Special | USA | Smart Farming
Agrarwirtschaft: Eine exportverwöhnte Branche rüstet auf
Die US-Landwirtschaft ist bereits ein Hochtechnologiesektor. Gleichzeitig wächst die Bedeutung der Agrarproduktion für die Exportwirtschaft.
21.06.2021
Von Ullrich Umann | Washington, D.C.
Der Strukturwandel in der US-Agrarwirtschaft setzt sich im 21. Jahrhundert beschleunigt fort: Aktuell sind Konsolidierungen an der Tagesordnung - die Zahl der Farmen sinkt, doch bewirtschaften die verbleibenden Betriebe größere Flächen. Im Sinkflug befinden sich insbesondere die Anzahl der Farmen im mittleren Größenbereich. Die Zahl spezialisierter kleiner Farmen steigt wiederum an. So ist laut Census of Agriculture die Anzahl der Farmen, die mehr als 1.000 Hektar bearbeiten und einen Jahresumsatz von über 500.000 US-Dollar (US$) aufweisen, ebenso gestiegen wie die Anzahl der Farmen mit weniger als 50 Hektar und einem Jahresumsatz von unter 100.000 US$. Die Zahl der Farmen mit einer Anbaufläche und einem Bruttoumsatz, die zwischen diesen beiden Kategorien angesiedelt sind, nimmt dagegen ab.
Von der Landwirtschaft hängen viele Branchen ab
Die Landwirtschaft, die nachgelagerte Nahrungsmittelverarbeitung und weitere verwandte Industrien haben 2019 zusammen einen Bruttoumsatz von 1,109 Billionen US$ erwirtschaftet. Damit hielten sie einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 5,2 Prozent. Die Landwirtschaft ohne die nachgelagerten Industrien brachte es im gleichen Jahr auf einen Bruttoumsatz von 136,1 Milliarden US$, was einen Anteil von 0,7 Prozent an der BIP-Entstehung darstellte. Etwa 2 Millionen Menschen sind in der Landwirtschaft permanent beschäftigt, was einen Bevölkerungsanteil von weniger als 1 Prozent ausmacht.
Agrarsektor hochproduktiv
Die Agrarwirtschaft in den USA zählt weltweit zu den produktivsten. Auch erwirtschaftet der Erwerbszweig regelmäßig Exportüberschüsse. Für das laufende Jahr 2021 wird ein Überschuss von 22,2 Milliarden US$ erwartet. Demnach werden die Agrarexporte einen Wert von 164,0 Milliarden US$ erreichen. Wichtige Exportprodukte sind Mais, Sojabohnen sowie Vieh, Geflügel, Milchprodukte und Baumwolle, die in erster Linie nach China, Kanada und Mexiko geliefert werden. Die US-Agrarimporte werden den Projektionen nach 2021 einen Wert von 141,8 Milliarden US$ erreichen. Eingeführt werden vor allem Lebendvieh, Fleisch, Gartenbauprodukte, Zucker und tropische Früchte.
Jahr 2019 | |
---|---|
Einwohner (in Millionen) | 332 |
Ackerfläche (in 1.000 Hektar) | 265.266 |
Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in Prozent) | 0,7 |
IMD Digital Competitiveness Ranking (Rang unter 63 untersuchten Ländern) | Platz 1 |
Unter der Biden-Regierung wird die Digitalisierung der Landwirtschaft sowie die Entwicklung und Anwendung von Hochtechnologie in der Agrarproduktion stark gefördert. Dabei wird vor allem die Senkung des CO2-Ausstoßes in der Agrarproduktion als ein strategisches Ziel angesehen. So hat die landwirtschaftliche Erzeugung 2020 einen Anteil am gesamten CO2-Ausstoß der Vereinigten Staaten von 9,9 Prozent gehalten. Nach den Plänen des USDA soll der Ausstoß bis 2025 auf einen Anteil von 3,8 Prozent sinken. Im Jahr 2035 soll die Landwirtschaft sogar in der Lage sein, 4 Prozent des in anderen Sektoren freigesetzten CO2 zu binden und damit einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Digitalisierung befeuert Softwareanwendungen
Neben neuen und technologiebasierten Erzeugermethoden in der Pflanzen- und Viehzucht sollen darüber hinaus der Breitbandausbau und infolge die weite Anwendung datengestützter Lösungen zur Erreichung der Klimaziele beitragen, wie der Studie "Transformative Investment in Climate-Smart Agriculture" ausweist - die Studie hatte die Organisation U.S. Farmers & Rangers Alliance erstellt. Weiterhin heißt es in dem Dokument, dass grundsätzlich zwischen Hardware für die Präzisionslandwirtschaft sowie in Software für das Farm Management (FMS) unterschieden werden muss. Zur Hardware für die Präzisionslandwirtschaft zählen die Autoren unter anderem Technik, mit der die Ausbringungsrate für Dünger, Pestizide etc. feinjustiert und damit verringert werden kann. Ebenfalls gehört dazu Technologie zur Ertragsprognose und zur kartographischen Ertragserfassung, nicht zu vergessen autonom arbeitende Agrartechnik, ausgestattet mit Sensoren und künstlicher Intelligenz. Zu FMS zählen sie unter anderem Dashboards und internetbasierte Computerplattformen für Landwirte und Viehzüchter.
