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Start-ups in Afrika: Von wegen risikoaverse deutsche Unternehmen

Eine Reihe junger deutscher Start-ups zeigt in Afrika, wie man erfolgreich sein kann. Trotz oder gerade wegen eines schwierigen Finanzierungsumfelds.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Oft halten Risiken und fehlende Marktkenntnis Unternehmen davon ab, sich in Afrika zu engagieren. Umso bemerkenswerter, dass sich in den letzten Jahren eine Reihe risikofreudiger Start-ups für den Kontinent entschieden haben. "Mich hat vor allem die Dynamik in diesen Märkten fasziniert. Sie sind weniger reguliert als in Europa und oft noch unerschlossen. Für mich ein ideales Umfeld, um meine Geschäftsideen auszuprobieren", sagt Antonia Lorenz, die seit etwa drei Jahren ihr Start-up Waya Collective in der ugandischen Hauptstadt Kampala betreibt. "Natürlich gibt es auch Risiken und Herausforderungen, an denen man scheitern kann", ergänzt sie. 

In den letzten Jahren haben einige in Deutschland ausgebildete Jungunternehmer in Ostafrika ihr Unternehmen gegründet - nicht selten zusammen mit afrikanischen oder anderen ausländischen Partnern. Was sie alle auszeichnet: Flexibilität und Risikobereitschaft beim Geschäftsmodell. 

Diese Unternehmer haben nicht nur die Möglichkeit, sich selbst zu entwickeln, sondern leisten auch einen enormen Beitrag bei der Erschließung der für die deutsche Wirtschaft oft noch wenig bekannten afrikanischen Märkte. Die Marktkenntnisse der Start-ups dürften von großem Interesse auch für etablierte Unternehmen sein.  

Welche Lösungen sind in Afrika gefragt? 

Präsenz in Afrika ist insbesondere im B2C-Bereich wichtig, denn die Kunden ticken anders als in Europa. Auch über B2C hinaus funktionieren Geschäftsideen, die für Deutschland entwickelt werden und sich etwa nach Nordamerika übertragen lassen, in Afrika oft nicht. Infrastrukturen, Märkte und Lieferketten sind weniger entwickelt als in Industrieländern.

Genau hier setzen die Gründer an. Mobile Money boomt, weil viele Menschen in Afrika kein Bankkonto haben. Mangelnde Stromversorgung macht Off-Grid-Solar oder Mini-Grids attraktiv. Der Mangel an Ärzten und Schulen auf dem Land schafft Raum für E-Health und digitale Bildungsangebote. Die für viele afrikanische Länder enorm wichtige Landwirtschaft ist immer noch durch Kleinteiligkeit, Intransparenz und unsichere Lieferketten geprägt.  

Robuste Lösungen gehen vor Hightech

Ein weiterer Unterschied: Während in Europa oder den USA Hightechlösungen auf Effizienz, Komfort und Skalierbarkeit setzen, bevorzugen Start-ups in Afrika kostengünstige und robuste Lösungen, die auch offline funktionieren. 

Dennoch: "Konnektivität und hohe Mobilfunknutzung in Afrika sind wichtig für Start-up-Lösungen. Zum Beispiel werden durch die Verbreitung von Onlinebezahlmodellen die Möglichkeiten für E-Commerce immer vielfältiger", sagt Leonard Stiegeler, Unternehmer und Angel-Investor mit Afrika-Expertise.

Können Start-ups auch von Deutschland aus nach Afrika expandieren?

Auch wenn sich Lösungen für den deutschen Markt nicht so einfach auf afrikanische Märkte übertragen lassen, gibt es eine Reihe von Start-ups, die von Deutschland aus nach Afrika expandieren. "Die meisten haben eine Afrika-DNA", sagt Meike Neitz, Start-up-Expertin, die für die Bundesregierung afrikanische Start-ups berät. Das heißt, sie haben von vornherein ihr Geschäftsmodell für afrikanische Märkte konzipiert, oft mit deutscher Technologie.

Der German Accelerator, eine Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) möchte noch mehr deutsche Start-ups bei der Expansion nach Afrika unterstützen und dehnt sein Beratungsangebot auf Afrika aus.  

Unterstützungsmaßnahmen für die Internationalisierung von Start-Ups

  • Digital Hub Initiative (BMWE) unterstützt deutsche Start-ups bei der Internationalisierung auf Auslandsmessen, Ökosystemreisen und Matchmaking Events
  • German Accelerator (BMWE) hilft deutschen Start-ups bei der Expansion ins Ausland. Afrika-Aktivitäten im Aufbau
  • Beratungsgutscheine vom Wirtschaftsnetzwerk Afrika (BMWE): Vertiefte Beratung für den Afrika-Einstieg wird mit 85 Prozent bezuschusst
  • DeveloPPP Ventures (BMZ) Finanzierung von afrikanischen Start-ups mit Entwicklungs-Aspekt
  • UnternehmerTUM (Initiative von Susanne Klatten/TU München): Unterstützung für afrikanische Start-ups
  • StArfrica (Universität Koblenz) Deutsch-afrikanische Business-Community

Welcher Standort in Afrika passt am besten?

Egal, ob ein Start-up von Deutschland aus nach Afrika expandiert oder direkt nach Afrika geht - es stellt sich die Frage, welche der 54 zum Teil sehr unterschiedlichen Länder Afrikas sich als Standort anbieten. Gerade für Afrika-Neulinge ist die Entscheidung nicht einfach.

