Ein effizientes Exportkontrollrecht spielt auch in Deutschland eine zentrale Rolle. Die Gründe dafür sind vor allem außen- und sicherheitspolitischer Natur.
Warum wird der Export kontrolliert?
Deutschland ist Exportweltmeister. Diese Schlagzeile beherrschte lange Jahre die Wirtschaftsnachrichten. Auch wenn China Deutschland mittlerweile als Spitzenreiter abgelöst hat, ist die deutsche Wirtschaft nach wie vor stark abhängig von Exporten. Wozu gibt es dann Exportkontrollen? Es entspricht dieser Fragestellung, dass in Deutschland der Grundsatz herrscht: Es darf alles exportiert werden, solange es nicht verboten ist. In den USA beispielsweise ist der Ausgangspunkt ein anderer. Hier heißt es: exportiert werden darf nur, was erlaubt ist.
Dennoch: Ein effizientes Exportkontrollrecht spielt auch in Deutschland eine zentrale Rolle. Die Gründe dafür sind vor allem außen- und sicherheitspolitischer Natur. Die Exportkontrolle soll eine Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ebenso verhindern wie eine unkontrollierte Weitergabe von konventionellen Rüstungsgütern. Da es zahlreiche Güter gibt, die sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind, (“dual use“) sind auch diese in eine wirksame Exportkontrolle einzuschließen.
Rechtsgrundlagen der Exportkontrolle
Die wesentlichen Rechtsgrundlagen der Exportkontrolle sind nationale Rechtsvorschriften, hier vor allem die Außenwirtschaftsverordnung, sowie in Deutschland anwendbare Rechtsnormen des EU-Rechts. Zu letzteren zählt die Dual-Use-Verordnung sowie die Embargoverordnungen.
Darüber hinaus kann es wegen ihrer (nach US-amerikanischem Rechtsverständnis) extraterritorialen Wirkungen empfehlenswert sein, auch die Vorschriften des US-Exportkontrollrechts darauf hin zu überprüfen, ob eine Betroffenheit des deutschen Unternehmens bestehen könnte. Sofern kein relevanter US-Bezug des Unternehmens bestehen sollte, können gleichwohl im Rahmen sog. „Sekundärsanktionen“ US-amerikanische Handelsbeschränkungen zu beachten sein.
Was wird kontrolliert?
Ausfuhr und Verbringung
Kontrolliert wird zunächst die Ausfuhr (Übertragung von Gütern in ein Nicht- EU-Land) sowie Verbringung (Übertragung in ein EU-Land) von Rüstungsgütern und Dual-Use-Gütern, die in Güterlisten (als Anhänge der jeweiligen Rechtsgrundlage) erfasst sind (“gelistete Güter“). Sind die Güter nicht gelistet, kann gleichwohl eine Kontrolle aufgrund einer sog. „sensiblen “ Verwendung erfolgen. Dies sind:
- Verwendungen für chemische, biologische oder Kernwaffen oder Flugkörper für die Waffen;
- Militärische Endverwendung in einem Waffenembargoland;
- Anlage für kerntechnische Zwecke in Algerien, Irak, Iran, Israel, Jordanien, Libyen Nordkorea, Pakistan oder Syrien.
Eine entsprechende Genehmigungspflicht setzt voraus, dass der Ausführer entweder Kenntnis von der sensiblen Verwendung hat oder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ihn darüber unterrichtet hat. Hat er selbst Kenntnis, muss der Ausführer das BAFA unterrichten, das dann über die Genehmigungspflicht entscheidet.
Als „Gut“ gilt auch jede verkörperte Technologie, auch wenn die Art der Übertragung unverkörpert erfolgt (z.B. per E-Mail).
Ausführer ist jede natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die zum Zeitpunkt der Ausfuhr Vertragspartner des Empfängers in einem Drittland ist und über die Lieferung bzw. Übertragung der Güter in ein Drittland bestimmt.
Auch technische Unterstützung ist relevant
Darüber hinaus sind auch „technische Unterstützung“ sowie „Handels- und Vermittlungsgeschäfte“ von der Exportkontrolle erfasst.
