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Saudi-Arabien mit ambitionierten Zielen bei grünem Wasserstoff

Saudi-Arabien ist ein großer Hersteller und Verbraucher von grauem Wasserstoff. Das Königreich will sich aber zum führenden Erzeuger von grünem und blauem Wasserstoff entwickeln.

Von Robert Espey | Riad, Dubai

  • Ausbau erneuerbarer Energien und grünes Wasserstoffprojekt

    Saudi-Arabien realisiert erste große Solar- und Windkraftanlagen. Bei grünem Wasserstoff will das Königreich mit einem Großprojekt international neue Maßstäbe setzen.

    Saudi-Arabien ist ein großer Produzent und Verbraucher von grauem, zumeist aus Methan gewonnenem Wasserstoff und hat Ambitionen, zu einem weltweit führenden Erzeuger und Exporteur von grünem Wasserstoff zu werden. Derzeit wird allerdings noch kein grüner Wasserstoff produziert, es ist aber ein erstes Großprojekt in Vorbereitung. Eine detaillierte Wasserstoffstrategie hat das Königreich noch nicht präsentiert.

    Im Bereich von blauem Wasserstoff (Produktion von grauem Wasserstoff in Verbindung mit CCUS-Technologien/Carbon, Capture, Utilization and Storage) sind noch keine Vorhaben realisiert worden. Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens hat Saudi-Arabien nationale Klimaschutzziele (INDC - Intended Nationally Determined Contribution) formuliert, die als eine Maßnahme die Anwendung von CCUS-Technologien vorsehen.

    Angesichts der für die Solarstromerzeugung sehr günstigen klimatischen Bedingungen bietet Saudi-Arabien gute Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Produktion von grünem Wasserstoff. Eine offene Frage ist allerdings die Versorgung mit dem für die Wasserstoffproduktion notwendigen Süßwasser, das durch Meerwasserentsalzung gewonnen werden müsste. Zur Herstellung von einem Kilogramm Wasserstoff werden etwa zehn Liter Wasser benötigt. Laufende internationale Forschungen zur direkten Nutzung von Meerwasser könnten eine Lösung bieten.

    Erste große Solar- und Windprojekte realisiert

    Erneuerbare Energien (EE) spielen in Saudi-Arabien bislang noch eine geringe Rolle, obwohl bereits seit über zehn Jahren an ambitionierten EE-Konzepten gearbeitet wird. Nach Berechnungen der International Renewable Energy Agency (IRENA) lag in Saudi-Arabien der EE-Anteil an den gesamten Stromerzeugungskapazitäten 2020 bei 0,5 Prozent, dies entsprach 0,41 Gigawatt. Aber jetzt ist im EE-Sektor viel Bewegung zu beobachten. Damit könnte auch die Basis für die Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft geschaffen werden.

    Das "National Renewable Energy Program" (NREP) strebt bis 2023 eine EE-Kapazität von 27,3 Gigawatt an, dieser Zeitplan erscheint allerdings wenig realistisch. Zuständig ist das zum Energieministerium gehörende Renewable Energy Project Development Office. Bis 2030 sind 58,7 Gigawatt anvisiert, davon sollen 40 Gigawatt auf Photovoltaik (PV), 16 Gigawatt auf Wind und 2,7 Gigawatt auf CSP (Concentrated Solar Power) entfallen. Alle NREP-Projekte sollen auf PPP-Basis (Private Public Partnership) durchgeführt werden.

    Im Rahmen der ersten NREP-Runde wurden 2018 das 300 Megawatt Sakaka PV Kraftwerk und die 400 Megawatt Dumat al Jandal Windkraftanlage an private Betreiber vergeben. Das 320-Millionen-US$-PV-Kraftwerk ist im April 2021 offiziell in Betrieb genommen worden, findet sich aber schon seit 2019 in der IRENA-Statistik. Investor ist ACWA Power (Saudi-Arabien). Das 400 Millionen US$ Windkraftprojekt ging an ein Konsortium aus EDF Renewables (Frankreich) und Masdar (Abu Dhabi), mit der Fertigstellung wird erst 2023 gerechnet.

    Neben der Dumat al Jandal Windkraftanlage sind sechs weitere NREP-Projekte mit insgesamt 1,5 Gigawatt im Bau (ausschließlich PV-Anlagen). Für zwei PV-Projekte des staatlichen Public Investment Fund in Sudair (1,0 und 1,5 Gigawatt) wurden die Aufträge bereits vergeben, aber die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen.