Die größten Start-up-Ökosysteme ("Big 4") sind Lagos (Nigeria), Kairo (Ägypten), Nairobi (Kenia) sowie Johannesburg und Kapstadt in Südafrika. Sie verfügen alle über eine recht gute Start-up-Infrastruktur mit Inkubatoren, Acceleratoren und Finanzierungsinstituten und kommen daher fast immer in die engere Wahl. 

Eine wichtige Rolle bei der Standortwahl spielt die Skalierbarkeit und damit die Frage, welcher Standort "typisch afrikanisch" ist. Antonia Lorenz sah sich Kenia, Uganda und Ruanda an und entschied sich für Uganda. "Die Kaufkraft in Kenia ist deutlich höher und in Ruanda tut die Regierung viel für Start-ups. Aber die Verhältnisse in Uganda sind denen in anderen afrikanischen Ländern in meiner Branche ähnlich". Ugandas Pro Kopf-Einkommen liegt mit rund 1.200 US-Dollar auf einem für viele afrikanische Länder typischen Level. Weitere Faktoren, wie das Kundenverhalten, die Internetkapazität oder der Entwicklungsgrad des Einzelhandels spielen ebenfalls eine Rolle.

Start-ups, die von Deutschland aus in Afrika operieren:

AgriBORA digitale Lösungen für die Landwirtschaft

Boreal Light und Vision Green Solutions Lösungen für Wasseraufbereitung

Cuculus Software für Versorger

EcoPhi, Grips Energie, SolarWorx Energie

Exseede Beratung und Schulungen für Gründer

RecyCoal Pflanzenkohle 

Save the Grain Lösungen für die Ernte

Wingcopter Drohnen 

Trotz Steigerung bleibt die Finanzierung schwierig

Neben einem funktionierenden Geschäftsmodell braucht es auch auf dem afrikanischen Kontinent eine entsprechende Finanzierung. Nach einer Hochphase in den Jahren 2021 und 2022 war das Finanzierungsumfeld für Start-ups in Afrika zuletzt nicht besonders gut, aber Zahlen zeigen wieder nach oben: 2025 erhielten afrikanische Start-ups bis August rund 2 Milliarden US-Dollar, wie die Start-up-Informationsplattform "Africa - The Big Deal" berichtet. 2024 wurde diese Marke erst im Dezember erreicht.

Institutionelle Fonds wie Novastar, Norrsken, TL Com und Partech halten sich aktuell zurück. Man ist nach einigen Enttäuschungen vorsichtiger geworden. Ein Großteil der Finanzierung kommt aus den USA und Europa, wo die unsichere Weltwirtschaft für eine generelle Zurückhaltung von Investitionen in Hochrisikomärkten sorgt. 

Finanzierungen afrikanischer Banken nehmen zwar zu, können die klaffende Lücke aber nicht schließen. Auch verfügen bis auf die Börsen von Lagos und Johannesburg kaum Standorte über Erfahrung mit dem Börsengang (Initial Public Offering (IPO)) von Start-ups.  

Entwicklungsbanken rechnen mit rückläufigen Budgets

Bei der Start-up-Finanzierung Afrikas spielen auch Entwicklungsbanken wie die IFC (gehört zur Weltbank), EIB (EU) und DEG (KfW) eine wichtige Rolle. Aber ihr Budget dürfte in den nächsten Jahren schrumpfen, auch weil die großen Geber aus den USA und Europa auf andere Schwerpunkte setzen, etwa auf Verteidigung und Ukraine. Treffen wird dies insbesondere Start-ups mit sozialem oder Entwicklungsaspekt, denn darauf legen Entwicklungsbanken Wert bei ihrer Förderung. Dazu zählen die Förderung von Frauen, Schaffung von Arbeitsplätzen oder umweltfreundliche Lösungen.  

Trends bei der Finanzierung von Start-ups in Afrika

  • 2025 überwiegt erstmals Fremdkapitalfinanzierung vor Eigenkapitalfinanzierung
  • Konzentration auf die "Big 4“: Südafrika, Nigeria, Kenia und Ägypten
  • Fokus auf "reifere“ Start-ups mit geringerem Risiko. Junge Start-ups hingegen haben Schwierigkeiten

Ein weiterer Aspekt: Entwicklungsbanken werden bei der Finanzierungsvergabe zunehmend darauf achten, dass afrikanische Unternehmer zum Zuge kommen. Gemischte Teams, die sich gegenseitig inspirieren, bieten sich daher an. Zuletzt haben in den afrikanischen Ökosystemen oft Ausländer und nicht Afrikaner den Großteil der Finanzierung abgeschöpft.

Das liegt auch daran, dass Erstere von ihren Heimatuniversitäten oft bessere Grundkenntnisse für Unternehmensgründung erhalten haben und sich bei den Finanzierern daher besser präsentieren können. Die Vermittlung von Entrepreneurship-Kenntnissen muss in Afrika hingegen noch ausgebaut werden. 

Einige Beobachter gewinnen dem durchwachsenen Finanzierungsumfeld auch Positives ab. So glaubt Neitz, dass die Qualität der Start-ups zunehmen wird. Sie müssen sich nun mehr am Markt orientieren und auf die Kosten achten. Die noch recht jungen afrikanischen Ökosysteme befinden sich in einem Reifeprozess und es scheint, als würde nun die nächste Stufe erklommen.

GTAI bietet weitere Informationen zu den wichtigsten Start-up-Ökosystemen des afrikanischen Kontinents

Ausführliche Erfahrungsberichte deutscher Start-ups in Afrika finden Sie im Africa Business Guide 

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