Technische Unterstützung ist die Weitergabe unverkörperter Kenntnisse und Fähigkeiten. Dies umfasst vor allem die Unterweisung, Ausbildung oder Weitergabe von technischen Kenntnissen und Fähigkeiten in mündlicher, fernmündlicher oder elektronischer Form. Voraussetzung für eine Exportkontrolle ist allerdings, dass sich die weitergegebenen Informationen einer konkreten Güterlistennummer zuordnen lassen. Das ist bei Ausführungen im Rahmen von Vorlesungen und Vorträgen in aller Regel nicht erfüllt. Darüber hinaus muss zusätzlich ein Bezug zu den o.g. „sensiblen“ Verwendungen bestehen, wobei auch insoweit der Ausführer entweder selbst Kenntnis von der sensiblen Verwendung haben muss oder eine entsprechende Information durch das Bafa erforderlich ist. Wichtig zu wissen ist, dass eine „Kenntnis“ in diesem Sine auch dann vorliegt, wenn der Ausführer ausreichende Erkenntnisquellen kennt, aus denen er in zumutbarer Weise und ohne besondere Mühe die Erkenntnisse gewinnen kann. Ist der Ausführer eine juristische Person, ist ihm grundsätzlich das Wissen seiner Vertreter sowie seiner Mitarbeiter zuzurechnen. Technische Unterstützung in Zusammenhang mit dem Betrieb oder der Errichtung kerntechnischer Anlagen (in Algerien, Irak, Iran, Israel, Jordanien, Libyen, Nordkorea, Pakistan oder Syrien) durch einen Deutschen oder Inländer unterliegt auch dann der Exportkontrolle, wenn diese Unterstützung im Inland erfolgt. Dies gilt auch für entsprechende Unterstützung durch einen Inländer in Verwendungszusammenhang mit ABC-Waffen, Flugträgern (§ 51 Abs.1 Außenwirtschaftsverordnung (AWV)) oder bei Endverwendung in einem Waffenembargoland (& 51 Abs.2 AWV). Allerdings ist die Unterstützung im Inland nur dann genehmigungsrelevant, wenn sie gegenüber einem Ausländer aus einem Nicht-EU-Mitgliedstaat oder nicht aus Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweiz, Liechtenstein und USA (§ 51 Abs.1 AWV) oder aus einem Waffenembargoland erbracht wird (§ 51 Abs.2 AWV).
Im Einzelnen ist es im Falle technischer Unterstützung mitunter schwierig zu beurteilen, ob diese genehmigungspflichtig ist oder nicht. Das gilt insbesondere in der Zusammenarbeit mit Gastwissenschaftlern. Orientierung bietet ein vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle entwickelter Fragenkatalog.
Der typische Fall eines unter die Exportkontrolle fallenden Handels- und Vermittlungsgeschäftes liegt dann vor, wenn eine Person dazu beiträgt, dass Güter, die sich in einem Drittland (Land außerhalb der EU) befinden, in ein anderes Drittland versendet werden.
Wie wird kontrolliert?
Soweit der Export nicht gänzlich verboten ist (etwa auf der Grundlage eines Embargos), erfolgt die Kontrolle im Rahmen der Prüfung, ob eine Genehmigung zu erteilen ist oder nicht. Bezüglich der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern sowie bezüglich Dual-Use Gütern hat der Rat der EU hier bestimmte Kriterien festgelegt (2008/944/GASP). Dazu gehören u.a. die Achtung der Menschenrechte im Endbestimmungsland, Spannungen und Konflikte oder auch das Verhalten des Käuferlandes gegenüber der internationalen Gemeinschaft.
Im Rahmen von Auslandskooperationen deutscher Universitäten und Forschungsinstitute wird eine Genehmigung nur dann nicht erteilt, wenn die kritischen Güter an einen kritischen Empfänger oder Endverwender geliefert werden.
Was ist gänzlich verboten?
Generell verboten ist es, gegen bestehende Embargos zu verstoßen.
Auf nationaler Ebene sind für Rüstungsgüter solche in §§ 74 ff. Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geregelt.
Darüber hinaus sind sowohl auf EU-Ebene als auch auf der Grundlage von US-Sanktionen noch weitere Embargos (insbesondere gegenüber Russland und dem Iran) zu beachten.
Embargos können sich indes nicht nur gegen bestimmte Staaten, sondern auch bestimmte Personen oder Einrichtungen richten, denen dann weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder Vermögenswerte zur Verfügung gestellt werden dürfen.
Gänzlich verboten ist neben der Missachtung von Embargos auch, die Entwicklung oder Herstellung von atomaren, biologischen sowie chemischen Waffen zu fördern. Dies umfasst auch die Verbreitung entsprechender Kenntnisse durch wissenschaftliche Veröffentlichungen, Vorträge oder wissenschaftliche Kooperationen.
Das BAFA hält weiterführende Informationen zu Embargos und Sanktionen bereit.
Wer ist verantwortlich?
Verpflichtet, die Exportkontrollvorschriften einzuhalten, ist der „Ausführer“. Dies ist grundsätzlich diejenige natürliche oder juristische Person, die Vertragspartner des Empfängers im Drittland ist und über die Versendung der Güter aus dem Zollgebiet der EU bzw. aus dem Inland bestimmt.
Davon zu unterscheiden ist der Ausfuhrverantwortliche. Sollen gelistete Güterexportiert werden, muss der Ausführer dem BAFA gegenüber schriftlich einen Ausfuhrverantwortlichen benennen. Er trifft alle Vorkehrungen, damit der Ausführer die Bestimmungen des Außenwirtschaftsrechts einhält. Dazu gehört insbesondere die Ausarbeitung und Überwachung eines innerbetrieblichen Compliance – Programms. Eine instruktive Handreichung hierzu hat das BAFA entwickelt.
Exportkontrolle ist Chefsache
Exportkontrolle lässt sich nicht willkürlich delegieren. Der Ausfuhrverantwortliche muss zwingend Mitglied des vertretungsberechtigten Organs sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dieses Mitglied weisungsbefugt ist. Eine bloße Prokura ist nicht ausreichend. Der Ausfuhrverantwortliche ist auch der persönliche Ansprechpartner für die Zuverlässigkeitsprüfung in Genehmigungsverfahren.
