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Regierung treibt Straßenbau mit Hochdruck voran

In Indien befinden sich zurzeit Straßenbauprojekte mit einem Investitionsvolumen von 434 Milliarden US-Dollar im Bau oder in Planung. Die Finanzierung gestaltet sich oft schwierig.

Von Boris Alex | New Delhi

Der Ausbau des Verkehrswegenetzes kommt trotz Coronapandemie weiter voran. Die indische Regierung hat in den vergangenen Jahren milliardenschwere Bauprogramme in dem Sektor aufgelegt. Im Finanzjahr 2021/2022 (1. April bis 31. März) stellt die Zentralregierung 15 Milliarden US-Dollar (US$) zur Verfügung, hinzu kommen weitere finanzielle Mittel aus den Bundesstaaten. Die öffentlichen Gelder reichen aber bei Weitem nicht aus, um alle geplanten Vorhaben zu realisieren. Neue Betreiber- und Finanzierungsmodelle sollen Anreize für private Unternehmen und ausländische Investoren bieten.

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Im Rahmen des Bharatmala Pariyojana Project, dem Straßenbauprogramm der Zentralregierung, sollen bis zum Ende des Finanzjahres 2024/2025 rund 84.000 Kilometer Land- und Schnellstraßen fertig gestellt werden. Seit 2017 laufen die Arbeiten der ersten Bauphase, die bis Ende 2022 abgeschlossen sein sollten. Allerdings hinkt Indien diesem Zeitplan hinterher. So wurden von den 34.800 Kilometern an neuen Autobahnen bis Juli 2021 erst die Hälfte ausgeschrieben und nur knapp 6.000 Kilometer fertig gebaut. Die Regierung hofft, die Tender für die restliche Strecke bis Anfang 2023 und den Bau bis 2025 abschließen zu können. Die erwarteten Kosten für die erste Bauphase liegen mit 110 Milliarden US$ inzwischen gut 50 Prozent über dem geplanten Budget.

Bau von 22 Schnellstraßen bis Ende 2025 geplant

Parallel zum Straßenbauprogramm der Zentralregierung will die National Highways Authority of India (NHAI) 22 Schnellstraßen, sogenannte Expressways, mit einer Länge von 7.800 Kilometern bauen. Die für das Autobahnnetz zuständige Bundesagentur beziffert die Kosten auf 44 Milliarden US$. Die ersten vier dieser Straßen werden bis Ende 2023, weitere zehn ein Jahr später und die übrigen Expressways bis Ende 2025 in Betrieb genommen, so die Pläne der NHAI. Im Mai 2021 wurden Bauaufträge über 3.100 Kilometer vergeben. Die Ausschreibungen über die restliche Strecke sollen bis Mitte 2022 abgeschlossen sein.

Das größte Einzelvorhaben ist eine achtspurige Autobahn zwischen der Hauptstadt New Delhi und der Finanzmetropole Mumbai. Mitte 2021 waren bereits Bauaufträge über fast 90 Prozent der 1.380 Kilometern langen Strecke vergeben. Fertigstellungstermin für das 13 Milliarden US$ teure Projekt ist Ende 2023. Je nachdem, wie sich das Verkehrsaufkommen entwickelt, kann die Strecke auf zwölf Spuren erweitert werden.

Die 281 Kilometer lange Verbindung zwischen den beiden südindischen Metropolen Chennai und Bengaluru ist ein weiteres Schlüsselprojekt. Der indische Tiefbaukonzern Dilip Buildcon hat im September 2021 den Zuschlag zum Bau der Schnellstraße erhalten. Auf der Strecke sollen ab Frühjahr 2023 die ersten Autos verkehren. Die Kosten für das Vorhaben beziffert die NHAI auf 460 Millionen US$.

Zahlreiche Projekte der Bundesstaaten in der Pipeline

Neben den Investitionsprogrammen der Zentralregierung befinden sich in einer Reihe von Bundesstaaten weitere Straßenprojekte im Bau beziehungsweise in Planung. In Uttar Pradesh steht beispielsweise der Bau der knapp 600 Kilometer langen, sechsspurigen Schnellstraße "Ganga Expressway" zwischen Meerut und Prayagraj in den Startlöchern. Das 4,8 Milliarden US$ teure Bauvorhaben soll im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft realisiert werden. Die drei indischen Tiefbaukonzerne Adani Enterprises, Ashoka Buildcon und IRB Infrastructure konkurrieren um den Zuschlag für das Projekt.

Zurzeit befinden sich auf allen verschiedenen föderalen Ebenen zusammengenommen rund 4.800 Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 434 Milliarden US$ in der "National Infrastructure Pipeline". Das 2015 gestartet Dachprogramm für den Ausbau der Infrastruktur sieht vor, dass die Projekte bis 2025 fertig gestellt oder zumindest angeschoben werden müssen. Dadurch soll unter anderem das nationale Schnellstraßen- und Autobahnnetz um fast 50 Prozent auf 200.000 Kilometer ausgebaut werden.

Privatsektor engagiert sich stärker im Straßenbau

Die Regierung will die milliardenschweren Investitionen im Straßenbau möglichst gemeinsam mit dem Privatsektor stemmen. In der Vergangenheit waren Unternehmen aber eher zurückhaltend. Vor allem bei Projekten, die als sogenannte Build Operate Transfer (BOT) realisiert werden sollen, ist das Interesse auf Seiten der Privatwirtschaft gering. Der Großteil der Vorhaben wird deshalb im Rahmen von Engineering-Procurement-Construction-Verträgen (EPC) an ein Generalunternehmen vergeben, das den Bauauftrag zu einem Festpreis übergibt.

Anfang 2016 hat die Regierung ein neues Public-private-Partnership-Modell (PPP) eingeführt. Beim Hybrid Annuity Model (HAM) - einer Mischung aus BOT und EPC - erhält das bezuschlagte Unternehmen in den ersten fünf Jahren 40 Prozent der Projektkosten in fünf jährlichen Tranchen. Die Finanzierung der restlichen 60 Prozent muss das Unternehmen bewerkstelligen. Im Gegenzug erhält es über die Projektlaufzeit eine variable Annuitätenzahlung aus den Nutzungsgebühren, welche die NHAI mit dem Betrieb der Schnellstraße einnimmt.

Immer mehr Projekte werden inzwischen im Rahmen des hybriden Modells realisiert. Bis Juni 2021 waren es 40 Prozent der insgesamt 543 Bauvorhaben im Rahmen des Bharatmala Pariyojana Project. Mit 58 Prozent entfiel der Großteil aber weiterhin auf EPC-Verträge, lediglich vier Projekte wurden als BOT umgesetzt. Mit der im September 2021 gestarteten "National Monetisation Pipeline" will Indien weitere Mittel zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten generieren. Dabei werden Vermögenswerte nicht verkauft, sondern Investoren zur Nutzung für einen begrenzten Zeitraum überlassen.  Die Regierung hat rund 26.700 Kilometer an bestehenden Autobahnen hierfür identifiziert.

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