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Rechtsbericht | Aserbaidschan | Rechtsverfolgung

Rechtsverfolgung in Aserbaidschan

Rechtsstreitigkeiten können vor Zivil- und Wirtschaftsgerichten ausgetragen werden. Bei Auslandsberührung empfiehlt sich die Austragung vor einem Schiedsgericht.


Von Yevgeniya Rozhyna, Dmitry Marenkov

Gerichtssystem

Das Gerichtssystem der Republik Aserbaidschans umfasst allgemeine Gerichte sowie Gerichte für Verwaltungs- und Wirtschaftsstreitigkeiten. Einzelheiten ergeben sich aus dem Gesetz Nr. 310-IQ "Über Gerichte und Richter“ .

Vor den allgemeinen Gerichten werden Streitigkeiten auf dem Gebiet des Zivil-, Wohn-, Familien-, Arbeits-, Boden-, Umwelt- oder Steuerrechts verhandelt (Art. 25 ZPO). Daneben bestehen Gerichte für Verwaltungs- und Wirtschaftsstreitigkeiten für Streitigkeiten zwischen juristischen Personen und/oder Einzelunternehmern (Art. 26 ZPO).

Das Verfahren in Zivil- und Wirtschaftssachen richtet sich nach der Zivilprozessordnung ("Mülki prosessual Məcəllə“). Das Kapitel 46 (Art. 439-461) ZPO ist den Verfahren mit Beteiligung ausländischer Parteien gewidmet. Bei Streitigkeiten mit ausländischer Beteiligung ist gemäß Art. 450 eine Gerichtsstandvereinbarung zu Gunsten eines ausländischen Gerichts grundsätzlich zulässig.

Zu beachten ist die ausschließliche Zuständigkeit aserbaidschanischer Gerichte für Streitigkeiten wie unter anderem aus dinglichen Rechten, Auflösung von in Aserbaidschan ansässigen juristischen Personen, Zwangsvollstreckung sowie Ansprüchen aus Speditionsverträgen.

Anwaltszwang

Ein Anwaltszwang besteht nur für oberste Gerichte.  Ansonsten können sich Parteien vor Gericht durch beliebige geschäftsfähige Personen und juristische Personen durch ihre Organe vertreten lassen. Vollmachten von juristischen Personen müssen gemäß Art. 73 ZPO von deren Leiter (oder einer sonstigen dazu berechtigten Person) unterzeichnet sein und einen Firmenstempel enthalten.

Eine Anwaltsliste wird von der Deutschen Botschaft in Baku geführt (abrufbar unter www.gtai.de/recht , Link: Anwälte im Ausland). Die Kostentragungspflicht richtet sich nach dem Obsiegen/Unterliegen im Prozess (Art. 119 ZPO). Zu den Kosten gehören auch die Prozesskosten. Das sind staatliche Abgaben und Gerichtskosten, die mit der Verhandlung von Fällen verbunden sind.

Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen

Die Voraussetzungen und das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Gerichtsentscheidungen und Schiedssprüchen sind in den Art. 462 bis 477 ZPO geregelt. Anträge auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von ausländischen Gerichtsentscheidungen und Schiedssprüchen sind gemäß Art. 464 ZPO beim Obersten Gericht ("Ali Məhkəmə“) zu stellen. Sie werden vollstreckt und anerkannt, wenn sie der Gesetzgebung nicht widersprechen und gegenseitig garantiert werden.

Dem Antrag hinsichtlich Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruches sind die Originale beziehungsweise beglaubigte Kopien des Schiedsspruches und der Schiedsvereinbarung sowie deren beglaubigte Übersetzung in die aserbaidschanische Sprache beizufügen (Art. 475 ZPO).

Der Antragsgegner muss seine Einwände gegen die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung beziehungsweise Schiedsspruches innerhalb eines Monats seit Bekanntwerden der Anhängigkeit des Antrages geltend machen. Anschließend findet eine Gerichtsverhandlung statt (Art. 471, 472 ZPO). Die Versagungsgründe des Art. V NYÜ sind noch einmal in Art. 476 ZPO wiedergegeben. Dabei ist dort statt eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung von einem "Verstoß gegen die Souveränität und grundlegenden Prinzipien der Gesetzgebung der Republik Aserbaidschan“ die Rede.

Vertragliche Streitbeilegungsklausel

Im deutsch-aserbaidschanischen Wirtschafts- und Rechtsverkehr findet keine gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Gerichtsurteilen statt. Es besteht kein entsprechendes bilaterales oder multilaterales Abkommen. Eine in  § 328 Abs. 1 Nr. 5 der deutschen ZPO und Art. 458 der aserbaidschanischen ZPO ("Mülki prosessual məcəllə“) geregelte Gegenseitigkeit ist nicht verbürgt. Das hat Auswirkungen auf Gerichtstandklauseln zu Gunsten deutscher Gerichte: Eine Prozessführung vor den deutschen Gerichten ist nur dann sinnvoll, wenn der aserbaidschanische Vertragspartner Vermögen in Deutschland oder einem anderen EU-Land hat, in welches eine Vollstreckung eines deutschen Urteils möglich ist. Daher empfiehlt sich die Vereinbarung einer Schiedsklausel. 

Schiedsgerichtsbarkeit

Aserbaidschan gehört seit 1992 zu den Vertragsstaaten der Konvention zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten (ICSID-Konvention) vom 18. März 1965, die von 163 Staaten unterzeichnet und von 154 Staaten ratifiziert wurde. Gemäß Art. 54 ICSID-Konvention besteht die Verpflichtung des Staates, einen gegen ihn nach den ICSID-Regeln ergangenen Schiedsspruch wie eine Entscheidung der staatlichen Gerichte des beklagten Staates zu vollstrecken.

Seit 2000 gehört Aserbaidschan dem New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (New York Convention, im Folgenden: NYÜ) an. Das NYÜ sichert rechtlich die Vollstreckbarkeit ausländischer Schiedssprüche in seinen 161 Vertragsstaaten. Die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruches kann nur aus Gründen des Art. V NYÜ versagt werden.

Entscheidet man sich aus den oben genannten Gründen für die Schiedsgerichtsbarkeit ist es ratsam, die Musterschiedsklausel einer der bekannten Schiedsinstitutionen zu verwenden, zum Beispiel der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS). Als aserbaidschanische Schiedsinstitution ist das Zentrum für Schiedsgerichtsbarkeit und Mediation ("Azərbaycan Arbitraj və Mediasiya Mərkəzi“) zu nennen.

Das aserbaidschanische Schiedsverfahrensrecht ist im Gesetz Nr. 757-IQ über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ("Beynəlxalq arbitraj haqqında") vom 18. November 1999 enthalten. Darin wurde das UNCITRAL Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit von 1985 umgesetzt. Eine weitere Rechtgrundlage ist das Gesetz  Republik Aserbaidschan über Mediation ("Mediasiya haqqında"). 

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