Branchen | Uganda | Medizin
Gesundheitssektor auf dem Prüfstand
Die Pandemie verdeutlicht die Schwächen der Gesundheitsversorgung in Uganda. Die Möglichkeiten für private Akteure dürften somit zunehmen.
29.09.2021
Von Carsten Ehlers | Nairobi
- Chronische Krankheiten nehmen auch in Uganda zu
- Geber haben Einfluss auf staatliche Beschaffungen
- Privater Gesundheitssektor favorisiert deutsche Produkte
- Hoher Bedarf an E-Health-Lösungen
- Deutsche Hersteller nutzen lokale Handelsvertreter
- Liefergeschäfte laufen meist über Mombasa
- Akkreditiv als Zahlungsvereinbarung funktioniert nicht immer
Im Gesundheitsbereich rechnen Branchenkenner kurzfristig mit einer durchwachsenen Entwicklung aufgrund der pandemiebedingt eingetrübten wirtschaftlichen Aussichten für 2021 und 2022. Denn privaten und staatlichen Akteuren im Medizinsektor fehlt zum Teil das Geld für Erweiterungsinvestitionen. Dort ist bei Liefergeschäften Vorsicht geboten, aufgrund der nachlassenden Zahlungsmoral der Behörden. Mittelfristig hingegen wird der ugandische Gesundheitssektor als potenzialreicher Wachstumsmarkt eingeschätzt.
Chronische Krankheiten nehmen auch in Uganda zu
Einer der wichtigsten Markttreiber für den Ausbau des Gesundheitssektors ist das rapide Bevölkerungswachstum. Zu den gegenwärtig fast 47 Millionen Einwohner (Jahr 2021) kommen jährlich weitere rund 1,2 Millionen Menschen hinzu, für die in erster Linie der Staat eine Basisversorgung bereitzustellen versucht. Die schnell wachsende ugandische Mittelschicht, welche sich teurere medizinische Behandlungen leisten kann, ist vor allem für den privaten Medizinbereich von Interesse.
Der Bedarf an Behandlungsmöglichkeiten chronischer Krankheiten, wie Krebs, Diabetes und Herz-Kreislaufkrankheiten ist deutlich gestiegen. Die Pandemie macht zudem deutlich, dass es an vielem fehlt, unter anderem an Impfstoff, Covid-Tests, Sauerstoff oder anderen medizinischen Konsumgütern. Investitionen in die Produktion dieser Güter sind von der Regierung erwünscht.
Indikator | Wert |
Einwohnerzahl (2021 in Mio.) | 46,8 |
Bevölkerungswachstum (2020 in % p.a.) | 3,3 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2020) | |
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 46,0 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 2,0 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2019) | 63,4 |
BIP pro Kopf (2021 in US$) | 972,0 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2020 in US$) | 46,4 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2020 in %) | 6,3 |
Ärzte/100.000 Einwohner (2017) | 16,8 |
Zahnärzte/100.000 Einwohner (2019) | 7,0 |
Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2010) | 50 |
Geber haben Einfluss auf staatliche Beschaffungen
Der größte Käufer im ugandischen Medizinsektor ist der Staat. Bei Ausschreibungen hat der Preis Priorität, häufig bestimmt die internationale Gebergemeinschaft, bei welchen Zulieferern gekauft werden muss. Und auch Compliance-Themen spielen eine wichtige Rolle. Deutsche Hightechprodukte werden zwar nachgefragt. Allerdings würden Hersteller ihre Chancen erhöhen, wenn sie eine technisch abgespeckte und dadurch günstigere Version für den afrikanischen Markt anbieten könnten.
Da dem Staat finanzielle Mittel fehlen, ist er zu Kooperationen mit dem Privatsektor bereit. Insbesondere bei der Bereitstellung und dem Betrieb von Einrichtungen für die Behandlung chronischer Krankheiten. Public-private-Partnerships (PPP), bei denen der private Partner vorrangig das Geld vorschießen soll, sind genau zu prüfen. Ein negatives Beispiel hierfür ist das Lubowa Hospital Projekt in Kampala, das inzwischen auf Eis liegt. Interessanter sind PPP, bei denen ein Know-how-Transfer im Mittelpunkt steht.
Privater Gesundheitssektor favorisiert deutsche Produkte
Ebenfalls interessant, wenngleich in kleinerem Umfang, ist der private Gesundheitssektor, der sich in Uganda auf lukrative medizinische Dienstleistungen konzentriert. Dazu zählen chronische und Kindererkrankungen, Orthopädie, Schönheitschirurgie, Augenheilkunde sowie Diagnostik.
