Dieser Inhalt ist relevant für:
PortugalCoronavirus / Konjunktur
Wirtschaftsumfeld
Special | Portugal | Coronavirus
Portugals Wirtschaftsleistung soll Ende 2022 das Vorkrisenniveau erreichen. Ziel der Regierung ist es, das Land im Zuge der Erholung zu modernisieren. (Stand: 3. März 2021)
Von Oliver Idem | Madrid
Portugal ist stärker als der Durchschnitt der Eurozone von den wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie betroffen. Die zwischenzeitlich eskalierten Infektionszahlen gehen mittlerweile stark zurück. Im März 2021 ließ auch die Belastung des Gesundheitssystems langsam nach.
Auf den schwierigen wirtschaftlichen Verlauf des Jahres 2020 soll eine mehrjährige Erholungsphase folgen. Die Kommission der Europäischen Union (EU) ging im Februar 2021 davon aus, dass das portugiesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2020 um real 7,6 Prozent geschrumpft ist.
Im 4. Quartal 2020 legte die Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent zu. Allerdings blieb dieses Resultat um 5,9 Prozent unter dem Stand des 4. Quartals 2019.
Die neuen Vorhersagen der Kommission lauten auf 4,1 Prozent reales Wachstum im laufenden Jahr und 4,3 Prozent Zunahme im Jahr 2022. Gemäß dieser Zahlen befände sich die portugiesische Wirtschaftsleistung Ende 2022 wieder auf dem Vorkrisenniveau.
Im Außenhandel liegt der Fokus darauf, wie schnell wichtige Partner wie Spanien, Frankreich und Deutschland die Coronakrise überwinden.
Auch im Krisenjahr 2020 gab es Gewinner und Verlierer. Im Zeitraum März bis Ende November 2020 stieg der Umsatz am stärksten bei pharmazeutischen Produkten mit 19,8 Prozent. Als Vergleichsbasis zog das Statistikamt INE den Vorjahreszeitraum heran. Auch Dienstleistungen im Bereich Informationstechnologie mit plus 7,6 Prozent und Telekommunikation mit einem Zuwachs von 4,4 Prozent entwickelten sich positiv. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen nahmen auch die Umsätze im Bausektor um 4 Prozent zu.
Besonders negativ fiel die Umsatzentwicklung im Jahr 2020 im Beherbergungsgewerbe mit minus 67,6 Prozent aus. Gaststätten verzeichneten 43,2 Prozent weniger Umsatz als in der Vergleichsperiode. Der Tourismus konnte 2020 keinen großen Beitrag zur portugiesischen Wirtschaftsleistung erbringen. Das Impfgeschehen und der Pandemieverlauf in den wichtigen Quellmärkten wie dem Vereinigten Königreich stehen 2021 im Fokus. Eine positive Entwicklung könnte die Sommersaison beleben.
Portugal kann nach der Einigung der EU auf ein Hilfspaket für die wirtschaftliche Erholung zählen. Die Regierung erwartet zwischen 2021 und 2026 insgesamt 15,4 Milliarden Euro seitens der EU. Die Krisenbewältigung und eine Neuaufstellung des Landes für die Zukunft sollen miteinander verzahnt werden. Bereits Ende Juli 2020 wurde ein wirtschaftlicher und sozialer Erholungsplan bis 2030 veröffentlicht. Zu den Maßnahmen gehört eine bessere Anbindung des Güter- und Personenverkehrs auf der Schiene an Spanien und weitere europäische Länder. Die Erholung der Industrie soll vorangetrieben und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen massiv ausgebaut werden. Häfen, Logistik und das Gesundheitswesen bilden weitere Kernpunkte des Entwurfs.
Am 14. Oktober 2020 präsentierte die Regierung ihre langfristigen wirtschaftlichen Pläne im Detail. Bis auf drei kreditfinanzierte Elemente steht die Richtung der Maßnahmen fest. Wie sich im ersten Entwurf andeutete, fließen Investitionen in die Industrie und in die Verkehrsinfrastruktur. Auch der Gebäudebestand und das Gesundheitswesen sind Gegenstand erhöhter Investitionen. Die erst im Mai 2020 verkündete Wasserstoffstrategie soll ebenfalls Impulse aus dem Finanzpaket mit den EU-Hilfen erhalten.
Die wichtige Kfz-Industrie wurde im Frühjahr 2020 mit großer Wucht von der Pandemie getroffen, konnte sich im Jahresverlauf jedoch erholen. Mit rund 264.200 Fahrzeugen blieb die Fertigung jedoch um knapp 24 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Bei Pkw bewegte sich der Rückgang mit 25 Prozent auf 211.300 Fahrzeuge im Durchschnitt. Leichte Nutzfahrzeuge verzeichneten ein Minus von 14 Prozent auf 49.900 Einheiten. Das schwächste Resultat wiesen schwere Lkw mit einem Einbruch um 43 Prozent auf 3.100 Stück auf. Fahrzeuge werden in Portugal nahezu vollständig für den Export hergestellt. Darum hat die Nachfrage auf den großen europäischen Zielmärkten entscheidende Bedeutung.
In der Politik herrscht Einigkeit, dass Investitionen in das staatliche Gesundheitswesen notwendig sind. In dem im Juli 2020 veröffentlichten Plan für die wirtschaftliche und soziale Erholung Portugals bis 2030 wird die Bedeutung des Gesundheitssektors unterstrichen. Investitionen sind in die Ausrüstung und das Personal des staatlichen Gesundheitssystems geplant. Auch durch die Förderung von Wissenschaft und Forschung und insbesondere der medizinischen Biotechnologie soll der Sektor gestärkt werden.
Durch die Hilfsgelder der EU verbessern sich auch die Investitionsmöglichkeiten für Portugal. Von dem aus diesen Mitteln finanzierten Erholungsprogramm soll auch die Gesundheitsversorgung verbessert werden. Insgesamt 949 Millionen Euro sind für das Gesundheitssystem eingeplant. Konkret fallen darunter 196 Millionen Euro für die Ausrüstung von Krankenhäusern in Lissabon, Seixal und Sintra.
Für erneuerbare Energien sind die Aussichten sehr vielversprechend. Der nationale Energie- und Klimaplan PNEC gibt den Rahmen bis 2030 vor. Er sieht unter anderem eine Stärkung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz vor. Insgesamt sind 21,9 Milliarden Euro für 72 Projekte eingeplant, mit dem Schwerpunkt auf Transport und Mobilität. Für den Energiebereich sind 4,9 Milliarden Euro budgetiert. Erneuerbare Energien sollen 80 Prozent eines reduzierten Stromverbrauchs und 47 Prozent des Endenergieverbrauchs decken. Der Ausbau der Solarenergie wird seit 2019 vor allem über Ausschreibungen gesteuert. Diese hat die Regierung auf einem eigenen Internetportal dokumentiert und veröffentlicht auch Informationen über künftige Tenderpläne.
Die regelmäßig aktualisierte Sonderseite der AHK Portugal zum Coronavirus enthält allgemeine Informationen, Links und Antworten auf häufige Fragen deutscher Unternehmen.
Dieses Fragment können Sie in folgenden Kontexten finden: