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Pharma, Bau und E-Autos mit Dynamik in Äthiopien

Geschäfte mit Äthiopien sind zurzeit nicht einfach. Der Devisenmangel macht dort viele Importe faktisch unmöglich. Arzneimittel und E-Autos laufen aber gut, auch der Bau floriert.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Wer sich in Äthiopien Dollar nicht auf dem Schwarzmarkt besorgt, hat ein Problem beim Import von Gütern: Devisen von der Zentralbank gibt es nur für lebenswichtige Produkte wie Medizin und einige Lebensmittel. Daneben genießen bestimmte Kapitalgüter wie Ausrüstungen für die Landwirtschaft oder den Bergbau Priorität bei der Devisenzuteilung.

Europäer liefern mehr Arzneimittel

Arzneimittel stellen einen der Märkte dar, die aus europäischer Sicht im Jahr 2022 gut liefen. Die Länder der Europäischen Union lieferten laut Eurostat Medikamente im Wert von knapp 300 Millionen Euro nach Äthiopien, fast die Hälfte mehr als im Vorjahr. Äthiopiens gesamter Pharmamarkt ist laut einer aktuellen Schätzung in der Presse 1,1 Milliarden US-Dollar (US$) schwer. Bis 2030 sollen es 3,7 Milliarden US$ sein, prognostizierte die Ethiopian Investment Commission 2018. Mit einer wachsenden Mittelschicht gewinnt die Bevölkerung, trotz immer noch großer Defizite, einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung.

"Äthiopien ist ein sehr angenehmer Ort für die Branche", sagte der Präsident der Ethiopian Pharmaceuticals and Medical Supplies Manufacturers Association im April 2022. Fabriken im Land deckten inzwischen weniger als 10 Prozent des Bedarfs ab. Und auch diese Hersteller, die eine Wertschöpfung von 30 bis 50 Prozent aufwiesen, beschafften viel im Ausland. Zum Beispiel Zucker und Stärke für pharmazeutische Zwecke oder Sirupflaschen. All diese Produkte ließen sich auch in Äthiopien produzieren.

Größte Investition ist nach einer Präsentation von Ende 2020 Sansheng. Diese chinesische Firma steckte nach eigenen Angaben 85 Millionen US$ in ihre Fabrik im Eastern Industrial Park. Das Unternehmen verarbeitet aktive Substanzen aus China und Indien zu Medikamenten für den äthiopischen Markt. Anders als bei der Eröffnung im Jahr 2018 in der Presse verbreitet, verneinte das Management bei einem Besuch Mitte 2022 jegliche Exportaktivitäten. Der heimische Bedarf sei noch lange nicht gedeckt. Und man habe, bei einem Mitarbeiterstand von 350, Expansionspläne.

Deutsche Maschinen in der Pharmaproduktion "viel zu teuer"

Deutsche Maschinen sind bei Sansheng Äthiopien laut Management eher nicht im Einsatz. Über die Beschaffung von Ausrüstungen werde in China entschieden. Zwar seien deutsche Maschinen in der Pharmaproduktion weit verbreitet, für Äthiopien aber "viel zu teuer".

In Äthiopien genügen Hersteller insgesamt weniger hohen Anforderungen als in anderen Ländern. Nach einem Pressebericht von 2022 gibt es im Land 15 Pharmafabriken. Nur vier davon erfüllten GMP-Anforderungen (Good Manufacturing Practice). Dazu gehört Sansheng. Die Chinesen sind laut Eigendarstellung der erste lokale Pharmahersteller, der von der zuständigen nationalen Behörde eine GMP-Zulassung erhalten hat. Dem Pressebericht zufolge ist jedoch kein Hersteller in Äthiopien nach internationalem GMP-Standard von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zertifiziert. Im benachbarten Kenia gebe es über 100 Pharmaproduzenten, 26 davon mit GMP-Zulassung.

