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Danube River in Bratislava Danube River in Bratislava | © Gettyimages/Wael Massalkhi

Special Slowakei Wege aus der Coronakrise

Slowakei bleibt zum Jahreswechsel vorsichtig

Obwohl die Deltawelle langsam nachzugeben scheint, gelten landesweite Anticorona-Maßnahmen zunächst weiter. Die Impfrate erfasst erst knapp die Hälfte der Bevölkerung.

Von Miriam Neubert | Bratislava

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Die Europäische Kommission rechnet 2021 mit einem Wirtschaftswachstum von real 3,8 Prozent. Konsum und Anlageinvestitionen sollen 2022 stärker anziehen. (Stand: 25. November 2021)

    Im Herbst spitzte sich die Deltawelle in der Slowakei zu. Täglich informiert das Gesundheitsministerium über den Verlauf der Coronainfektionen und den Impfprozess.

    Mehr Schwung 2022

    Im Jahr 2020 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach jüngst revidierten Zahlen des Slowakischen Statistikamts um 4,4 Prozent zurückgegangen. Das waren 0,4 Prozentpunkte weniger als zunächst kalkuliert.

    Schon Anfang 2021 hat die Wirtschaft ungeachtet der schweren Frühjahrspandemie den Weg zur Erholung eingeschlagen. Das BIP stieg im 1. Halbjahr real um 4,9 Prozent. Treiber waren zunächst die Auslandsnachfrage und nach dem Ende des Lockdowns auch die anziehende Inlandsnachfrage. Der Verbrauch des Staates und der privaten Haushalte entwickelte sich im 2. Quartal positiv. Nach über einem Jahr belebten sich auch die Bruttoanlageinvestitionen. 

    Die BIP-Prognose für 2021 hat die Europäische Kommission in ihrer Herbstprognose von über 4 Prozent auf 3,8 Prozent Wachstum zurückgenommen. Die sich zuspitzenden Lieferkettenstörungen und die herbstliche Covid-Welle schlagen negativ auf die Dynamik durch. Für 2022 wird mit einer 5 vor dem Komma gerechnet - auch dank der öffentlichen Investitionen, die die europäischen Aufbau- und Resilienzgelder ermöglichen.

    Lieferengpässe bremsen industrielle Erholung

    Nach sieben Quartalen mit schrumpfender Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe hat diese im 1. Halbjahr 2021 beachtlich zugenommen. Doch im Vergleich zum Zeitraum vor der Coronapandemie 2019 blieb laut Statistikamt noch ein Abstand von einem Zehntel.

    Produktion und Umsätze der Industrie sind im 1. Halbjahr 2021 um je circa 19 Prozent gestiegen. In fast allen Branchen zog die Produktion an, darunter in der Automobilindustrie als der slowakischen Schlüsselbranche um gut 30 Prozent. Doch Probleme bei der Zulieferung von Teilen, Rohstoffen und Material, Preissteigerungen und Logistikengpässe brachten im 3. Quartal Rückschläge beim Aufholprozess. Im August und September gab der industrielle Produktionsindex nach - heruntergezogen durch den Rückgang in der Fahrzeugbranche um ein Drittel.

    Ein gemischtes 1. Halbjahr in den Branchen

    Im Handel haben sich die Wolken vorerst verzogen. Die Umsätze aus Verkauf und Reparatur von Kraftfahrzeugen zogen im 1. Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 20,6 Prozent an. Im Großhandel nahmen sie um 15,5 Prozent zu und übertrafen auch das Niveau vor zwei Jahren um mehr als 14 Prozent.

    Der Lockdown zog den Einzelhandel in den ersten Monaten noch hinunter. Doch brachte die Öffnung dann gerade den zuvor eingeschränkten Segmenten wie dem Fachhandel mit Textilien, Bekleidung oder Schuhen mehr Umsatz. Im 1. Halbjahr 2021 lagen die Erlöse insgesamt um 0,2 Prozent unter dem Vergleichszeitraum 2020 und um 1,4 Prozent unter denen von 2019. Eine Ausnahme war der nichtspezialisierte Einzelhandel.

    Das Hotel- und Gaststättenwesen hatte - unterstützt besonders durch einheimische Kundschaft - einen besseren Sommer, erlöste aber im 1. Halbjahr noch fast 26 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum und 30 Prozent weniger als im 1. Halbjahr 2019. Anders die Transport- und Logistikdienstleister, die um gut 14 Prozent mehr umsetzten als im Vorjahreshalbjahr und damit fast schon Vor-Corona-Niveau erreichten. Informations- und Kommunikationsdienstleister verzeichneten ein Umsatzplus von 5,3 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2020 und von 7,5 Prozent vor Corona. 

