Wirtschaftsumfeld | Sri Lanka | Wirtschaftsstruktur
Sri Lankas Wirtschaftsstruktur weist Schwerpunkte auf
Trotz Herausforderungen hat das Land eine effiziente Dienstleistungswirtschaft entwickelt. Auch die Industrie kommt nicht zu kurz. Dabei gibt es regionale Besonderheiten.
28.02.2025
Von Florian Wenke | Mumbai
Nach der Zahlungsunfähigkeit im Jahr 2022 und einer anschließenden Wirtschaftskrise ist Sri Lanka wieder auf den Pfad politischer Stabilität und wirtschaftlichen Wachstums zurückgekehrt. Die Regierung versucht, die Auflagen internationaler Kreditgeber umzusetzen und das Land zu reformieren. Es gilt, die wirtschaftlichen Verluste wettzumachen und gleichzeitig soziale Härten so gering wie möglich zu halten.
Für deutsche Firmen bietet das Land dabei eine interessante Alternative zu den großen Ländern in der Region. Sri Lanka hofft – wie viele andere Wirtschaftsstandorte – von Produktionsverlagerungen im Zuge von China-plus-1-Strategien zu profitieren.
Die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland sind jedoch noch ausbaufähig. Als Ziel deutscher Exporte belegte Sri Lanka 2024 nur Rang 108 von 238 Handelspartnern. Besser sah es bei den Importen aus: Hier lag das Land auf dem 76. Platz. Insgesamt verzeichnet die Inselnation einen Handelsbilanzüberschuss mit Deutschland. Ausführliche Informationen zur Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt.
Deutsche Unternehmen sind gekommen, um zu bleiben
Immer wieder gab es in jüngster Vergangenheit Bemühungen, Sri Lanka attraktiver für Investitionen zu machen – mit gemischten Ergebnissen. Während die Herausforderungen bekannt sind, mangelt es oft an einer effektiven Behebung der Probleme. Daher landet Sri Lanka in relevanten Rankings meist im Mittelfeld. Das 2019 letztmals in alter Form veröffentlichte Ranking "Ease of Doing Business" der Weltbank führte Sri Lanka auf Rang 99 von 190 untersuchten Ländern. Insbesondere bei der Durchsetzung von Verträgen, aber auch bei der Zahlung von Steuern bescheinigen die Experten Sri Lanka Defizite.
Vergleichsweise gut schneidet das Land hingegen beim Schutz von Minderheitsinvestoren und der Erteilung von Baugenehmigungen ab. Im ebenfalls von der Weltbank veröffentlichten "Logistics Performance Index" für 2023 belegt Sri Lanka Rang 73 von 138 Ländern. Damit liegt es zwar hinter dem großen Nachbarn Indien (Rang 38), aber vor Bangladesch (Rang 88).
Im "Global Innovation Index 2024" der Weltorganisation für geistiges Eigentum erreichte Sri Lanka Platz 89 unter 133 untersuchten Ländern. Die Autoren der Studie bescheinigen dem Land eine Innovationsfähigkeit, die seinem Einkommensstand entspricht. Zu den Stärken zählen die Experten die Infrastruktur des Landes. Eher schwach bewerten sie die Bereiche Bildung sowie die Verwaltung und Regulierung, die unter dem Schlagwort "Institutionen" bewertet werden.
Für die meisten ansässigen Unternehmen überwiegen die positiven Erfahrungen vor Ort. Wer in Sri Lanka investiert, tut dies bewusst. Diese Entschlossenheit ist einer der Gründe, warum sich deutsche Unternehmen auch während der Wirtschaftskrise 2022 nicht aus dem Land zurückgezogen haben. Viele produzieren hier nicht nur für den eher kleinen Binnenmarkt, sondern auch für den Export.
Dienstleistungsökonomie mit industrieller Kompetenz
Insbesondere seit der wirtschaftlichen Liberalisierung Ende der 1970er-Jahre hat sich die Wirtschaftsstruktur tiefgreifend gewandelt. So stieg der Anteil des Dienstleistungssektors am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 40 Prozent im Jahr 1977 auf über 60 Prozent im Jahr 2024. Somit ist die Dienstleistungsbranche der wichtigste Sektor, darunter insbesondere der Tourismus sowie Logistik und der Groß- und Einzelhandel.
Zwischen 1977 und 2024 ging der Anteil der Landwirtschaft am BIP deutlich zurück. Er sank von 31 auf 9 Prozent. Dennoch bleibt die Landwirtschaft wichtig, denn sie beschäftigt etwa 26 Prozent der Erwerbstätigen. Zudem ist Tee nach wie vor ein wichtiges Exportgut.
Nahezu konstant blieb während dieser Zeit der Anteil der Industrie. Allerdings hat sich die Wertschöpfung innerhalb der Industrie geändert. Waren früher oftmals ganze Wertschöpfungsketten im Land anzutreffen, sind heute Spezialisierungen festzustellen. So verfügt Sri Lanka etwa über eine leistungsfähige Textilbranche. Auch Kfz-Teile wie Kabel und Reifen werden im Land gefertigt.
Wie in den meisten Ländern Südasiens spielt der informelle Sektor eine große Rolle für das Wirtschaftsgeschehen. Schätzungen von Ökonomen gehen davon aus, dass zwischen 60 und 70 Prozent der Erwerbstätigen im informellen Sektor beschäftigt sind.
Sektoren | Anteil an der Bruttowertschöpfung 2024 1) | Anteil an den Beschäftigten 2023 |
---|---|---|
Industrie | 29 | 25 2) |
Verarbeitendes Gewerbe | 20 | 17 |
Baugewerbe; Energie-, Wasser-, Abfallwirtschaft | 7 3) | 8 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 2 | 1 |
Dienstleistungen | 62 | 50 2) |
Groß- und Einzelhandel | 15 | 14 |
Logistik | 13 | 6 |
Finanzdienstleistungen | 7 | 2 |
Immobilienwirtschaft | 4 | k. A. |
Öffentliche Verwaltung | 4 | 6 |
Sonstige (beispielsweise Kranken- und Altenpflege, Bildung, IT-Dienstleistungen) | 19 | k. A. |
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 9 | 26 2) |
Die Wirtschaftskraft kommt aus der Westprovinz
Die Wirtschaftskraft Sri Lankas konzentriert sich stark um die in der Westprovinz gelegene Stadt Colombo, die de facto auch Hauptstadt ist. Große Firmen haben hier ihren Sitz, genau wie nationale und internationale Organisationen sowie Botschaften. Zudem verfügt Colombo über einen Hafen. Damit übertrifft der Westen die anderen Provinzen des Landes deutlich an wirtschaftlicher Bedeutung.
In der Industrie, aber auch im Dienstleistungssektor, erwirtschaftet die Westprovinz über 40 Prozent der landesweiten Wertschöpfung. Die angrenzenden Provinzen profitieren von ihrer Lage im Speckgürtel. Während der Westen und Süden des Landes als gut entwickelt gelten, hinken der Osten und Norden wirtschaftlich und infrastrukturell hinterher.