jahr in den Vorjahren. Die Beratungsgesellschaft CBRE erwartet 2023 aber jeweils 1.000 ha zusätzlich im Süden und Norden des Landes. 

    Baukosten vergleichsweise günstig

    Die Baukosten in Vietnam sind im regionalen Vergleich noch relativ günstig. So liegen die Baukosten in den städtischen Zentren Vietnams etwas unter dem Niveau anderer asiatischer Metropolen wie Shanghai, Manila oder Bangkok.

    Durchschnittliche Baukosten in asiatischen Städten 2022 (pro Quadratmeter in US-Dollar)

    Sparten

    Ho Chi Minh City

    Shanghai

    Manila

    Bangkok

    Standardwohnungen in Hochhäusern

    662-821

    810-893

    1.047-1.384

    714- 846

    Standardbüros in Hochhäusern

    774-895

    1.039-1.373

    968-1.263

    790-937

    Einkaufszentren High-End

    723-946

    1.411-1.902

    1.124-1.575

    905-954

    Einstöckige Fabrikgebäude

    317-400

    320-392

    549-707

    526-659

    5-Sterne-Hotels

    1.813-2.175

    2.477-2.961

    1.939-3.683

    1.842-2.139

    Quelle: Arcadis 2023

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Hochbau: Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen

    Nachhaltigkeit und Klimaschutz am Bau bieten deutschen Unternehmen begrenzte Geschäftschancen. Auch wird der Wettbewerb in allen Bereichen härter.

    Die Strukturprobleme im Wohnungsbau und die finanzielle Schieflage vieler lokaler Entwickler könnte ausländischen Immobilienfirmen den Markteinstieg erleichtern. Allerdings gilt der Markt als undurchsichtig und schwierig. Der Einstieg von mehr ausländischen Entwicklern könnte nach Meinung von Beobachtern mehr hochqualitative Vorhaben anstoßen. Er könnte so mehr Chancen für ausländische Anbieter hochwertiger Materialien und Ausrüstungen eröffnen.   

    Nachhaltigkeit am Bau bietet erste Geschäftschancen 

    Der Wirtschaftsbau wächst in vielen Segmenten. Ausländische Investoren drängen ins Land und benötigen Produktionsstätten und Lagerhallen. Ein wachsender E-Commerce fragt nach Distributionszentren. Kühlhäuser gewinnen für die exportorientierte Nahrungsmittelindustrie sowie das expandierende Netz des modernen Einzelhandels an Bedeutung. Die Digitalisierung, die sich langsam in allen Lebensbereichen ausdehnt, benötigt Datenzentren.

    Zunehmend ist die Tendenz hin zu qualitativ anspruchsvolleren Fabrikationsstätten und Lagerhäusern erkennbar. Produzenten hochwertiger, für den Weltmarkt bestimmter Güter stellen höhere und spezifischere Anforderungen an Bauweise und Ausstattung von Produktionsstätten, Lagern und Industrieparks. 

    Auch Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und Energieeffizienz am Bau wird im Wirtschaftsbau wichtiger. Große Entwickler von bezugsfertigen Fabrik- oder Lagerhallen (Ready-Built-Factories, RBF) wie BW Industrial, KTG Industrial, Core5 oder Gaw NP nutzen oft anerkannte Bausiegel für nachhaltiges Bauen wie LEED, Eagle, BCA - Green Mark oder das lokale Siegel Lotus. Bei LEED Zertifizierungen handelt es sich um die unteren beiden Stufen "zertifiziert" und "Silber".

    Neues Dekret zu Industrieparks

    Immer mehr Industrieparks beginnen sich nachhaltig, grün oder Öko-Industrieparks zu nennen. Ein Dekret zu Industrieparks (Dekret 35 vom 28. Mai 2022) gibt Kriterien für Öko-Industrieparks vor. Allerdings sind diese noch recht allgemein und deren Umsetzung hängt von der jeweiligen Provinzregierung ab. Laut Dekret sollen 25 Prozent der Fläche für Bäume, Verkehrswege, Arbeiterwohnungen oder andere Infrastruktur wie Feuerwehrstationen genutzt werden. Die Regierung will, dass 40 bis 50 Prozent aller Industrieparks nach diesen Kriterien bis 2030 zu Ökoindustrieparks werden. Derzeit sind es etwa eine Handvoll.  

    Allerdings gibt es seitens einiger Industrieparkentwickler wie DEEP C auch auf Druck der Investoren immer mehr nachhaltige Initiativen wie Solardächer, Windkraftanlagen und Grünflächen. In Nachhaltigkeitsthemen fehlt es vietnamesischen Unternehmen in der Regel an Know-how. 

    Gesamtlösungen gefragt

    Private Bauherren zeigen wachsendes Interesse an ausländischem Baumanagement, effizienten Bautechnologien und hochwertigen Baumaterialien. Die Folgekosten für Wartung und Instandsetzung insbesondere der Haustechnik werden von Bauherren allerdings noch selten berücksichtigt. Kaufen private Investoren Leistungen oder Produkte "Made in Germany", erwarten sie nicht nur tatsächlich in Deutschland gefertigte Produkte, sondern auch erstklassige Beratung und Service.

    Um im Markt bestehen zu können, benötigen Unternehmen Konzepte, die an die Bedürfnisse der Kunden präzise angepasst sind. Der Verkauf von Einzelprodukten allein ist gerade für hochpreisige deutsche Güter auf einem umkämpften Markt nicht mehr zielführend. Wichtig, so Branchenkenner, sind Gesamt- und Modullösungen, die dem Kunden eine gleichzeitig umfassende wie auch individualisierte Produktpalette bieten. Automatisierte und smarte Lösungen werden gerade im hochwertigen Apartment- und Wohnimmobilienbau wichtiger. Deutsche Produkte sind hier sehr angesehen und gut aufgestellt. 

    Wettbewerb im Planungsbereich wird härter

    Bauherren vergeben den Architekturentwurf, das Innendesign und die Bauaufsicht meist an unterschiedliche Firmen. Um wettbewerbsfähige Angebote abgeben zu können, benötigen Entwurfsplaner einen hohen lokalen Wertschöpfungsanteil, denn der Preiswettbewerb gerade im Planungsbereich wird immer härter.

    Bei anspruchsvollen Projekten bevorzugen Bauherren durchaus Entwürfe von ausländischen Architekturbüros, greifen für die Umsetzung und Bauausführung aber gern auf lokale Anbieter zurück. Zu den größeren inländischen infrage kommenden Firmen zählen Vietnam National Construction Consultants Corporation (VNCC), Nagecco, VCC Engineering Consultants, Vietnam Architectural Design and Consultancy Company (CDC), DP Consulting sowie die HTT Group (Ho Thieu Tri Architect & Associates).

    Deutsche Unternehmen gewinnen Projekte

    Zu den vor Ort tätigen ausländischen Ingenieur- und Beratungsbüros im Industriebau gehören unter anderem Baumschlager Eberle Architekten (Deutschland), Royal HaskoningDHV (Niederlande), Archetype (Frankreich) und Meinhardt (Australien). Auch Architekturbüros aus Singapur, Japan und Südkorea sind vertreten, die von Firmen aus diesen Ländern vorgezogen werden. Ausländische Planer übernehmen entweder den gesamten Prozess von der Anfangsberatung bis zum Projektende, arbeiten auf Basis von EPCM (engineering, procurement and construction management) oder liefern nur Einzelleistungen wie beispielsweise die Ausgangsplanung.

    Auch die deutschen Ingenieurfirmen Inros Lackner, Fichtner und GBC Engineers sowie die deutschen Architekturbüros GMP und Axel Korn betreiben Niederlassungen in Vietnam und sind regelmäßig an prestigeträchtigen Projekten beteiligt. So war Inros Lackner Generalplaner des Neubaus des Obersten Volksgerichtshofs in Hanoi. GMP hat im März 2022 einen Architekturwettbewerb zum Bau des Viettel-Towers in Danang gewonnen. Aufgrund der Verfügbarkeit guter, aber günstigerer Ingenieure erbringen deutsche Ingenieursfirmen zum Teil auch planerische Leistungen in Vietnam für Projekte in anderen Ländern.

    Kontakte zu den deutschen Unternehmen in Vietnam können die AHK Vietnam und die German Business Association in Vietnam vermitteln.

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Hochbau: Projekte

    Ausgewählte Großprojekte im vietnamesischen Wohnungs- und Wirtschaftsbau (Investitionssumme in Millionen US$)

    Vorhaben

    Investitionssumme

    Projektstand

    Projektträger

    Novaworld Phan Thiet, Provinz Binh Thuan; Resort- und Entertainmentkomplex, 986 ha

    5.000

    Baubeginn 2019, Fertigstellung geplant 2023 

    Investor: Nova Group (Vietnam)

    VSIP Nghe An 2 Industrial park, Prvovinz Nghe An, 500 ha

    1.000

    Memorandum of Understanding Februar 2023 untergeschrieben

    Semcorp Development LTD aus Singapur und Becamex IDC aus Vietnam

    Thu Thiem Eco Smart City, Ho Chi Minh City, Smart City-Projekt

    1.000

    Investitionslizenz Januar 2021, Baubeginn September 2022, Fertigstellung geplant 2024

    Investor: Lotte Group (Korea)

    The Global City, Ho Chi Minh City, Luxuswohn- und Einkaufskomplex, 117 ha

    k. A.