    Derzeit sind vier NREP-Projekte mit insgesamt 1,2 Gigawatt (PV) in der Ausschreibungsphase, ein 850 Megawatt Windkraftwerk in Yanbu befindet sich noch in einer frühen Planungsphase. Außerhalb des NREP gibt es weitere geplante EE-Projekte mit insgesamt 0,9 Gigawatt.

    Sinkende Energiekosten machen grünen Wasserstoff günstiger

    Die für PV-Projekte mit den privaten Betreibergesellschaften ausgehandelten Kilowattstundentarife sind in den letzten Jahren deutlich gesunken und dürften weiter fallen. Für das im Frühjahr 2021 vergebene 300 Megawatt PV-Kraftwerk in Jeddah sind mit dem Betreiberkonsortium (EDF Renewables, Masdar, Nesma & Partners/Saudi-Arabien) 1,62 US-Cent pro Kilowattstunde vereinbart worden.

    Die Analysten der International Energy Agency (IEA) erwarten, dass bis 2030 die Produktionskosten von grünem Wasserstoff um 30 Prozent sinken. Diese Annahme basiert auf geringeren Kosten für erneuerbare Energien und Skaleneffekten bei der Wasserstoffproduktion. Für 2030 prognostiziert die EIA in Saudi-Arabien einen Preis von 1,9 US$ pro Kilogramm grünem Wasserstoff aus PV- und Windenergie. Der Preis für blauen Wasserstoff soll bei 1,4 US$ liegen.

    NEOM plant Großprojekt zur Erzeugung von grünem Wassersoff

    Zentrum der grünen Wasserstoffproduktion soll das Mega-Regionalentwicklungsprojekt NEOM im derzeit noch dünn besiedelten Nordwesten Saudi-Arabiens werden. Das 500 Milliarden US$ Projekt befindet sich noch in einem frühen Stadium. Durch die aktuelle Wirtschaftskrise in Saudi-Arabien infolge des Ölmarkteinbruchs und der Coronakrise könnte sich NEOM nun langsamer als geplant entwickeln. NEOM bietet sowohl für Solar- als auch für Windenergie gute klimatische Bedingungen.

    Zuständig für die Entwicklung des Wasserstoffsektors in NEOM ist seit Oktober 2019 Roland Käppner (Executive Director Hydrogen). Vor seinem Wechsel zu NEOM war Käppner bei ThyssenKrupp Industrial Solutions als Executive Vice President for Energy Storage and Hydrogen tätig. Käppner zufolge will sich NEOM zum weltweit größten Produzenten und Exporteur von grünem Wasserstoff entwickeln.

    Zusammenarbeit mit Deutschland

    Deutschland und Saudi-Arabien wollen im Wasserstoffsektor eng kooperieren. Im März 2021 haben Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Saudi-Arabiens Energieminister Abdulaziz bin Salman Al Saudeine eine "Gemeinsame Absichtserklärung zur Gründung einer Wasserstoffzusammenarbeit zwischen Deutschland und Saudi-Arabien" unterzeichnet.



    Der staatliche Public Investment Fund plant in NEOM gemeinsam mit dem lokalen Stromerzeuger ACWA Power und dem US-Unternehmen Air Products & Chemicals ein Projekt für 5 Milliarden US$ zur Herstellung von grünem Wasserstoff beziehungsweise Ammoniak. Dort laufen derzeit Planungen für den Bau einer 1,5-Milliarden-US$-Ammoniakfabrik mit einer Jahreskapazität von 1,2 Millionen Tonnen. Zur Stromversorgung des Wasserstoff-Ammoniak-Projekts sind ein Solar- sowie ein Windkraftpark für insgesamt 3,5 Milliarden US$ vorgesehen. ThyssenKrupp Industrial Solutions soll für dieses Projekt die Ammoniakprozess- sowie die Wasserelektrolysetechnologie liefern.

    Von Robert Espey | Riad, Dubai

  • Große Produktion von grauem Wasserstoff für lokale Industrie

    In Saudi-Arabien haben Raffinerien, der Chemiesektor und andere Industriezweige einen hohen Wasserstoffbedarf. Die lokalen Wasserstoffanbieter denken über CCUS-Technologien nach.

