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Wirtschaftsumfeld | China | Emissionshandel

China startet CO2-Emissionshandel

Seit Juli 2021 können Firmen, zunächst aus dem Energiesektor, CO2-Emissionsrechte innerhalb des ETS-Systems austauschen. Das Potenzial ist groß, doch der Beginn schleppend.

Von Corinne Abele | Shanghai

Chinas erstes landesweites Emissionshandelssystem (Emissions Trading Scheme, ETS) ist am 16. Juli 2021 angelaufen. Zunächst bleibt es auf den Energiesektor sowie konzerneigene Kraftwerke für den Eigenverbrauch beschränkt. Der Energiesektor stellt mit rund 4,5 Gigatonnen Kohlen­stoff­dioxid (CO2) jährlich allein 45 Prozent der CO2-Emissionen der Kraftstoffverbrennung des Landes.

In dieser ersten Phase werden über 2.200 Unternehmen am ETS teilnehmen, deren jährliche CO2-Emissionen zwischen 2013 und 2018 mindestens einmal die Grenze von 26.000 Tonnen CO2-Äquivalenten überstiegen haben. Bereits in dieser Anfangsphase ist Chinas Emissionshandelssystem das weltweit größte nationale ETS (ohne System der Europäischen Union) und erhöht nach Darstellung der Branchenwebseite CarbonBrief den durch ETS abgedeckten Emissionsanteil weltweit von 9 auf 17 Prozent.

Beteiligte Kraftwerke in wenigen Provinzen angesiedelt

Die betroffenen Kraftwerke konzentrieren sich auf wenige Provinzen. Allein ein Drittel von ihnen befindet sich in Shandong, Jiangsu und in der Inneren Mongolei. Firmeneigene Kohlekraftwerke stellten nach Angaben von Global Energy Monitor im Januar 2021 rund 13 Prozent der Leistung der Kohlekraftwerke. Sie werden zu einem Großteil zur Herstellung von Aluminium, Eisen und Stahl sowie im Bereich sonstiger Bergbau und Metalle eingesetzt. Allerdings befinden sich mit einem Anteil von 45 Prozent die meisten der am ETS teilnehmenden firmeneigenen Kraftwerke in der Chemiebranche, gefolgt von der Zellstoff- und Papierherstellung (15 Prozent) und dem Bereich sonstiger Bergbau und Metalle (10,8 Prozent).

Verteilung der am ETS beteiligten Kraftwerke in China (Anteil in Prozent)

Provinz

Öffentliche Kraftwerke

Gebundene Kraftwerke

Summe

Anteil

Gesamt

1.455

770

2.225

100,0

Shandong

233

105

338

15,2

Jiangsu

149

67

216

9,7

Innere Mongolei

98

70

168

7,6

Zhejiang

109

32

141

6,3

Henan

73

47

120

5,4

Shanxi

82

37

119

5,3

Xinjiang

50

54

104

4,7

Heilongjiang

75

20

95

4,3

Hebei

68

18

86

3,9

Guangdong

72

13

85

3,8

Quelle: carbonbrief.org, CarbonBrief-Analyse basierend auf Veröffentlichung des Ministry of Ecology and Environment (2020)

ETS-Ausbau geplant

Bis 2025 soll das ETS-System schrittweise auf acht energie- und C02-intensive Sektoren ausgeweitet werden: Wärme- und Stromerzeugung, Eisen- und Stahlerzeugung, Nichteisen-Metallindustrie, Baumaterialien, Petrochemie und Chemie, Papier- und Zelluloseherstellung sowie zivile Luftfahrt. Dann dürften rund 7.500 Unternehmen in China erfasst werden. Nach vollständiger Implementierung soll das ETS nach Darstellung des Institute of Energy, Environment and Economy der Tsinghua University 60 bis 70 Prozent von Chinas Treibhausgasemissionen umfassen.

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Chinas ETS hat gewaltiges Potenzial, doch es läuft nur schleppend an. Dies zeigt auch der im internationalen Vergleich niedrige Preis von 10 US-Dollar pro Tonne CO2. Das landesweite ETS kommt mit einiger Verspätung nach jahrelangen regionalen Pilotprojekten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Erläuterungen des Institute of Energy, Environment and Economy der Tsinghua University zufolge scheiden Unternehmen, die am nationalen ETS partizipieren, aus den weiter laufenden regionalen ETS-Pilotvorhaben aus.

