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Nordamerikas Wasserstoffwirtschaft nimmt Fahrt auf

Die USA wollen den Einsatz von grünem Wasserstoff mit Hilfe von Wasserstoff-Hubs vorantreiben. Auch Kanada hat ehrgeizige Pläne. In Mexiko ist die Technologie ein Randthema.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Gut ausgebaute Öl- und Gasinfrastrukturen, eine potenziell hohe Nachfrage und vielfältige Energieressourcen: Dieser Mix kann in Nordamerika eine Wasserstoffrevolution auslösen, vor allem in den USA und Kanada. Erste Anwendungen wird Wasserstoff wohl bei Langstrecken- und Schwerlasttransporten finden. Ebenso soll Wasserstoff in Ammoniak als Energieträger und Transportmittel gebunden exportiert werden. Nordamerika ist sowohl an grünem als auch an blauem, aus Erdgas gewonnenem, Wasserstoff interessiert – wenn das dabei entstehende CO2 abgeschieden und eingespeichert wird.

Wasserstoff könnte in den USA bald zum Big Business werden

Rund drei Viertel der Wasserstoffnachfrage Nordamerikas entfallen auf die USA. Unter Joe Biden lancierten die USA eine Reihe von Förderprogrammen: So sieht der Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA) von 2022 bis 2026 fast 10 Milliarden US-Dollar (US$) für Projekte zu grünem Wasserstoff vor. Im Rahmen des IRA gibt es zudem – je nach Kohlenstoffintensität – Steuergutschriften in Höhe von bis zu 3 US$ pro Kilogramm Wasserstoff. 

Das wirkt sich auf das US-Geschäft deutscher Unternehmen aus: So investiert Bosch mehr als 200 Millionen US$ in sein Werk in South Carolina, um dort ab 2026 auch Brennstoffzellen-Stacks für Schwerlast-Lkw  zu produzieren. Und der amerikanisch-deutsche Industriegasekonzern Linde will seine US-Produktionskapazität für grünen Flüssigwasserstoff mehr als verdoppeln.

Chancen ergeben sich auch für die deutsche Exportwirtschaft, etwa bei Elektrolyse- und Brennstoffzellentechnologien. Zumal der IRA bei der Wasserstoffproduktion keine Local-Content-Vorschriften enthält. Nutzfahrzeughersteller in den USA erwarten bis 2030 einen Bedarf von bis zu 300.000 Brennstoffzellen-Lkw. Quantron hat bereits im Oktober 2022 einen Großauftrag aus den USA erhalten: Der Augsburger Autobauer soll dem US-Unternehmen TMP Logistics insgesamt 500 Brennstoffzellen-Lkw liefern.

Andere Bundesstaaten holen gegenüber Klimaschutzpionier Kalifornien auf

Der Blick richtet sich vor allem nach Kalifornien: Die Politik dort fokussiert sich auf Anwendungen im Verkehrsbereich, während der Bund Wasserstoff zur Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft breiter einsetzen will. Siemens kooperiert bereits mit kalifornischen Branchenakteuren. 

Doch andere Bundesstaaten holen auf. Im Oktober 2023 gab die US-Regierung bekannt, 7 Milliarden US$ für die Entwicklung von sieben regionalen Wasserstoff-Hubs bereitzustellen. Die Finanzspritze soll  private Investitionen in Höhe von mehr als 40 Milliarden US$ nach sich ziehen. Zwei Drittel der Gesamtsumme entfallen auf die Produktion von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse innerhalb der Hubs. Zusammen sollen sie jährlich 3 Millionen Tonnen Wasserstoff erzeugen, also fast ein Drittel des für 2030 landesweit angestrebten Produktionsziels von 10 Millionen Tonnen.

Wasserstoff-Hubs in den USA

  • dienen als regionale Zentren für die Herstellung, den Transport, die Speicherung und die Endnutzung von Wasserstoff – und können damit die Dekarbonisierung der Wirtschaft erheblich vorantreiben

  • verteilen sich grenzüberschreitend auf über 16 Bundesstaaten, von Pennsylvania bis Kalifornien

An den Hubs sind Konsortien mit teilweise rund 200 Partnern beteiligt, darunter Regierungen der Bundesstaaten, global agierende Konzerne aus einer Vielzahl von Branchen sowie Forschungsinstitute.

