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Wirtschaftsumfeld | Hongkong | Außenhandel

Hongkongs Außenhandel boomt regelrecht

Auch zur Jahresmitte 2021 brummt das Geschäft der Ex- und Importfirmen der Sonderverwaltungsregion. Lediglich die Auftragseingänge scheinen leicht nachzugeben.

Von Roland Rohde | Hongkong

Hongkongs Grenzen sind für den Personenverkehr zwar seit Anfang 2020 weitgehend dicht. Doch der Warenaustausch findet nahezu ungehindert statt. Tatsächlich hat sich der Außenhandelssektor als Konjunkturlokomotive erwiesen. Dank seiner Hilfe erwägt die Regierung der Sonderverwaltungsregion (SVR) sogar, ihre Wachstumsprognose für 2021 anzuheben.

Nach Angaben des Hong Kong Trade Development Council (HKTDC) gab es in der ehemaligen britischen Kolonie Ende 2019 fast 100.000 Gesellschaften mit rund 440.000 Angestellten, die sich auf das Außenhandelsgeschäft spezialisiert haben. Zumeist handelt es sich um kleinere Firmen mit einer Handvoll von Angestellten. Daneben gibt es aber Konzerne wie beispielsweise Li & Fung.

Größere Unternehmen fungieren oftmals nicht nur als Handelsvertreter, sondern lassen auch im Auftrag fertigen oder verfügen über eigene Fabriken. Zugleich unterhalten zahlreiche ausländische Handelskonzerne zentrale Einkaufsbüros in der SVR. Von hier aus organisieren sie zumeist die Beschaffung aus ganz Asien. Auf deutscher Seite sind unter anderem Aldi, Lidl, Rewe, Metro und Tchibo vertreten.

Noch prägen Lieferengpässe das Geschehen

Nahezu alle Unternehmen berichteten zur Jahresmitte 2021 von prall gefüllten Auftragsbüchern. Bei zahlreichen Rohstoffen, Vorprodukten und Kapitalgütern, aber auch bei Transportkapazitäten wie Leercontainern gibt es Lieferengpässe. Viele Firmen hatten zum Höhepunkt der Coronapandemie nicht mit einem raschen wirtschaftlichen Wiederaufschwung gerechnet und ihre Lager geleert. Seit Ende 2020 wollen alle gleichzeitig die Vorräte auffüllen. Außerdem erhöhen viele ihre Notreserven.

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Exporte deutlich über dem Vorkrisenniveau

Hongkonger Handelsfirmen sind vollauf damit beschäftigt, die globalen Lieferengpässe zu beseitigen. Das macht sich in der Zollstatistik bemerkbar. Die Ein- und Ausfuhren von Waren stiegen im 1. Halbjahr 2021 um 28 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Dabei ist nur ein geringer Teil des Wachstums auf den statistischen Basiseffekt zurückzuführen. Tatsächlich liegt der Außenhandel bereits deutlich über dem Vorkrisenniveau.

Hongkongs Warenhandel im Überblick (in Milliarden US$; Veränderung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in Prozent)

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung

Importe

566,1

547,4

315,1

26,8

Exporte

511,4

503,5

294,0

30,0

Gesamthandel

1.077,5

1.050,9

609,2

28,3

Quelle: Statistikamt Hongkong

Viele Lieferländer mit zweistelligen Zuwächsen

Von dem Aufschwung haben mit Ausnahme des Vereinigten Königreiches alle Hauptlieferländer der SVR profitiert. Nicht wenige konnten im 1. Halbjahr 2021 zweistellige Wachstumsraten vermelden. So verzeichneten die Importe aus Taiwan ein Plus von rund 44 Prozent auf Jahresbasis. Damit führte Hongkong in den ersten sechs Monaten 2021 mehr Waren aus Taiwan ein als aus Japan und Südkorea zusammengenommen.

Hongkongs Wareneinfuhren nach Lieferländern (Auswahl; in Milliarden US$; Veränderung gegenüber der Vorjahresperiode in Prozent)

Land/Volkswirtschaft

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung

China

236,1

133,6

26,7

Taiwan

70,0

44,7

43,9

Südkorea

38,0

23,2

32,5

Japan

31,5

17,6

21,0

Malaysia

22,8

11,7

8,2

USA

21,4

11,5

8,3

Vietnam

13,5

7,8

32,0

Frankreich

8,3

4,3

27,6

Schweiz

6,4

3,9

59,4

Italien

6,6

3,7

34,9

Vereinigtes Königreich

9,0

3,5

-23,2

Deutschland*

6,0

3,2

16,4

*) Deutschland liegt auf Rang 15 der größten LieferländerQuelle: Statistikamt Hongkong

Deutschland lag mit einem Wachstum von gut 16 Prozent unter dem Durchschnitt. Die Lieferungen "Made in Germany" nach Hongkong bestehen vornehmlich aus Vorprodukten und Kapitalgütern wie Maschinen oder chemischen Erzeugnissen, die weiter nach China transportiert werden. Daneben enthalten sie aber auch Waren für den einheimischen Bedarf wie Pkw, Arzneimittel oder Kosmetika.

Biontech fördert "Made in Germany"-Image

Der Hersteller Biontech lieferte bereits mehrere Millionen Impfstoffdosen in die ehemalige britische Kolonie. Fast zwei Drittel aller Impflinge entschieden sich im Sommer 2021 für das deutsche Vakzin. Der Rest wählte das chinesische Präparat Sinovac, dessen Wirkung gegen die gefürchtete Delta-Variante des Coronavirus nicht ausreichend belegt ist. Der gute Ruf von "Made in Germany" hat sich abermals verbessert.

Wie das künftige Infektionsgeschehen den Außenhandel beeinflussen wird, lässt sich noch nicht absehen. Es zeigt sich aber, dass bei Auftragseingängen der Ex- und Importgesellschaften der Höhepunkt wohl zwischen Februar und April 2021 überschritten wurde. Seitdem geben die Indizes leicht nach, liegen aber immer noch deutlich über dem Krisenniveau.

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Die Werte beziehen sich auf eine Umfrage unter kleinen und mittelständischen Unternehmen mit maximal 50 Angestellten, die in der Branche repräsentativ sind. Dass die Indizes selbst bei dem boomenden Geschäft unter 50 liegen, scheint eine Hongkonger Besonderheit zu sein. Unter diesem Schwellenwert gilt die Geschäftslage als ungünstig. Die Zahlen sind daher eher als generelle Tendenz zu interpretieren.

SVR bleibt wichtige Handelsplattform

Unter dem Strich konnte Hongkong seine Stellung als wichtige Handelsdrehscheibe behaupten. Mit dem erwarteten Handelsvolumen von 1,2 Billionen US-Dollar (US$) im Jahr 2021 dürfte die SVR im globalen Maßstab auf den vorderen Rängen liegen. Obwohl der Warenaustausch mit China immer noch das Hauptgeschäft bildet, nimmt dessen Bedeutung weiter ab.

Sowohl Abnehmern als auch Herstellern wurde durch Covid-19 abermals vor Augen geführt, wie anfällig Lieferketten sein können beziehungsweise wie wichtig eine Diversifizierung des Länderrisikos ist. Kritische Komponenten dürften künftig nicht mehr nur in einem Land produziert oder eingekauft werden. Dadurch erhält die "China+1"-Strategie neuen Rückenwind. Firmen wie Li & Fung halfen ihren Lieferanten bereits vor der Pandemie dabei, die Produktion aus China vor allem nach Südostasien zu verlagern. Waren zunächst Kostengründe für diesen Schritt verantwortlich, erhielt der Abwanderungsprozess durch den Handelskonflikt mit den USA seit 2018 einen zusätzlichen Schub.

Setzt sich die Produktionsverlagerung nach Corona fort?

Während der Pandemie kam die Produktionsverlagerung zwar zum Erliegen. Doch dem Prozess zugrundeliegende Faktoren haben sich nicht verändert. Der Handels- und Technologiekonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt köchelt weiter. Zudem haben die Menschenrechtslage in Xinjiang und das nationale Sicherheitsgesetz in Hongkong der Marke "Made in China" geschadet. Das Gesetz stellt Aktivitäten unter Strafe, die von der chinesischen Regierung als Gefahr für die nationale Sicherheit betrachtet werden.

Auf der anderen Seite hat das Reich der Mitte durch die rasche Eindämmung der Pandemie den Ruf als zuverlässiger Lieferant gefestigt. Mittelfristig wird China weltweit in vielen Produktsparten der wichtigste Produzent und Exporteur bleiben.

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