Die Regierung hat die Einschränkungen angepasst und ein zweites Konjunkturpaket in Aussicht gestellt. (Stand: 15. Januar 2021)
Krisenmaßnahmen der französischen Regierung 2020
Umfang: insgesamt etwa 220 Milliarden Euro, etwa 10 Prozent des BIP, gegenüber 1,1 Prozent nach Finanzkrise 2008/2009
1. Phase ab März: Hilfspaket - Kurzarbeit, Kreditgarantien, Soforthilfen (etwa 100 Milliarden Euro), für neue Ausgangssperre ab 30. Oktober um 20 Milliarden Euro aufgestockt 2. Phase ab Mai: Sektorprogramme 3. Phase ab September: Maßnahmenpaket France Relance (mit Sektorprogrammen etwa 100 Milliarden Euro) - Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Nachhaltigkeit |
Maßnahmen zur unmittelbaren Bewältigung der Krise
Gemäß dem Selbstverständnis des französischen Staates als Lenker der Wirtschaft hatte die Regierung Mitte März 2020 ein umfassendes Hilfspaket aufgelegt. Um Unternehmen am Leben zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern, griff sie zum gleichen Maßnahmenmix wie Deutschland.
Seither können Unternehmen, denen pandemiebedingt ein bestimmter Anteil ihres Geschäfts weggebrochen ist, Kurzarbeit beantragen. Zunächst erhielten Arbeitnehmer ihren gesamten Nettolohn und Arbeitgeber wurden voll entschädigt. In der Folgezeit sind die Regeln wiederholt verschärft worden. Nach deutschem Muster hat die Regierung ein Langzeitkurzarbeitergeld eingeführt, das nur bei Abschluss einer Vereinbarung mit den Sozialpartnern gewährt wird. Ab 1. März 2021 soll der Arbeitgeberbeitrag am Kurzarbeitergeld von 15 Prozent auf 40 Prozent steigen, mit Ausnahme der Sektoren, die weiter direkt von Einschränkungen zur Pandemiebekämpfung betroffen sind.
Um Liquiditätsengpässen vorzubeugen, können Unternehmen über ihre Banken Kredite aufnehmen, die von der Staatsbank Bpifrance bis zu 90 Prozent garantiert werden. Etwa 620.000 Unternehmen haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht. Das Kreditvolumen belief sich bis Mitte Dezember auf 126 Milliarden Euro. Im September hatte die Regierung mit den Banken niedrige Zinssätze für eine Streckung der Kredite ausgehandelt. Zudem kündigte sie im Januar 2021 an, dass alle Unternehmen die Rückzahlung der Kredite um ein Jahr aufschieben können.
Unternehmen, deren Geschäft eingebrochen ist, haben auch die Möglichkeit, die Zahlung von Sozialabgaben und Steuern zu verschieben. In Extremfällen können Steuern erlassen werden. Bis Mitte Dezember 2020 hatten Firmen die Zahlung von 3,2 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben aufgeschoben. Diese Möglichkeit gilt nur noch für Firmen, die direkt von administrativen Einschränkungen betroffen sind.
Darüber hinaus gibt es Soforthilfen aus dem Solidaritätsfonds (Fonds de solidarité). Zunächst für kleinere Unternehmen aufgelegt, wurden diese seit dem zweiten Lockdown auf mittlere Unternehmen ausgeweitet. Seit Januar 2021 können größere Firmen, die direkt von Einschränkungen betroffen sind, zusätzlich zur anteiligen Übernahme von Umsatzausfällen auch Zuschüsse zu den Fixkosten beantragen. Bis Mitte Januar 2021 haben 1,9 Millionen Firmen rund 11,9 Milliarden Euro an Soforthilfen erhalten.