    Baubeginn 2022, Fertigstellung geplant 2026

    Masterise Homes Group (Vietnam), Design Partner: Foster and Partners (Großbritannien)

    Binh Duong New City, Provinz Binh Duong, Wohnkomplex, 18,9 ha 

    797

    Unterzeichnung Kooperationsvertrag Dezember 2021, Fertigstellung Phase 1 geplant 2024 , vollständige Fertigstellung geplant 2027

    CapitaLand Development (Singapore), Becamex IDC

    Lotte Mall Hanoi, Urbaner Luxuswohn- und Handelskomplex (Apartments, Hotel, Büros, Handel, Kino, Aquarium), 7,3 ha

    600

    Baubeginn 2019, Fertigstellung geplant 2. Quartal 2023

    Lotte Properties Hanoi (Korea), Bauausführung: Lotte Engineering & Construction Co. (Korea) 

    Aeon Mall Hoang Mai, Ha Noi; 8,03 ha

    280

    Projekt Februar 2023 geplant

    Aeon Mall Vietnam 

    Elektronikfabrik, Provinz Thai Binh, 40ha

    260

    Untervermietung von Grundstück und Infrastruktur Dezember 2022 unterzeichnet

    Compal Electronics Vietnam Co., Ltd

    Industriepark, Provinz Can Tho; 293,7 ha

    160

    Investition Oktober 2022 genehmigt, Baubeginn Juni 2023

    VSIP aus Singapur

    Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest 2023; Pressemeldungen 2023

    Weitere Informationen zu Projekten bietet die GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

    Der Tiefbau wird 2023 an Tempo gewinnen. Für etliche Großprojekte beginnt die Bauphase und die Regierung stellt mehr Mittel zur Verfügung.  

    Der Infrastrukturausbau dürfte 2023 deutlich an Schwung gewinnen. Die Nationalversammlung hat dem für den Ausbau der Transportinfrastruktur federführenden Transportministerium für 2023 rund 4 Milliarden US$ an Investitionsmitteln zugewiesen. Das sind 70 Prozent mehr als 2022 und mehr als doppelt so viel wie 2021.

    In den Jahren 2023 und 2024 werden Vorhaben umgesetzt, die Teil der mittelfristigen Planung auf nationalem sowie auf lokalem Niveau sind. Die Planung bezieht sich in vielen Politikbereichen in Vietnam auf Zeiträume von fünf Jahren (hier 2021 bis 2025), so auch im Infrastrukturausbau. Nur die Vorhaben kommen zur Ausführung, die im Plan geführt werden. Allerdings kommen auch viele Projekte jetzt zur Durchführung, die sich in den vergangenen Jahren stark verzögert haben.

    Ein beschleunigter Ausbau der Transportinfrastruktur gilt als dringend, weil wichtige Transportwege sowie Häfen und Flughäfen überlastet sind. Das Wirtschaftswachstum und die Industrialisierung haben in den vergangenen Jahren den Druck auf die Infrastruktur stetig steigen lassen, während sich frühere Ausbaupläne nicht nur aufgrund der Coronakrise verzögert haben. Korruptionsskandale haben seit 2021 dazu geführt, dass staatliche Entscheidungsträger auf allen Ebenen sehr zögerlich sind.

    Im Jahr 2022 hatten Engpässe bei Baumaterial und starke Preissteigerungen (ohne Anpassungsklauseln in den Verträgen), starke Regenfälle sowie Probleme bei der Enteignung von Grundstücken und deren Räumung viele Projekte gebremst. Der Regierung ist es aber 2022 gelungen, mit Druck und höheren Entschädigungen die Enteignung für einige Großprojekte zu beschleunigen. Verzögerungen bei Projekten sind auch 2023 wahrscheinlich. Trotzdem treibt das hohe Bauvolumen die Aktivität an.

    Straßen

    Dies betrifft vor allem die Nord-Süd-Autobahn (North-South-Expressway). Hier wurden am 1. Januar 2023 alle zwölf Vorhaben der zweiten Phase für insgesamt 4,3 Milliarden US$ gleichzeitig gestartet. Sie sollen 2025 abgeschlossen werden. Die elf Teilprojekte der ersten Phase (6,2 Milliarden US$) waren 2017 lanciert worden. Sie hatten sich stark verzögert, sollen aber 2023 fertig werden.

    Insgesamt hat sich die vietnamesische Regierung das Ziel gesetzt, die Autobahnnetze bis 2025 auf 3.000 Kilometer (km) und bis 2030 auf 5.000 km auszubauen. Vietnam verfügte Ende 2022 über 1.417 km an Autobahnen. Die Pläne gelten als sehr ambitioniert. Um sie zu erfüllen, müsste das Land in drei Jahren 1.600 km bauen und 3.600 km in acht Jahren, was einem durchschnittlichen Tempo von 450 bis 500 km pro Jahr entspricht. In den vergangenen 20 Jahren hat das Land rund 1.200 km gebaut. 

    Häfen

    Den Investitionsbedarf in See- und Binnenhäfen beziffert die Regierung bis 2030 mit etwa 17 Milliarden US$. Bis 2025 sind es alleine 6,3 Milliarden US$. Im Gespräch ist weiter ein Umschlaghafen in Can Gio für etwa 6 Milliarden US$, der 2027 in Betrieb gehen soll. Das Vorhaben wird von der weltgrößten Reederei MSC vorangetrieben, hat es aber noch nicht in die offizielle Planung geschafft. Kurzfristig sollen 2023 die Zugangskanäle und -Flüsse für den wichtigsten Hafen des Landes Cai Mep sowie kleinere Häfen in Nam Nghi Son and Thanh Hoa vertieft werden.

    Flughäfen

    Der Flughafenbau nimmt 2023 Fahrt auf. Das größte Vorhaben unter den elf Flughäfen, die nach staatlicher Planung bis 2050 gebaut werden sollen, der neue Flughafen Long Thanh, hatte zuletzt mit einigen Verzögerungen zu kämpfen. Er soll aber weiter bis 2025 fertiggestellt werden. Zum Jahreswechsel wurde der Bau eines zusätzlichen Terminals in Ho-Chi-Minh-Stadt begonnen.

    Bahn

    Weiter im Gespräch ist der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-Stadt für geschätzte 60 Milliarden US$. Konkret umgesetzt wird aber weiter die Instandsetzung der bestehenden Zugstrecke zwischen den beiden Metropolen und der Ausbau einiger Strecken und Stationen für etwa 410 Millionen US$ bis 2025. Für die Instandsetzung sind rund 128 Millionen US$ veranschlagt. Nach langen Verzögerungen sollen Metroprojekte in Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt 2023 abgeschlossen werden, in Hanoi allerdings nur der oberirdische Teil. 

    Energie

    Der Energiesektor fiebert der Veröffentlichung der mittelfristigen Energieplanung für 2021 bis 2030 (Power Development Plan 8) entgegen, die seit einigen Jahren auf sich warten lässt. Dort werden der Energiemix für die kommenden Jahrzehnte und die Förderinstrumente für den Ausbau erneuerbarer Energien definiert. Die Investoren stehen in den Startlöchern. Nach der Veröffentlichung der allgemeinen Planung muss diese auf die Provinzebene und in Umsetzungsvorschriften heruntergebrochen werden. Daher dürfte bei neuen Projekten zunächst eine Durststrecke von mindestens ein bis zwei Jahren anstehen.    

    Wasser/Abwasser

    Ein überwiegender Teil des Landes verfügt über konstanten Zugang zu Trinkwasser. Die Abwasserbehandlung aber bleibt weit hinter dem zurück, was eigentlich erforderlich wäre. Das Bauministerium beziffert nach Zeitungsberichten die erforderlichen Investitionen für den Aufbau der städtischen Abwasserentsorgung bis 2025 auf 8,3 Milliarden US$.

    Die Interessengruppe German Water Partnership informiert über die zahlreichen deutschen Aktivitäten im vietnamesischen Wassersektor und hat ein reges Netzwerk aufgebaut.

    Müllentsorgung

    Zahlreiche Großprojekte für Müllverbrennungsanlagen (Waste-to-Energy-Anlagen) sind in den letzten Jahren in Ho-Chi-Minh-Stadt und in Hanoi auf den Weg gebracht worden. Durch die Coronakrise, administrative Hürden, aber vor allem durch Widerstände in lokalen Gemeinden konnten die Projekte nicht umgesetzt werden. In Hanoi sind zwei von 17 bis 2030 geplanten Verbrennungsanlagen gebaut worden. Eine Beschleunigung der Vorhaben zeichnet sich noch nicht ab. In Provinzhauptstädten ist die Lage besser. So setzt der wichtigste Wirtschaftsstandort Bac Ninh derzeit vier Müllverbrennungsprojekte parallel um, die schnell vorankommen.

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen

    Deutsches Engagement ist vor allem gefragt, wenn Spezialkompetenzen und komplexe Technologie benötigt werden. Auch Umwelttechnologie und Klimaschutzprojekte bieten Chancen. 

    Die Planung, Bewertung, Auswahl und Durchführung von regionalen Infrastrukturprojekten, insbesondere im Straßenbau oder Wasser- und Abfallbereich, obliegt den 58 Provinzen sowie den fünf unabhängigen Stadtverwaltungen von Hanoi, Ho Chi Minh City, Danang, Can Tho und Haiphong. Projekte mit gesamtstaatlicher Bedeutung werden dagegen auch zentralstaatlich gesteuert. Hierzu zählen insbesondere große Energieprojekte.

    Der Zentralstaat hat in den vergangenen Jahren die Verantwortung für Infrastrukturvorhaben stärker dezentralisiert. Die Provinzen stehen untereinander in einem starken Standortwettbewerb und einige, wie etwa Quang Ninh, gelten als sehr erfolgreich im Infrasturkturausbau. Die staatlichen Planungen aber hinken den aktuellen Investitionsbedürfnissen oft hinterher. Daher gelten etwa die Logistikkosten in Vietnam im regionalen Vergleich als hoch. Gerade Energieprojekte verzögern sich seit 2021, da der mittelfristige Ausbauplan mit den Klimazielen des Landes in Einklang gebracht werden muss. 

    Internationale Geber finanzieren Infrastrukturvorhaben

    Internationale Entwicklungsorganisationen finanzieren eine Vielzahl der großen Infrastrukturprojekte in Vietnam. Auch im Bereich von Klimaschutzprojekten sind internationale Geber aktiv. Allerdings ist die vietnamesische Regierung vielfach zurückhaltend bei der Aufnahme von Entwicklungskrediten, obwohl das Land im internationalen Vergleich eine geringe Staatsverschuldung aufweist.

    Vergleichsweise gut sind die Auftragschancen für deutsche Unternehmen bei Projekten der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank. Die Weltbank hat im Januar 2022 das Vinh Long City Urban Development and Enhanced Climate Resilience Project aufgelegt, mit dem Ziel, eine grundlegende Daseinsvorsorgeinfrastruktur (Abwasser, Umwelt, Transport) aufzubauen. Das Projektvolumen beläuft sich auf 202 Millionen US$.

    Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die KfW finanzieren ebenfalls laufend neue Infrastrukturvorhaben, bei denen sich eine Angebotsabgabe lohnen kann. Seit dem 1. Januar 2019 schreiben beide Banken Projekte über die vietnamesische E-Bidding-Seite aus.

    Bei Projekten, die Japan (Japan International Cooperation Agency, JICA) oder auch zunehmend Südkorea finanzieren, kommen in der Regel allerdings nur Firmen aus diesen Geberländern zum Zuge. Deutsche Firmen können immerhin Unteraufträge akquirieren.

    Internationale Ausschreibungen können in der Datenbank von Germany Trade & Invest abgerufen werden.

    Komplexe Technologien kommen noch oft aus dem Ausland

    Die Teilnahme an lokalen Ausschreibungen hingegen bleibt häufig schwierig. Zwar eröffnet das EU-Vietnam-Free Trade Agreement, in Kraft seit dem 1. August 2020, europäischen Anbietern verbesserte Beteiligungsmöglichkeiten. In Bereichen, in denen vietnamesische Anbieter bereits Erfahrung gesammelt haben, so im Straßenbau, sind europäische Lösungen allerdings oft zu teuer. Gute Chancen aber eröffnen sich überall da, wo Spezialkomponenten oder technisch komplexe Lösungen gefragt sind, die im Land noch nicht oder wenig vorhanden sind.  

    Im Straßenbau zeichnen sich Konzentrationstendenzen ab. Die Lose bei der zweiten Phase der Nord-Süd-Autobahn sind deutlich größer als in der ersten Phase. Gleichzeitig setzt die Regierung auf erfahrene Unternehmen, die in der ersten Phase gut gearbeitet haben. Viele Teilprojekte der ersten Phase hatten sich stark verzögert oder wurden schlecht durchgeführt.

    Im Bereich erneuerbare Energien, vor allem Windenergie, und Umweltinfrastruktur verfügt Vietnam bislang kaum über moderne Technologien. Damit benötigt das Land in weitem Umfang eine ausländische Ausstattung. Der Staat allerdings engagiert sich nur wenig in diesen Bereichen. Geberfinanzierte Projekte oder Privatvorhaben können hingegen interessante Möglichkeiten bieten. Renommierte Industrieparks, die sich an europäische und international agierende Unternehmen richten, stellen auf Druck der Investoren immer höhere Ansprüche an die Abwasserbehandlung und -entsorgung sowie Nachhaltigkeitslösungen. Hierfür setzen sie international anerkannte Technologien ein. Sie bilden für deutsche Firmen eine interessante Kundengruppe.

    Regierung will PPP-Vorhaben erleichtern

    Für die Finanzierung von Projekten will die Regierung verstärkt auf Public-Private-Partnerships (PPP) setzen. Bislang halten sich aber gerade ausländische Unternehmen mit einer Beteiligung an PPP-Projekten zurück, da das regulative Umfeld auch nach dem Erlass eines PPP-Gesetzes im Juni 2020 in weiten Bereichen noch nicht ausgereift ist. Daher sind seit 2021 nur vereinzelt Vorhaben als PPP durchgeführt worden.

    Die Verwirklichung größerer Infrastrukturprojekte, vor allem als PPP-Vorhaben, wird nicht nur durch finanzielle Engpässe behindert. Eine wichtige Rolle spielen Probleme bei der Enteignung und Räumung des benötigten Baugrunds. Bei erforderlichen Grundstücksübertragungen treten lange Verzögerungen auf, auch weil Einträge in den Grundbüchern nicht immer klar sind und Bewohner um angestammte Rechte fürchten. Enteignungen und Verhandlungen über Entschädigungszahlungen verteuern und verzögern Projekte häufig um Jahre. Im Gespräch ist daher eine Trennung der Bodenbereitstellung (und Entschädigungen) und der eigentlichen Bauphasen. Ein Dekret für entsprechende Pilotprojekte könnte im Mai 2023 von der Nationalversammlung erlassen werden. 

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Tiefbau: Projekte

    Ausgewählte Großprojekte im vietnamesischen Tief-/Infrastrukturbau (Investitionssumme in Millionen US$)

    Vorhaben

    Investitionssumme

    Projektstand

    Projektträger

    Metro-Bau /Schienenbau:

    Nord-Süd Bahnlinie, 1.545 km; 1. Phase von Hanoi bis Vinh und von Nha Trang bis Ho Chi Minh City bis 2032; 2. Phase von Vinh bis Nha Trang bis 2050

    58.710

    Vorschlag des Transportministeriums an das Politbüro im November 2022

    Noch unklar

    Zugverbindung zwischen Vientiane (Laos) - Vung An-Port (Vietnam)

    6.432

    Joint Venture Februar 2023 unterschrieben

    Projektentwicklung: Deo Ca Group JSC (Vietnam), Petro Trading Lao (Laos)

    Ho Chi Minh City: Metro-Linie 5/New Can Giuoc Busstation-Sai Gon Bridge-Depot Da Phuoc

    1. Phase: 1.922; 2. Phase: 2.183

    2015 erneute Machbarkeitsstudie; Baubeginn: 2025; geplante Fertigstellung: 2030

    1. Phase: Finanzierung durch Spanien, ADB, EIB, KfW und Vietnam; 2. Phase: Finanzierung voraussichtlich durch Südkorea und Vietnam; Consultant: IDOM (Spanien)

    Hanoi-Metro-Linie 3/Nhon-Hanoi Bahnhof

    1.500

    Baubeginn: 2014; geplante Fertigstellung: 2023

    Baufirmen: POSCO E&C, Huyndai E&C (Südkorea) und Ghella S.P.A (Italien); Finanzierung durch Frankreich, ADB, EIB 

    Ho Chi Minh City: Metro-Linie 2/An Suong Bus Terminal-Thu Thiem

    1. Phase: 1.400

    Fertigstellung 2023/24 (1. Phase)

    1. Phase: Ben Thanh-Tham Luong; Finanzierung durch KfW, ADB, EIB und Vietnam; 2. Phase: Ben Thanh-Thu Thiem und Tham Luong-Tay Ninh Busstation, Finanzierung durch ODA und PPP geplant; 3. Phase: Tay Ninh Busstation-West-Nord Cu Chi, Finanzierung durch ODA und PPP geplant

    Straßen:

    Nord-Süd Expressway 

    6.500

    Bauarbeiten der 2. Phase haben Ende 2022 begonnen; Fertigstellung bis 2025

    729 km Straßen durch 32 Provinzen; Finanzierung durch Staatsbudget; 12 Komponenten

    Ringstraße 4, Hanoi Stadt, Provinz Bac Ninh und Hung Yen

    3.705

    Investition im Juni 2022 genehmigt, Baustart geplant: Juni 2023, Fertigstellung 2027, Länge: 112,8 km

    Finanzierung durch Staatsbudget, verschiedene Lose

    Ringstraße 3, Ho Chi Minh City, Provinz Dong Nai, Binh Duong und Long An  

    3.255

    Investition im Juni 2022 genehmigt, Baustart geplant: Juni 2023, Fertigstellung 2026; Länge: 76,3 km in fünf Teilabschnitten

    Finanzierung durch Staatsbudget, verschiedene Lose

    Khanh Hoa-Buon Ma Thuot Highway

    1.290

     Baubeginn Juni 2023, Fertigstellung geplant 2026

    Finanzierung durch Staatsbudget

    Flughäfen:

    Long Thanh Internationaler Flughafen, Provinz Dong Nai 

    16.030

    Baustart 2020; Fertigstellung der 1. Phase für 25 Millionen Passagiere im Jahr 2025 geplant

    Finanzierung durch Staatsbudget; Umsetzung durch ACV und VATM

    Noi Bai Flughafen, Ha Noi, Neubau Terminal 3

    5.000

    Vorschlagsphase

    Noch unklar

    Tan Son Nhat Flughafen, HCMC, Neubau Terminal 3

    474

    Baubeginn April 2022; Fertigstellung 2. Quartal 2024 

    Investor: Airports Corporation of Vietnam (ACV)

    Sapa Flughafen, Provinz Lao Cai

    307

    Baubeginn März 2022; Fertigstellung 1. Phase 2025

    Finanzierung durch PPP und Staatsbudget

    Tan Son Nhat Flughafen, HCMC, Neubau Terminal 3

    474

    Baubeginn April 2022; Fertigstellung 2. Quartal 2024 

    Investor: Airports Corporation of Vietnam (ACV)

    Häfen:

    Can Gio Saigon Hafen, Ho Chi Minh City, Neubau Containerterminal

    6.000

    Machbarkeitsstudie Januar 2023

    Viet Nam Maritime Corporation (VIMC, Vietnam) und MSC Gruppe

    Lach Huyen Hafen, Haiphong; Bau von Terminal 5 und 6

    280

    Investitionslizenz März 2021

    Investor: Hateco (Vietnam)