Grüner Wasserstoff aus Kanada soll die Energiewende in Deutschland voranbringen

Kanadas Reaktion auf die Steueranreize der USA im Rahmen des IRA ließ zwar etwas auf sich warten, aber sie folgte: Bei der Herstellung von sauberem Wasserstoff sollen die Produzenten bis zu 40 Prozent der Kapitalkosten für den Anlagenbau steuerlich geltend machen können. Das soll für Wasserstoffanlagen gelten, die nach dem 27. März 2023 und vor 2035 in Betrieb gehen. Allerdings hat das kanadische Finanzministerium erst im Dezember 2023 einen Gesetzentwurf dafür vorgelegt.

Kanada will bis 2050 einer der drei größten Wasserstoffproduzenten weltweit sein und könnte auch ein bedeutender Wasserstoffexporteur werden. Vor allem die Provinzen Ostkanadas verfügen über ein großes Potenzial für grünen Wasserstoff. Auch Provinzen wie Québec, British Columbia, Manitoba und Ontario (Wasserkraft, Atomkraft – letztere gilt in den USA und Kanada als grüne Energie) bieten dafür wegen niedriger Strompreise gute Voraussetzungen. Für öl- und erdgasreiche Provinzen wie Alberta und Saskatchewan liegt der Schwerpunkt dagegen auf blauem Wasserstoff.

Informationen zu Wasserstoffprojekten weltweit (Produktion und Infrastruktur):

Die International Energy Agency (IEA) veröffentlicht in ihrem Global Hydrogen Review 2023 eine Weltkarte mit angekündigten Projekten zur emissionsarmen Wasserstoffproduktion.

Details zu diesen und Infrastrukturprojekten stehen in einer Datenbank.

Grüner Wasserstoff steht auch im Fokus der transatlantischen Energie- und Klimaallianz zwischen Deutschland und Kanada: Beide Länder unterzeichneten bereits 2021 eine Energiepartnerschaft. Im August 2022 folgte ein Wasserstoffabkommen: Es regelt, dass grüner Wasserstoff von Neufundland und Labrador sowie Nova Scotia und New Brunswick per Schiff nach Deutschland kommt – in Form von Ammoniak. 

Mehrere Unternehmen treiben dort bereits Projekte voran. Darunter auch ABO Wind: Das deutsche Unternehmen bekam im August 2023 den Zuschlag für ein Fünf-Gigawatt-Projekt in Neufundland und Labrador für einen Windpark mit angeschlossener Wasserstoff- und Ammoniakproduktion. 

Doch erste Projekte verzögern sich bereits. So wird der kanadische Betreiber World Energy GH2 nach einem Bericht von Reuters nicht schon wie geplant ab 2025 grünen Wasserstoff nach Deutschland liefern, sondern mindestens ein Jahr später. Denn zum einen brauchen die europäischen Kunden mehr Zeit für den Aufbau einer Infrastruktur für die Verarbeitung des Produkts. Zum anderen warten potenzielle Käufer noch darauf, dass die Regierung in Ottawa die Details der weiter oben genannten Steuergutschrift festlegt.

In Mexiko gehen Unternehmen bei Wasserstoffförderung leer aus

In Mexiko gibt es dagegen keine staatliche Wasserstoffförderung und keine nationale Wasserstoffstrategie. Einige Unternehmen planen jedoch den Einsatz von grünem Wasserstoff, etwa in der Automobilindustrie oder in der Stahl- und Zementproduktion. Der deutsche Projektentwickler Hy2gen plant in Campeche eine 200-Megawatt-Anlage zur Produktion von erneuerbarem Ammoniak. Anders als den USA und Kanada wird in Mexiko häufiger Solarenergie für die Herstellung von grünem Wasserstoff verwendet. 

Anfang 2023 haben die USA, Kanada und Mexiko vereinbart, einen nordamerikanischen Markt für sauberen Wasserstoff zu entwickeln. Der Plan umfasst eine potenzielle Zusammenarbeit bei Normen, grenzüberschreitenden Clustern und grünen Güterverkehrskorridoren.

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