E-Autos laufen gut - relativ

"Addis Abeba ist voll mit Elektrowagen, jeder Autoverkäufer bietet einige Modelle davon an." Die euphorische Nachricht eines Geschäftsmanns Mitte 2023 aus Äthiopiens Hauptstadt ist Spiegelbild der 7.100 Elektroautos, die das Transportministerium laut Presse im Mai als Bestand für Äthiopien auswies.

Die Regierung hatte im September 2022 die Mehrwertsteuer und andere Steuern auf Elektrofahrzeuge abgeschafft sowie Einfuhrzölle reduziert. Äthiopien hat hohe Überkapazitäten an Strom aus erneuerbaren Energien, die durch die laufende Inbetriebnahme des großen Wasserkraftwerks am Blauen Nil weiter steigen werden. Ladestationen allerdings sind bisher Mangelware, und selbst in der Hauptstadt fällt oft der Strom aus.

Neue Fahrzeuge sind in Äthiopien extrem teuer, auch die vergünstigten E-Autos. Ein Volkswagen ID4 2022 (SUV) kostet in Addis Abeba über 100.000 US$ und damit dreimal so viel wie in Dubai, berichtete der Addis Standard im Dezember 2022 - auch mit Verweis auf die teure Devisenbeschaffung. Ein Neuwagenmarkt existiert in Äthiopien bisher praktisch nicht. Im Jahr 2022 wurden in dem 120-Millionen-Einwohner-Land laut Focus2Move gerade einmal 1.500 Einheiten verkauft. Den Fahrzeugbestand veranschlagt ein aktueller Report für 2022, bei unklarer Datenlage, auf nur 210.00 Einheiten, davon 125.000 Pkw und 85.000 Nutzfahrzeuge (Nfz).

Die allermeisten Pkw und kleinen Nfz kommen gebraucht ins Land, vorwiegend aus Dubai. Der Anteil von Toyota wird mit zwei Drittel bis 90 Prozent beziffert. Trotzdem gibt es kleine Montagebetriebe im Land. Hyundai eröffnete mit einem Partner 2019 solch ein Werk, Volkswagen schloss laut Presse eine Absichtserklärung dafür ab. Daneben werden weitere Marken im Land montiert. Laut Focus2Move gehören dazu Kia und Toyota sowie die chinesischen Lifan, BYD und Sinotruk (Nfz).

Bausektor mit deutschem Immobilienentwickler

Marktchancen rund um Äthiopiens Bausektor nutzt Rockstone Real Estate. Der in Hamburg ansässige Immobilienentwickler arbeitet in Addis Abeba an einem Gebäude mit gut 100 Exklusiv-Apartments. In der Hauptstadt gibt es eine Reihe von Luxusimmobilienprojekten mit Geldgebern, die oft aus den Golfstaaten kommen. Auch einheimische Unternehmen investieren in Wohn- und Geschäftsimmobilien. Im September 2022 verkündete die große äthiopische Unternehmensholding Midroc einen Plan zum Bau des Mahmadya Residential Village für knapp 1 Milliarde US$.

Daneben entstehen viele Sozialwohnungen und wieder mehr Infrastrukturprojekte. Schwerpunkte sind Dämme sowie Straßen, deren Netz sich in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet hat. Aktiv sind dabei vor allem einheimische und chinesische Baufirmen. Interessanter für deutsche Anbieter ist der Ausbau der Stromübertragung und -versorgung.

Für den gesamten Bausektor erwartet der Marktforscher Fitch bis 2030 reale Wachstumsraten von jährlich etwa 7 Prozent. In den vergangenen 15 Jahren hatte die Branche allerdings mit teils bis zu einem Drittel zugelegt.

Beratungsgutscheine Afrika

Mit den "Beratungsgutscheinen Afrika" fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Wirtschaftsnetzwerks Afrika externe Beratungsdienstleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen. Ziel ist es, den Markteintritt in Afrika zu erleichtern.


Unternehmen können eine individuelle und bedarfsorientierte Beratung zu ihren wirtschaftlichen Vorhaben erhalten. Das Angebot gilt branchenunabhängig für jedes Zielland auf dem afrikanischen Kontinent.

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