    Lien Chieu Hafen, Da Nang City

    147,5

    Baubeginn Dezember 2022; Fertigstellung geplant 2025

    Finanzierung durch Staatsbudget; Projektträger Volkskomitee Danang

    Energie:

    Flüssigerdgaskraftwerk Nghi Son, Provinz Thanh Hoa

    5.885

    Planungsphase

    JERA (Japan)

    Offshore-Windkraftwerk, Provinz Binh Dinh, Gesamtkapazität 2.000 MW

    4.800

    Genehmigungsprozess läuft

    PNE Gruppe (Deutschland)

    LNG-Kraftwerk, Provinz Bac Lieu; Kapazität 3.200 MW

    3.000

    Investitionslizenz März 2021; Baubeginn geplant 2022

    Investor: Delta Offshore Energy (Singapur)

    Flüssigerdgaskraftwerk Quang Ninh, Provinz Quang Ninh (1.500 Megawatt)

    2.029

    Investition im Oktober 2021 genehmigt; Fertigstellung geplant: 2027

    PV Power (Vietnam), Marubeni Corp. (Japan) und Tokyo Gas Co. Ltd. (Japan)

    LNG-Kraftwerk Nhon Trach III und IV, Provinz Dong Nai, Kapazität 1.500 MW

    1.400

    Unterzeichnung EPC-Vertrag März 2022; Fertigstellung geplant 2024/2025

    Investor: PV Power (Vietnam), EPC-Contractor Samsung C&T (Korea),  Lilama (Vietnam); Turbinen und Wartung: General Electrics

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023; Pressemeldungen 2023

    Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis

    Vietnamesische Immobilien- und Baufirmen beherrschen den Markt. Deutsche Firmen und Bauprodukte kommen zum Einsatz, wenn hohe Qualität gefragt ist. 

    Vietnamesische Unternehmen haben den Hauptanteil an Immobilienentwicklung und -transaktionen. Sie verfügen über Vorteile beim Landerwerb sowie bessere lokale Kenntnisse und Verbindungen. Die größte Entwicklungsgesellschaft, Vinhomes, gehört zur größten Unternehmensgruppe des Landes, Vingroup. Der private Mischkonzern hat seine Immobilien-Aktivitäten von der Entwicklung von Wohn-, Geschäfts- und Tourismusimmobilien auf Industrieparks ausgeweitet. Wichtige Immobilienfirmen wie Sun Group, BIM Group, BRG Group, SonKim und Ecopark veröffentlichen keine Bilanzzahlen.

    Große Immobilienfirmen in Vietnam (Umsatz in Millionen US$; Veränderung in Prozent)

    Unternehmen

    Umsatz 20221)

    Veränderung 2022/20212)

    Vinhomes (Vingroup)

             2.660,9

    -26,6

    Novaland

                 474,9

    -25,3

    FLC Group

    295,5 (2021)

    k. A.

    Becamex IDC

    277,5

    -6,9

    An Gia Group

    263,9

    242,2

    Dat Xanh Group

    235,1

    -45,4

    Hung Thinh

    233,0

    -11,3

    Nam Long

    185,0

    -16,6

    Khang Dien

    124,2

    -22,1

    CEO Group

    108,7

    182,7

    1 Umsatz umgerechnet nach Jahresdurchschnittskurs; 2 Veränderung auf Basis der Umsätze in Landeswährung.Quelle: Jahresberichte der Unternehmen für 2022; Bundesbank 2023

    Für ausländische Firmen gilt der Immobilienmarkt als schwierig und undurchsichtig. Aber eine Reihe von ausländischen Investoren sind im Wohnungs- und Gewerbebau aktiv. Sie stammen aus Japan (Mitsubishi, Taisei, Sanyo Homes, Aeon, Toshiba), Hongkong (Chow Tai Fook, Sunwah) sowie insbesondere Singapur (Keppel Land, CapitaLand und Mapletree) und Südkorea (Lotte, SunKyung). BW Industrial ist ein Joint Venture von Becamex und dem US-amerikanischen Fonds Warburg Pincus, der auch an Novaland beteiligt ist. 

    Ostasiatische Investoren verfügen in der Regel über eigene Ausrüstungslieferanten und Baudienstleister. Deutsche Unternehmen und auch deutsche Bauprodukte werden von vietnamesischen Entwicklern immer dann einbezogen, wenn beim Bau hohe Qualität gefragt ist. High-End- und Luxusprojekte sowie auf Nachhaltigkeit abzielende Vorhaben bieten für deutsche Produkte interessante Marktchancen. 

    Krise schüttelt Sektor durch

    Die Coronakrise und die Krise im Immobiliensektor hat etliche Entwickler 2022 in finanzielle Schwierigkeiten gebracht. Einige Firmen gelten weiter als konkursgefährdet und so als mögliche Übernahmekandidaten für ausländische Entwickler. Die Presse berichtete im März 2023, Vinhomes wolle Vorhaben an CapitalLand, die Immobiliengesellschaft des singapurischen Staatsfonds Temasek, veräußern. Die Zukunft der FLC Group ist weiter ungewiss, nachdem der Firmenchef aufgrund mutmaßlicher Börsenmanipulationen im März 2022 verhaftet worden war.

    Vietnamesische Baufirmen beherrschen den Markt 

    Nicht nur bei der Projektentwicklung, sondern auch beim Bau sind vietnamesische Firmen führend. Private Baufirmen erbrachten im Jahr 2022 ungefähr 65 Prozent der Bauleistungen. Der Beitrag ausländischer Bauunternehmen belief sich im selben Zeitraum auf lediglich 3,3 Prozent. In dem sehr lokal geprägten Baumarkt haben ausländische Firmen damit wenig Bedeutung. Gerade westliche Bauunternehmen finden sich in der Regel eher im Spezialbau. 


    Ausgewählte Strukturdaten zur Bauwirtschaft in Vietnam 2022 (in Milliarden US-Dollar; Veränderung in Prozent) 1)

    Kennziffer

    2021

    2022

    Veränderung 2022/21 2)

    Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon

    84,6 

    99,1

    17,1

      Staatsbetriebe

    2,4

    2,9

    20,7

      Private Baufirmen

    54,8

    64,5

    17,7

      Ausländische Baufirmen

    2,6

    3,3

    26,3

      Sonstige

    24,8

    28,4

    14,5

    Nach Sparten:

      Hochbau

    49,2

    38,0

    -22,7

      Tief-/Infrastrukturbau

    24,9

    30,0

    20,4

      Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation

    10,5

    12,0

    14,1

    1 Durchschnittswechselkurse: 2021: 1 US$ = 22.914 D; 2022: 1 US$ = 23.448 D; 2 Nominale Veränderung auf Landeswährung, aufgrund von Wechselkursschwankungen kommt es bei der Berechnung der Veränderung zu Abweichungen bei US$/VND-Basis.Quelle: Statistikamt Vietnam 2023; Deutsche Bundesbank 2023

    Über die Zahl der aktiven Baufirmen liegen sehr unterschiedliche Angaben vor. Oft wird für einen neuen Bauauftrag eine neue Tochtergesellschaft gegründet. Das Projektgeschäft dominieren die größeren nationalen Konzerne. Als Dachorganisation der Branche fungiert die Vietnam Federation of Civil Engineering Association, der 13 Fachverbände angehören.

    Die größten inländischen Bauunternehmen sind privat, aber auch staatliche Firmen spielen eine wichtige Rolle. Newtecons und Delta Construction zählen zu den größten privaten Akteuren. Sie veröffentlichen aber keine Umsatzzahlen. Größter staatlicher Akteur ist die zum Bauministerium gehörende Vietnam Construction and Import-Export Joint Stock Corporation (Vinaconex). Dem Bauministerium unterstehen auch Branchengrößen wie Lilama, Song Da und Licogi. Das Verteidigungsministerium verfügt unter anderem mit der 319 Corporation über ein eigenes, insbesondere im Straßenbau aktives Großbauunternehmen. 

    Große Baufirmen in Vietnam (Umsatz in Millionen US$; Veränderung in Prozent)

    Unternehmen

    Umsatz 20221)

    Veränderung 2022/20212)

    Coteccons

    620,0

    60,1

    Hoa Binh

    602,3

    24,4

    Vinaconex

    360,5

    47,0

    Ricons

    353,2 (2021)

    k.A.

    CC1

    282,8

    17,1

    Fecon

    129,8

    -12,6

    FLC Faros

    108,9 (2021)

    k. A.

    Udic

    86,9

    6,4

    Phuc Hung Holdings

    85,9

    6,7

    1 Umsatz umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 23.448 D; 2 Veränderung auf Basis der Umsätze in Landeswährung.Quelle: Jahresberichte der Unternehmen für 2022; Bundesbank 2023

    Wenn ausländische Baukonzerne bei EPC-Verträgen (Engineering, Procurement, Construction) zum Zuge kommen, stammen sie meist aus Asien. Insbesondere chinesische Unternehmungen sind stark vertreten. Die südkoreanischen Unternehmen Samsung Construction, Posco, Hyundai und Daewoo E&C sowie die japanischen Firmen Taisei, Idemitsu Kosan, Toyo und Nikken Sekkei konnten beim Bau von Anlagen und Großprojekten ebenfalls mehrfach punkten. Wichtige westliche Bauunternehmen sind die französische Bouygues Group sowie die Bouygues-Tochter Colas.

    Gerade komplexere, technisch anspruchsvolle oder auf Nachhaltigkeit abzielende Projekte bieten Geschäftsmöglichkeiten für westliche Branchenunternehmen. Allerdings ist das Projektgeschäft stark personenbezogen. Die Anwesenheit vor Ort und persönliche Verhandlungen sind unabdingbar. 

