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Investitionen in israelische Deep Tech Unternehmen ziehen an
Nach einem globalen Abschwung steigen die Deep-Tech-Investitionen in Israel wieder. Internationale Akteure bei der Stange zu halten, ist entscheidend für die weitere Entwicklung.
18.11.2025
Von Wladimir Struminski | Israel
Israel behauptet sich als einer der weltweit führenden Deep-Tech-Standorte. Und innerhalb der israelischen Hightech-Industrie entwickelt sich Deep Tech zum führenden Bereich. Das sind wesentliche Erkenntnisse des Deep Tech Reports 2025, welchen die israelische Innovationsbehörde (Israel Innovation Authority, IIA) im September 2025 veröffentlichte.
Seit 2019 flossen demnach mehr als 28 Milliarden US-Dollar (US$) in israelische Deep-Tech-Unternehmen. Außerhalb der USA ist Israel damit führend. In Israel entspricht die Summe etwa einem Drittel aller Investitionen in High-Tech-Unternehmen. Die IIA rechnet zudem etwa 1.500 Unternehmen dem Bereich Deep Tech zu, was knapp einem Fünftel aller High-Tech-Unternehmen entspricht. Dem Verständnis der IIA zufolge geht es dabei um Firmen, die komplexe Technologien mit langen Reifezeiten und hohem Kapitalbedarf entwickeln. Der Schwerpunkt liegt auf Anwendungen der künstlichen Intelligenz (KI). Weitere wichtige Bereiche sind Medizintechnik, Cybersecurity, Agrofood und Robotik.
Bei Deep Tech kann Israel seine Stärken ausspielen
Diese herausragende Position hat Israels Deep-Tech-Sektor mehreren Faktoren zu verdanken. Mit mehr als 6 Prozent des Bruttoinlandprodukts investiert Israel prozentual mehr als jedes andere OECD-Land in Forschung und Entwicklung. Israelische Universitäten forschen zudem äußerst praxis- und marktnah und fördern den Technologietransfer an die Wirtschaft. Das zeigt sich auch im PitchBook Ranking 2025: Zwei Israelische Universitäten (Tel Aviv University und Israel Institute of Technology in Haifa) gehören zu den Top 10 Universitäten, deren Studenten noch während des Studiums gründen (undergraduate founders). Zudem sind in dem relativ kleinen Land die Wege kurz. Forscher, Unternehmer, Gründer und Entscheidungsträger kennen sich oft persönlich. Diese Vernetzung fördert den Gemeinsinn und schnelle Innovationen.
Nicht unterschätzen darf man dabei den Einfluss der Technologieeinheiten des Militärs. Insbesondere in den Bereichen KI und Cybersecurity hat die Nähe zwischen ziviler und militärischer Technologie disruptive Entwicklungen hervorgebracht. Angehörige dieser Einheiten wechseln nach ihrer Dienstzeit oft in den High-Tech-Bereich und treiben die Entwicklung dort voran.
Dieser Zusammenhang deutet jedoch auf einen Zwiespalt hin. Die Verfügbarkeit von Fachkräften ist traditionell eine Stärke des israelischen High-Tech-Sektors. Zwar trägt das Militär durch Ausbildung und Entwicklung traditionell dazu bei. Andererseits deutet sich jedoch an, dass der Wirtschaft vor allem in diesem Bereich Fachkräfte fehlen, wenn über einen längeren Zeitraum eine hohe Zahl an Reservisten zum Militärdienst einberufen wird.
Strategie und Kooperation auf dem Prüfstand
Die Rolle der öffentlichen Hand ist insgesamt nicht eindeutig. Zwar gibt es eine Reihe von staatlichen Förderprogrammen. Es fehlt aber beispielsweise an der nötigen Recheninfrastruktur sowie an klaren gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit künstlicher Intelligenz. Eine stringente Strategie zur Förderung und zum Umgang mit künstlicher Intelligenz ist erst im Aufbau.
Um seine Position zu halten, braucht Israel neben einer Strategie bzw. als wesentlichen Teil einer solchen die Kooperation mit internationalen Playern. Geopolitische Risiken, insbesondere eine drohende internationale Isolation, können den dringend benötigten Zufluss von Kapital und Wissen durch Know-how-Austausch hemmen. Zwar hat der Rat der Europäischen Union dem Vorschlag der EU-Kommission, Israels Assoziierung mit dem Forschungsprogramm "Horizont Europa" teilweise auszusetzen, bisher nicht angenommen. Dennoch deutet bereits die Diskussion darüber auf einen wunden Punkt Israels hin.
Deutsche Unternehmen sind schon involviert
Insbesondere der Kapitalbedarf aus dem Ausland wird für die Zukunft des Deep-Tech-Standorts relevant bleiben. Vor allem bei großen Finanzierungsrunden dominieren ausländische Investoren mit etwa zwei Dritteln des investierten Kapitals, so die Angaben der IIA. Zumindest kurzfristig scheint das Vertrauen jedoch nicht infrage zu stehen. In den ersten acht Monaten des Jahres 2025 floss mit 2,5 Milliarden US$ so viel Geld in den Bereich wie im gesamten Vorjahr. In jedem Fall hat sich Deep Tech als feste Größe im israelischen Ökosystem etabliert. Dazu trugen auch Firmenübernahmen bei. In den Jahren 2020 bis 2024 wurden israelische Deep-Tech-Firmen für insgesamt 37,2 Milliarden US$ von anderen Unternehmen erworben. Unter den Käufern waren internationale Top-Tech-Größen wie Nvidia oder Intel.
Auch deutsche Unternehmen nutzen Chancen zur Technologiebeschaffung und zu Partnerschaften, unter anderem durch Investitionsbeteiligung, gemeinsame Entwicklungen oder die Integration israelischer Technologie in die eigene Produktion. Beispielsweise erwarb Fielmann Ventures, Teil der Fielmann-Gruppe, 2022 eine Beteiligung von 10 Prozent an Deep Optics. Diese Firma gehört zu den führenden Unternehmen im Bereich der Elektrooptik. Die REWE Group stieg mithilfe der israelischen Computer-Vision-Firma Trigo in kassenlose Supermarkttechnologie ein (Pick & Go). Die Merck KGaA hat eine Vereinbarung mit dem israelischen Biotechnologieunternehmen Quris geschlossen, um mithilfe künstlicher Intelligenz neue Arzneimittel zu entwickeln.