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Recht kompakt | Ägypten | Rechtsverfolgung

Rechtsverfolgung in Ägypten

Einen ersten Überblick über die Rechtsverfolgung in Ägypten erhalten Sie hier.

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem

Ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen Deutschland und Ägypten über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Zivilurteilen existiert nicht. Folglich bestimmen sich Anerkennung und Vollstreckung deutscher Zivilurteile nach dem ägyptischen Zivilprozessrecht (Code de Procedure Civile et Commerciale - Gesetz Nr. 13/1968: Zivilprozessordnung/ZPO).

Geregelt sind die Voraussetzungen in den Art. 296 bis 301 ZPO. Gemäß Art. 296 ZPO muss zunächst die Gegenseitigkeit verbürgt sein. Danach müsste ein ägyptisches Zivilurteil grundsätzlich auch in Deutschland anerkannt und vollstreckt werden können. Ägyptische Urteile werden grundsätzlich in Deutschland anerkannt (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt, WM 1987,276). Folglich ist die Gegenseitigkeit im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland verbürgt.

Darüber hinaus sind deutsche rechtskräftige Gerichtsentscheidungen in Ägypten vollstreckbar, sofern sie nicht unter Missachtung der Zuständigkeitsvorschriften zustande kamen. Das deutsche Urteil muss erstens nach deutschem Prozessrecht von einem zuständigen Gericht stammen und zweitens durfte in dem jeweiligen Fall nicht die internationale Zuständigkeit eines ägyptischen Gerichts verdrängt worden sein. Ob eine derartige internationale Zuständigkeit ägyptischer Gerichte gegeben war, entscheidet sich nach ägyptischem Prozessrecht. Die ausschließliche (internationale) Zuständigkeit eines ägyptischen Gerichts ist stets ein Versagungsgrund. Umstritten ist, ob die Anerkennung/Vollstreckbarkeit ebenso zu versagen ist, wenn lediglich eine konkurrierende internationale Zuständigkeit ägyptischer Gerichte vorlag. Von einer konkurrierenden Gerichtszuständigkeit ist dann die Rede, wenn für einen Sachverhalt mehrere Gerichte zuständig sind und die klagende Partei insofern ein Wahlrecht hat. 

Die Vollstreckbarkeitserklärung erfolgt in einem förmlichen gerichtlichen Verfahren, dem sogenannten Exequatur-Verfahren. Dabei wird das deutsche Urteil mit sämtlichen Anlagen sowie englischer und möglichst arabischer Übersetzung durch die zuständige ägyptische Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland legalisiert. Zuständig ist das ägyptische Gericht erster Instanz, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Wohn- oder Firmensitz hat.

Nach Art. 298 Nr. 2 ZPO setzt die Anerkennung/Vollstreckbarkeit weiter voraus, dass die Parteien ordnungsgemäß vertreten waren. Einem deutschen Versäumnisurteil würde daher regelmäßig die Anerkennung versagt werden. Erforderlich ist schließlich, dass sich das (deutsche) Urteil weder zu einem zuvor in Ägypten ergangenen Urteil noch zum ägyptischen ordre public in Widerspruch setzt (Art. 298 Nr. 4 ZPO). Der ordre public umfasst diejenigen Gesetze, Verordnungen und sonstigen Normen, die die Grundlagen von Staat und Gesellschaft gewährleisten. Dazu zählen insbesondere einige Vorschriften des Vertriebsrechts. So ist es nicht möglich, den Anspruch des Handelsvertreters auf Schadensersatz im Fall der ungerechtfertigten Kündigung oder Nichtverlängerung eines Vertrages vertraglich abzubedingen. Außerdem ist auf Technologietransfers zwingend ägyptisches Recht anzuwenden.

Vor ägyptischen Gerichten besteht ein genereller Anwaltszwang. Die Anwaltskosten sind (auf Basis eines Stundensatzes und/oder als Erfolgshonorare) einer freien Vereinbarung zugänglich. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens trägt jede Partei ihre eigenen Auslagen.

Gemäß Art. 299 ZPO gelten für die Anerkennung internationaler Schiedssprüche dieselben Regeln wie für Urteile.

Ägypten ist Mitglied des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958. Ausländische Schiedssprüche sind vollstreckbar, soweit sie nach ägyptischem Verständnis schiedsfähig sind (was insbesondere oft im Bereich des Familien- und Erbrechts nicht der Fall sein wird; bei Streitigkeiten mit der öffentlichen Hand ist die Schiedsfähigkeit unter Umständen auch problematisch), einer innerstaatlichen Gerichtsentscheidung sowie dem ordre public nicht entgegenstehen und eine ordnungsgemäße Zustellung an die Gegenpartei erfolgt ist. Wegen der völkerrechtlichen Bindung Ägyptens an das oben genannte Übereinkommen dürfte die Anerkennung von Schiedssprüchen wohl leichter als die von ausländischen Urteilen sein. 

Inländische Schiedssprüche unterliegen dem nationalen Schiedsrecht (Gesetz Nr. 27/1994), das sich im Wesentlichen am UNCITRAL-Modellgesetz orientiert.

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