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Portal 21 Tschechische Republik

Anerkennung/Vollstreckung

Germany Trade & Invest (Stand: 24.7.2018)

Wer als deutscher Dienstleistungsempfänger in Deutschland oder Tschechien einen Prozess (zum Beispiel auf Schadensersatz nach einem Gewährleistungsfall) gegen einen tschechischen Dienstleister gewonnen hat, hat noch nicht sein Geld erhalten.

Vielmehr muss er die gerichtliche Entscheidung ggf.--gegebenenfalls anerkennen und auch vollstrecken lassen, um das vom Gericht zugesprochene Geld auch tatsächlich zu erhalten. Bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen können dem deutschen Dienstleistungsempfänger dabei mehrere Fallkonstellationen begegnen:

MÖGLICHE FALLKONSTELLATIONEN DER ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG
Land der Anerkennung & VollstreckungTschechisches Urteil (1)Deutsches Urteil (2)
Anerkennung & Vollstreckung in TschechienNur tschechisches Recht, Anerkennung nicht nötig (1a)EuGVVO i.V.m.--in Verbindung mit tschechischem Recht (2a)
Anerkennung & Vollstreckung in DeutschlandEuGVVO i.V.m. deutschem Recht (1b)Nur deutsches Recht, Anerkennung nicht nötig (2b)
vereinfachte Darstellung


Zunächst ist zu beachten, dass im Sinne des Artikels 33 der EuGVVO tschechische Urteile automatisch in Deutschland anerkannt werden, ohne dass es hierzu noch weiterer Feststellungen seitens eines deutschen Gerichts bedürfte. Dies gilt auch für deutsche Urteile in Tschechien.

Die Entscheidung eines tschechischen Gerichts (1) (siehe hierzu die Rubrik zu zuständigen Gerichten sowie die sich anschließenden Rubriken) kann entweder in Tschechien vollstreckt (1a) oder in Deutschland (1b) anerkannt und vollstreckt werden, je nachdem, wo der Schuldner seinen Wohnsitz hat oder wo sich die für die Vollstreckung verwendbaren Vermögenswerte befinden.

Der deutsche Dienstleistungsempfänger kann aber ebenso, etwa aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung, vor einem deutschen Gericht geklagt haben. Eine solche deutsche Gerichtsentscheidung (2) könnte gleichfalls in Tschechien anerkannt und vollstreckt (2a), oder aber direkt in Deutschland (2b) vollstreckt werden. Dies hängt ebenfalls davon ab, in welchem Land der Schuldner seinen Wohnsitz hat oder wo sich die für die Vollstreckung verwendbaren Vermögenswerte befinden.

Umgekehrt kommen auch Fälle in Betracht, in denen sich der deutsche Dienstleistungsempfänger einer Vollstreckung eines Urteils ausgesetzt sieht, das der tschechische Dienstleister erwirkt hat. Dies ist beispielsweise bei Klagen des tschechischen Dienstleisters auf die (bis dahin nicht erfolgte) Zahlung seines Werklohnes möglich. Wenn der tschechische Dienstleister diesen erfolgreich in Tschechien eingeklagt hat, kann er entweder dort die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der deutsche Dienstleistungsempfänger Vermögenswerte in Tschechien hat (1a) oder aber er kann die Anerkennung und Vollstreckung der tschechischen Entscheidung gegen den Dienstleistungsempfänger in Deutschland betreiben (1b).

Hat der tschechische Dienstleister dagegen einen Prozess in Deutschland gewonnen, sind die deutschen Regeln für die Zwangsvollstreckung in Deutschland anwendbar (2b). Auch hier kann allerdings die Situation auftreten, dass der tschechische Dienstleister lieber auf in Tschechien gelegene Vermögenswerte des deutschen Dienstleistungsempfängers (falls solche bestehen) zugreifen möchte – dies setzt dann die Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Tschechien (2a) voraus.

Die Anerkennung und Vollstreckung in Deutschland richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht. Dieser Bereich wird von unserem auf ausländisches Recht beschränkten Informationsportal nicht abgedeckt. Der deutsche Dienstleistungsempfänger sollte sich diesbezüglich an einen deutschen Rechtsanwalt wenden oder sonstige Informationsquellen zum deutschen Recht nutzen.

Hilfreich bei der Suche nach einem deutschen Rechtsanwalt:

  • DeutscheAnwaltAuskunft des Deutschen Anwaltvereins (DAV), dort ein Suchformular unter dem Menüpunkt Anwaltsuche oder aber
  • bundesweites amtliches Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer.

Im Folgenden werden die Konstellationen der Anerkennung und Vollstreckung in Tschechien behandelt. Hierfür sind auch die vorrangigen Regelungen des Europäischen Rechts von Bedeutung, die ebenfalls in ihren wichtigsten Grundzügen dargestellt werden.

In den Fällen, in denen nicht lediglich eine tschechische Entscheidung in Tschechien vollstreckt wird, sondern eine deutsche Entscheidung in Tschechien (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die europarechtliche Ebene zu berücksichtigen: die Verordnung (EU) Nr. 1251/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) in Tschechien unmittelbar anwendbar.