Maßnahmen zur wirtschaftlichen Wiederbelebung
Neben den breit angelegten Hilfsmaßnahmen hat die Regierung auch Konjunkturhilfen für bestimmte Sektoren und zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit aufgelegt. Parallel zur Lockerung der Einschränkungen des Wirtschafts- und Privatlebens ab Mitte Mai hatte sie zunächst branchenspezifische Hilfspakete zur Konjunkturbelebung von rund 40 Milliarden Euro lanciert. Diese betreffen vor allem die Kfz-Industrie, den Flugzeugbau, den Tourismus, den Bausektor und Start-ups.
Für die Kfz-Industrie wurden vorübergehend Kauf- und Abwrackprämien angehoben, um hohe Lagerbestände an Fahrzeugen, die in der Krise aufgelaufen waren, abzubauen. Im Gegenzug verpflichtet sich die Industrie bis 2025 die Produktion von Elektroautos und Plug-in-Hybriden auf 1 Million anzuheben.
Staat fördert Entwicklung eines Hybrid- oder Wasserstoffflugzeugs
In der Kfz-Industrie und im Luftfahrtsektor sind Fonds geschaffen worden, um notleidende Zulieferer mit Liquidität zu versorgen und die Modernisierung und Automatisierung voranzutreiben. Airbus als Herzstück der Luftfahrtindustrie soll von der Erneuerung der Flotte von Air France profitieren. Dies war eine Bedingung für eine staatliche Garantie für einen Kredit über 7 Milliarden Euro an die Fluglinie. Zusätzliche Fördermittel sollen der Industrie helfen, bis 2030 ein regionales Hybrid- oder Wasserstoffflugzeug zu entwickeln. Der Tourismus erhält mehr Kredite und kann länger Kurzarbeitsregeln nutzen. Weitere Sektorprogramme der zweiten Phase unterstützen Start-ups, exportierende Unternehmen und den Gesundheitssektor.
Zweites Konjunkturpaket in Aussicht
Im September 2020 hatte die Regierung in einer dritten Phase das Maßnahmenpaket "France Relance" lanciert, in das die Sektorprogramme integriert wurden. Von etwa 100 Milliarden Euro sollen 40 Milliarden aus dem 750-Milliarden-Euro-Krisenpaket der Europäischen Union finanziert werden. Angesichts schwächerer Konjunkturaussichten stellte die Regierung im Januar 2021 bereits ein zweites Konjunkturpaket in Aussicht, unter anderem für die Modernisierung von Hotels.
France Relance umfasst drei Bereiche. Zur Stärkung des "Zusammenhalts" (Cohésion) werden in den kommenden zwei Jahren 36 Milliarden Euro für den Gesundheitssektor, für Ausbildung und Lohnzuschüsse für junge und behinderte Menschen und für das längerfristige Kurzarbeitergeld aufgewendet.
Andere Bereiche sollen die Wirtschaft langfristig stärken, mit einem Zeithorizont bis 2030. Für mehr Nachhaltigkeit gibt es 30 Milliarden Euro, unter anderem für mehr Gebäudeeffizienz, die Modernisierung der Bahnnetze und der Mülltrennung und eine Wasserstoffstrategie. Mit 36 Milliarden Euro will die Regierung die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Geplant ist die Senkung bestimmter Unternehmenssteuern im Umfang von 20 Milliarden Euro bis 2022. Zudem werden Vorhaben zum Aufbau von Produktionskapazitäten etwa für Arzneimittel, Medizintechnik, wichtige Vorstoffe für die Industrie, Elektronik und Nahrungsmittel in Frankreich subventioniert.
Auch Niederlassungen deutscher Firmen in Frankreich können die Hilfsprogramme in Anspruch nehmen. Das Konjunkturpaket eröffnet deutschen Anbietern gute Chancen.
Die AHK Paris berichtet auf ihrer Internetseite zur Coronakrise über aktuelle Entwicklungen. Das Bundesinnenministerium informiert zum Grenz- und Pendelverkehr zwischen Deutschland und Frankreich.
Von Peter Buerstedde
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Paris