    Aus Methan gewonnener grauer Wasserstoff wird in Saudi-Arabien in großen Mengen produziert und lokal verbraucht. Wasserstoff wird vor allem in Raffinerien, bei der Herstellung von Ammoniak und anderen chemischen Erzeugnissen sowie in der Metallindustrie und der Glasproduktion benötigt.

    Lokale Industrie mit hohem Wasserstoffbedarf

    Im Raffineriesektor wird Wasserstoff unter anderem zur Entschwefelung von Mineralölprodukten durch Hydrierung (Reaktion der Schwefelverbindungen mit Wasserstoff) eingesetzt. Saudi-Arabiens Raffineriedurchsatz ist zwischen 2015 und 2018 um 21 Prozent auf 2,6 Millionen bpd (barrel per day) gestiegen, 2019 ging er auf 2,5 Millionen bpd zurück. Die Kapazitäten werden weiter ausgebaut.

    Nach Schätzungen des U.S. Geological Survey war Saudi-Arabien 2020 mit einer Produktion der 4,0 Millionen Tonnen Ammoniak der weltweit achtgrößte Produzent, der Großteil ging in den Export. Derzeit lässt die Ma'aden Phosphate Company, ein Joint Venture aus Ma'aden (70%) und der Saudi Basic Industries Corporation (Sabic), ein weiteres Ammoniak-Werk für 892 Millionen US$ in Ras Al Khair errichten. Die Anlage hat eine Jahreskapazität von 1,2 Millionen Tonnen. Der Bauauftrag ging an Daelim (Korea, Rep.), Technologielieferant ist ThyssenKrupp Industrial Solutions (Uhde), die Inbetriebnahme wird 2022 erwartet.

    Der größte saudi-arabische Ammoniak-Produzent ist die 1965 gegründete Saudi Arabian Fertilizer Company (Safco). Das Unternehmen verfügt in vier Werken über eine Ammioniak-Kapazität von jährlich 2,3 Millionen Tonnen. SAFCO IV (1,1 Millionen Tonnen) wurde 2005 fertig (Uhde Technologie) und 2016/17 für 200 Millionen US$ modernisiert. Ein Ammoniak-Werk wie SAFCO IV mit grünem Wasserstoff zu versorgen, würde ein 2,6 Gigawatt Solarkraftwerk erfordern.

    Ein weiterer wichtiger Wasserstoffnachfrager ist die Stahlindustrie. Saudi-Arabiens Stahlproduzenten verfügen über eine nominale Kapazität von geschätzten 14 Millionen Tonnen/Jahr. Große Hersteller sind unter anderem Hadeed Sabic, Ittefaq Steel, Al Rajhi Steel und Solb Steel Jizan.

    Saudi-Arabiens Glashersteller haben ebenfalls einen erheblichen Wasserstoffbedarf. Die GlassGlobal-Datenbank listet elf saudi-arabische Produzenten von Flachglas, Glascontainern und Glasgeschirr. Zu den großen Flachglasproduzenten gehören die Arabian United Float Glass Company (Kapazität: 600 Tonnen/Tag), die Obeikan Glass Company (815 Tonnen/Tag) und die Saudi Guardian International Float Glass Company (450 Tonnen/Tag).

    Produktionskapazitäten bei grauen Wasserstoff ausgebaut

    Die Kapazitäten zur Herstellung von grauem Wasserstoff wurden in den letzten Jahren erweitert. Air Liquide Arabia (ALAR) betreibt seit 2015 eine SMR-Anlage (Steam Methane Reformer) mit einer Wasserstoffkapazität von jährlich 574.000 Tonnen auf dem Gelände der 2014 fertiggestellten Raffinerie der Yanbu Aramco Sinopec Refining Company (Yasref; Kapazität: 0,4 Millionen bpd). Yasref ist ein Joint Venture aus Saudi Aramco und der China Petrochemical Corporation (Sinopec).

    Seit Anfang 2020 versorgt ALAR zudem die Saudi Aramco Mobil Refinery Company (Samref, Kapazität: 0,4 Millionen bpd). Die Raffinerie ist ein Joint Venture aus Saudi Aramco und der Mobil Yanbu Refining Company (eine Tochter der Exxon Mobil Corporation). Samref erhält den Wasserstoff über eine 16 Kilometer lange Pipeline. Zukünftig will ALAR drei weitere große Industrieunternehmen in der Yanbu Industrial City beliefern.

