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Special | Ägypten | Wege aus der Coronakrise
Vergünstigte Kredite sind das Mittel der Wahl der ägyptischen Regierung im Kampf gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19. (Stand: 2. Juli 2021)
07.07.2021
Von Sherif Rohayem | Kairo
Unternehmen und das öffentliche Leben möglichst wenig einzuschränken ist das schärfste Schwert der ägyptischen Regierung gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie. Ägyptens Entscheider stehen bei der Frage, welche Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 zu ergreifen sind, vor ganz anderen Abwägungen als etwa die deutsche Regierung.
Und so besteht das Corona-Hilfspaket der ägyptischen Regierung mit einem Volumen von umgerechnet 6,4 Milliarden US-Dollar (US$) vor allem aus Krediten mit reduziertem Zinssatz, Steuerstundungen und reduzierten Energiepreisen. Zuschüsse an Unternehmen wurden dagegen nicht ausgezahlt, ebenso kein Kurzarbeitergeld.
Immerhin zahlte das Arbeitsministerium im vergangenen Jahr für die Dauer von einigen Monaten Zuschüsse von 500 ägyptische Pfund (EGP; durchschnittlicher Umrechnungskurs 2020: 1 Euro = 18,05 EGP) an informelle Arbeiter. Ebenso erhöhte die Regierung den gesetzlichen Mindestlohn für Angestellte im öffentlichen Dienst auf 2.400 EGP. Ab dem 1. Januar 2022 erhalten erstmals auch Beschäftigte im Privatsektor diesen Mindestlohn. Firmen im Bereich Bau und Industrie zahlen bereits jetzt schon freiwillig diesen Mindestbetrag. Im Dienstleistungssektor hingegen ist dies nicht immer der Fall. Dort spielen zum Teil auch variable Lohnbestandteile, in der Hauptsache Trinkgelder, eine entscheidende Rolle.
Hilfskredite Zentralbank 1) | Hilfskredite Entwicklungsbanken | Steuerhilfen | Sonstige Hilfen | |
Leitzinssenkungen um insgesamt 4 Prozentpunkte auf 8,25 Prozent | 425 Mio. Euro der European Investment Bank für KMU-Kredite Antragstellung: Banque Misr | Verschiebung der Einführung der Kapitalertragsteuer bis zum 01.01.22 | Anhebung der Pensionsansprüche | |
Finanzierung von Krediten an Hotels und touristische Transportbetriebe | 100 Mio. US$ für KMU zur Finanzierung grüner Projekte (erneuerbare Energien, Technologien zur Milderung und Anpassung an den Klimawandel) Antragstellung: National Bank of Egypt | Verlängerung der Aussetzung der Steuer für landwirtschaftliches Grundeigentum bis 01.01.22 | Reduzierte Erdgaspreise für industrielle Verbraucher (z.B. Eisen-, Stahl-, Zement-, Kupfer-, Aluminium-, Keramik- und Porzellanfabriken) von 5,5 US$ pro 1 MMBtu 2) runter auf 4,5 US$ pro MMBtu | |
50 Mrd. EGP für Austausch- und Erneuerungsinvestitionen | 3 Mrd. EGP für Löhne und Betriebskosten | |||
ermäßigter Zinssatz von (absteigend) 8% mit einer Laufzeit von maximal 15 Jahren | ermäßigter Zinssatz von 5% | |||
Finanzierung von Krediten an private Unternehmen aus den Sektoren: verarbeitendes Gewerbe, Bau- und Landwirtschaft | Kredite bis zu 4 Mio. Euro im Rahmen des AfricaConnect COVID-19 Response der Deutschen Entwicklungsgesellschaft (DEG) mit jährlichen Zinsen zwischen 1% bis 2% Antragsvoraussetzungen abrufbar auf der Internetseite der DEG | Halbierung der Quellensteuer auf Dividenden, die ein börsennotiertes (Egyptian Exchange) Unternehmen ausschüttet - von 10% auf 5% | Einfrieren der Strompreise bis April 2025 und deren Subventionierung mit 0,1 EGP pro Kw/h für industrielle Aktivitäten in den Bereichen: Mittel-, Hoch- und Höchstspannung | |
100 Mrd. EGP für Kapitalinvestitionen, Lohnzahlungen sowie Erwerb von Rohstoffen und Vorprodukten | ||||
bei Jahresumsatz von mindestens 50 Mio. EGP: ermäßigter Zinssatz von (absteigend) 8% | bei Jahresumsatz zwischen 1 Mio. EGP und 50 Mio. EGP: ermäßigter Zinsatz von 5% | |||
Hypothekenfinanzierung von Wohneigentum | Reduzierung der Stempelsteuer bei Veräußerung börsennotierter (Egyptian Exchange) Aktien von 0,15 % auf 0,05 % | Dritte Phase der Auszahlung überfälliger Zuschüsse an ägyptische Exporteure aus der Exportförderungsinitiative des Handelsministeriums: Exporteure müssen Anträge bis spätestens 29.07.21 stellen | ||
50 Mrd. EGP für die Bezieher mittlerer Einkommen (maximale Einkünfte von monatlich 40.000 EGP und 50.000 EGP bei Familien) | ||||
ermäßigter Zinssatz von (absteigend) 8% |
Sämtliche Kreditprogramme der ägyptischen Zentralbank setzen voraus, dass es sich um Unternehmen handelt, die nach ägyptischem Recht gegründet wurden. Dass die Eigentümer mehrheitlich Ägypter sein müssen, ist jedoch nicht erforderlich. Mit anderen Worten sind auch Unternehmen mit ausländischer Beteiligung anspruchsberechtigt. Bei der Vielzahl an Kreditinitiativen ist es für die Unternehmen nicht ganz einfach, das richtige Angebot auszumachen - das erstens für sie passt und auf das sie zweitens einen Anspruch haben.
