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Branchen | Tschechische Republik | Gesundheitswesen

Rahmenbedingungen und Marktzugang

Bei Beschaffung von Medizintechnik sollen staatliche Krankenhäuser stärker kooperieren. Im Consumer-Health-Markt hat die Pandemie die Rolle elektronischer Absatzkanäle verstärkt.

Von Miriam Neubert | Prag

Auf der Vertriebsseite bestimmen in den Segmenten Arzneimittel, aber auch medizinischen Verbrauchsmaterialien Großhändler mit ihren Distributionszentren das Bild. Sie beliefern Apotheken und Krankenhäuser. Die größten sind die im Verband der Großhändler zusammengeschlossenen Distributoren Alliance Healthcare, Phoenix und ViaPharma. Sie gehören zu ausländischen oder tschechischen Gesundheitsdienstleistungsgruppen, die zum Teil auch Apothekenketten umfassen. Hinzu kommen spezialisierte Großhändler und die Hersteller selbst.

Wachsende Konzentration der Apotheken

Im Arzneimitteleinzelhandel haben unter den circa 2.700 Apotheken die inhabergeführten weiterhin Gewicht. Doch nimmt die Marktkonzentration über Apothekenketten zu. Die größten sind Dr. Max mit 480 Filialen und die zu Phoenix gehörende BENU mit 280 Filialen.

Im Auf und Ab der Pandemie hatten die Einzelhändler einen Vorteil, die schon länger über mehrere Kanäle arbeiten (Omnichannel) und ihre Kunden digital bedienen konnten, als die Infektionsgefahr hoch war. Punkten konnten auch Apotheken- und Drogerie-Internethändler. Die größten sind lekarna.cz, Apotek und pilulka.cz. Letztere verfügt zugleich über ein Netz von 140 zum Teil eigenen, zum Teil im Franchise kooperierenden Apotheken.

In Tschechien sind rund 120 Internet-Apotheken registriert. Ihren Markt beziffert die Marktberatungsgesellschaft IQVIA auf umgerechnet circa 100 Millionen Euro, ihren Anteil am gesamten Consumer-Health-Markt auf ein Zehntel. Stationäre Apotheken bleiben wichtig, weil nur in ihnen die verschreibungspflichtigen Medikamente abgeholt werden können.

Das Staatliche Institut für Arzneimittelkontrolle SUKL führt Datenbanken der zugelassenen Distributoren und Apotheken. Es ist die Stelle, die die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente und die Konditionen für ihre Erstattung festlegt und zu jedem 1. eines Monats veröffentlicht.

Gemeinsame Beschaffungsprojekte

Bei Medizintechnik und -produkten treten an die Seite von spezialisierten Vertriebsfirmen wie etwa Mapo Medical, Hospimed oder Promedica die tschechischen Vertriebsgesellschaften ausländischer Hersteller - vor allem wenn es um Technik der Nuklearmedizin geht oder die Ausstattung ganzer Einheiten, etwa Operationssäle.

Öffentliche Krankenhäuser sind der größte Auftraggeber für diese Produkte. Ihre Ausschreibungen sind gut nachzuvollziehen, da sie neben dem Tschechischen Amtsanzeiger im Tenders Electronic Daily der Europäischen Union (EU) veröffentlicht werden. Germany Trade and Invest bietet als Partner des European Tender Information System (ETIS) Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen unter- und oberhalb der nach den EU-Vergaberichtlinien geltenden Schwellenwerte an. Wichtige Investoren sind aber auch die 76 Krankenhäuser in privater Trägerschaft von Gruppen wie Agel, EUC, Penta, Vamed oder von kirchlichen Einrichtungen. Um zu erfahren, welche Pläne öffentliche und private Träger haben, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit eingeführten lokalen Handelsfirmen oder eine eigene Vertriebsniederlassung. Bei der Geschäftspartnersuche und generell dem Markteinstieg hilft die AHK Tschechien.

Gerätekommission billigt Medizintechnikeinkäufe

Das Gesundheitsministerium hat die ihm unterstehenden 24 Krankenhäuser aufgefordert, in Pilotprojekten ihre Beschaffungsprozesse besser zu koordinieren. Vor allem bei Verbrauchsmaterialien - etwa Spritzen, Schutzmasken, Desinfektionsmitteln - haben gemeinsame Tender schon Kosten und administrativen Aufwand gespart. Bei Medizintechnik aber erwies sich ein koordinierter Anlauf wegen der spezifischen Bedingungen als schwierig.

Größere öffentlich finanzierte technische Anschaffungen der Krankenhäuser brauchen das grüne Licht durch eine spezielle Gerätekommission. Diese tagt vier Mal im Jahr und befindet bei medizinischen Geräten ab einem Wert von 5 Millionen Kronen (circa 195.000 Euro), ob die Anschaffung mit Blick auf vorhandene Kapazitäten und Nachfrage notwendig und der Preis angemessen ist. Nach jeder Sitzung wird die Liste der gebilligten Anschaffungen veröffentlicht.

Das Portal Mapa zdravotnické techniky gibt einen Überblick zur aktuellen Medizintechnikausstattung der Krankenhäuser.

Deutsche Anbieter sind sehr gut aufgestellt

Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel gibt es rund 2.400 Unternehmen, die medizinische und zahnmedizinische Apparate und Materialien herstellen (NACE 32.5), davon sind die meisten Einzelunternehmer. Außerdem sind 66 Produzenten von elektromedizinischen Geräten registriert (NACE 26.6). Hinzu kommen 88 Unternehmen der Pharmaindustrie und medizinischen Biotechnologie.

Unter den Großen gibt es eine Reihe mit ausländischen Müttern. Das ist besonders in der Pharmaindustrie der Fall (Merck, Johnson & Johnson, Novartis, Gilead, Lonza Biotec, Teva, Glenmark, Otsukam), aber auch der Herstellung von medizinischen Produkten und Technik (Gerresheimer, GCE, Mölnlycke Health Care, Hartmann-Rico, Lohmann & Rauscher). Mit Linet bietet Tschechien den größten europäischen Hersteller von medizinischen Betten, die er zunehmend digitalisiert. Die südmährische Metropole Brno hat sich durch Unternehmen wie Delong Instruments, Thermo Fisher Scientific oder Tescan Orsay Holding zu einem Weltmarktführer in der Elektronenmikroskopie entwickelt. Zentiva ist mit Generikaprodukten der größte Pharmahersteller des Landes, der nach eigenen Angaben eins von fünf verschriebenen Medikamenten im Land liefert.

Deutsche Anbieter sind im gesamten Gesundheitssegment gut aufge­stellt. Laut dem Tschechischen Statistikamt standen sie auch in der turbulenten Coronazeit im Jahr 2020 und in den ersten acht Monaten 2021 im grenzüberschreitenden Warenverkehr als Lieferanten vor den USA, China und den Niederlanden - sowohl im Segment elektrodiagnostische und radiologische Geräte (SITC 774), als auch bei medizinischen Instrumenten, Apparaten und Geräten (SITC 872). Das gilt ebenso bei den Arzneimitteln, wo Deutschland vor Dänemark und Frankreich liegt.

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