    Air Products Qudra (APQ), ein Joint Venture aus Air Products und Qudra Energy, plant die Entwicklung eines integrierten "Industrial Gas Hub" in der Jubail Industrial City. Im Rahmen des 300-Millionen-US$-Projekts soll unter anderem Wasserstoff im SMR-Verfahren produziert und mit einer Hydrogen Pressure Swing Adsorption Anlage Wasserstoff aus Abgasen gewonnen werden. Auch eine Wasserstofftankstelle und ein Pipelinenetz sind Teil des Projekts.

    Erste Wasserstofftankstelle im Königreich eröffnet

    Mitte 2019 wurde in Saudi-Arabien die erste Wasserstofftankstelle in Betrieb genommen. Die Pilotanlage wurde als Kooperation von Saudi Aramco und Air Products realisiert. Die Tankstelle befindet sich auf dem Gelände des Air Products Technology Center im Dhahran Techno Valley Science Park. Die Testflotte besteht aus Toyota Mirai Brennstoffzellen-Pkw. Anlässlich der Eröffnung erklärte der Air Products CEO, Seifi Ghasemi, es sei Ziel der Kooperation mit Saudi Aramco, in Saudi-Arabien ein nachhaltiges, Kohlenwasserstoff basiertes System zur Versorgung von Brennstoffzellenfahrzeugen aufzubauen. Weitere Tankstellen sind unter anderem in Mekka und Medina (vor allem für Busse) und in NEOM geplant.

    Aus grauem Wasserstoff soll blauer werden

    Bislang wird in Saudi-Arabien nur grauer Wasserstoff produziert. Doch das Interesse an CO2-neutralen Lösungen ist groß. Durch CCUS-Verfahren (Carbon, Capture, Utilization and Storage) wird eine Umwandlung in blauen Wasserstoff, der dann als klimaneutral gilt, angestrebt. Informationen über konkrete CCUS-Projekte im Wasserstoffsektor liegen aber nicht vor.

    Das größte saudi-arabische CCUS-Projekt ist ein Pilotprojekt von Saudi Aramco im Hawiyah Gaswerk. Hier werden seit 2015 täglich 850.000 Kubikmeter CO2 aufgefangen und über eine 85 Kilometer lange Pipeline zum Uthmaniyah Ölfeld transportiert. Dort wird das CO2 als EOR-Maßnahme (Enhance Oil Recovery) zur Steigerung des Förderdrucks in das Ölreservoir eingeleitet. Eine Evaluierung des Projekts steht noch aus.

    In Jubail hat Sabic 2015 ein "CO2-to-Chemicals" Projekt in Betrieb genommen. Jährlich werden 500.000 Tonnen CO2 vor allem zur Herstellung von Methanol und Urea (Harnstoff) verwendet, in flüssiger Form wird CO2 an die Lebensmittelindustrie verkauft. Das CO2 fällt bei der Produktion von Ethylenglykol an.

    Angesichts der weltweiten CO2-Einsparziele wird der Export von blauem Wasserstoff oder blauem Ammoniak zunehmend attraktiv. Studien zum Export von blauem Wasserstoff von Saudi-Arabien nach Japan wurden bereits 2018 durchgeführt.

    Von Robert Espey | Riad, Dubai

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest/Saudi-Arabien

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, auch Hinweise zu Ausschreibungen

    AHK Saudi-Arabien/Delegation der Deutschen Wirtschaft für Saudi-Arabien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen

    Ministry of Energy

    Fachministerium

    Ministry of Industry and Mineral Resources

    Fachministerium

    Ministry of Environment, Water and Agriculture

    Fachministerium

    Saudi Aramco

    Wichtigster Akteur im Upstream und Downstream Sektor

    Public Investment Fund

    Staatlicher Investor unter anderem in NEOM und im Solarsektor

    NEOM (New Future)

    Mega-Project mit geplantem  grünem Wasserstoffsektor

    WFES - World Future Energy Summit + Exhibition

    Führende Messe für Energie und Klimaschutz in Dubai (jährlich; 17. bis 19. Januar 2022)

    WETEX- Water, Energy Technology and Environment Exhibition

    Regionale Fachmesse in Dubai (jährlich; 5. bis 7. Oktober 2021, mit Gemeinschaftsstand des Bundes)


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