Um die finanzielle Inklusion kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) voranzutreiben, erhöhte die Zentralbank im Februar 2021 die Quote, die Geschäftsbanken für Kredite an KMU vergeben müssen von 20 Prozent auf 25 Prozent des gesamten Kreditportfolios.
Um etwa Mehrausgaben für den Gesundheitssektor und andere Corona-bedingte Ausgaben und Einnahmenausfälle zu stemmen, erhielt die ägyptische Regierung während der Coronakrise Unterstützung von multi- und bilateralen Gebern, allen voran vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Seit Ausbruch der Pandemie gewährte der IWF der Regierung in Kairo Kredite von insgesamt 8 Milliarden US$ - davon ein Notkredit über 2,8 Milliarden US$ und einen weiteren über 5,2 Milliarden US$.
Diese Kredite haben jenseits der bereitgestellten Gelder noch einen ideellen Mehrwert. Denn die Tatsache, dass der IWF Ägypten Geld leiht, erhöht die Kreditwürdigkeit des Landes. Für internationale Investoren heißt es, der IWF vertraut auf die Zahlungsfähigkeit von Ägypten. Und dieses Vertrauen hat sich in der Folge in massiven Geldzuflüssen niedergeschlagen. Nachdem es auf dem ägyptischen Markt für Staatsanleihen ab April 2020 zu einer Kapitalflucht im zweistelligen Milliardenbereich kam, stehen ägyptische Schuldpapiere mit ihren vergleichsweise hohen Renditen wieder hoch im Kurs ausländischer Portfolioinvestoren.
Kehrseite dieses Geldsegens ist der Anstieg der ausländischen Schulden, die sich Ende 2020 auf 129 Milliarden US$ beliefen. Dennoch gehen Experten davon aus, dass diese Schulden zwar erhöhte Aufmerksamkeit erfordern, insgesamt aber beherrschbar sind - zumal die ägyptische Regierung nach wie vor an ihren Sparmaßnahmen festhält.
Bevölkerung in Mio. | 101,0 |
Verimpfte Dosen in Mio. | 4,3 |
Impfstoffangebot | Astrazeneca, Sinovac, Sinopharm |
Ausstehende Lieferungen in Mio. | 1,9 Astrazeneca im Juli 2021 |
Lokale Produktion* | Ab August wird der staatliche Pharmahersteller Vacsera den Impfstoff von Sinovac herstellen - mit einer geschätzten Menge von 6 Mio. Dosen bis Ende 2021, insgesamt 40 Mio. Dosen im Jahr. Ab dem dritten Quartal 2021 plant der private Pharmahersteller Minapharm in Kooperation mit seiner Berliner Tochter ProBioGen die Produktion von Sputnik V. |
Auswirkungen auf die Wirtschaft | Wegen der vergleichsweise geringen Impfquote noch keine substantiellen Auswirkungen, insbesondere im Bereich Tourismus, da noch viele Länder Ägypten auf die eine oder andere Weise als Risikogebiet listen mit entpsprechenden Quarantänepflichten. Entscheidend für die Erholung des Tourismus wird auch die Zulassung in der EU von Impfstoffen wie Sinovac und Sputnik V sein. |