    Zahlungsmoral bleibt ein Schwachpunkt

    Bei der Formulierung von Verträgen sollte auf jeden Fall eine Rechtsberatung eingeholt werden, um Fragen wie Zahlungsmodalitäten, Zahlungssicherung und Streitschlichtung so wasserdicht wie möglich zu regeln. Wenn deutsche Bauunternehmen mit lokalen Unternehmen zusammenarbeiten, ist es ausgesprochen wichtig, dass Verträge einen wirksamen Durchgriff auf den Partner gewährleisten.

    Im Baugewerbe gilt die Zahlungsmoral als schwach. Verträge legen die Zahlungsweise am besten klar nach Baufortschritten und erbrachter Leistung fest. So weit wie möglich ist Vorkasse das Zahlungsformat der Wahl, da Insolvenzen des Bauträgers oder der jeweiligen Projektgesellschaft keine Seltenheit sind. Zudem kommt es immer wieder vor, dass Abschlusszahlungen einbehalten werden, um tatsächliche oder auch weniger ersichtliche Baumängel zu kompensieren.

    Bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen ist zu beachten, dass dieser Bereich als anfällig für Korruption gilt. Öffentliche Ausschreibungen werden auf einem durch das Ministerium für Planung und Investitionen betriebenen Tender-Portal auf Vietnamesisch veröffentlicht. Die hauseigene Zeitung des Ministry of Planning and Investment berichtet auf Vietnamesisch umfänglich über Bauprojekte und -vergaben. Für lokale Ausschreibungen sind ein gutes lokales Informationsnetzwerk und umfangreiche Projektarbeit lange vor der tatsächlichen Ausschreibung unabdingbar.

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Zulieferprodukte: Marktlage

    Zu Jahresbeginn 2023 macht die Nachfrageschwäche im Hochbau den Herstellern von Baumaterial zu schaffen. Ab Mitte 2023 könnte sich das Blatt wenden.

    Der Baustoffsektor erwartet eine Erholung der Nachfrage im Inland und auf Exportmärkten für das zweite Halbjahr 2023. Der Sektor blickt auf ein turbulentes Jahr 2022 zurück, mit Engpässen sowie steigenden und zum Teil stark fluktuierenden Preisen.

    Ende 2022 und zu Beginn 2023 berichtete die Fachpresse von einer sehr schwachen Nachfrage im Inland und hohen Lagerbeständen bei Händlern. Angesichts der Überkapazitäten versuchen exportorientierte Hersteller, neue Märkte zu erschließen. Eine Erholung im Inland wird erst ab Mitte 2023 erwartet, wenn der Hochbau wieder Fahrt aufnehmen könnte.

    Vietnam ist wichtiger Exporteur von Baumaterial

    Vietnam ist wichtiger Produzent grundlegender Baumaterialien wie Zement, Stahl oder keramischer Fliesen und Sanitärkeramik und zählt in diesen Bereichen zu den führenden Exportnationen der Welt. Allerdings arbeiten lokale Unternehmen aller Bereiche häufig noch mit veralteter Technologie und müssen auf moderne Produktionstechniken umstellen. Zwar hat sich die Regierung in ihrer Branchenstrategie "Strategy for the development of building materials in 2021-2030" die Modernisierung des Baumaterialsektors auf die Fahne geschrieben. Viele der angestrebten Ziele werden aber bislang nur wenig aktiv umgesetzt.

    Der Wettbewerb ist hart und wird in der Regel über den Preis ausgefochten. Zum Teil werden Billigwaren als gefälschte Markenprodukte angeboten. Für Investitionen fehlt es gerade kleineren Branchenunternehmen an finanziellen Mitteln. Das Thema Klimafreundlichkeit wird allerdings vor allem bei energieintensiven Sektoren wie der Zement- und Fliesenproduktion an Relevanz gewinnen müssen. Die auf der UN-Klimakonferenz 2021 (COP 26) eingegangene Verpflichtung Vietnams, bis 2050 klimaneutral zu werden, zwingt Branchenunternehmen mittelfristig zu Investitionen in den Klimaschutz.

    Unfertige Gebäude harren auf Ausrüstung

    Gebäude- und Sicherheitstechnik sowie Smart-Home-Anwendungen gewinnen an Verbreitung. Allerdings ist der Markt für hochwertige Gebäudetechnik noch klein. Bauherren kalkulieren mit einer kurzen Lebensdauer von Gebäuden und vermeiden Investitionen in Technik, die sich nicht zeitnah rechnet. Gerade im Bereich Energieeffizienz beispielsweise bei Lüftungs- und Klimaanlagen in gewerblichen Gebäuden ist der Markt noch lange nicht ausgereizt.

    Im Bauboom bis 2019 wurden viele Bürotürme und Hotels in den Metropolen und den Touristenregionen Zentralvietnams begonnen und in den Krisenjahren nicht fertiggestellt. Sie könnten in den kommenden Jahren weitergebaut werden und müssen ausgerüstet werden. Für eine Wiederaufnahme der Vorhaben müssen aber zunächst die Entwicklerfirmen finanziell besser dastehen, bürokratische Hürden entfernt werden und die Wirtschaft und der Tourismus müssen wieder einen deutlicheren Aufschwung erleben.

    Große Baustoffhersteller in Vietnam (Umsatz in Millionen US$; Veränderung in Prozent)

    Unternehmen

    Umsatz 2022 1)

    Veränderung 2022/2021 2)

    Wichtigste Produktgruppen

    Hoa Phat

    6.030,7

    -5,5

    Baustahl

    Vicem

    380,3

    26,2

    Zement

    Viglacera

    345,8

    2,1

    Bauglas, Fliesen

    Hoa Sen

    337,7

    -0,3

    Baustahl, Wellblech

    Vicostone

    241,4

    -19,9

    Bausteine

    An Cuong

    190,9

    35,9

    Holzprodukte

    Tien Phong Plastic

    242,5

    17,9

    Kunststoffrohre und andere Kunststoffprodukte

    Binh Minh Plastic

    247,7

    27,6

    Kunststoffrohre

    Phu Tai

    130,3

    -3,9

    Bausteine

    Eurowindow

    101,0 (2021)

    k. A.

    Fenster- und Türprofile

    1 Umsatz umgerechnet nach Jahresdurchschnittskurs; 2 Veränderungsrate auf Basis inländischer Währung.Quelle: Recherchen Germany Trade & Invest; Jahresberichte der Unternehmen für 2022; Deutsche Bundesbank (für Wechselkurse)

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Zulieferprodukte: Zement, Beton und Holz

    Die Zementnachfrage wird sich 2023 noch nicht deutlich beleben. Überkapazitäten heizen den Preiswettbewerb an. Holz gewinnt im hochwertigen Bau als Bodenbelag an Bedeutung.

    Zement und Beton

    Vietnam ist nach China und Indien der drittgrößte Zementproduzent der Welt. Mit der Inbetriebnahme großer Zementwerke wie Xuan Thanh 3 (4,5 Millionen Tonnen pro Jahr), Long Thanh (2,3 Millionen Tonnen) und Long Son 4 (2,3 Millionen Tonnen) stiegen die Produktionskapazitäten 2022 auf etwa 116 Millionen Tonnen pro Jahr. Im Jahr 2023 soll mindestens noch ein Zementwerk, Dai Duong, mit einer Kapazität von 2,3 Millionen Tonnen pro Jahr die Arbeit aufnehmen. Damit übersteigen die Kapazitäten deutlich die Nachfrage.

    Verbrauch und Exporte an Zement und Klinker in Vietnam (in Millionen Tonnen)

    2021

    2022

     Prognose 2023

    Inlandsverbrauch

    62,5

    62,7

    60 bis 65

    Export

    45,7

    30,7

    35 bis 40

    Gesamtabsatz

    108,2

    93,3

    95 bis 105

    Quelle: Bauministerium 2023

    Während der Inlandsverbrauch 2022 etwa stabil blieb, fielen die Exporte zurück. Vor allem der chinesische Markt entwickelte sich schlecht aufgrund der verhaltenen Nachfrage im dortigen Immobiliensektor und aufgrund der Corona-Lockdowns. In den Philippinen wurde gegen vietnamesischen Zement ein Strafzoll von 10 Prozent verhängt. Das Bauministerium erwartet wohl auch aufgrund der unsicheren Lage im Export sowie im heimischen Hochbau 2023 keine durchgreifende Erholung des Absatzes. Für die Hersteller kommt erschwerend hinzu, dass Vietnam seit Anfang 2023 eine Exportsteuer von 5 Prozent auf Zement erhebt. 

    Der Gewinn der Zementhersteller ging 2022 aufgrund gestiegener Produktionskosten weiter zurück. Die Produktionskosten legten aufgrund des Anstiegs der Kohle- und Strompreise deutlich zu, aber der Zementpreis stieg aufgrund des harten Wettbewerbs und der schwachen Nachfrage nur geringfügig (5 bis 10 Prozent). Im Frühjahr 2023 macht vor allem ein Preiskampf der Industrie zu schaffen.  

    Nachhaltigkeit 

    Um die Branche zu stärken und wettbewerbsfähig zu halten, sollen nach Vorstellungen der Regierung bestehende und neue Werke verstärkt in moderne Technologien investieren. Angesichts ehrgeiziger Klimaziele Vietnams muss die Industrie grüner werden. Die Hersteller fürchten zudem immer mehr Einschränkungen auf Exportmärkten, wenn es ihnen nicht gelingt, ihren CO2-Ausstoß zu senken. Das CO2-Grenzausgleichssystem der EU sieht etwa ab 2026 einen CO2-Importzoll auf Zement vor. Derartige Mechanismen könnten international Schule machen.