Fehlende Datenstandards erschweren Anwendungen
Gemäß einer Studie von Alpha Brown aus dem Jahr 2018, in der Daten von 1.490 amerikanischen Landwirten ausgewertet wurden, gaben 16,5 Prozent der Probanden an, FMS zu nutzen, wogegen 69 Prozent der Landwirte Papier, Schreibutensilien und nicht-digitale Tools bevorzugen. Als Haupthindernis für die breite Einführung von FMS wurden fehlende Standards identifiziert, was die Interoperabilität der Daten in einem digitalen Farmmanagement ausbremst. Einheitliche Standards machen sich insbesondere durch die wachsende Zahl von FMS-Programmen erforderlich, die am Markt erhältlich sind: Aktuell sind mehr als 150 Programme für unterschiedlichste Anwendungsgebiete im Angebot. Ein weiteres Hindernis für die breite Anwendung von FMS ist der fehlende technische Support zur Installation und Wartung von Hard- und Software in der weiten Fläche des ländlichen Raums.
Projekt | Investition (in US$) | Stand | Projektträger |
---|---|---|---|
Bundesförderung für innovative Projekte der nachhaltigen Landwirtschaft | 75 Mio. | am 16.3.2021 veröffentlicht | |
Forschungszuschuss zur Verbesserung der Bodengesundheit und für klimafreundliche Land- und Forstwirtschaft | 21,7 Mio. | am 21.4.2021 veröffentlicht | U.S. Department of Agriculture |
Einrichtung eines Forschungsinstituts für KI-getriebene Innovationen für Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung | 20 Mio. | am 5.10.2020 veröffentlicht | National Science Foundation und U.S. Department of Agriculture |
18 Zuschüsse zur Erarbeitung von IT-Programmen zur Steigerung der Agrarproduktion | 15,5 Mio. | am 5.4.2021 veröffentlicht |
|
Entwicklung von Technologie zur Messung des CO2-Ausstoßes in der Landwirtschaft, Rekrutierung von Forschungskräften | 3,3 Mio. | Bewerbungsschluss ist der 1.12.2021 | Institute for Sustainability, Energy, and Environment/University of Illinois |
Entwicklung von Robotertechnik zur Bestäubung von Nutzpflanzen | 1 Mio. | am 19.6.2020 veröffentlicht | College of Agricultural, Human, and Natural Resource Sciences |
Forschungsprojekt zur Steigerung der Pflanzenproduktion und Verbesserung der landwirtschaftlichen Nachhaltigkeit durch Smart Farming Technologien | k.A. | läuft bis 2025 | |
Digitales Infrastruktur Projekt der Linux Foundation | open Source | am 5.5.2021 veröffentlicht | Linux Foundation |
Sichtbare Fortschritte gibt es dagegen bei der Entwicklung und Anwendung von künstlicher Intelligenz sowie von Sensortechnik. Die Sensoren werden zum Messen chemischer Substanzen in den Böden und Pflanzen, der Feststellung von Nährstoffwerte und der Feuchtigkeit benötigt, um autonom fahrende Maschinen damit bestücken zu können. Auch ist das Angebot an intelligenten Landmaschinen in den zurück liegenden Jahren sehr breit geworden. Praktisch kann sich kein Unternehmen des Landmaschinenbaus heutzutage dieser Entwicklung mehr verweigern, ohne vom Markt abgestraft zu werden. Der Anteil von Farmen, die intelligente Landmaschinen zur Pflanzen- und Viehzucht bereits anwenden, hat die Studie von Alpha Brown mit 75 Prozent beziffert.
Weiterführende Informationen entnehmen Sie bitte folgenden Beiträgen:
Digitalisierte Bauernhöfe investieren in bessere Vernetzung
Agrarproduktion ist zunehmend softwaregetrieben