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Special | Russland | Klimawandel

Exportwirtschaft macht Druck beim Klimaschutz

Russland spürt die Folgen des Klimawandels immer stärker. Nachdem die Politik das Thema lange ignorierte, tritt nun ein Sinneswandel ein. Treibende Kraft ist die Exportwirtschaft.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Jahr für Jahr breiten sich Waldbrände in der Taiga weiter aus, dauern Dürrephasen im Süden länger und kommt es zu verheerenden Überflutungen. Der Klimawandel trifft Russland mit voller Wucht. Der volkswirtschaftliche Schaden durch die Erderwärmung wird bis 2050 auf rund 100 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Hinzu kommen weitere Kosten durch den schleichend auftauenden Permafrost im Hohen Norden, der große Mengen des Klimakillers Methan freisetzt. Die Nachteile dürften die Vorteile der Erderwärmung, wie die ganzjährige Nutzung des Nördlichen Seewegs, die Erschließung der Arktis oder die Urbarmachung weiterer landwirtschaftlich nutzbarer Flächen deutlich überwiegen.

CO2-Grenzausgleich der EU bedroht Russlands Wirtschaftsmodell

Neben der Umwelt leidet auch die Wirtschaft zunehmend unter den Folgen des Klimawandels. Die geplante Einführung der CO2-Grenzsteuer (Carbon-Border Adjustment Mechanism) der Europäischen Union (EU) lässt die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, Russlands wichtigstem Ausfuhrgut, in seinem größten Absatzmarkt sinken. Im Jahr 2020 bezog die EU aus Russland Öl, Ölprodukte und Erdgas im Wert von rund 60 Milliarden Euro. Zu den Einnahmeausfällen für den Staatshaushalt kommen weitere Zusatzkosten von rund 3 bis 5 Milliarden Euro pro Jahr auf Exporteure von Produkten mit einem hohen CO2-Fußabdruck wie Metalle, Zement oder Düngemittel zu.

Regierung beschließt Klimaschutzgesetz

Die Staatsduma reagiert und verabschiedete Anfang Juni 2021 ein Gesetz zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen und die Einführung eines für Großemittenten verpflichtenden Monitoring-Systems. Bis 2030 soll der Schadstoffausstoß gegenüber dem Niveau von 1990 auf bis zu 70 Prozent sinken. Verbindliche Reduktionsziele für einzelne Branchen enthält das Dokument jedoch nicht. Die meist auf den Inlandsmarkt fokussierte Industrielobby sprach sich gegen die Festlegung konkreter Emissionsquoten aus. Auch ist keine Besteuerung CO2-intensiver Produkte vorgesehen.

Entsprechend gering ist der finanzielle Anreiz für Unternehmen, mehr in den Klimaschutz zu investieren. Generell kritisieren Umweltexperten die Ziele des Gesetzes als zu wenig ambitioniert, da Russland die Anforderungen bereits heute problemlos erfülle. Dies liegt am hohen Basiswert von 3,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 1990.

Daneben erarbeitet die Regierung bis 1. Oktober 2021 eine „Entwicklungsstrategie zur Senkung der CO2-Emissionen bis 2050“. Bis dahin soll der Netto-Ausstoß von Treibhausgasen stärker sinken als in der EU, kündigte Präsident Wladimir Putin in seiner Rede zur Lage an die Nation im April 2021 an.

Wachsender Bedarf an Umwelttechnik

Der Green Deal der EU veranlasst exportorientierte Konzerne, die Modernisierung ihrer Produktionen voranzutreiben und in Lösungen zur Verringerung des Schadstoffausstoßes zu investieren. Der steigende Bedarf an grünen Technologien eröffnet deutschen Firmen gute Absatzchancen. Präsident Putin kündigte beim digitalen Klimagipfel von US-Präsident Joe Biden im April 2021 an, in der Sparte Grüne Technologien ausländischen Investoren Präferenzen zu gewähren. Potenzial bieten der geplante Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft, der Bau von Windkraftanlagen sowie die E-Mobilität.


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