Diese regelt nicht nur die internationale und teilweise auch die örtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten zwischen tschechischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern. Nach den Artikeln 32 ff.--folgende EuGVVO bestimmt sich vielmehr auch die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat nach der EuGVVO.

Der Begriff “Entscheidungen“ umfasst dabei jegliche gerichtliche Entscheidung - ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid. Die jeweilige Entscheidung wird im jeweils anderen Land dabei ohne besonderes Verfahren anerkannt. Die Partei, die die Anerkennung der Entscheidung erreichen möchte, hat nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Gerichtsentscheidung darf jedoch im Anerkennungsstaat nicht mehr in der Sache selbst nachgeprüft werden (Verbot der révision au fond). Nur wenige schwerwiegende Versagungsgründe wie etwa ein der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechendes Urteil können dabei die Anerkennung einer Gerichtsentscheidung noch hindern.

Voraussetzung für die Vollstreckung von anerkannten Gerichtsentscheidungen ist dabei, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar sind und dass im Vollstreckungsstaat (so beispielsweise in Tschechien) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgegeben wurde.

Für die Vollstreckbarerklärung deutscher Entscheidungen in Tschechien, so etwa im Falle der Vollstreckung einer Schadensersatzklage des deutschen Dienstleistungsempfängers, muss der Vollstreckungsantrag an das zuständige tschechische Bezirksgericht (Okresní soud) gestellt werden.

Bei der Suche nach dem für die Anerkennung und Vollstreckung örtlich zuständigen Gericht in Tschechien kann erneut auf den sogenannten Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen zurückgegriffen werden.

Hat eine Partei in der Gerichtsverhandlung die Forderung der anderen Seite ausdrücklich anerkannt oder haben sich die Parteien vor Gericht gütlich geeinigt und einen Vergleich geschlossen, geht es sogar noch etwas einfacher. Denn bei unbestrittenen Forderungen (wie den eben genannten Anerkenntnissen vor Gericht oder gerichtlichen Vergleichen) kann das Vollstreckungsverfahren durch Beantragung eines Europäischen Vollstreckungstitels nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 weiter vereinfacht werden.

Das bedeutet für den oben dargestellten Fall des deutschen Dienstleistungsempfängers, wenn er mit dem tschechischen Dienstleister wegen seiner Schadensersatzforderung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hat: Mit der durch das deutsche Gericht auszustellenden Bestätigung des Vergleiches als Europäischer Vollstreckungstitel kann in Tschechien ohne den Zwischenschritt der Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden.

Den gleichen Vorteil hat natürlich auch der oben angesprochene tschechische Dienstleister, wenn er und der deutsche Dienstleistungsempfänger vor einem tschechischen Gericht einen Vergleich schließen. Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel bietet das EU-Portal mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung.

Die Vollstreckung eines tschechischen vollstreckbaren Titels (exekuční titul), d.h.--das heisst einer vollstreckbaren Gerichtsentscheidung, eines dortigen Schiedsspruchs oder aber einer für sofort vollstreckbar erklärten notariellen Urkunde innerhalb von Tschechien richtet sich nach tschechischem Recht.

Es kommt dabei einerseits eine Zwangsvollstreckung im Wege der gerichtlichen Vollziehung nach der tschechischen Zivilprozessordnung (Občanský soudní řád, Gesetz Nr. 99/1963 Sb., zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 293/2013 Sb., soudní výkon rozhodnutí podle občanského soudního řádu) in Betracht, andererseits ist eine Inanspruchnahme privater Gerichtsvollzieher im Wege der sogenannten Exekution (Exekuce) möglich. Die zweite Alternative findet ihre Rechtsgrundlage im sogenannten tschechischen Gerichtsvollziehergesetz (Gesetz Nr. 120/2001 Sb., Exekuční řád, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 170/2013 Sb.).

Der wichtigste Unterschied ist dabei, dass man bei der gerichtlichen Vollstreckung dem Gericht aus der von der ZPO vorgesehenen Palette von Möglichkeiten im Antrag genau vorgeben muss, auf welche Weise und in welche Vermögenspositionen des Schuldners vollstreckt werden soll. An diese Vorgaben ist das Gericht dann gebunden.

Demgegenüber bestimmt bei der Inanspruchnahme eines Exekutors dieser das "Wie" der Vollstreckung, erkundet selbständig die erfolgversprechendsten Vermögenswerte des Schuldners wie auch das effektivste Vollstreckungsmittel und stellt dann selbst den Antrag auf Vollstreckung an das zuständige Gericht.

Diese Gerichtsvollzieher nehmen im gewissen Rahmen trotz ihrer Stellung als "Private" im Rahmen der Vollstreckung einen öffentlich-rechtlichen, hoheitlichen Auftrag wahr. Seit 2001 sind sie in einer landesweiten Kammer (Exekutorská komora) organisiert und stehen unter staatlicher Aufsicht. Die Kammer stellt neben den einschlägigen berufsständischen Rechtsgrundlagen und Tarifen auch eine elektronisch geführte Liste der zugelassenen Exekutoren zur Verfügung.

Germany Trade & Invest (Stand: 24.7.2018)

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