In den vergangenen Jahren entstanden diverse Privatkrankenhäuser in Kampala, deren Betreiber immer wieder in zusätzliche Kapazitäten investieren. Hinzukommen zahlreiche Arztpraxen und Diagnostikzentren. Eine wichtige Rolle spielen auch Kirchen und Stiftungen, die „Non-Profit“-Kliniken betreiben. Insbesondere private Käufer achten auf Qualität im Sinne von Langlebigkeit und Beratung.
Hoher Bedarf an E-Health-Lösungen
Maßgeschneiderte Software-Lösungen im Bereich E-Health werden immer wichtiger: Denn Krankenhäuser benötigen eine bessere Erfassung von Patientenakten, Krankenversicherungen müssen Mitgliederdaten und die zugehörigen Arztrechnungen effizienter gestalten und auch der Staat hat Interesse an einer verbesserten Gesundheitsanalyse seiner Bevölkerung. Darüber hinaus spielen Telemedizin, informative Apps-für Patienten im ländlichen Raum, Online-Vertrieb von Medikamenten sowie die Belieferung mit Drohnen eine Rolle.
Das Marktforschungsunternehmen Fitch Solutions schätzt den Gesundheitsmarkt Ugandas im Jahr 2021 auf etwa 2,3 Milliarden US-Dollar (US$), der Absatz von Pharmazeutika könnte davon etwa 440 Millionen US$ einnehmen. Deutsche Unternehmen sind regelmäßig als Zulieferer von Pharmazeutika und Medizintechnik beteiligt. Laut dem Branchenverband Spectaris kamen deutsche Lieferungen von Medizintechnik im Jahr 2020 auf rund 6,3 Millionen Euro.
Projekt | Investitionssumme | Anmerkung |
Mbuya Military Referral Hospital | 35 Mio. US$ | im Bau; Finanzierung: Uganda People’s Defence Force (UPDF); Krankenhaus mit 250 Betten |
100 Mio. US$ | Bau eines neuen privaten Krankenhauses mit 600 Betten | |
10 Mio. US$ | in Planung; Ausbau des privaten Krankenhauses |
Deutsche Hersteller nutzen lokale Handelsvertreter
Fast sämtliche medizintechnischen und pharmazeutischen Produkte müssen nach Uganda eingeführt werden. Der bekannteste lokale Hersteller von Pharmazeutika ist die von der WHO zertifizierte CiplaQCI. Viele deutsche Zulieferer operieren über lokale Handelsvertreter in Uganda, häufig auch vom regionalen Hub in Nairobi (Kenia) aus. Über die Anreize und Risiken bei einer Ansiedlung in Uganda informiert der Bericht zum Investitionsklima.
Liefergeschäfte laufen meist über Mombasa
Üblicherweise erfolgt der Warentransport nach Uganda über den kenianischen Hafen Mombasa oder den Flughafen in Entebbe. In Mombasa kann bereits die Registrierung der Ware bei der Uganda Revenue Authority (URA) erfolgen, da Uganda und Kenia der Zollunion East African Community (EAC) angehören. Die endgültige Verzollung erfolgt später in den Zollfreilagern in Kampala. Pharmazeutika und Medizintechnik werden dort zusätzlich noch von der Regulierungsbehörde National Drugs Authority (NDA) inspiziert. Pharmaprodukte müssen von der NDA eine Marktzulassung erhalten.
Akkreditiv als Zahlungsvereinbarung funktioniert nicht immer
Bei staatlichen und privaten Geschäften setzen Lieferanten als Zahlungsbedingung gerne ein Akkreditiv ein. Doch viele staatliche Stellen lehnen dies ab und zahlen den vollen Betrag erst nach Lieferung, was das Risiko birgt, dass der Zulieferer seinem Geld hinterherlaufen muss. Attraktiver sind geberfinanzierte Ausschreibungen, bei denen der Geber direkt an den Lieferanten bezahlt, wie zum Beispiel bei der African Development Bank (AfDB).
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Institution der GIZ; Beratung deutscher Unternehmen u.a. bei Geberprojekten | |
Portal der Exportinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie | |
Ugandisches Gesundheitsministerium | |
Zentrale Beschaffungsstelle für den staatlichen Gesundheitssektor | |
Verband der privaten Krankenhäuser | |
Verband niedergelassener Ärzte | |
Fachpublikation |