Branchen | Aserbaidschan | Land- und Ernährungswirtschaft
Aserbaidschan: Geschäftschancen durch neue Agrarförderungen
Aserbaidschans Regierung treibt die Land- und Ernährungswirtschaft voran. Ziel ist eine stärkere Eigenversorgung mit Nahrungsmitteln und der Ausbau der Exporte.
09.05.2025
Von Uwe Strohbach | Baku
Neue Förderpakete für die Landwirtschaft und den Ausbau von Agrarparks sollen die Ernährungswirtschaft in Aserbaidschan ankurbeln. Für 2025 sind im Staatshaushalt 708 Millionen US-Dollar (US$) an Subventionen vorgesehen, in den Folgejahren bis 2028 jährlich rund 710 Millionen US$. Die Mittel fließen vor allem in:
- zinsgünstige Kredite,
- Leasing-Kofinanzierungen für Landtechnik und Bewässerungssysteme,
- Subventionen für Anbauflächen und Tierzucht,
- den Aufbau von Tierzuchtbetrieben und Seidenraupenzucht,
- die Ausweitung der Agrarversicherung sowie
- die Förderung des privaten Veterinärwesens.
Im Jahr 2024 erhielten über das elektronische Agrarinformationssystem (EKTIS) jeweils mehr als 380.700 Landwirte Subventionen in Höhe von rund 200 Millionen US$ für Pflanzen- und Tierzucht – ähnlich wie im Vorjahr. Zusätzlich unterstützte der Fonds für die Entwicklung des Unternehmertums die Agrarwirtschaft mit zinsgünstigen Krediten: Von insgesamt 146 Millionen US$ entfielen 77 Millionen US$ (53 Prozent) auf die landwirtschaftliche Produktion. Weitere Mittel flossen in Projekte zur industriellen Verarbeitung agrarischer Erzeugnisse.
Neue Fördersparte: Intensiver Obstanbau
Seit 2024 ist die Palette der subventionsfähigen Bereiche in der Pflanzenproduktion deutlich erweitert. Neu gefördert werden unter anderem der Anbau von Zitrus-, subtropischen und Futterpflanzen sowie die Anlage von Intensivobstgärten für Baum- und Schalenobst. Besonders im Fokus: die Errichtung von Aprikosen- und Pfirsichplantagen in den Regionen Zentral-Aran, Mil-Mugan, Schirwan-Salyan und Karabach. Hier werden einmalige Subventionen von 4.000 Aserbaidschan-Manat (rund 2.353 US$) pro Hektar gewährt.
Ausbau von Agrarparks zielt auf mehr Effizienz in der Landwirtschaft
Der Ausbau der seit 2016 bestehenden Agrarparks soll unter neuem Management beschleunigt werden. Ziele des Programms sind die Nutzung brachliegender Flächen, der Aufbau von Wertschöpfungsketten, die Stärkung der Versorgung mit heimischen Lebensmitteln sowie die Entwicklung ländlicher Räume.
Zudem sollen die Agrarparks zur Verringerung des Außenhandelsdefizits im Agrarsektor beitragen: Zwischen 2022 und 2024 lag der jährliche Importüberschuss laut Zollstatistik bei durchschnittlich 1,5 Milliarden US$ – gegenüber 1 Milliarde US$ in den drei Jahren zuvor.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | |
---|---|---|---|---|---|
Einfuhren | 1,6 | 1,9 | 2,4 | 2,2 | 2,4 |
Ausfuhren | 0,7 | 0,7 | 0,8 | 0,8 | 0,9 |
Handelsbilanz | 0,9 | 1,2 | 1,6 | 1,4 | 1,5 |
Aktuell gibt es 24 Parks, darunter 22 private, mit einer Gesamtfläche von 66.300 Hektar. Sie beschäftigen dauerhaft etwa 3.700 und saisonal rund 5.000 Arbeitskräfte. Die Parks engagieren sich zumeist in der Pflanzenproduktion, sechs in der Tierzucht.
Deren Produktionsvolumen ist überschaubar und in den letzten Jahren bei einigen Erzeugnissen geschrumpft. Die Parks produzierten im Jahr 2024 unter anderem 49.700 Tonnen Zuckerrüben, 34.100 Tonnen Weizen, 5.500 Tonnen Gerste, 92.000 Tonnen Silogetreide- und -mais, 13.700 Tonnen Kartoffeln und 3.500 Tonnen Gemüse. Die auf Tierzucht spezialisierten Agrarparks erzeugten 31.400 Tonnen Milch und 1.300 Tonnen Fleisch.
Ausbau der Agrarparks kam bisher schleppend voran
Ursprünglich sollten innerhalb weniger Jahre etwa 50 leistungsfähige Agrarparks für die Bewirtschaftung von 240.000 Hektar Agrarflächen gegründet werden. Die Ursachen für die unbefriedigende Entwicklung der Parks sind vielschichtig. Sie reichen vom mangelnden Management und einer unzureichenden Qualifizierung der Beschäftigten bis hin zu den negativen Folgen des Klimawandels für die Agrarproduktion.
Neue institutionelle Zuständigkeit für Agrarparks
Im April 2025 hat die Regierung beschlossen, die Kompetenzen für die Organisation und weitere Entwicklung der Agrarparks vom Wirtschaftsministerium (Agentur für die Entwicklung von Wirtschaftszonen) in das Ministerium für Landwirtschaft zu verlagern. Die institutionelle Neuordnung soll für mehr Effizienz und einen schnelleren Ausbau der Parks sorgen.
Neue Pilotprojekte für Agrarindustrie-Cluster gestartet
Im Landkreis Jewlach (Yevlax) entsteht ein innovativer Agrarpark. Dieser vereint kleine und mittlere Betriebe sowie verarbeitende Unternehmen in einem Cluster. Der Fokus liegt auf Getreide, Obst, Gemüse, Futtermitteln, Zuckerrüben und Saatgut. Rund 40 Wirtschaftseinheiten haben bereits Investitionen von etwa 60 Millionen US$ getätigt oder geplant. Ein weiteres Pilotprojekt läuft im Landkreis Sabirabad. Zudem wurde Ende 2024 das erste KMU-Cluster für Fruchtkonzentrate (Frutena) gegründet.
Agrarproduktion in Aserbaidschan noch wenig effizient
Der Agrarsektor beschäftigt rund 36 Prozent der Erwerbstätigen, trägt jedoch nur 5,7 Prozent zur nationalen Wertschöpfung bei (2024) – ein Hinweis auf geringe Effizienz. Ursachen sind die zersplitterte Betriebsstruktur nach der Auflösung sowjetischer Großbetriebe, der langsame Aufbau größerer Produktionseinheiten sowie geringe Investitionen von durchschnittlich nur 300 Millionen US$ jährlich (2020–2024).
Fachleute kritisieren zudem die geringe Wirkung öffentlicher Fördermittel, bedingt durch intransparente Vergabe, strikte Auflagen für Technik- und Saatgutauswahl sowie unzureichende Kontrolle. Reformen im Steuerrecht sollen künftig für mehr Transparenz und zielgerichtete Förderung sorgen.