    Das Baugewerbe zeigte im 2. Quartal 2021 leichte Erholungsanzeichen bei Produktion und Umsätzen. Doch blieb der Inlandsmarkt noch gedämpft, auf dem das entscheidende Segment Neubau, Modernisierung, Sanierung um 5,5 Prozent weiter schrumpfte. Hingegen sind die Baufirmen im Ausland gefragt, wo sie ihre Aktivität um 48 Prozent zum Vorjahr und 55 Prozent gegenüber 2019 steigerten.

    Prognose zu wichtigen wirtschaftlichen Kennziffern (reale Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

    2020

    2021

    2022

    Bruttoinlandsprodukt

    -4,4

    3,8

    5,3

    Privater Konsum

    -1,3

    1,7

    4,3

    Bruttoanlageinvestitionen

    -11,6

    2,8

    15,7

    Exporte von Waren und Dienstleistungen

    -7,3

    11,7

    6,5

    Importe von Waren und Dienstleistungen

    -8,2

    11,3

    7,4

    Quelle: Europäische Kommission, Herbstprognose 2021

    Kurzarbeit verhinderte Entlassungswellen

    Die Covid-19-Krise traf den slowakischen Arbeitsmarkt in einem vergleichsweise günstigen Moment, da die Erwerbslosenrate auf einen Niedrigstand gefallen war. Infolge der Pandemie ist sie 2020 um 1,1 Prozentpunkte auf 6,7 Prozent gestiegen. Im 1. Halbjahr 2021 erreichte sie 7 Prozent.

    Kurzarbeitsregelungen haben massivere Entlassungen verhindert. Die Europäische Kommission rechnete in ihrer im November vorgestellten Prognose für das Gesamtjahr mit einer Arbeitslosenquote von 6,8 Prozent, die 2022 voraussichtlich auf 6,4 Prozent abnimmt.

    Zum Thema Coronavirus bietet die AHK Slowakei Antworten auf die wichtigsten Fragen aus Unternehmenssicht und informiert über die aktuelle Lage und Hilfen für Unternehmen.

    Von Miriam Neubert | Bratislava

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Die verschlechterte Infektionslage ließ Coronahilfen wieder anlaufen. Der Etat 2022 setzt mit 6 Milliarden Euro mehr für Investitionen ein als je zuvor. (Stand: 11. November 2021)

    Auch 2021 blieb die öffentliche Hand gefordert, die pandemiebedingten Geschäftsschließungen finanziell zu kompensieren oder Unternehmen und Arbeitgebern mit Kurzarbeitsgeld beizustehen. Die Regierung rechnet mit coronabedingten Zusatzausgaben von 3 Milliarden Euro. Das entspricht 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

    Der Staatshaushalt 2022 sieht dem Finanzministerium zufolge das bisher höchste Investitionsbudget von 6 Milliarden Euro vor. Dies ist auch möglich dank der ersten Finanzmittel aus der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität und intensiverer Ausschöpfung der Gelder aus der abgelaufenen Förderperiode 2014 bis 2020 der Europäischen Union (EU).

    Beschäftigungshilfen für Arbeitgeber 

    Arbeitgeber (darunter selbstständige Gewerbetreibende) können Beschäftigungshilfen (Prvá Pomoc) unter Pomáhame ľuďom beim Arbeitsministerium beantragen. Seit dem 1. Juli bis Ende des Jahres 2021 wurden diese an das System Covid-Automat geknüpft. Die im Covid-Automat hinterlegten Warn- und Alarmstufen regeln, was auf Ebene des Landes und der 79 Kreise gilt.

    Seit Ende März 2020 bis Ende August 2021 sind laut dem Arbeitsministerium fast 2,1 Milliarden Euro im Rahmen von Prvá Pomoc ausgegeben worden. Ab 2022 tritt dann ein im Mai vom Parlament verabschiedetes Gesetz zur Kurzarbeit in Kraft.

    Durch die slowakische Exportgarantiebank Eximbanka und die Slowakische Investment Holding (SIH) werden auch mithilfe von EU-Geldern in Zusammenarbeit mit den kommerziellen Banken Betriebskredite und Garantien für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) und selbstständige Gewerbetreibende bereitgestellt. Sie tragen die Bezeichnungen "Antikorona kapital" und "Antikorona záruka". Diese Maßnahmen werden vom Finanzministerium geregelt.

    Mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur

    Der Staatshaushalt 2021 ist investiv angelegt. Um 60 Millionen Euro auf 100 Millionen Euro erhöht wurden die Ausgaben für Wartung und Reparatur der Straßen 1. Ordnung. In die Erneuerung von national bedeutenden Sportbauten fließen 26,5 Millionen Euro. Auch den Baustart der Schnellstraße R3 Tvrdošín – Nižná im Februar 2021 bezeichnete die Regierung als Impuls.

    Im Haushalt 2022 steigt das Volumen der Investitionsausgaben um fast 2 Milliarden Euro gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021. Erhöht werden besonders die Positionen in den Bereichen Gesundheit um 411 Millionen Euro, Soziales um 171 Millionen Euro, Schulwesen um 459 Millionen Euro und Verkehr um 585 Millionen Euro. Ferner ist eine COVID-Reserve von über 700 Millionen Euro vorgesehen.

    Die Verbesserung der Infrastruktur (Straße, Schiene, Hochgeschwindigkeitsinternet) und der Ausgleich ihres regional sehr unterschiedlichen Niveaus sind ein wesentliches Anliegen der Regierung unter Premierminister Eduard Heger. Eine wichtige Finanzierungsquelle werden die 6,3 Milliarden Euro EU-Aufbaumittel. Der Nationale Aufbauplan, der die Basis für die Beantragung der Mittel ist, hat im Juni grünes Licht durch die Europäische Kommission erhalten. Er steht unter den Schlagworten: innovative Wirtschaft; moderner Staat; gesunde Regionen. Es geht dabei bis zum Jahr 2026 um Investitionen in die Gebäudesanierung, nachhaltige Verkehrslösungen, die Dekarbonisierung der Industrie, Forschung und Entwicklung sowie das Gesundheitswesen.

    Guter Zugang zu Fördermitteln für deutsche Firmen

    Alle Maßnahmen können auch von slowakischen Niederlassungen deutscher Unternehmen beantragt werden. Sie müssen dazu die jeweiligen Voraussetzungen erfüllen. Eine Übersicht über die wirtschaftlichen Hilfen liefert das slowakische Wirtschaftsministerium, das auch einen Orientierungspfad anbietet.

    Informationen bietet zudem die Auslandshandelskammer in der Slowakei (AHK Slowakei).

    Staatsschuldenquote bei 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts

    Im COVID-Jahr 2020 hat die Regierung sparsamer gewirtschaftet als geplant. Das Haushaltsdefizit stieg nach Angaben des Statistikamts auf 3,8 Milliarden Euro und betrug 5,5 Prozent des BIP. Die öffentliche Verschuldung wuchs um 9,7 Milliarden Euro auf 55 Milliarden Euro. Bezogen auf das BIP entsprach das einer Schuldenquote von 59,7 Prozent.

    Die Regierung geht davon aus, dass der Haushalt 2021 infolge der hohen Ausgaben zur Bekämpfung der Coronapandemie (1,99 Prozent des BIP) eine Unterdeckung von 7,9 Prozent des BIP aufweisen wird. Im Jahr 2022 soll das Defizit auf 4,9 Prozent des BIP sinken. 

    Impfsituation in der Slowakei

    Der Impfprozess startete Ende 2020 - kostenlos und auf freiwilliger Basis. Bis zum 11. November 2021 waren laut Europäischem Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) erst 44,8 Prozent der gesamten Bevölkerung komplett geimpft. Damit lag die Slowakei um 20 Prozentpunkte unter dem EU-Schnitt.


    Inzwischen können sich Jugendliche ab 12 Jahren registrieren und seit dem 9. September in begründeten Fällen auch Kinder zwischen 5 und 11 Jahren. Mit Prämien versucht die Regierung seit Juli den Impfzulauf zu steigern. Die Impfung der dritten Dosis ist angelaufen. Doch waren nach Angaben der Regierung Mitte November noch immer 700.000 Menschen ab 50 Jahren nicht geimpft. 

     

    In der Slowakei werden bislang die Vakzine von Pfizer/Biontech, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson eingesetzt. Seit Mitte Mai wird AstraZeneca nicht mehr als Erstdosis verimpft, da die Versorgung nicht stabil sei. Der bereits im März eingekaufte russische Impfstoff Sputnik V kam erst Anfang Juni zum Einsatz und wird aktuell bei der Registrierung nicht mehr angeboten.


    Über die Fortschritte beim Impfprozess informieren auf Englisch das Gesundheitsministerium und eine spezielle Impfseite Slowakei gegen Covid.

    Von Miriam Neubert | Bratislava

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