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Russlands Bauwirtschaft bleibt auf Wachstumskurs

Die Regierung sorgt für weiteren Schwung am Bau. Vergünstigte Hypothekenkredite kurbeln den Wohnungsbau an. Anleihen sollen den Bau und die Sanierung von Verkehrswegen fördern.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Die Bauleistung in Russland stieg von Januar bis August 2021 um 7 Prozent auf rund 73,5 Milliarden Euro. Wichtigster Wachstumstreiber sind staatliche Investitionen in den Bau von Wohnungen und Verkehrsinfrastruktur. Mit der „Strategie zur Entwicklung der Bauwirtschaft“ will die Regierung der Branche bis 2035 weiteren Schwung verleihen. Doch steigende Materialkosten und der chronische Mangel an Arbeitskräften verteuern Bauprojekte und bremsen mittelfristig das Wachstum.

Vergünstigte Hypothekenkredite beflügeln den Wohnungsbau

Für 2021 rechnet der für Bauwirtschaft zuständige stellvertretende Ministerpräsident Marat Chusnullin mit 85,6 Millionen Quadratmeter Neubaufläche. Im Jahr 2022 sollen 90 Millionen Quadratmeter Wohnraum errichtet werden. Immer mehr im Trend liegen Einfamilienhäuser. Wichtigster Entwicklungstreiber sind vergünstigte Hypothekenkredite. Im 1. Halbjahr 2021 wurden rund 936.000 Kredite im Umfang von rund 30,8 Milliarden Euro vergeben. Mengenbezogen ist das ein Plus von 44 Prozent und wertbezogen ein Zuwachs von 74 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Um eine Überhitzung des Marktes zu verhindern, wurden zum 2. Juli 2021 die Vergabekriterien angepasst.

Die MR Group saniert für rund 250 Millionen Euro ein historisches Wohnviertel in der Moskauer Nikolskaja Straße. An der Prachtstraße Arbat baut die MR Group für 125 Millionen Euro die Gebäude der Genossenschaft Moskowski Potschtowik zu Elitewohnungen um. Der Luxusimmobilienentwickler Vesper errichtet für rund 250 Millionen Euro Wohnungen und Büros in der Nähe des Kiewer Bahnhofs.

Infrastrukturkredite fördern Verkehrswegebau

Die Regierung treibt den Bau und die Sanierung von Straßen voran. Bis Ende 2023 stehen für Investitionen in Verkehrsinfrastruktur rund 6 Milliarden Euro aus dem föderalen Haushalt bereit. Regionen können Gelder für einen Zeitraum von 15 Jahren zu einem Jahreszins von 3 Prozent abrufen.

Die Mautautobahn von Moskau nach Jekaterinburg, die Teil des Transportkorridors Europa - Westchina ist, wird weiter nach Tscheljabinsk und Tjumen verlängert. Mit dem Bau der Schnellstraße zwischen Jekaterinburg und Krasnodar will die Autobahnbetreibergesellschaft Awtodor ab 2023 beginnen. Um die Tourismuszentren im Süden wie das Bäderzentrum Kawkazskyje Mineralnyje Wody, die Skitourismushochburgen Archyz und Dombai im Kaukasus sowie die Schwarzmeermetropole Sotschi besser miteinander zu verbinden, ist der Bau einer Straße von Kislowodsk nach Adler geplant.

Schieneninfrastruktur-Großprojekte laufen an

Russlands Schienennetz ächzt unter dem steigenden Frachtaufkommen. Für das Gesamtjahr 2021 erwartet die Russische Eisenbahn (RZD) einen Anstieg der Menge um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wichtigster Wachstumstreiber ist der Containertransit aus Asien nach Europa.

Mit dem Projekt Wostotschny Polygon soll die Transportkapazität der Transsibirischen Eisenbahn und Baikal-Amur-Magistrale (BAM) bis 2024 auf 180 Millionen Tonnen gesteigert werden. Für die zweite, 9,5 Milliarden Euro teure Ausbauphase der BAM greift RZD auf Einheiten der Eisenbahntruppen zurück. Langfristig erwägt RZD den Bau einer neuen Transportroute aus Sibirien nach Westchina und zieht drei mögliche Optionen in Betracht. Die rund 1.000 Kilometer lange Strecke soll den Transport von rund 30 Millionen Tonnen Fracht pro Jahr ermöglichen.

Präsident Putin beauftragte die Regierung, bis 1. Dezember 2021 einen Bericht vorzulegen, wie die Arbeiten an der 700 Kilometer langen Polarkreisbahn zwischen Obskaja und Nadym beschleunigt werden können.

Die Bauarbeiten an der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Moskau und Sankt Petersburg über Weliki Nowgorod beginnen im Jahr 2022. Die rund 680 Kilometer lange Strecke soll bis 2027 in drei Etappen realisiert werden. Der Weiterbau der Strecke von Moskau über Nischni Nowgorod nach Kasan ist im aktuellsten Entwurf der Verkehrsstrategie bis 2035 enthalten.

Hafeninfrastruktur wird modernisiert und erweitert

Der Güterumschlag in russischen Seehäfen stieg in den ersten neun Monaten 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,7 Prozent auf 621,5 Millionen Tonnen. Die Regierung will den Güterumschlag zur See steigern und forciert den Bau neuer Terminals, vor allem im Fernen Osten und in der Arktis.

Das Unternehmen Mnogofunkcionalnyj Gruzowoj Rajon und die Gazprombank vereinbarten den Bau eines 420 Millionen Euro teuren multifunktionellen Hafens bei Poronajsk auf der Insel Sachalin. Der Kohlekonzern Jelgaugol (gehört zu A-Property) plant bei Tschumikan in der Region Chabarowsk den Bau eines Umschlagterminals für Kohle. Das rund 380 Millionen Euro teure Projekt soll 2026 fertiggestellt werden. Das Düsseldorfer Logistikunternehmen Martrade will als strategischer Partner beim Bau von Containerterminals in der Hafen-Sonderwirtschaftszone (SWZ) Olja im Gebiet Astrachan einsteigen.

Russland will den Nördlichen Seeweg für den Schiffstransport zwischen Europa und Asien als konkurrenzfähige Transportroute zum Suezkanal entwickeln. Ab 2030 soll die rund 6.000 Seemeilen lange Route entlang der russischen Nordküste ganzjährig befahrbar sein und das jährliche Frachtvolumen auf 150 Millionen Tonnen steigen.

Steigender Investitionsbedarf in Flughafeninfrastruktur

In den ersten drei Quartalen 2021 reisten 83,6 Millionen Passagiere per Flugzeug, meldet die Luftverkehrsbehörde Rosaviazija - ein Plus von 58,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zahlreiche regionale Flughäfen entsprechen nicht mehr den neuesten Sicherheitsanforderungen, so dass der Flugverkehr zeitweise ausgesetzt werden muss. Die Regierung treibt die Modernisierung von Regionalflughäfen voran. Im Mai 2021 genehmigte die Regierung ein Programm zur Sanierung weiterer 56 Flughäfen.

Nowaport wird Anfang 2022 mit dem Bau eines Flughafens im Skigebiet Scheregesch im Gebiet Kemerowo beginnen. Die Investitionen belaufen sich bis 2024 auf rund 170 Millionen Euro. In Tomsk entsteht bis 2026 ein neues Flughafengebäude für Inlandsflüge.

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