ETS-Pilotregionen und ihre Ausgestaltung in China (Anteil und maximaler Ausgleich in Prozent)

Pilotregion

Grenzwert1

Anteil kostenfreier Zuteilung von CCER2

Zuteilungsmethoden

Maximaler Ausgleich durch Erwerb von CCER2

Beijing

>5.000

100

Besitzstandswahrung + Benchmarking

<5

Tianjin

20.000 

100

Besitzstandswahrung + Benchmarking

<10

Shanghai

Industriesektor: 20.000; nicht-industrieller Sektor: 10.000 

100

Besitzstandswahrung + Benchmarking

<5

Chongqing

20.000 

100

Besitzstandswahrung + Benchmarking

<8

Hubei

60.000 

100

Besitzstandswahrung + Benchmarking

<10

Guangdong

20.000

>95

Besitzstandswahrung + Benchmarking

<10

Shenzhen

5.000

>90

Besitzstandswahrung + Benchmarking

<10

1) in Tonnen CO2-Äquivalent; 2) CCER: Certified Carbon Emission ReductionQuelle: Institute of Energy, Environment and Economy Tsinghua University

Basierend am Ausstoß der Vorjahre erhält jedes am ETS teilnehmende Kraftwerk kostenlos Emissionsgenehmigungen zugeteilt. Weiter können maximal 5 Prozent der verifizierten Emissionen durch CO2-Kompensation mithilfe von Klimaprojekten ausgeglichen werden (Carbon Offsetting). Derartige Klimavorhaben können im Rahmen des ETS unter bestimmten Auflagen beispielsweise in den Bereichen erneuerbare Energien, Kohlenstoffspeicher oder Nutzung von ansonsten in die Atmosphäre entlassenen Methans stattfinden.

Zudem kann in China seit dem 7. September 2021 mit grünem Strom gehandelt werden (Green Electricity Trading). So können beispielsweise energieintensive Chemiekonzerne mit den Stromversorgern Verträge über den Bezug von umweltfreundlichem Strom abschließen. Doch derzeit ist das Angebot viel zu knapp, entsprechende Verträge kaum verfügbar.

Künftig droht "Joint Punishment" 

Wer nicht mindestens vier Fünftel seiner Emissionen durch Zertifikate abdecken kann, unterliegt Strafzahlungen. Diese sind bislang in Höhe von 10.000 und 30.000 Renminbi Yuan (RMB; umgerechnet 1.348 bis 4.045 Euro; 1 RMB = 0,135 Euro) jedoch kaum abschreckend. Schon eher als "Tiger mit scharfen Zähnen" könnte sich das vorgesehene "Joint Punishment" erweisen, wie es bereits das Corporate Social Credit System kennt. Demnach können bei Vergehen im Rahmen des ETS Nachteile bei der Steuerzahlung, vermehrte Kontrollen im Rahmen der Marktüberwachung oder auch Finanzierungsbeschränkungen drohen.

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Unabhängig vom ETS unterliegen energieintensive Branchen wie Stahl, Aluminium, Zement oder Chemie bereits seit Jahren zunehmend strengeren Anforderungen zur Energieeffizienz und entsprechenden Industriestandards. Die bisherige Steigerung der Energieeffizienz in den Branchen geht im Wesentlichen auf diese Vorgaben zurück. Bei Nichteinhaltung werden neue Projekte nicht genehmigt und alte abgeschaltet. Selbst Staatsunternehmen bekamen dies in den letzten Jahren immer wieder zu spüren. Dies zeigt eindrücklich, dass das Umweltministerium inzwischen im Gegensatz zu früher bereit und auch auf regionaler Ebene in der Lage ist, Umweltsünder zur Rechenschaft zu ziehen.

Höhere Strompreise wegen Versorgungsknappheit

Im Gegensatz zu erhöhten Industriestandards und deren Kontrolle haben Strompreise bislang so gut wie keinen Anreiz zur Emissionseinsparung geboten: Regional differenziert nach Branchen und Abnahmevolumen, waren sie bislang vom Staat gedeckelt – und damit für den Kunden subventioniert. Dies ist mit ein Grund für die derzeitige Stromversorgungskrise in weiten Teilen Chinas, da die Energieversorger die stark gestiegenen Rohstoffpreise kaum an die Kunden weitergeben können.

Inzwischen hat sich die Situation jedoch geändert. Aufgrund der gewaltigen Knappheitssituation hat die nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) am 12. Oktober 2021 bekannt gegeben, künftig die Preise für Kohlestrom zu flexibilisieren, die Schwankungsbandbreite generell auf 20 Prozent zu erhöhen und Marktkräfte zu stärken. Bereits zuvor hatten einige Provinzen mit moderaten Preiserhöhungen reagiert. Damit schaffen steigende Kohlestrompreise in China erstmals einen zusätzlichen Anreiz, die Energieeffizienz zu erhöhen und damit den CO2-Emissionsanstieg abzuschwächen. 

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