Der Grundsatz der „Exportkontrolle als Chefsache“ gilt auch in der Wissenschaft. In den Fällen, in denen die Chefebene nicht weisungsbefugt ist gegenüber den Verantwortlichen für Forschungsprojekte, sind diese selbst Ausfuhrverantwortliche.
Im universitären Bereich ist Ausfuhrverantwortlicher der jeweilige Präsident der Universität, wenn es um Ausfuhren im Rahmen von Auftragsforschung sowie Forschungskooperationen geht. Im Übrigen nehmen die Professoren ihre Aufgaben in Forschung, Lehre und Prüfungen selbstständig und nicht weisungsgebunden wahr.
Wie beugt man vor?
Das „A und O“, um nicht mit Exportkontrollvorschriften in Konflikt zu geraten, ist ein effizientes „Compliance Programm“. Genehmigungen können davon abhängig sein, dass der Antragsteller die Einhaltung geltender Gesetze gewährleistet. Hierzu gehört es auch, ein effizientes Exportkontrollsystem zu etablieren. Wie intensiv die Prüfung durch das BAFA ausfällt, hängt von der Art des Antrags ab. Erstrebt das Unternehmen Sammelgenehmigungen, ist es nicht ausreichend, einen Ausfuhrverantwortlichen zu benennen, der dann versichert, dass er alle erforderlichen Maßnahmen trifft, um die Bestimmungen im Außenwirtschaftsverkehr einzuhalten. Vielmehr überprüft das BAFA in diesem Fall die schriftlichen Organisationsanweisungen auf Vollständigkeit und Angemessenheit und damit die Wirksamkeit des Compliance Systems. Kommt das BAFA im Rahmen einer Zuverlässigkeitsprüfung zum Schluss, dass das Unternehmen unzuverlässig ist (weil eben kein effizientes Compliance Programm besteht), hat dies die regelmäßige Ablehnung von Genehmigungsanträgen wie auch den möglichen Widerruf bestehender Genehmigungen zur Folge.
Darüber hinaus können Verstöße gegen das Außenwirtschaftsrecht sowohl strafrechtliche, wie auch zivilrechtliche und ordnungswidrigkeitsrechtliche Folgen haben. Insbesondere den Ausfuhrverantwortlichen trifft eine weitgehende straf- und bußgeldrechtliche Verantwortung für das Handeln der Mitarbeiter. Abgesehen davon sind „Exportskandale“ nicht selten willkommener Stoff für die Medien, was zu einem nachhaltigen Reputationsverlust des Unternehmens führen kann. Schließlich ist auch der Kostenaspekt zu beachten. Beachtet ein Unternehmen nicht die entsprechenden Exportkontrollvorschriften und muss deshalb sein Vorhaben abbrechen, kostet dies unnötig Zeit und Geld.
Man sieht also: konsequente Ausfuhrrechtliche Compliance ist nicht nur im Sinne des Gesetzgebers, sondern liegt nicht zuletzt auch im ureigensten Interesse des ausführenden Unternehmens selbst.
Wie muss nun ein solches Compliance-System ausgestaltet sein?
Unerlässlich ist das Bekenntnis der Unternehmensleitung zu den Zielen der Exportkontrolle. Es muss schriftlich verfasst sein und den Mitarbeitern gegenüber wiederkehrend kommuniziert werden.
Grundlage des Compliance-Programms ist eine Risikoanalyse, welche Compliance-Risiken des Außenwirtschaftsverkehrs identifiziert. Darauf aufbauend sind Zuständigkeiten im Bereich der Exportkontrolle klar und eindeutig zu formulieren. Wichtig ist, dass das mit der Exportkontrolle befasste Personal in der Lage ist, eine Transaktion zu stoppen und dem Ausfuhrverantwortlichen direkt zu berichten. Es müssen ausreichend personelle und technische Mittel für die Ausfuhrabwicklung bestehen.
Herzstück des Compliance-Programms ist eine dokumentierte Ablauforganisation, in deren Rahmen alle erforderlichen Arbeits- und Organisationsanweisungen in einem Prozesshandbuch niedergelegt sind. Um sicherzustellen, dass dies auch entsprechend umgesetzt wird, ist ein entsprechendes Kontrollsystem erforderlich.
Weitere Einzelheiten hierzu enthält die vom BAFA erstellte Broschüre „firmeninterne Exportkontrolle“.
Fazit
Das Exportkontrollrecht ist für jede Ausfuhr in Betracht zu ziehen. Es ist ein Ausfuhrverantwortlicher zu benennen. Um den teilweise komplexen Regelungen gerecht zu werden, ist ein entsprechendes Compliance-Programm, nicht zuletzt im ureigensten Interesse des Unternehmens, zu erstellen.
Eine professionelle Organisation zur Einhaltung der Exportkontrollvorschriften ist dringend anzuraten - damit der Export nicht zum Risiko wird.
Von Dr. Achim Kampf