    Der Baumaterial-Masterplan der vietnamesischen Regierung von 2018 sieht vor, dass alle Produktionslinien mit einer Kapazität von mehr als 2.500 Tonnen pro Tag bis Ende 2025 mit Wärmerückgewinnungsanlagen ausgestattet werden müssen. Anfang 2022 hatten die Hersteller in 25 Anlagen bereits Vorhaben abgeschlossen, 11 weitere waren in der Umsetzung. Insgesamt sind etwa 60 Anlagen von der Verpflichtung betroffen. Im Februar 2023 hatte das Staatsunternehmen Vicem mit dem chinesischen Ausrüster Sinoma ein zweites Projekt für zwei Produktionslinien gestartet. Vicem galt bisher als Nachzügler, während vor allem private Firmen schnell vorgeprescht waren. 

    Vietnam will in den kommenden Jahren einen inländischen Emissionshandel aufbauen. Die Zementindustrie soll ab 2025 an einem Pilotprojekt teilnehmen. Ab 2028 soll dann der Emissionshandel starten. Noch sind die Modalitäten der Teilnahme sowie die Zuteilung von Emissionsrechten allerdings unklar.

    Kleine Firmen mit geringer Finanzkraft

    Der Markt ist zersplittert. Gut 65 Unternehmen betreiben 91 Zementanlagen im Land. Viele Branchenunternehmen sind zu klein, um angesichts eines hart geführten Preiskampfes Skaleneffekte zu erzielen. Entsprechend fehlt es gerade den kleineren Branchenunternehmen an den finanziellen Mitteln, aber auch Anreizen für eine Modernisierung. Größere Unternehmen hingegen investieren in der Erwartung steigender internationaler Nachfrage aggressiv in neue Produktlinien.

    Wichtigstes Branchenunternehmen ist das staatliche Unternehmen Vicem, das 2022 rund 34 Prozent der heimischen Zementproduktion abdeckt. Joint Venture mit ausländischen Firmen kommen auf 24 Prozent und inländische private Hersteller auf 42 Prozent. Die größten privaten Firmen sind INSEE, ein Joint Venture von Holcim und der Siam City Cement Group aus Thailand, Nghi Son Cement (Joint Venture von Vicem mit japanischen Firmen), Fico, Vissai, Xuan Thanh und Bim Son Cement. 

    Ein Großteil der Werke arbeitet mit chinesischen Ausrüstungen. Ein wichtiger Anbieter ist der chinesische Anlagenbauer Sinoma Nanjing. Zwar ist durchaus Interesse an hochwertiger, westlicher Technologie vorhanden, allerdings ist diese meist zu teuer. Der Verkauf von Gesamtanlagen an vietnamesische Zementunternehmen scheitert daher oft am Preis. Für wichtige Kernkomponenten hingegen kann sich durchaus ein Markt finden, so Brancheninsider.

    Holz

    Holz als Werkstoff verliert vor allem im gewerblichen Bereich sowie bei Wohnbauten an Marktanteilen. Anstelle von Holz verwenden Bauherren vorzugsweise Glas, PVC und zunehmend auch Aluminium. In der Regel nutzen lediglich Menschen auf dem Land sowie eher traditionell eingestellte Vietnamesen für den Wohnbedarf Fenster und Türen aus dem Naturmaterial. Dieser Bedarf wird in der Regel durch lokale Firmen abgedeckt.

    Holz als Bodenbelag aber gewinnt gerade im hochwertigen Hotelbau und Wohnungsbau hinzu. In der im Norden gelegenen Hauptstadt Hanoi, wo die Winter kühl und die Sommer extrem heiß sind, wird für etwa 30 Prozent der Böden Holz genutzt. In Ho-Chi-Minh-Stadt im Süden des Landes sind es etwa 10 Prozent. Die Nachfrage nach Holzböden soll nach einer Studie des Beratungsunternehmens PWC und des Verbandes der holzverarbeitenden Industrie HAWA von 2021 etwa 13,3 Millionen bis 2025 auf 14,3 Millionen Quadratmeter ansteigen. Davon könnte der Einsatz von Laminatböden von 8,6 Millionen auf 9,3 Millionen Quadratmeter zunehmen. Etwa 40 Prozent wird importiert.

    Vietnam verfügt über eine starke holzverarbeitende Industrie. Vor allem ausländisch investierte Branchenunternehmen produzieren preis- und qualitätstechnisch unter hohem Wettbewerbsdruck. Rein vietnamesische Firmen hingegen sind zumeist noch klein und selten in der Lage, durch internationale Auftraggeber geforderten Mengen- und Qualitätsvorgaben zu erfüllen. Höhere Ansprüche in- und ausländischer Kunden erfordern Investitionen in die technologische Ausstattung der Betriebe.

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Zulieferprodukte: Glas, Fliesen und Sanitär

    Die Nachfrageschwäche im Hochbau macht den Herstellern 2023 zu schaffen. Die Unternehmen müssen sich modernisieren. 

    Glas

    Die Nachfrage nach Bauglas bleibt auch 2023 schwach. Zudem hat eine Fabrik in Chu Lai wieder den Betrieb aufgenommen und damit suchen 2023 noch mehr Produkte nach Abnehmern.  

    Die Glasindustrie soll sich nach dem Willen der Regierung modernisieren. Laut Masterplan zu Baumaterialien (Prime Minister's Decision No. 1266 / QD-TTg vom 18. August 2020) sollen alle Glasbetriebe bis 2025 ihre Produktion auf moderne, energieeffiziente Technologien umstellen. Die Herstellung von Einfachglas soll beschränkt und dafür die Produktion von Spezialglas gefördert werden.

    Dominierendes Unternehmen im Glasbereich ist Viglacera. Weitere wichtige Akteure sind Phu My Super White Glass, Viet Nhat Glass und Chu Lai Glass. Der Staat will sich bis 2025 von seiner Minderheitsbeteiligung an Viglacera trennen. Das Unternehmen ist zahlreiche Joint Venture mit ausländischen Firmen eingegangen. Dazu zählt Vietnam Float Glass, das in Kooperation mit dem japanischen Unternehmen Nippon Sheet Glass Flachglas produziert. Phu My Super White Glass ist ein Gemeinschaftsprojekt mit den Firmen Idico und Khai Thinh aus Vietnam. Derzeit wird die zweite Phase einer Fabrik für Ultraklarglas für Solarmodule vorbereitet. Damit soll die Kapazität in dem Ende 2020 eröffneten Werk von 600 Tonnen auf 900 Tonnen pro Tag ansteigen.

    Produktion und Inlandsverbrauch von Glas, Fliesen und Sanitärprodukten in Vietnam 2022 (Veränderung in Prozent)

    Produktion

    Veränderung 2022/2021

    Inlandsmarkt

    Veränderung 2022/2021

    Bauglas (in Mio. Quadratmetern)

    215,4

    -4

    212,8

    14

    Keramikfliesen (in Mio. Quadratmetern)

    518,5

    9

    510

    15

    Sanitärprodukte (in Mio. Produkteinheiten)

    16,6

    -2,7

    16,3

    1,5

    Quelle: Ministry of Construction 2023

    Fliesen/Keramik

    Die Inlandsnachfrage und die Produktion haben 2022 zunächst kräftig angezogen. Ab Mitte des Jahres setzte die Nachfrageschwäche im Hochbau den Unternehmen zu und drückte auf die Preise. Die Nachfrage nach hochwertigeren Importprodukten soll zuletzt stärker gefallen sein. Eine Erholung ist 2023 noch nicht absehbar.

    Mit einer Kapazität von etwa 800 Millionen Quadratmetern pro Jahr (inklusive Keramikfliesen, Terracottafliesen, Granitsteine) ist Vietnam laut Ceramic World der viertgrößte Fliesenproduzent der Welt. Der Sektor ist mit 82 mittleren und großen Herstellern und einer Reihe kleiner Produktionsstätten stark differenziert. Eine Reihe Hersteller sind Joint Venture mit ausländischen Firmen und eher im hochpreisigen Segment angesiedelt. Dazu zählen Prime (Jahreskapazität: 70 Millionen Quadratmeter), Royal, Vitto (36 Millionen Quadratmeter), Tasa (24 Millionen Quadratmeter) und Toko (15 Millionen Quadratmeter). Heimische Unternehmen wie Viglacera, CMC, Thach Ban oder Dong Tam konzentrierten sich traditionell eher auf das mittlere bis einfache Produktsegment. Sie haben aber ihre Produktionsqualität in den letzten Jahren stetig verbessert, auch um der Konkurrenz durch Kleinunternehmen zu entgehen. Der Markt tendiert in Vietnam weg von Keramikfliesen hin zu größeren Granitfliesen. Die Produktionsanlagen in einem Großteil der vietnamesischen Werke gilt aber weiter als veraltet und vor allem im Hinblick auf den Energieverbrauch als ineffizient. 

    Wichtigster Produzent in Vietnam ist Viglacera. Das Unternehmen hat nach Aufkauf des Konkurrenten Bach Ma Ende 2021 eine Gesamtkapazität von 43 Millionen Quadratmeter pro Jahr erreicht. Zudem investiert Viglacera unter anderem durch den Kauf italienischer Technologie in die Modernisierung der Produktion. Anlagen von Sacmi sollen Viglacera internationale Konkurrenzfähigkeit auch im High-End-Bereich ermöglichen.

    Sanitärprodukte

    Vietnam war 2021 laut dem Branchenportal Ceramic World Web nach Thailand der zweitgrößte Sanitärkeramikexporteur in Südostasien und weltweit an neunter Stelle. Der Sektor leidet unter einer schwachen Inlandsnachfrage durch die Krise im Hochbau. Auch die Auslandsnachfrage gilt 2023 zunächst als sehr verhalten.

    Lokale Unternehmen wie Viglacera, aber auch internationale Branchengrößen wie Lixil oder Toto (beide aus Japan) produzieren in Vietnam für den lokalen sowie den asiatischen und US-amerikanischen Markt. Toto Vietnam erweitert seine Produktion und hat mit dem Bau eines fünften Standortes in der nördlichen Provinz Vinh Phuc begonnen, wo der japanische Sanitärhersteller vorwiegend Wasserhähne produzieren will. Toto will knapp 81 Millionen US$ investieren und plant mit einer jährlichen Gesamtkapazität von gut 1,2 Millionen Einheiten. 

    Luxusausstattungen sind gefragt

    Der lokale Markt bietet zunehmend Chancen für europäische Ausstatter. Gerade wohlhabende Vietnamesen legen bei Küchen und Bädern Wert auf ein modernes, europäisches Design. Bei Luxusimmobilienprojekten sowie im Hotelbau sind Ausstattungen aus Europa, besser noch "Made in Germany", beliebt. Die Kunden verlangen dafür entsprechende Belege, zum Beispiel Ursprungszeugnisse und Zertifikate. Sie wollen sichergehen, dass sie keine Nachahmerprodukte erwerben. Zudem erwarten Kunden dem gehobenen Preis entsprechende Beratung und Service. Der Lieferant sollte wiederum bei seinen Kunden strikte Richtlinien bezüglich der Zahlungsmodalitäten durchsetzen. Stärker gefragt sind auch smarte Badmöbel, wie sie vor allem von den japanischen Herstellern Toto und Inac angeboten werden. 

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Zulieferprodukte: Kunststoffe, Türen und Fenster

    Bauherren sparen gerne noch bei Fenstern und Türen. Steigende Sicherheitsstandards erzwingen auch auf dem lokalen Markt eine höherwertige Produktion.

    Kunststoffe

    Die etwa 3.300 Unternehmen im vietnamesischen Kunststoffsektor erzielten laut Angaben des Fachverbands Vietnam Plastics Association (VPA) 2022 Umsätze von 25,2 Milliarden US-Dollar (US$). Rund 21 Prozent des Umsatzes der vietnamesischen Kunststoffindustrie entfällt auf den Bausektor. Rohre, Türen und Fenster stellen die wichtigsten Baukunststoffprodukte. Die Regierung beabsichtigt, den Anteil von Konstruktionskunststoffen am Gesamtkunststoffsektor zu steigern. Bislang ist die vietnamesische Produktion noch durch qualitativ und technologisch einfache, auf dem Weltmarkt wenig konkurrenzfähige Herstellung geprägt.  

    Die wichtigsten Unternehmen im Bereich Kunststoffrohre sind das vorwiegend im nördlichen Landesteil aktive Unternehmen Tien Phong Plastic sowie das den Süden des Landes abdeckende Unternehmen Binh Minh Plastic. Binh Minh gehört mehrheitlich zur thailändischen Siam Cement Group (SCG), einem der größten Baustoffmischkonzerne in Südostasien. Binh Minh hat im 4. Quartal 2022 trotz geringerer Produktion durch niedrige PVC-Preise einen Rekordgewinn erzielt. Mit der Öffnung Chinas könnten die PVC-Preise wieder anziehen und die schwache Nachfrage im vietnamesischen Hochbau sollte die Ertragslage der Rohrhersteller 2023 zunächst verschlechtern.

    Tien Phong hält regional im Norden einen Marktanteil von 53 Prozent, Binh Minh bedient 43 Prozent des Bedarfs an Baukunststoffen im Süden des Landes. Jeweils halten sie etwa 30 Prozent des vietnamesischen Marktes. Die Hoa Sen Group, die sonst vor allem Baustahl herstellt, sowie das aufstrebende, zunehmend in umweltfreundliche Kunststofflösungen investierende Unternehmen An Phat machen den Marktführern Konkurrenz. Hoa Sen setzt für die Rohrproduktion auch Maschinen des deutschen Herstellers Battenfeld-Cincinatti ein. Die vier Unternehmen kommen gemeinsam etwa auf einen Marktanteil von 80 bis 90 Prozent.

    Führende Hersteller von Kunststoffrohren in Vietnam 2022 (Umsatz in Millionen US$; Veränderung in Prozent)

    Umsatz 20221)

    Veränderung 2021/20222)

    Binh Minh Plastics

    247,7

    27,6

    Tien Phong

    242,4

    17,9

    1 umgerechnet nach Jahresdurchschnittskurs; 2 Veränderung auf Basis inländischer Währung.Quelle: Jahresberichte der Unternehmen für 2022; Deutsche Bundesbank 2023

    Türen und Fenster

    Vietnamesische Privat- und auch Geschäftskunden interessieren sich vorrangig für günstige Türen und Fenster aus heimischer Produktion oder Importe aus China. Innovative, hochpreisige Fenster sind laut Branchenkennern dann gefragt, wenn der Kunde neben den reinen Baukosten auch Wert auf Betriebskosten, international anerkannte Zertifizierungen (wie das LEED-Zertifikat) oder technische Finesse legt. Energieeffizienz am Bau ist bei privaten und gewerblichen Bauherren bisher kaum ein Thema. In der Regel liegt der Fokus eher auf Kosteneinsparungen am Bau. 

    Branchenbeobachtern zufolge steigen die Vorgaben an Sicherheit von Türen und Fenstern. Angesichts einiger Großbrände mit Todesopfern in den vergangenen Jahren verschärft der Gesetzgeber Baustandards für den Feuerschutz in Gewerbeimmobilien sowie dem Wohnungsbau und setzt diese auch verstärkt um. Dies verbessert in einem stark umkämpften Markt die Wettbewerbsposition von Unternehmen, die bereits heute nach internationalen Standards arbeiten.

    Aluminium verdrängt Holz

    Menschen auf dem Land sowie eher traditionell eingestellte Vietnamesen bevorzugen für den Wohnbedarf Fenster und Türen aus Holz. Der Werkstoff verliert jedoch vor allem im gewerblichen Bereich sowie bei modernen Neubauten an Bedeutung. Vollholztüren und -fenster weichen Elementen aus PVC, Aluminium und beschichteten Materialien.

    Die industriellen Hersteller von Türen und Fenstern setzen mehrheitlich auf Kunststoff und der Sektor ist weiter weniger konzentriert als bei Rohren. Bedeutende Fensterhersteller sind die lokalen Unternehmen Dong A Plastic mit der Marke Smartwindow, Eurowindow sowie die Firma Hung Phat mit der Marke Austdoors. Bei letzterem Unternehmen handelt es sich um ein vietnamesisch-australisches Joint Venture.

    Dong A Plastic gilt als der größte Hersteller von Kunststoff- sowie von Aluminiumprofilen. Bei Kunststoffprofilen soll das Unternehmen einen Marktanteil von etwa 20 Prozent haben. Dong A Plastic hat 2022 für 15 Millionen US$ den Bau einer neuen Fabrik für Aluminiumprofile begonnen. Sie soll noch 2023 in Betrieb gehen und die Kapazitäten des Unternehmens auf 150.000 Tonnen Aluminiumprodukte verdoppeln.

    Eurowindow stellt in eigenen Fabriken Fassaden sowie Türen und Fenster aus PVC, Aluminium und Holz her. Seit 2018 arbeitet Eurowindow mit dem deutschen Farbunternehmen Rhenocoll bei der Beschichtung von Rahmen und Türen zusammen. Deutsche Unternehmen wie Hörmann oder Schüco sind mit eigenen Niederlassungen vor Ort vertreten.

    Die Firma European Building Materials gehört einer polnischen Muttergesellschaft. Die Fabrik in der Provinz Dong Nai setzt deutsche Profile von Inoutic sowie Beschläge von Roto, G-U, Winkhaus und Avocet (Großbritannien) ein. Die gleichen Materialien verwenden die drei Fabriken des Unternehmens Dong Tam. Die japanische Lixil ist seit 2014 mit einer Produktionsstätte für Fenster sowie Türen aus Aluminium und Kunststoffen in Vietnam vor Ort.

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Zulieferprodukte: Bauchemikalien

    Die vietnamesische Farbindustrie leidet 2023 unter der Schwäche im Hochbau. Trotzdem investieren die Hersteller in den Ausbau und die Modernisierung der Produktion.

    Der Branchenverband Vietnam Paint and Ink Association (VPIA) hatte Mitte 2022 für das Gesamtjahr noch ein Absatzplus bei Farben von wertmäßig 30 Prozent prognostiziert. So sollte der Verkauf von 2021 in Höhe von rund 382 Millionen US$ auf 459 Millionen US$ anschwellen. Durch die Krise im Hochbau, die auch 2023 weiter anhält, hat sich die Absatzlage zum Jahresende hin allerdings stark verdüstert. Und das, obwohl die 2. Jahreshälfte in Vietnam typischerweise die absatzstärkste für Farben ist.

    Nach Aussagen der Verbandspräsidentin von VPIA, Nguyen Thi Lac Huyen, im April 2023 war die Auftragslage in der 2. Jahreshälfte 2022 sehr schlecht. Die Hersteller seien nur zur Hälfte ausgelastet gewesen. Im 1. Halbjahr 2023 werde der Absatz weiter sinken. Der Verband hoffe aber, dass 2023 der Tiefpunkt erreicht sei. Ende des Jahres könnte ein Aufschwung einsetzen, so Nguyen Thi Lac. 

    Der Baubereich ist mit einem Marktanteil von rund 70 Prozent der wichtigste Umsatzposten der vietnamesischen Farbindustrie und die Krise im Hochbau hat die Farbenhersteller kalt erwischt. Nach Informationen von VPIA wurden in den letzten Jahren in Vietnam jährlich bis zu 250 Millionen Liter Farbe verbraucht. Davon sind 180 Millionen Liter dekorative Farben. 

    Angesichts steigender Ansprüche und starker Konkurrenz investieren die Hersteller weiter in die Modernisierung und den Ausbau der Produktion. So investierte das norwegische Unternehmen Jotun in den Aufbau einer neuen Produktionsstätte. Nippon Paint plant den Aufbau einer Resinproduktion und will über die Farbenindustrie hinaus in weitere Baumaterialsegmente expandieren.  

    Höhere Ansprüche an Qualität und Verträglichkeit

    Laut dem Branchenverband VIPA sind gut 600 Branchenunternehmen am Markt aktiv, darunter 70 ausländisch investierte Unternehmen. Diese allerdings beherrschen mit einem Anteil von 65 Prozent den Markt. Marktführer im oberen und High End-Segment sind ausländische Hersteller wie 4Orange, Akzo Nobel (in Vietnam unter anderem mit der Marke Dulux vertreten), JOTUN, TAO und Nippon. Im mittleren Preis- und Qualitätssegment gewinnen vietnamesische Unternehmen wie Kansai Paint oder Kova Paint an Präsenz.

    Alle Branchenunternehmen sind auf Importe von Rohmaterialien angewiesen. Rund 70 Prozent der für die Produktion benötigten Bindemittel, Pigmente und andere Grundstoffe müssen mangels einer eigenen Zulieferindustrie im Ausland eingekauft werden. Auch Maschinen und Anlagen werden überwiegend im Ausland beschafft. Hier liegen die Importquoten sogar bei 85 Prozent, so der Branchenverband Vietnam Paint und Ink Association. 

    Unternehmen in Vietnam müssen sich auf einen sich verändernden Markt einstellen. Gerade im Hochpreissegment und hochwertigem Hotelbau erhöhen sich die Anforderungen, die Kunden an Anstriche stellen. Qualität, Langlebigkeit, Schutz gegen Fäulnis, Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Produkte gewinnen an Bedeutung.

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Zulieferprodukte: Gebäudetechnik

    Hochwertige Gebäudetechnik ist fast nur im High-End-Büro- und Industriebau gefragt. Haushalte statten sich zunehmdend mit Sicherheitstechnik und Smart-Home-Anwendungen aus. 

    Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik

    Vietnams Klima ist im Norden subtropisch und im Süden tropisch. Klimaanlagen übernehmen die Kühlung und in den Wintermonaten die Heizfunktion. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit ist die Schimmelanfälligkeit hoch. In modernen, auf längere Betriebsdauer ausgelegten Gebäuden, wird eine hochwertige Lüftungstechnik wichtiger. Auch Luftreinigungssysteme gewinnen angesichts steigender Luftverschmutzung an Bedeutung. 

    Chancen für hochwertige und energieeffiziente Klima- und Lüftungstechnik finden sich vor allem im hochwertigen Hotel- und Industriebau. Ausländische Hotelgesellschaften errichten ihre Gebäude meist gemäß ihren eigenen Energieeffizienzstandards. Dazu gehört eine moderne Klima- und Lüftungstechnik. Ähnlich sieht es im Industriesektor aus. Wenn der ausländische Investor einen hohen Standard vorschreibt, wird eine umweltschonende Anlage eingebaut. Den hohen internationalen Ansprüchen folgen Bauherren aus Westeuropa, Australien und teilweise Südkorea, berichten Kenner des Marktes. Ostasiatische Investoren ziehen Ausrüster aus ihren Herkunftsländern in der Regel vor.

    Effiziente Klimatechnik schwer zu vermitteln

    Vietnamesische Auftraggeber müssen angesichts niedriger Elektrizitätspreise von den Vorteilen moderner Klimatechnik meist erst überzeugt werden. Das Interesse gerade an kostenintensiven Lösungen ist in der Regel sehr gering. Hierbei ist ein nachhaltiger Investitionsplan von Bedeutung, der die Kostenersparnis effizienter Klimatechnik klar verdeutlicht. Der Vertrieb erfordert daher kompetente Partner. Die Käufer erwarten nach Auftragsvergabe eine gesicherte Wartung, sind aber nicht immer bereit, dafür zu zahlen. Verhandlungsgeschick ist hier gefragt.

    Hausautomatisierung und Gebäudesicherheit

    Die Märkte für Hausautomatisierungs- und Sicherheitstechnik sind noch überschaubar. Viele Bauherren sind bei Investitionen in Gebäudetechnik, die grundlegende Standards überschreitet, zurückhaltend. Intelligente Haustechnik im Sinne zentraler Steuerungssysteme oder digitalisierter Lüftungs- und Klimatechnik wird kaum nachgefragt. Selbst dann, wenn Projekte unter der Firmierung "smart" laufen, beschränkt sich nach Einschätzung von Branchenkennern die Digitalisierung auf Anwendungen im Privatbereich ("Smart Home"). 

    Bauherren wie Hotelbetreiber, die Energie- und Unterhaltskosten selber tragen müssen, oder Unternehmen, die bei ihrer Produktion auf gleichbleibende hohe Standards bei Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder sonstigen Umweltfaktoren angewiesen sind, stellen hingegen steigende Ansprüche an ihre Gebäudemanagementsysteme. 

    Sicherheitstechnik wird immer beliebter 

    Die Gebäudesystemtechnik wird fast ausschließlich importiert. Die wichtigsten Anbieter stammen aus Japan (Mitsubishi, Fuji, Toshiba, Azbil), Südkorea (LSIS), den USA (GE und Honeywell) und Europa (Siemens, Bosch, ABB und Schneider Electric).

    Bei Sicherheitstechnik liegen Chancen insbesondere in den Bereichen Überwachungs- und Einbruchsicherungstechnologie oder bei hochwertigen Gefahrenmeldern wie Hochwasser-, Rauch- oder Gasmeldern. Moderne Sicherheitstechnik wird vorwiegend von Unternehmen nachgefragt. So finden Sicherungssysteme wie Videoüberwachungsanlagen und Zugangskontrollsysteme in modernen Shoppingcentern, Hotelanlagen, hochwertigen Büroanlagen und anderen Premiumgebäuden AnwendungNach einer Studie von 6Wresearch könnte der vietnamesische Markt für Sicherheitskameras bis 2026 um jährlich 8,6 Prozent pro Jahr wachsen. 

    Wichtige vietnamesische Händler und Integratoren für Sicherheitskameras sind Vantech und Questek. Nach einer Studie der Beratungsfirma B&Company sind die chinesischen Firmen Hikvision und Dahua vor Kbone aus Südkorea Marktführer bei Sicherheitskameras. Andere ausländische Anbieter sind ebenfalls gut vertreten, wie Axis (Schweden), Panasonic (Japan), Honeywell (USA) und Bosch (Deutschland). Die inländischen Hersteller FPT und BKAV fokussieren sich stärker auf Exportmärkte.

    Smart Home-Anwendungen vor allem in Haushalten

    Das Segment digitale Haustechnik wird in den kommenden Jahren rasch an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnen. Die Coronakrise hat die Verbreitung smarter Haustechnik in Privathaushalten deutlich beschleunigt. Statista hat die Prognosen zum Smart-Home-Markt 2023 angepasst. Demnach waren 15 Prozent der Haushalte in Vietnam Nutzer von Smart-Home-Anwendungen, gegenüber einer vorherigen Prognose von knapp 12 Prozent. Statista schätzt den Umsatz für 2022 auf etwa 232 Millionen US$, eine deutliche Steigerung gegenüber der vorherigen Prognose von 140 Millionen US$. Bis 2027 erwartet das Statistikportal ein jährliches aggregiertes Wachstum von 12,5 Prozent. 2027 könnte der Gesamtmarkt in Vietnam damit ein Volumen von 460 Millionen US$ erreichen.

    Die junge urbane Mittelschicht des Landes ist technikaffin und gerade bei digitalen Anwendungen experimentierfreudig. Der Schutz eigener Daten gewinnt zwar für die Nutzer smarter Anwendungen an Bedeutung. Wenn das Produkt jedoch leicht anzuwenden ist, sinnvoll eingesetzt werden kann oder einfach Spaß macht, sind Datenschutzfragen nachrangig.  "Smart Speaker"- und Steuerungsanlagen wie Amazon's Echo oder chinesische Konkurrenz insbesondere von Xiaomi finden zunehmend Verbreitung.     

    Bei der Entwicklung von passenden Produkten sind vietnamesische Unternehmen zunehmend besser aufgestellt. Firmen wie Bkav SmartHome, Vsmarttek, OnSky und Lumi bieten grundlegende Smart Home-Konzepte in der Preisklasse von umgerechnet 400 bis 2.000 US$ an und wollen damit vietnamesische Privatleute ansprechen. Vietnamesischer Technik stehen die Verbraucher im Lande aber vielfach noch skeptisch gegenüber.

    Ausländische Unternehmen wie Bosch, Siemens und Häfele (alle Deutschland), Smartg4 (USA) sowie Arteor und Schneider Electrics (beide aus Frankreich) haben sowohl hochpreisige als auch kostentechnisch auf die Mittelklasse ausgelegte Systeme im Angebot.

    Stand: April 2023

    Von Peter Buerstedde | Hanoi

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    AHK Vietnam

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Vietnam

    Ministry of Construction

    Bauministerium

    Ministry of Transport

    Transportministerium

    Department for Urban Planning and Architecture (Hanoi; Ho-Chi-Minh-City)

    Bauplanungsamt

    Vietnam Association for Building Materials

    Verband für Baumaterialien

    Vietnam Green Building Council

    Non-Profit-Organsiation zur Förderung der Nachhaltigkeit am Bau

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